Anlagen zur Begutachtungsanleitung ... - MDS
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<strong>Anlagen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Begutachtungsanleitung</strong> Geschlechtsangleichende Maßnahmen bei Transsexualität<br />
BVerfG-Beschluss vom 26.01.1993 – 1 BvL 38/92<br />
Vornamensänderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres<br />
deshalb mit Art. 3 Abs. 1 GG nur dann vereinbar, wenn es für den Ausschluss der bloßen Vornamensänderung<br />
bei transsexuell veranlagten Personen unter 25 Jahren Gründe von solcher Art<br />
und solchem Gewicht gäbe, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Das ist jedoch<br />
nicht der Fall.<br />
a) Die Altersgrenze führt zu einer empfindlichen Benachteiligung von Personen unter 25 Jahren,<br />
bei denen zwei Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt sind, dass eine mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
irreversible Transsexualität vorliegt. Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes konnten diese<br />
Personen eine Änderung ihrer Vornamen in solche Namen, die ihrem Empfinden und ihrem Auftreten<br />
entsprechen, vor Vollendung des 25. Lebensjahres überhaupt nicht erreichen. Seit dem<br />
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März 1982 (BVerfGE 60, 123) steht ihnen das<br />
personenstandsrechtliche Feststellungsverfahren, und damit auch die Vornamensänderung, nach<br />
§ 8 TSG offen, sobald die dafür erforderlichen operativen Eingriffe durchgeführt sind. Im Unterschied<br />
zu Transsexuellen, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, ist ihnen aber die Möglichkeit<br />
versagt, bereits vor einer geschlechtsanpassenden Operation in der Rolle des anderen Geschlechts<br />
zu leben, ohne sich wegen ihrer unveränderten Vornamen ständig belastenden Situationen<br />
am Arbeitsplatz, in der Ausbildung, im Umgang mit Behörden und allgemein im Alltagsleben<br />
aussetzen zu müssen.<br />
Diese Ungleichbehandlung wiegt besonders schwer, wenn man das mit der kleinen Lösung verfolgte<br />
Ziel berücksichtigt. Die Regelung über die Vornamensänderung soll die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
dafür schaffen, dass Transsexuelle den Rollenwechsel frühzeitig vornehmen<br />
können, damit ihnen schon vor operativen Eingriffen geholfen und ihr Leidensdruck erheblich gemindert<br />
wird. Darüber hinaus soll die rechtliche Absicherung des Rollenwechsels es ihnen ermöglichen,<br />
das Leben in der anderen Geschlechtsrolle vor der Entscheidung über weitgehend irreversible<br />
medizinische Maßnahmen über längere Zeit zu erfahren und sich so zu vergewissern, ob<br />
dieses Leben wirklich ihrem Empfinden entspricht und sie auch nicht überfordert. Auf diese Weise<br />
soll also sowohl eine zusätzliche Absicherung der Diagnose erreicht als auch das Einleben in die<br />
neue Rolle schon vor erheblichen operativen Eingriffen erleichtert werden.<br />
Die Versagung dieser Möglichkeiten kann sich bei jüngeren Transsexuellen besonders empfindlich<br />
auswirken. Zum einen sind sie in einem Alter, in dem sie in aller Regel die Weichen für ihre berufliche<br />
Zukunft stellen, eine Ausbildung abschließen und häufig auch ihren ersten Arbeitsplatz suchen<br />
müssen. Für sie ist es deshalb besonders wichtig, in der ihrem Empfinden entsprechenden<br />
Rolle Selbstvertrauen zu gewinnen und vor belastenden Situationen bewahrt zu werden, die sich<br />
ergeben, wenn die in den Ausweisen genannten Vornamen mit ihrem Auftreten nicht in Einklang<br />
stehen. Der Zweck der kleinen Lösung, Schwierigkeiten im Alltag, insbesondere auch im Verhältnis<br />
zum Arbeitgeber, vermeiden zu helfen, hat bei ihnen erhebliches Gewicht. Zum anderen haben<br />
gerade auch jüngere Transsexuelle ein Interesse daran, den Rollenwechsel zu erproben, bevor sie<br />
sich weitgehend irreversiblen Eingriffen unterziehen, und nicht umgekehrt durch die Rechtslage<br />
dazu veranlasst zu werden, sich voreilig für solche Maßnahmen zu entscheiden. So war es auch<br />
ein wesentliches Anliegen des Gesetzgebers, gerade jüngere Menschen vor nicht hinreichend<br />
bedachten Entschlüssen zu bewahren.<br />
b) Gründe, die eine derart empfindliche Benachteiligung jüngerer Transsexueller rechtfertigen<br />
könnten, sind nicht ersichtlich.<br />
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