Firestone Wilderness 9/2000 - Reifenpresse.de

nur, dazu auch nur sehr zurückhaltend, Pirelli
hervor getraut und Nettopreise für Off-Road-
Reifen geboten, allerdings ohne Bezugnahme
auf den Vorgang um Ford/Firestone.
Reifenhändler
Die Firma Sears (die via Internet von Michelin
nun als Vermarkter ihrer Reifen empfohlen
wird) war eine der ersten großen Ketten,
die alle beanstandeten Firestone-Reifen aus
dem Sortiment nahm und den Recall-Prozess
damit möglicherweise stark beschleunigt hat.
Etwas anders verhalten sich Firestone-Händler.
Klar, sie sehen in diesem Recall ein
Zusatzgeschäft, aber sie sind im Großen und
Ganzen ziemlich loyal gegenüber Firestone,
der Marke, mit der sie seit Jahrzehnten verbunden
sind. Momentan haben sie alle
Hände voll zu tun, um den Rückruf zu handhaben.
Allein in der ersten Rückrufwoche sind
200.000 Reifen eingesammelt worden. Die
Händler nehmen den Austausch vor und sind
natürlich bemüht, den Schaden für die Marke
Firestone in allen möglichen Grenzen zu halten.
Das mögen sie u.a. auch deshalb tun, weil
sie als Firestone-Dealer naturgemäß ein Interesse
daran haben müssen, dass ihre Marke so
schnell wie möglich wieder aus den Negativ-
Schlagzeilen heraus kommt, aber es ist wohl
auch gerade bei diesen Handelskreisen sehr
viel „Herzblut“ im Spiel, die Identifikation mit
der Marke ist tiefgreifend, während in Großorganisationen
wie Sears nüchterne Kalkula-
tionen angestellt werden. Diese Kette wird aus
dem Recall Gewinn machen. Des einen Freud,
des anderen Leid. Es ist nicht nur ein billiges
Kompliment für den mittelständischen Reifenhandel,
wenn man darauf hinweist, wie
schnell große Organisationen wie Sears sich
in schweren Zeiten abwenden, während Reifenhändler
Partnerschaft beweisen und in
Notsituationen wie dieser auch unterstreichen.
Verbraucher und Verbraucher-Anwälte
Amerikas Verbraucher sind nicht unvernünftiger
als europäische. Sie
nehmen den Dollar
bzw. den neuen Reifen
mit, wenn sie denn können
und gehen danach
wieder zur Tagesordnung
über. Sie wissen:
Recalls sind an der
Tagesordnung und sie sind sogar ehrenwert.
Gibt es Zweifel, müssen Hersteller reagieren
und zwar schnell. Das Problem sind aber nicht
die Verbraucher, sondern sich als Verbraucherschützer
gerierende Rechtsanwälte, die
sich Millionen unter den Nagel reißen wollen.
Zur Erinnerung: Die Opfer des Concorde-
Absturzes in Paris waren gerade erst geborgen
und noch nicht einmal beerdigt und
schon gaben US-Anwälte in Berlin eine Pressekonferenz.
Ein geplatzter Reifen sollte, so
hieß es, den Absturz verursacht haben und
die Anwälte boten sich im Rahmen einer Pres-
Das Problem sind aber nicht die
Verbraucher, sondern sich als Verbraucherschützer
gerierende Rechtsanwälte,
die sich Millionen unter den
Nagel reißen wollen.
... MEETS THE ROAD“
Markt + Marketing
sekonferenz den Hinterbliebenen gleich als
Helfer an. Es gehe nicht um deutsches oder
französisches Recht, sondern die Tatsache,
dass es sich um einen in Amerika gebauten
Goodyear-Reifen gehandelt habe, reiche aus,
um den Fall vor amerikanische Gerichte bringen
zu können, die die bei weitem höchsten
Schadensersatzsummen ausurteilten. Bis
heute aber ist nicht einmal klar, welche Rolle
der Reifen gespielt haben könnte. Ein anderer,
deutscher Anwalt macht Reklame für sich
selbst, indem er behauptet, auch ein amerikanischer
Staatsbürger sei ums Leben gekommen,
so dass er gemeinsam mit US-Anwälten
den Fall in Amerika abwickeln wolle. Es gibt
noch keinen wirklichen „Fall“, aber es gibt
schon viele Anwälte, die einen daraus machen
wollen und vermutlich auch machen werden.
Deren Vorgehensweise ist nach deutschen
Maßstäben höchst standeswidrig und würde
zum Ausschluss aus der Rechtsanwaltskammer
führen; der Tätigkeit als Rechtsanwalt
wäre damit sodann ein Ende gesetzt. Wenn
die US-Anwälte aber einen Hinterbliebenen
als Mandanten für sich gewinnen können,
wird das Tamtam groß werden. Zunächst wird
man dann vom Reifenhersteller Goodyear
einige hundert Millionen Dollar Schmerzensgeld
und Schadensersatz verlangen, wovon
die Anwälte fast alles und die Hinterbliebenen
der Opfer sehr wenig sehen würden. Dann
versucht man, sich in einem zweiten Schritt
auf einen weitaus kleineren Betrag heimlich
still und leise zu einigen. Wenn das nichts
nutzt, wenn der Fall durch die Gerichtsinstanzen
gezogen wer-
den muss, werden die
PR- und Marketingleute
der Law Firms aktiv.
Jeder Analyst soll
erfahren, dass dieser
Konzern von erheblichenSchadensersatzforderungen
bedroht wird, dass es Auswirkungen
auf den Gewinn haben könnte und
dass der Aktienkurs sodann rapide sinken
könnte. Es gehört nicht viel Phantasie dazu,
sich schon jetzt vorzustellen, dass der geplatzte
Concorde-Reifen dem Goodyear-Management
noch viel Kopfschmerzen bereiten kann.
Dass der Reifen nur ausfiel, weil ein Fremdkörper
auf der Startbahn lag, lässt US-Anwälte
nicht zum Stillstand kommen. Der einstweilige
Entzug der Betriebserlaubnis für die
Concorde ist „Wasser auf die Mühlen“ der
selbst ernannten „Verbraucherschützer“.
NEUE ReifenZeitung 9/2000 www.reifenpresse.de
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