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Der Beitrag der Referenzmodellierung zum Business ... - EconBiz

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Peter Fettke, Peter Loos<br />

<strong>Der</strong> <strong>Beitrag</strong> <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

<strong>zum</strong> <strong>Business</strong> Engineering<br />

Ein Leitbild <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong> ist die<br />

Wie<strong>der</strong>verwendung vorgefertigter Informationsmodelle.<br />

Somit bietet die <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

nützliche Konzepte für das <strong>Business</strong> Engineering.<br />

Gleichwohl werden in <strong>der</strong> Literatur vorhandene<br />

Berührungspunkte zwischen beiden Disziplinen<br />

nur selten diskutiert. In diesem <strong>Beitrag</strong> wird aufbauend<br />

auf vorhandenen Ansätzen ein Bezugsrahmen<br />

<strong>zum</strong> referenzmodellbasierten <strong>Business</strong><br />

Engineering eingeführt und verschiedene Nutzenpotenziale<br />

<strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong> für das<br />

<strong>Business</strong> Engineering diskutiert.<br />

Inhaltsübersicht<br />

1 Referenzmodellbasiertes <strong>Business</strong><br />

Engineering<br />

2 Unterstützungspotenziale <strong>der</strong><br />

<strong>Referenzmodellierung</strong> für das <strong>Business</strong><br />

Engineering<br />

2.1 <strong>Referenzmodellierung</strong>ssprachen<br />

2.2 <strong>Referenzmodellierung</strong>smethoden<br />

Strategie<br />

Prozess<br />

Softwaresystem<br />

Kontext <strong>der</strong><br />

<strong>Referenzmodellierung</strong><br />

(Werkzeuge etc.)<br />

Methoden <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

Sprachen <strong>der</strong><br />

<strong>Referenzmodellierung</strong><br />

2.3 Referenzmodelle<br />

2.4 <strong>Referenzmodellierung</strong>swerkzeuge<br />

3 Weiter gehende Integration <strong>der</strong> Disziplinen<br />

4 Literatur<br />

1 Referenzmodellbasiertes<br />

<strong>Business</strong> Engineering<br />

Das Leitbild des <strong>Business</strong> Engineering ist eine ingenieurwissenschaftliche<br />

(Neu-)Gestaltung einer<br />

Unternehmung unter Einbeziehung <strong>der</strong> Unternehmensstrategie,<br />

<strong>der</strong> Geschäftsprozesse und<br />

<strong>der</strong> Softwaresysteme [Österle & Winter 2003]. Im<br />

Kern verfolgt <strong>der</strong> Ansatz eine systematische Nutzung<br />

<strong>der</strong> Potenziale mo<strong>der</strong>ner Informationstechnologien.<br />

<strong>Der</strong> intensive Einsatz von Modellierungstechniken<br />

ist ein weiteres typisches Merkmal<br />

des <strong>Business</strong> Engineering [Winter 2003]. In<br />

Anlehnung an den Aufsatz von Österle & Blessing<br />

in diesem Heft lassen sich drei Gestaltungsebenen<br />

des <strong>Business</strong> Engineering unterscheiden: Strategie,<br />

Prozess und Softwaresystem (vgl. Abb. 1).<br />

Referenzmodelle<br />

Abb. 1: Bezugsrahmen <strong>zum</strong> referenzmodellbasierten <strong>Business</strong> Engineering<br />

(in Anlehnung an [Fettke & Loos 2004, S. 333]; [Österle & Blessing 2003, S. 81])<br />

18 HMD 241


Ein Leitbild <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong> ist die<br />

Konstruktion unternehmensspezifischer Modelle<br />

auf Basis vorgefertigter Modelle bzw. Modellbausteine<br />

[Fettke & Loos 2002b, S. 9 f.]. Die Wie<strong>der</strong>verwendung<br />

vorhandener Modelle soll zu einer<br />

Steigerung <strong>der</strong> Effektivität und Effizienz von<br />

Modellierungsprozessen führen. Ein Referenzmodell<br />

ist kein unternehmensspezifisches Modell,<br />

son<strong>der</strong>n ein Modell für einen bestimmten<br />

Unternehmenstyp. Dabei kann das Referenzmodell<br />

im Hinblick auf unterschiedliche Modellierungssituationen<br />

angepasst und wie<strong>der</strong>verwendet<br />

werden. Ansätze <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

können aus vier Dimensionen betrachtet werden<br />

[Fettke & Loos 2004, S. 333] ( vgl. Abb. 1):<br />

! <strong>Referenzmodellierung</strong>ssprachen: Eine Modellierungssprache<br />

definiert eine Menge von<br />

sprachlichen Konstrukten zur Repräsentation<br />

betrieblicher Systeme sowie Regeln zur Kombination<br />

dieser Konstrukte. Beispielsweise ist<br />

die ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK)<br />

eine Sprache zur Prozessmodellierung.<br />

! <strong>Referenzmodellierung</strong>smethoden: Eine Methode<br />

definiert eine Vorgehensweise, um ein<br />

Modell durch systematische Anwendung von<br />

Konstrukten einer Modellierungssprache zu<br />

erstellen und zu verwenden. Beispielsweise<br />

definiert <strong>der</strong> Unified Software Development<br />

Process (USDP) eine Methode zur Softwareentwicklung.<br />

! Referenzmodelle: Das Ergebnis <strong>der</strong> Anwendung<br />

einer Methode ist eine Menge von Modellen.<br />

Beispielsweise beschreibt [Scheer<br />

1997] ein Referenzmodell für Industriebetriebe<br />

(Y-CIM-Referenzmodell).<br />

! <strong>Referenzmodellierung</strong>swerkzeuge: Modellierungsprozesse<br />

sind integraler Bestandteil eines<br />

Modellierungskontextes. Aus diesem<br />

wird in dieser Arbeit ausschließlich <strong>der</strong> Werkzeugaspekt<br />

fokussiert. Beispielsweise ist das<br />

ARIS Toolset u.a. ein Werkzeug zur <strong>Referenzmodellierung</strong>.<br />

<strong>Business</strong> Engineering und <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

sind ähnliche Ansätze zur Gestaltung<br />

<strong>Der</strong> <strong>Beitrag</strong> <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

betrieblicher Systeme, die allerdings ihren Gegenstand<br />

unterschiedlich strukturieren. Beide<br />

Strukturierungsvarianten sind weitgehend unabhängig<br />

und daher frei kombinierbar (vgl.<br />

Abb. 1). Beispielsweise können Werkzeuge zur<br />

Strategieentwicklung, Sprachen <strong>der</strong> Prozessmodellierung<br />

o<strong>der</strong> Methoden <strong>der</strong> Softwaresystementwicklung<br />

unterschieden werden.<br />

Darüber hinaus besitzen allerdings beide Disziplinen<br />

unterschiedliche Gestaltungsschwerpunkte.<br />

Ein erster Unterschied ist <strong>der</strong> Grad <strong>der</strong> Geschäftstransformation:<br />

Kernmerkmal des <strong>Business</strong><br />

Engineering ist ein hoher Transformationsgrad<br />

<strong>der</strong> fokussierten betrieblichen Realität.<br />

Betriebliche Systeme sollen in ihren Strukturen<br />

nicht nur erfasst, son<strong>der</strong>n vor dem Hintergrund<br />

neuer Informationstechnologien neu gestaltet<br />

werden. Ein hoher Transformationsdruck wird<br />

von Ansätzen <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong> in <strong>der</strong><br />

Regel nicht intendiert. Zwar existieren Ansätze<br />

<strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong>, welche ebenso die<br />

Notwendigkeit umfassen<strong>der</strong> Reorganisationen<br />

betonen (bspw. [Lang 1997]), allerdings hängt<br />

dieser Gestaltungsanspruch von dem Anwendungskontext<br />

<strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong> ab: In<br />

gewissen Kontexten kann mit <strong>der</strong> Modellerstellung<br />

ein hoher Transformationsdruck gefor<strong>der</strong>t<br />

sein, in an<strong>der</strong>en Anwendungen eher nicht.<br />

Ein zweiter Unterschied ergibt sich aus<br />

dem angestrebten Wie<strong>der</strong>verwendungsgrad<br />

betrieblicher Modelle. Die Wie<strong>der</strong>verwendung<br />

von Informationsmodellen in unterschiedlichen<br />

Kontexten ist ein konstitutives Merkmal <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong>.<br />

Zwar betont das <strong>Business</strong><br />

Engineering eine ingenieurwissenschaftliche<br />

Herangehensweise, welcher die Standardisierung<br />

und Wie<strong>der</strong>verwendung von (Zwischen-)<br />

Produkten inhärent ist. Allerdings führen vorhandene<br />

Ansätze des <strong>Business</strong> Engineering die<br />

Notwendigkeit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>verwendung <strong>zum</strong>eist<br />

nicht explizit aus. Gleichwohl ist zu vermuten,<br />

dass auf allen Ebenen des <strong>Business</strong> Engineering<br />

Potenziale <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>verwendung<br />

vorhanden sind [Keller et al. 1999].<br />

HMD 241 19


<strong>Der</strong> <strong>Beitrag</strong> <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

Dagegen wird in dieser Arbeit die Auffassung<br />

vertreten, dass die Wie<strong>der</strong>verwendung<br />

<strong>der</strong> im <strong>Business</strong> Engineering entwickelten Artefakte<br />

eine wesentliche Voraussetzung für die<br />

Effektivität und Effizienz des <strong>Business</strong> Engineering<br />

ist. Diese These kann weiter zugespitzt<br />

werden: Ein <strong>Business</strong> Engineering, das nicht<br />

über Konzepte verfügt, welche die Potenziale<br />

<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>verwendung auszuschöpfen vermögen,<br />

kann nicht als eine reife Ingenieurdisziplin<br />

verstanden werden, da sich solche unter an<strong>der</strong>em<br />

durch verbindliche Standards zur Wie<strong>der</strong>verwendung<br />

von Konstruktionsergebnissen<br />

auszeichnen. Aus dieser Perspektive ist das vorherrschende<br />

<strong>Business</strong> Engineering als vor-ingenieurmäßig<br />

zu bezeichnen.<br />

Zusammenfassend kann festgestellt werden,<br />

dass <strong>Business</strong> Engineering zur Verwirklichung<br />

seiner Ziele zwar bereits auf Konzepte<br />

<strong>der</strong> Informationsmodellierung zurückgreift,<br />

aber durch die Nutzung von Konzepten <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

zu einer leistungsfähigen<br />

Ingenieurdisziplin ausreifen kann. Demnach<br />

stellt das <strong>Business</strong> Engineering eine mögliche<br />

Anwendung <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong> dar. Daher<br />

ist es Ziel <strong>der</strong> nachfolgenden Ausführungen,<br />

Nutzenpotenziale <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

für das <strong>Business</strong> Engineering offen zu legen.<br />

Es könnte <strong>der</strong> Einwand erhoben werden,<br />

dass die vom <strong>Business</strong> Engineering ausgehende<br />

Dynamik und die damit in <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />

Wirklichkeit ausgelösten Transformationsprozesse<br />

nicht durch <strong>Referenzmodellierung</strong> beherrscht<br />

werden können. Indes wird von den<br />

Autoren die These vertreten, dass <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

auch im <strong>Business</strong> Engineering<br />

von Vorteil ist. Neben den zuvor angeführten<br />

Aspekten fußt diese Einschätzung auf zwei weiteren<br />

Überlegungen: Zum einen haben sich verschiedene<br />

Transformationsprozesse bereits in<br />

eigenständigen und neuen Geschäftsstrukturen<br />

nie<strong>der</strong>geschlagen [Storey et al. 2000]. Zum<br />

an<strong>der</strong>en erscheint es gerade in einem dynamischen<br />

Umfeld zwingend geboten, die bereits<br />

gefestigten Strukturen zu dokumentieren, um<br />

über Orientierungswissen für die Gestaltung<br />

neuer Systeme zu verfügen [Frank 2004].<br />

2 Unterstützungspotenziale <strong>der</strong><br />

<strong>Referenzmodellierung</strong> für das<br />

<strong>Business</strong> Engineering<br />

2.1 <strong>Referenzmodellierung</strong>ssprachen<br />

Die Potenziale von <strong>Referenzmodellierung</strong>ssprachen<br />

für das <strong>Business</strong> Engineering ergeben sich<br />

hinsichtlich dreier Gesichtspunkte:<br />

1. Multiperspektivität: <strong>Business</strong> Engineering<br />

betrachtet Unternehmen aus unterschiedlichen<br />

Gestaltungsperspektiven. Projekte des <strong>Business</strong><br />

Engineering sind in <strong>der</strong> Regel interdisziplinär<br />

ausgerichtet [Österle 1995], so dass die beteiligten<br />

Akteure unterschiedliche Erfahrungshintergründe<br />

besitzen (bspw. Endbenutzer, Prozessverantwortliche,<br />

Software- und Datenbankentwickler<br />

). Jede dieser Rollen hat unterschiedliche<br />

Bedürfnisse bei <strong>der</strong> Gestaltung und Repräsentation<br />

eines betrieblichen Systems. Zwar unterscheidet<br />

das <strong>Business</strong> Engineering eine Strategie-,<br />

Prozess- und Systemebene und nimmt somit<br />

bereits eine grobe Unterscheidung<br />

möglicher Gestaltungsebenen vor. Indes bestehen<br />

sowohl innerhalb als auch zwischen den<br />

Ebenen verschiedene Abhängigkeiten. Beispielsweise<br />

können sich auf <strong>der</strong> Strategieebene unterschiedliche<br />

Perspektiven daraus ergeben, dass<br />

einerseits aus einer Perspektive das gesamte<br />

Wertschöpfungsnetz beschrieben wird und aus<br />

weiteren Perspektiven jeweils nur Sichten auf<br />

einzelne Ausschnitte, die für einen Teilnehmer<br />

des Netzes von Relevanz sind. Ferner bestehen<br />

auf <strong>der</strong> Prozessebene unterschiedliche Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an die Detaillierung <strong>der</strong> Prozessbeschreibung.<br />

Während ein Endanwen<strong>der</strong> primär daran<br />

interessiert ist, welche Funktionen in welcher<br />

Reihenfolge auszuführen sind, sind Prozessbeschreibungen<br />

für die Softwareentwicklung wesentlich<br />

präziser darzustellen. Auch bestehen<br />

unterschiedliche Anfor<strong>der</strong>ungen auf <strong>der</strong> Softwaresystemebene:<br />

Softwarearchitekturen werden<br />

bspw. zur Lauf- und Entwicklungszeit dar-<br />

20 HMD 241


gestellt. Aus je<strong>der</strong> <strong>der</strong> skizzierten Perspektiven<br />

bestehen verschiedene Anfor<strong>der</strong>ungen und<br />

Präferenzen zur adäquaten Darstellung. Die<br />

<strong>Referenzmodellierung</strong> hat Sprachkonzepte entwickelt,<br />

welche diese unterschiedlichen Sichtweisen<br />

auf einen Modellierungsgegenstand berücksichtigen<br />

[Becker et al. 2001].<br />

2. Variantenmanagement: Variantenmanagement<br />

ermöglicht die systematische Nutzung<br />

alternativer Gestaltungsmöglichkeiten betrieblicher<br />

Systeme. Die Nutzung von Gleichteilen in<br />

<strong>der</strong> industriellen Fertigung ist ein wesentliches<br />

Konzept, um die Komplexität von Fertigungsprozessen<br />

zu beherrschen. Ähnlich wie ein komplexes<br />

technisches Produkt mit einer Stückliste<br />

beschrieben werden kann, lassen sich bspw. Geschäftsprozesse<br />

und Prozessvarianten beschreiben,<br />

die in verschiedenen Situationen flexibel<br />

miteinan<strong>der</strong> kombiniert werden können [Lang<br />

1997, S. 69-74]. Sprachen zur <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

verfügen über Konzepte, um eine Vielzahl<br />

von Modellierungsvarianten zu beherrschen.<br />

Beispielsweise ist es denkbar, dass je nach konkreter<br />

Ausgestaltung einer Geschäftsstrategie<br />

unterschiedliche Geschäftsprozesse genutzt<br />

werden können [Frank 2004]: So erfor<strong>der</strong>t<br />

bspw. die strategische Ausrichtung einer Kostenführerschaft<br />

eine an<strong>der</strong>e Wahl <strong>der</strong> Geschäftsprozesse<br />

als eine Fokussierung auf einzelne<br />

Teilmärkte. <strong>Der</strong>artige Abhängigkeiten<br />

können bei <strong>der</strong> Nutzung geeigneter Modellierungssprachen<br />

dokumentiert werden. Dies erlaubt<br />

es, je nach verfolgter Unternehmensstrategie<br />

geeignete Referenzprozesse auszuwählen<br />

bzw. bei Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Geschäftsstrategie systematisch<br />

notwendige Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Geschäftsprozesse<br />

zu identifizieren.<br />

3. Wie<strong>der</strong>verwendung: Gestaltungsergebnisse<br />

des <strong>Business</strong> Engineering werden in unterschiedlichen<br />

Kontexten wie<strong>der</strong>verwendet. Die<br />

mehrmalige Verwendung von Modellen in unterschiedlichen<br />

Kontexten sowie für unterschiedliche<br />

Zwecke ist ein wesentliches Konzept<br />

zur Erhöhung <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit, das auch<br />

für das <strong>Business</strong> Engineering nützlich ist. In ei-<br />

<strong>Der</strong> <strong>Beitrag</strong> <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

nem konzeptionell einfachen Fall können vorhandene<br />

Strategie-, Prozess- und Softwaresystemmodelle<br />

aus vorhandenen Projekten übernommen<br />

werden. Hierbei bestehen zwar keine<br />

Einschränkungen bei <strong>der</strong> Modellanpassung, allerdings<br />

können problematische Redundanzen<br />

und Inkonsistenzen zwischen unterschiedlichen<br />

Modellen entstehen. Wird bspw. eine Prozessän<strong>der</strong>ung<br />

im Referenzmodell vorgenommen, ist<br />

sicherzustellen, dass die Än<strong>der</strong>ung ebenso in allen<br />

Anwendungen des Referenzmodells zur Verfügung<br />

steht. In <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong> werden<br />

unterschiedliche Wie<strong>der</strong>verwendungskonzepte<br />

unterschieden, die unmittelbar auf das<br />

<strong>Business</strong> Engineering übertragen werden können<br />

[vom Brocke 2003, S. 259-319]:<br />

! Die Konfiguration erlaubt die Wie<strong>der</strong>verwendung<br />

vorhandener Modelle auf Basis eines<br />

Konfigurationsspielraumes. Beispielsweise<br />

können mit Hilfe bestimmter Produktparameter<br />

alternative Konfigurationen für ein<br />

Wertschöpfungsnetz definiert werden.<br />

! Die Aggregation erlaubt das Zusammenführen<br />

verschiedener Modellbausteine zu einer<br />

größeren Modellkomponente. Beispielsweise<br />

kann sich ein Prozessmodell für ein Wertschöpfungsnetz<br />

aus zwei Teilmodellen zusammensetzen,<br />

welche jeweils einen Industrie-<br />

bzw. Handelsbetrieb repräsentieren.<br />

! Die Spezialisierung erlaubt eine selektive Nutzung<br />

eines allgemeinen Referenzmodells für<br />

einen spezifischen Kontext. Beispielsweise<br />

kann ein Referenzmodell für den Handel eingeschränkt<br />

werden auf den Handel mit digitalen<br />

Produkten.<br />

! Die Instanziierung erlaubt es, an bestimmten<br />

Stellen ein Referenzmodell für einen Anwendungsfall<br />

zu erweitern (»Hotspots«). Beispielsweise<br />

ist es möglich, einen Geschäftsprozess<br />

zur Auftragsabwicklung allgemein zu<br />

beschreiben. Bei <strong>der</strong> Nutzung wird dieser<br />

Prozess mit einem speziellen Bezahlverfahren<br />

instanziiert.<br />

! Bei <strong>der</strong> Analogiekonstruktion wird ein spezifischer<br />

Aspekt bei <strong>der</strong> Nutzung eines Referenz-<br />

HMD 241 21


<strong>Der</strong> <strong>Beitrag</strong> <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

modells wie<strong>der</strong>verwendet. Beispielsweise<br />

kann ein Prozess zur Maschinenbelegungsplanung<br />

in einem Industriebetrieb ebenso<br />

zur Belegungsplanung von Operationssälen<br />

in einem Krankenhaus verwendet werden.<br />

2.2 <strong>Referenzmodellierung</strong>smethoden<br />

<strong>Referenzmodellierung</strong> kann konzeptionell in<br />

zwei Prozesse unterglie<strong>der</strong>t werden (vgl.<br />

Abb. 2): Zum einen wird im Rahmen des Konstruktionsprozesses<br />

ein Referenzmodell entwickelt.<br />

Zum an<strong>der</strong>en wird im Rahmen des<br />

Anwendungsprozesses ein Referenzmodell<br />

wie<strong>der</strong>verwendet. Beide Prozesse sind stets<br />

zeitlich, in <strong>der</strong> Regel auch personell und organisatorisch<br />

voneinan<strong>der</strong> getrennt. Die konzeptionelle<br />

Trennung ist Voraussetzung zur Wie<strong>der</strong>verwendung<br />

von Referenzmodellen in unterschiedlichen<br />

Kontexten, erfor<strong>der</strong>t es aber, beide<br />

Prozesse sorgfältig aufeinan<strong>der</strong> abzustimmen.<br />

Die Konstruktions- und Anwendungsprozesse<br />

von Referenzmodellen sind auf Artefakte des<br />

<strong>Business</strong> Engineering zu übertragen. Dabei sind<br />

im Konstruktionsprozess folgende Aktivitäten<br />

zu unterscheiden [Fettke & Loos 2004, S. 334 f.]:<br />

1. Problemdefinition: Zunächst ist zu klären,<br />

für welchen Zweck ein Referenzmodell zu entwickeln<br />

ist. Im Rahmen des <strong>Business</strong> Engineering<br />

stellt sich bspw. die Frage, welche strategische<br />

Ausrichtung ein Wertschöpfungsnetz insgesamt<br />

erfahren soll. Anschließend ist zu<br />

1. Problemdefinition<br />

4. Pflege<br />

2. Entwicklung<br />

3. Bewertung<br />

Konstruktionsprozess<br />

von Referenzmodellen<br />

1. Auswahl 2. Anpassung<br />

4. Nutzung 3. Integration<br />

Anwendungsprozess<br />

von Referenzmodellen<br />

klären, welche Unternehmen welche Rollen im<br />

Netz zu übernehmen haben und welche Unternehmensleistungen<br />

angeboten werden müssen,<br />

um diese Rollen zu erfüllen. Hierbei wird<br />

deutlich, dass im <strong>Business</strong> Engineering ein Referenzmodell<br />

nicht nur isoliert für ein einzelnes<br />

Unternehmen zu entwickeln ist. Vielmehr wird<br />

es notwendig, Referenzmodelle für ein gesamtes<br />

Wertschöpfungsnetz o<strong>der</strong> wesentliche<br />

Netzbereiche zu entwickeln.<br />

2. Entwicklung: Für das definierte Problem<br />

ist eine Modelllösung zu entwickeln, die sich<br />

auf eine o<strong>der</strong> mehrere Ebenen des <strong>Business</strong><br />

Engineering beziehen kann. Bei <strong>der</strong> Erstellung<br />

eines Referenzmodells für ein größeres Wertschöpfungsnetz<br />

ist auf einen angemessenen<br />

Dezentralisierungsgrad <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

zu achten. Wird eine zentrale Entwicklung<br />

vorgenommen, dann wird zwar eine gute Abstimmung<br />

und hohe Integration zwischen einzelnen<br />

Teillösungen erreicht. Allerdings kann<br />

eine zentrale Lösung eine evtl. später notwendige<br />

Anpassung des Referenzmodells an unternehmensspezifische<br />

Beson<strong>der</strong>heiten erschweren.<br />

Im <strong>Business</strong> Engineering scheint daher ein<br />

hoher Zentralisierungsgrad nur dann gerechtfertigt,<br />

wenn das Wertschöpfungsnetz von einem<br />

dominierenden Unternehmen gestaltet<br />

wird.<br />

3. Bewertung: Die Sicherstellung <strong>der</strong> Qualität<br />

eines Referenzmodells ist von beson<strong>der</strong>er<br />

Bedeutung. Diese muss nicht erst nach Fertig-<br />

Abb. 2: Prozesse <strong>der</strong><br />

<strong>Referenzmodellierung</strong><br />

22 HMD 241


stellung eines Modells überprüft, son<strong>der</strong>n sollte<br />

bereits während seiner Erstellung sichergestellt<br />

werden. Im Rahmen des <strong>Business</strong> Engineering<br />

ergibt sich die beson<strong>der</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung,<br />

dass die Bewertung des Referenzmodells zwar<br />

aus <strong>der</strong> Perspektive eines Unternehmens positiv,<br />

aber aus <strong>der</strong> Sicht an<strong>der</strong>er Netzteilnehmer<br />

neutral o<strong>der</strong> sogar negativ ist. Daher gewinnt<br />

eine Bewertung des Referenzmodells aus den<br />

unterschiedlichen Perspektiven <strong>der</strong> Unternehmen<br />

eines Wertschöpfungsnetzes eine beson<strong>der</strong>e<br />

Bedeutung.<br />

4. Pflege: Beim Einsatz eines Referenzmodells<br />

werden Erfahrungen gesammelt, die evtl.<br />

eine Korrektur o<strong>der</strong> Erweiterung des Modells erfor<strong>der</strong>lich<br />

machen. Dieses Erfahrungswissen<br />

kann zur Weiterentwicklung und Verbesserung<br />

des Referenzmodells genutzt werden. Im <strong>Business</strong><br />

Engineering erscheint es notwendig, nicht<br />

nur isolierte Erfahrungen einzelner Netzteilnehmer<br />

zu nutzen. Vielmehr gilt es, systematisch<br />

im gesamten Wertschöpfungsnetz eine<br />

Erfahrungsbasis über die Entwicklung und Anwendung<br />

von Referenzmodellen einzurichten<br />

und nutzbar zu machen.<br />

Die Anwendung eines Referenzmodells erfor<strong>der</strong>t<br />

folgende Aktivitäten:<br />

1. Auswahl: Zunächst ist aus <strong>der</strong> Menge <strong>der</strong><br />

vorhandenen Referenzmodelle ein geeignetes<br />

Referenzmodell auszuwählen. Hierzu können<br />

Referenzmodellkataloge [Fettke & Loos 2002a]<br />

einen <strong>Beitrag</strong> leisten. <strong>Der</strong>artige Kataloge bieten<br />

ein umfassendes Verzeichnis vorliegen<strong>der</strong> Referenzmodelle<br />

und ermöglichen einen systematischen<br />

Zugriff auf die Modelle. Eine erste Systematisierung<br />

von Katalogen für das <strong>Business</strong> Engineering<br />

bietet sich in Anlehnung an die<br />

unterschiedlichen Gestaltungsebenen an: Es<br />

werden Kataloge für Strategien, Geschäftsprozesse<br />

und Softwaresysteme im <strong>Business</strong> Engineering<br />

unterschieden. Zwischen den Katalogeinträgen<br />

können unterschiedliche Beziehungen<br />

zur Navigation und Dokumentation von<br />

Abhängigkeiten definiert werden.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Beitrag</strong> <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

2. Anpassung: Ein geeignetes Referenzmodell<br />

ist in einem nächsten Schritt an die spezifischen<br />

Beson<strong>der</strong>heiten des Unternehmens<br />

anzupassen. Die Anpassung kann durch die<br />

bereits oben beschriebenen Wie<strong>der</strong>verwendungskonzepte<br />

auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Modellierungssprache<br />

erleichtert werden. Im <strong>Business</strong><br />

Engineering ist beson<strong>der</strong>s darauf zu achten,<br />

dass Modellanpassungen im gesamten Wertschöpfungsnetz<br />

abgestimmt werden. Eine gute<br />

Abstimmung vermeidet <strong>zum</strong> einen Doppelarbeiten<br />

bei <strong>der</strong> Modellanpassung, <strong>zum</strong> an<strong>der</strong>en<br />

wird eine Kompatibilität <strong>der</strong> Teilmodelle<br />

sichergestellt.<br />

3. Integration: Wenn mehrere Referenzmodelle<br />

im Rahmen des <strong>Business</strong> Engineering<br />

eingesetzt werden, sind diese untereinan<strong>der</strong> zu<br />

integrieren. Hierbei gilt es, Redundanzen zu erkennen<br />

und aufzulösen. Ähnlich wie bereits im<br />

vorherigen Schritt <strong>der</strong> Modellanpassung ist im<br />

<strong>Business</strong> Engineering auf eine gute Abstimmung<br />

zwischen sämtlichen Unternehmen im<br />

Wertschöpfungsnetz zu achten. Falls im konkreten<br />

Projekt eine sehr hohe Transformation<br />

<strong>der</strong> betrieblichen Realität angestrebt ist, sind<br />

die vorhandenen Modelle im Hinblick auf ihre<br />

Relevanz zu untersuchen, da diese evtl. den<br />

neuen Anfor<strong>der</strong>ungen nicht mehr gerecht werden.<br />

4. Nutzung: Ferner sind beson<strong>der</strong>e Handlungen<br />

notwendig, die erst im Kontext einer konkreten<br />

Anwendungssituation näher fixiert werden<br />

können. Beispielsweise kann auf Grundlage<br />

eines spezifischen Referenzmodells ein geeignetes<br />

Standardsoftwaresystem ausgewählt<br />

o<strong>der</strong> eine serviceorientierte Unternehmensarchitektur<br />

für ein Wertschöpfungsnetz definiert<br />

werden (vgl. <strong>Beitrag</strong> von Winter & Schelp<br />

in diesem Heft).<br />

2.3 Referenzmodelle<br />

Bisher sind nur wenige systematische Untersuchungen<br />

<strong>zum</strong> vorliegenden Referenzmodellbestand<br />

bekannt. In einer ersten groben Näherung<br />

scheinen folgende Referenzmodelle für<br />

HMD 241 23


<strong>Der</strong> <strong>Beitrag</strong> <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

das <strong>Business</strong> Engineering von Interesse zu<br />

sein:<br />

! Konventionelle Referenzmodelle: Unabhängig<br />

von spezifischen Fragen des <strong>Business</strong><br />

Engineering sind bisher zahlreiche Referenzmodelle<br />

vorgeschlagen worden. Zwar berücksichtigen<br />

diese Referenzmodelle in <strong>der</strong><br />

Regel noch nicht die beson<strong>der</strong>en Möglichkeiten,<br />

die neue Informationstechnologien bieten.<br />

Dennoch scheinen <strong>der</strong>artige Modelle<br />

durchaus als erste Ausgangslösungen für<br />

Projekte des <strong>Business</strong> Engineering von Interesse<br />

zu sein, da sie einen groben Einblick in<br />

die wesentlichen Strukturen einer bestimmten<br />

Domäne bieten. <strong>Der</strong> vorliegende Bestand<br />

umfasst u.a. Branchenreferenzmodelle für Industrie-,<br />

Handelsunternehmen und Finanzdienstleister<br />

sowie Referenzmodelle für bestimmte<br />

betriebswirtschaftliche Funktionen<br />

wie Qualitätssicherung, Controlling und Facility-Management<br />

(vgl. [Fettke & Loos 2004]<br />

und die dort angegebenen Quellen).<br />

! Referenzmodelle für das E-<strong>Business</strong>: Inzwischen<br />

liegen mehrere Referenzmodelle für<br />

E-<strong>Business</strong>-Anwendungen vor. Diese Ansätze<br />

scheinen unmittelbar für das <strong>Business</strong> Engineering<br />

nutzbar zu sein. Exemplarisch sei hier<br />

das Projekt ECOMOD [Frank 2004] genannt.<br />

Dieses Vorhaben untersucht Geschäftsstrategien<br />

im E-<strong>Business</strong> für kleine und mittelständische<br />

Unternehmen. Hierzu wird eine<br />

Bibliothek von Referenzgeschäftsprozessen<br />

entwickelt, die über Internet im Zugriff ist.<br />

Eine nähere Untersuchung weiterer Referenzmodelle<br />

für das E-<strong>Business</strong> gibt [Fettke &<br />

Loos 2003]. Bei <strong>der</strong> Durchsicht <strong>der</strong> vorhandenen<br />

Modelle fällt auf, dass die angebotenen<br />

Lösungen vielfach isoliert von bereits vorliegenden<br />

Referenzmodellen entwickelt worden<br />

sind. Daher können diese Referenzmodelle<br />

vermutlich die Potenziale des <strong>Business</strong><br />

Engineering nicht umfassend erschließen.<br />

! Referenz-Metamodelle: Die zuvor genannten<br />

Referenzmodelle unterstützen das <strong>Business</strong><br />

Engineering auf einer inhaltlichen Ebene. Da-<br />

gegen existieren ebenso Referenz-Metamodelle,<br />

die das <strong>Business</strong> Engineering auf einer<br />

methodischen Ebene unterstützen. Diese<br />

Modelle geben einen Überblick über typische<br />

Handlungen, Dokumente und Ereignisse, die<br />

in Projekten des <strong>Business</strong> Engineering von Interesse<br />

sind. Ausschnitte aus einem Referenz-Metamodell<br />

für das <strong>Business</strong> Engineering<br />

finden sich im <strong>Beitrag</strong> von Winter &<br />

Schelp in diesem Heft.<br />

2.4 <strong>Referenzmodellierung</strong>swerkzeuge<br />

Modellierungswerkzeuge unterstützen die Konstruktion<br />

und Anwendung von Informationsmodellen.<br />

Verfügbare Werkzeuge bieten allerdings<br />

noch keine umfassende Funktionalität<br />

zur <strong>Referenzmodellierung</strong>. Aktuell werden in<br />

<strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong> Werkzeuge zur verteilten<br />

Modellierung diskutiert [vom Brocke<br />

2003]. Hierbei soll die Kommunikation zwischen<br />

Herstellern und Nutzern von Referenzmodellen<br />

verbessert werden. Darüber hinaus<br />

stellen diese Werkzeuge neben reinen Modellierungsfunktionalitäten<br />

weitere Funktionen<br />

bereit, so dass mo<strong>der</strong>ne Werkzeuge als Virtual<br />

Engineering Communities (VEC) verstanden<br />

werden können. <strong>Der</strong>artige VEC können ebenso<br />

eine vielfältige Unterstützung für das <strong>Business</strong><br />

Engineering bieten.<br />

Eine VEC orientiert sich an dem Konzept<br />

einer virtuellen Organisation und ist als Zwischenform<br />

zwischen einem unternehmensweiten<br />

Werkzeug zur Modellverwaltung und einem<br />

elektronischen Marktplatz <strong>zum</strong> Vertrieb<br />

von Referenzmodellen zu positionieren. Zur<br />

Koordination <strong>der</strong> Akteure sind zahlreiche Möglichkeiten<br />

denkbar. Im Einzelnen wird eine VEC<br />

folgende Funktionen anbieten:<br />

! Referenzmodellentwicklung: Zunächst bietet<br />

eine VEC eine Grundfunktionalität zur Anlage,<br />

Modifikation und Löschung von Referenzmodellen<br />

sowie zur grafischen Darstellung<br />

von Modellrepräsentationen. Somit können<br />

alle Akteure in einem Projekt des <strong>Business</strong><br />

24 HMD 241


Engineering an <strong>der</strong> Entwicklung und Anwendung<br />

von Referenzmodellen beteiligt werden.<br />

! Referenzmodellangebot und -nachfrage: In<br />

<strong>der</strong> VEC wird das vorhandene Angebot an<br />

Referenzmodellen gespeichert und zur Abfrage<br />

zur Verfügung gestellt. Ebenso können<br />

Nachfrager spezielle Gesuche nach Referenzmodellen<br />

formulieren. Insbeson<strong>der</strong>e mit dieser<br />

Funktionalität können Referenzmodelle<br />

zwischen unterschiedlichen Projekten des<br />

<strong>Business</strong> Engineering ausgetauscht werden.<br />

! Ausschreibungen: Ausschreibungen zur Entwicklung<br />

von Referenzmodellen für bestimmte<br />

Domänen ermöglichen es, Nachfrager<br />

und Anbieter von Referenzmodellen<br />

effizient zu koordinieren. Die Entwicklung eines<br />

Referenzmodells kann direkt auf bestimmte<br />

Bedarfe abgestimmt werden und<br />

muss nicht vollständig für den anonymen<br />

Markt entwickelt werden.<br />

! Forum: Mit Hilfe einer konventionellen Forumsfunktionalität<br />

können Nutzer <strong>der</strong> VEC<br />

allgemeine Informationen austauschen, Diskussionen<br />

über die Entwicklung und Nutzung<br />

von Referenzmodellen führen sowie weitere<br />

Probleme <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong> und des<br />

<strong>Business</strong> Engineering diskutieren.<br />

! Personalisierung: Ein Nutzer <strong>der</strong> VEC kann die<br />

Funktionalität und Oberfläche des Werkzeugs<br />

an seine speziellen Bedürfnisse anpassen.<br />

Beispielsweise können einzelne Nutzer<br />

sich nur für Referenzmodelle bestimmter Domänen<br />

interessieren. Da im <strong>Business</strong> Engineering<br />

zahlreiche Akteure mit unterschiedlichen<br />

Kompetenzen und Interessen involviert<br />

sind, kommt einer Personalisierung eine beson<strong>der</strong>e<br />

Bedeutung zu.<br />

! Projektmanagement: Ebenso kann die VEC als<br />

eine Plattform für das Projektmanagement in<br />

überbetrieblichen Organisationen eingesetzt<br />

werden, was eine Planung, Steuerung<br />

und Kontrolle <strong>der</strong> Abläufe ermöglicht. Diese<br />

Funktionalität erlaubt es, sämtliche Phasen<br />

des <strong>Business</strong> Engineering zu unterstützen.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Beitrag</strong> <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

Die gebotene Funktionalität von Werkzeugen<br />

für die <strong>Referenzmodellierung</strong> deckt sich in weiten<br />

Teilen mit den Anfor<strong>der</strong>ungen an Werkzeuge,<br />

die im Rahmen des <strong>Business</strong> Engineering<br />

<strong>zum</strong> Einsatz kommen (Modellierung, Projektmanagement,<br />

Projektteamwork etc. [Österle &<br />

Blessing 2003, S. 83 f.]). Daher ist davon auszugehen,<br />

dass <strong>der</strong> Einsatz dieser Werkzeuge ebenso<br />

einen hohen Nutzen im <strong>Business</strong> Engineering<br />

bietet.<br />

3 Weiter gehende Integration <strong>der</strong><br />

Disziplinen<br />

Die obigen Ausführungen verdeutlichen zahlreiche<br />

Nutzenpotenziale <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

für das <strong>Business</strong> Engineering, so dass in<br />

Zukunft eine weitere Integration bei<strong>der</strong> Disziplinen<br />

wünschenswert ist. Ferner ist zu erwarten,<br />

dass Modellierungssprachen standardisiert<br />

und auf spezielle Belange des <strong>Business</strong> Engineering<br />

ausgerichtet werden. Weiterhin ist es notwendig,<br />

Methoden <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

mit Methoden des <strong>Business</strong> Engineering zu<br />

integrieren. Hier sind insbeson<strong>der</strong>e Untersuchungen<br />

notwendig, um Erfolgsdeterminanten<br />

verschiedener Modellierungsmethoden zu bestimmen.<br />

Ebenso liegen bereits erste Referenzmodelle<br />

vor, die Anfor<strong>der</strong>ungen und Möglichkeiten<br />

mo<strong>der</strong>ner Informationstechnologien berücksichtigen.<br />

Dieser Referenzmodellbestand<br />

ist weiter auszubauen und mit konventionellen<br />

Referenzmodellen abzustimmen. Zukünftig beson<strong>der</strong>s<br />

interessant erscheint es, das Konzept<br />

<strong>der</strong> Virtual Engineering Communities zur <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

im <strong>Business</strong> Engineering zu<br />

erproben. Eine solche <strong>Business</strong> Engineering<br />

Community könnte einen schnellen Knowhow-Transfer<br />

zwischen Wissenschaft und Praxis<br />

ermöglichen: Zum einen erlaubt eine <strong>Business</strong><br />

Engineering Community, neue Modellierungskonzepte<br />

und wissenschaftliche Erkenntnisse<br />

in <strong>der</strong> Praxis zu verbreiten, <strong>zum</strong> an<strong>der</strong>en<br />

können praktische Erfahrungen im Umgang<br />

mit neuen Konzepten dokumentiert und somit<br />

HMD 241 25


<strong>Der</strong> <strong>Beitrag</strong> <strong>der</strong> <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

für wissenschaftliche Zwecke nutzbar gemacht<br />

werden.<br />

4 Literatur<br />

[Becker et al. 2001] Becker, J.; Knackstedt, R.; Kuropka,<br />

D.; Delfmann, P.: Subjektivitätsmanagement für<br />

die <strong>Referenzmodellierung</strong> – Vorgehensmodell<br />

und Werkzeugkonzept. Proceedings zur Tagung<br />

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[Fettke & Loos 2002a] Fettke, P.; Loos, P.: <strong>Der</strong> Referenzmodellkatalog<br />

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und Organisationsgestaltung.<br />

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[Fettke & Loos 2002b] Fettke, P.; Loos, P.: Methoden<br />

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[Fettke & Loos 2003] Fettke, P.; Loos, P.: Referenzmodelle<br />

für das E-<strong>Business</strong>. In: Kösters, C. (Hrsg.):<br />

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[Fettke & Loos 2004] Fettke, P.; Loos, P.: <strong>Referenzmodellierung</strong>sforschung.<br />

In: Wirtschaftsinformatik,<br />

46. Jg., 2004, Heft 5, S. 331-340.<br />

[Frank 2004] Frank, U.: E-MEMO: Referenzmodelle<br />

zur ökonomischen Realisierung leistungsfähiger<br />

Infrastrukturen für Electronic Commerce.<br />

In: Wirtschaftsinformatik, 46. Jg., 2004, Heft 5,<br />

S. 373-381.<br />

[Keller et al. 1999] Keller, G.; Lietschulte, A.; Curran, T.<br />

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<strong>Business</strong> Engineering – 4. Internationale Tagung<br />

Wirtschaftsinformatik 1999. Physica, Heidelberg,<br />

1999, S. 397-423.<br />

[Lang 1997] Lang, K.: Gestaltung von Geschäftsprozessen<br />

mit Referenzprozeßbausteinen. DUV,<br />

Wiesbaden, 1997.<br />

[Österle 1995] Österle, H.: <strong>Business</strong> Engineering –<br />

Prozeß- und Systementwicklung. Band 1: Entwurfstechniken.<br />

2. Aufl., Springer-Verlag, Berlin<br />

u.a., 1995.<br />

[Österle & Blessing 2003] Österle, H.; Blessing, D.:<br />

<strong>Business</strong> Engineering Modell. In: Österle, H.;<br />

Winter, R. (Hrsg.): <strong>Business</strong> Engineering. 2. Aufl.,<br />

Springer-Verlag, Berlin u.a., 2003, S. 65-85.<br />

[Österle & Winter 2003] Österle, H.; Winter, R.: <strong>Business</strong><br />

Engineering. In: Österle, H.; Winter, R.<br />

(Hrsg.): <strong>Business</strong> Engineering. 2. Aufl., Springer-<br />

Verlag, Berlin u.a., 2003, S. 3-19.<br />

[Scheer 1997] Scheer, A.-W.: Wirtschaftsinformatik –<br />

Referenzmodelle für industrielle Geschäftsprozesse.<br />

7. Aufl., Springer-Verlag, Berlin u.a., 1997.<br />

[Storey et al. 2000] Storey, V. C.; Straub, D. W.;<br />

Stewart, K. A.; Welke, R. J.: A Conceptual Investigation<br />

of the E-commerce Industry. In: CACM,<br />

43. Jg., 2000, Heft 7, S. 117-123.<br />

[vom Brocke 2003] vom Brocke, J.: <strong>Referenzmodellierung</strong><br />

– Gestaltung und Verteilung von Konstruktionsprozessen.<br />

Logos, Berlin, 2003.<br />

[Winter 2003] Winter, R.: Modelle, Techniken und<br />

Werkzeuge im <strong>Business</strong> Engineering. In: Österle,<br />

H.; Winter, R. (Hrsg.): <strong>Business</strong> Engineering. 2.<br />

Aufl., Springer-Verlag, Berlin u.a., 2003, S. 87-118.<br />

Dipl.-Wirt.-Inf. Peter Fettke<br />

Prof. Dr. Peter Loos<br />

Johannes-Gutenberg-Universität Mainz<br />

ISYM – Information System & Management<br />

Lehrstuhl Wirtschaftsinformatik und BWL<br />

55099 Mainz<br />

{fettke, loos}@isym.bwl.uni-mainz.de<br />

www.isym.bwl.uni-mainz.de<br />

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