..und der Schörner im 2700-Gespräch - das City Magazin
..und der Schörner im 2700-Gespräch - das City Magazin
..und der Schörner im 2700-Gespräch - das City Magazin
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Fotos: Konrad Dummer<br />
Ich kann mich nicht in <strong>das</strong> Innenleben eines Hutschpferdes einfühlen. Wie<br />
<strong>und</strong> warum auch? Doch die bekannt fre<strong>und</strong>liche Außenwirkung eines solchen<br />
Schaukeltieres n<strong>im</strong>mt mich ein, vollends! Ich sitze heute DER Mendt<br />
gegenüber, mit ihr zusammen. Auf diesen Momendt freue ich mich seit<br />
Vereinbarung des Interview wie ein Hutschpferd.<br />
Vielleicht, wahrscheinlich sogar werde ich irgendeinmal dement, jetzt auf<br />
jeden Fall bin ich voll <strong>und</strong> ganz auf diemendt. Ein wirklich elemendtäres<br />
Ereignis <strong>und</strong> Erlebnis für einen Schreiber.<br />
Hutschpferd ist auch in ihrem Wortschatz, man höre ihren Song „A<br />
g’scheckert’s Hutschpferd“, vorhanden. Ein kindliches Spielgerät, <strong>das</strong> <strong>im</strong><br />
Dialekt eben so heißt. Der Dialekt ist ihr „Spielgerät“ – Marianne Mendt<br />
hat sich des Dialektes angenommen, nützt ihn als Verpackung für ihre<br />
einfühlsamen <strong>und</strong> daher sehr nahe gehenden Texte. Möglicherweise ist<br />
<strong>der</strong> Dialekt <strong>das</strong> effektivere sprachliche Medium, die besser geeignete „Trägersubstanz“<br />
für Gefühle. Anatomisch falsch liegend, behaupte ich, <strong>das</strong>s<br />
<strong>der</strong> Dialekt näher be<strong>im</strong> Herzen liegt als die Hochsprache.<br />
Hochsprache. Hofsprache. Marianne Mendt hat den Dialekt salonfähig<br />
gemacht. Hoffähig war er ja schon <strong>im</strong>mer, schließlich wurde <strong>und</strong> wird <strong>der</strong><br />
Dialekt in allen Höfen <strong>der</strong> Wiener Bauten gesprochen. Der Wiener Dialekt<br />
lebt. Mendt hat ihm jedoch zu einem gewissen Stolz verholfen.<br />
Eine Glocke, die 24 St<strong>und</strong>en läuft, ist ein Fall für einen HNO – Arzt. Eine<br />
Glocke, die 24 St<strong>und</strong>en klingelt, ist ein Fall für den Elektriker. Eine Glocke,<br />
die 24 St<strong>und</strong>en läutet, ist ein Fall für Marianne Mendt. Ihr Hit „Wie a<br />
Glock’n“ hat ihren Erfolg laut eingeläutet. Die „Glock’n“ - Klänge bringen<br />
es bekannter Weise auf 24 St<strong>und</strong>en. Ihr künstlerischer Erfolg auf mittlerweile<br />
über 40 Jahre.<br />
Meine Generation wuchs mit zwei „Glocken“ auf, zwei „Glocken“ kreuzten<br />
unsere Wege. Unausweichlich. Schillers <strong>und</strong> Mendts Glocken. Beides pro-<br />
42 | <strong>Gespräch</strong>skultur<br />
Elememendtäres Erlebnis.<br />
(Elemendt of Jazz)<br />
biert, kein Vergleich. Was hätte Schiller für eine Freude, würde man sich<br />
an sein gusseisernes Produkt genau so gerne erinnern wie an jenes <strong>der</strong><br />
Mendt. Pech gehabt Fritz, Pech gehabt.<br />
Die ersten R<strong>und</strong>en auf meinem billigen, aber doch stolz machenden Plattenspieler<br />
vom Quelle-Versandhaus gehörten Mungo Jerrys „In the summert<strong>im</strong>e“<br />
<strong>und</strong> Mendts „Wie a Glock’n“.<br />
Als Jugendliche fliegen die Träume hinsichtlich Berufswunschs hoch, sehr<br />
hoch. Das ist gut so. Es ist ein Recht <strong>der</strong> Jugend zu schwelgen in Träumereien<br />
<strong>und</strong> Fantasien, zu schweben in <strong>der</strong> Zeit, wo die Diskrepanz zwischen<br />
Wunsch <strong>und</strong> Realität gleich Null geht. Jede, je<strong>der</strong> darf sich wünschen <strong>und</strong><br />
wollen ohne von „wenn <strong>und</strong> aber“ eingeengt zu werden. Flieg’, Wunsch,<br />
flieg.<br />
Marianne Mendt träumte auch, wünschte sich auch, wollte auch. Sie flog<br />
ihren Wünschen nach, holte sie ein – <strong>und</strong> beide landeten sanft in <strong>der</strong><br />
Wirklichkeit. Marianne Mendt wollte schon seit frühester Kindheit Sängerin<br />
werden. Das wusste sie. Was sie nicht wusste, vielleicht träumte, war,<br />
<strong>das</strong>s sie einmal eine Große <strong>der</strong> Kunstszene werden würde. Mendt erhielt<br />
bereits in Kin<strong>der</strong>jahren Gesangs- <strong>und</strong> Klavierunterricht am Konservatorium<br />
<strong>der</strong> Stadt Wien. Eltern sind Eltern weil sie eben Eltern sind. Das Elterngesetz<br />
lautet: „Lern (auch) was Gescheites“ – wenn Eltern <strong>das</strong> mit „auch“<br />
abfe<strong>der</strong>n, <strong>und</strong> den ach so brotlosen Künstlerjob nicht völlig verhin<strong>der</strong>n<br />
wollen, darf man sich ja schon glücklich schätzen.<br />
Marianne Mendt absolvierte nach dem „Elterngesetz“ die Handelsschule<br />
<strong>und</strong> jobbte danach als Buchhalterin in einem Waschmittelkonzern. In <strong>der</strong><br />
Buchhaltung! Mendt, die mit ihrer St<strong>im</strong>me, mit ihrem Gefühl für Ton <strong>und</strong><br />
Klang berührt, soll <strong>der</strong> Inhalt von Büchern sein, nicht diese halten. Kunst<br />
macht <strong>und</strong> schafft mehr Sauberkeit für <strong>das</strong> Leben, für die Seele als jedes<br />
Waschmittel.