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BIBER - Magazin für Menschen mit und ohne Migrationshintergrund

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Von Todor Ovtcharov<br />

SPORTLERGENE UND<br />

FAULE MUSKELN<br />

MEIN OPA DIMITAR war in seiner Jugend<br />

ein professioneller Fußballspieler. In<br />

den 1950er Jahren spielte er im o ensiven<br />

Mittelfeld vom „Spartak Varna“. Damals<br />

war „Spartak“ noch ein Faktor in der ersten<br />

bulgarischen Liga. Mein Opa beendete<br />

sehr früh seine Fußballer-Karriere.<br />

Er traf meine Großmutter. Sie war damals<br />

eines der schönsten Mädchen in der<br />

Stadt. Um sie zu überreden ihn zu heiraten,<br />

musste ihr mein Großvater versprechen,<br />

dass er die Fußballschuhe an den<br />

Nagel hängt <strong>und</strong> dass er sich nie wieder<br />

<strong>mit</strong> Sport beschä igt. „Ein Sportler kann<br />

kein Haus ernähren“, meinte sie. Ob sie<br />

auch heute das gleiche sagen würde, wenn<br />

man weiß, wie viel Fußballer verdienen?<br />

Mein Opa spielte nie wieder Fußball, aber<br />

er besuchte bis zum Ende seines Lebens<br />

TODORE, WACH AUF<br />

UND GEH JOGGEN!<br />

MIT SCHARF<br />

jede Woche die Spiele von „Spartak“. Und<br />

mich nahm er immer <strong>mit</strong>. Deswegen glaube<br />

ich, sehr viel von Fußball zu verstehen.<br />

Ich habe aber leider nicht sein Fußballtalent<br />

geerbt. Wenn wir als Kinder beim Match in<br />

unserem Viertel die Mannscha en wählten,<br />

wurde ich immer als Letzter gewählt.<br />

Wenn die ino zielle Fußballmeisterscha<br />

des Bezirks stattfand, saß ich immer auf der<br />

Ersatzbank. Dieses Trauma trage ich noch<br />

heute <strong>mit</strong> mir herum <strong>und</strong> habe o Albträume<br />

davon.<br />

DACKELSPORT<br />

Ich höre eine Stimme im Schlaf. „Todore,<br />

wach auf <strong>und</strong> geh joggen!“ Die Sonne<br />

durchdringt kaum die dichten Wolken <strong>und</strong><br />

versucht ihre Strahlen auf das erfrorene<br />

Wien zu werfen. An diesem eisigen Sonntag<br />

ist Joggen durch die Nachbarscha das<br />

Letzte, was ich machen würde. Meine liebe<br />

M. ist schon längst wach, hat ihren Ka ee<br />

getrunken <strong>und</strong> versucht mich, aus dem Bett<br />

zu ziehen. Schonungslos springt sie auf mich<br />

<strong>und</strong> versucht, mich <strong>mit</strong> ihrem Sportenthusiasmus<br />

anzustecken. Ich erhebe mich langsam<br />

<strong>und</strong> schaue durch das Fenster. Der Einzige,<br />

den ich auf der menschenleeren Straße<br />

spazieren sehe, ist mein Nachbar aus dem<br />

ersten Stock – Magister Kontrolloberlaborleiter<br />

Oberhummer, der, wie jeden Morgen,<br />

seine 1200 Schritte <strong>mit</strong> seinem schwarzen<br />

Dackel durch den Bezirk geht. Einmal fragte<br />

ich ihn: „1200 Schritte von Ihnen oder vom<br />

Dackel?“ Er schaute mich nur kalt an <strong>und</strong><br />

erwiderte nichts.<br />

ES LEBE DER SPORT<br />

Trotz ihrer Bemühungen scha es M. nicht,<br />

mich aus dem Bett zu ziehen <strong>und</strong> sie muss<br />

wieder alleine joggen gehen. Ich habe auch<br />

vom Joggen ein Kindheitstrauma. In der<br />

Gr<strong>und</strong>schule mussten wir im Winter in ärmellosen<br />

T-Shirts durch den Schulhof rennen.<br />

Währenddessen hatte der Sportlehrer<br />

eine dicke Jacke <strong>und</strong> einen Wollpullover<br />

darunter an.<br />

M. kommt vom Joggen zurück. Sie ist rot<br />

wie eine Rübe. Äh, pardon, wie eine Kirsche.<br />

Der Sport tut seine w<strong>und</strong>ersame Wirkung!<br />

Ich mag sie, wenn sie so rot ist. Der britische<br />

Satiriker Jerome K. Jerome meinte einmal:<br />

„Ich liebe Sport, ich kann st<strong>und</strong>enlang <strong>Menschen</strong><br />

beim Sport zuschauen!“ Laut einer<br />

anderen Version sagte er: „Ich liebe die Arbeit,<br />

ich kann st<strong>und</strong>enlang <strong>Menschen</strong> beim<br />

Arbeiten zuschauen!“ Ich bin <strong>mit</strong> beiden<br />

Versionen einverstanden.

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