Minibiogasanlage für Zuhause
Minibiogasanlage für Zuhause
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AUS DER PRAXIS<br />
<strong>Minibiogasanlage</strong> <strong>für</strong> <strong>Zuhause</strong><br />
Ein junges Erfindertrio hat ein vollautomatisches Vergärungssystem in Waschmaschinengröße entwickelt und<br />
da<strong>für</strong> den Umweltsonderpreis beim diesjährigen Bundeswettbewerb „Jugend forscht“ erhalten.<br />
Von Dipl. Journ. Wolfgang Rudolph<br />
Der Gedanke ist sicher schon einigen<br />
durch den Kopf gegangen, als sie<br />
Grünschnitt in die Biotonne stopften,<br />
Lebensmittelreste entsorgten oder die<br />
Toilettenspülung betätigten: Wäre es nicht<br />
toll, die in den Abfällen steckende Energie<br />
gleich vor Ort in einer <strong>Minibiogasanlage</strong> zu<br />
nutzen? In einschlägigen Internetforen werden<br />
solche Systeme seit längerem heiß diskutiert.<br />
Aber nur wenige haben in Deutschland<br />
diese Idee so konsequent verfolgt und<br />
in einem Projekt umgesetzt, wie drei junge<br />
Erfinder in Jena.<br />
André Krause, Sebastian Wendt und Frank<br />
Kühmstedt entwickelten eine weitestgehend<br />
automatisch arbeitende Biogasanlage in<br />
Waschmaschinengröße. Sie erzeugt aus<br />
Kleinstmengen an Biomaterial Strom und<br />
Wärme oder stellt Biomethan <strong>für</strong> Gasgeräte<br />
zum Kochen, Heizen und Leuchten bereit.<br />
Beim Bundeswettbewerb „Jugend forscht“<br />
66<br />
in Erfurt erhielt das Entwicklertrio da<strong>für</strong> den<br />
Preis <strong>für</strong> Umwelttechnik. Der Bundespräsident<br />
lud sie zur Woche der Umwelt ins<br />
Schloss Bellevue ein.<br />
Die Wege der drei Jugendlichen haben sich<br />
mittlerweile durch Studienbeginn und Auslandsjahr<br />
getrennt. Doch André, der gegenwärtig<br />
die 12. Klasse am Jenaer Angergymnasium<br />
besucht, fand neue Mitstreiter und<br />
tüftelt mit ihnen an der Verbesserung der<br />
<strong>Minibiogasanlage</strong>, die sie bis zur Serienreife<br />
als kompaktes vollautomatisches System <strong>für</strong><br />
den Heizungskeller in Einfamilienhäusern<br />
weiterentwickeln wollen. Interessenten gibt<br />
es offensichtlich, wie sich in gut 30 Kaufanfragen<br />
nach der Vorstellung der Pilotanlage<br />
beim Erfinderwettbewerb in Erfurt zeigt.<br />
Erste Experimente im Glaskolben<br />
„Die Idee entstand vor zwei Jahren, als sich<br />
meine Eltern über den hohen Stromver-<br />
brauch im Bastelkeller beschwerten“, berichtet<br />
André Krause. Die Schüler beschlossen,<br />
ihren Strom selbst zu produzieren - umweltgerecht<br />
und mit einer Anlage, die vom<br />
Taschengeld finanzierbar ist. Da bot sich die<br />
Vergärung von Biomasse an. Im großen Garten<br />
rund um das Elternhaus und in der<br />
Biotonne der vierköpfigen Familie gab es genügend<br />
davon. Mit diesen Substraten begannen<br />
die Jungs zunächst in Glaskolben und<br />
dann in einem 80 Liter Kunststoffbehälter<br />
zu experimentieren.<br />
„Wir haben das entstehende Gas in Schläuchen<br />
über einen Blasenzähler geleitet und<br />
zugeschaut, wie sich ein Luftballon langsam<br />
damit füllte. Ob das Gas brennt, haben wir<br />
natürlich auch probiert. Das war super spannend“,<br />
erinnert sich der 19-Jährige. Nun<br />
waren die drei ganz Feuer und Flamme. Sie<br />
recherchierten im Internet, wälzten Fachbücher<br />
und auch Andrés Eltern, die als Che-<br />
Für ihre <strong>Minibiogasanlage</strong> erhielten die Jenaer Gymnasiasten André Krause (Foto) und seine Mitstreiter Sebastian Wendt und<br />
Frank Kühmstedt den Preis <strong>für</strong> Umwelttechnik beim Bundeswettbewerb „Jugend forscht“.<br />
BIOGAS Journal | 6_2012<br />
FOTOS: CARMEN RUDOLPH
Das Innenleben des Schaltschranks mit der SPS-Steuerung zur Regelung<br />
der <strong>Minibiogasanlage</strong>.<br />
miker und Biologin tätig sind, gaben manchen<br />
Tipp.<br />
Während andere ins Kino gingen, besuchten<br />
sie die 700-kW-Biogasanlagen im Klärwerk<br />
Jena und schauten sich alles genau an. „Dort<br />
haben wir uns auch etwas Maissilage und<br />
Klärschlamm <strong>für</strong> die Gärversuche geben lassen“,<br />
berichtet André. Tests <strong>Zuhause</strong> ergaben<br />
dann: Die höchste Gasausbeute ist mit<br />
einem Gemisch aus Grasschnitt und Klärschlamm<br />
bei einer Temperatur von 36 bis 40<br />
Grad Celsius zu erzielen.<br />
BHKW war<br />
größte Herausforderung<br />
„Biogas ging also, aber wir wollten ja Strom<br />
erzeugen. Für die Pilotanlage musste ein<br />
Gasmotor her. Und da standen wir auch<br />
gleich vor dem wohl größten Problem bei<br />
solch einer Minianlage“, verweist der Schüler<br />
auf eine entscheidende Etappe bei der<br />
Projektumsetzung. Fündig wurden sie<br />
schließlich bei den kleinen aber leistungsstarken<br />
Motoren <strong>für</strong> Flugzeugmodelle.<br />
Doch der musste erst auf den Betrieb mit<br />
Gas umgerüstet werden. Wie das geht,<br />
schauten sich die Jugendlichen bei einem<br />
Umrüstset <strong>für</strong> Autos ab.<br />
„Man braucht andere Zündkerzen und beim<br />
Vergaser werden die Teile, die mit Benzin<br />
laufen, versiegelt. Die Drosselklappe bleibt.<br />
Daneben sitzt die neue Düse. Hinzu kommt<br />
ein elektronisches Regelsystem, dass den<br />
Gasdruck misst und die Durchflussmenge<br />
des Gases der Motordrehzahl anpasst“, verrät<br />
André fachmännisch. Zudem sorge eine<br />
Venturidüse da<strong>für</strong>, dass dem Motor genü-<br />
BIOGAS Journal | 6_2012<br />
AUS DER PRAXIS<br />
gend Kraftstoff zur Verfügung steht. Dabei<br />
durchströmt das Biogas zuvor einen Aktivkohlefilter.<br />
Um die thermische Energie des eigentlich<br />
luftgekühlten 1-PS-Modellbaumotors zu<br />
nutzen, legte das junge Entwicklerteam wassergefüllte<br />
Kühlschlangen um den Motorzylinder.<br />
Über einen Wärmetauscher wird so<br />
der Fermenter beheizt. Ein weiterer Wärmetauscher<br />
befindet sich am Abgasstutzen. Die<br />
Energie der heißen Verbrennungsgase geht<br />
zu einem Teil ebenfalls in die Fermenterheizung.<br />
Darüber hinaus kann Wärme über ein<br />
Drei-Wege-Ventil entnommen werden.<br />
300 bis 500 Watt Leistung<br />
Der Generator des Mini-BHKW ist über<br />
eine Kupplung direkt mit der Motorwelle<br />
verbunden. „Das ist eigentlich ein Hochleistungs-Elektromotor<br />
mit Neodymmagneten<br />
aus dem Modellbaubereich. Aber jeder Motor<br />
lässt sich ja auch als Generator nutzen“,<br />
erläutert André. Je nach Motordrehzahl liefere<br />
er 300 bis 500 Watt.<br />
Von Anfang an hatten sich die Jugendlichen<br />
drei Ziele gesetzt: Die Anlage sollte Bioabfälle<br />
verarbeiten, die in jedem Haushalt anfallen.<br />
Sie sollte durch eine kompakte Bauweise<br />
nicht größer als eine Waschmaschine<br />
sein und die Prozesse sollten automatisch<br />
ablaufen. Diese Ziele wurden bei der Pilotanlage<br />
nach gut zweijähriger Entwicklungszeit<br />
weitestgehend erreicht. Lediglich die<br />
Lkw-Batterie zur Strompufferung und der<br />
Gasspeicher passen nicht in die Box aus beschichteten<br />
Holzplatten. Der über einen<br />
Strang aus Kabeln und Schläuchen mit der<br />
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AUS DER PRAXIS<br />
Der teilweise demontierte Modellbaumotor mit Generator (rechts).<br />
Im Mini-BHKW des Nachfolgemodells soll ein auf Gasbetrieb<br />
umgestellter Honda-Industriemotor laufen.<br />
Anlage verbundene Steuerungskasten war<br />
sowieso als gesondertes Bedienteil geplant.<br />
Zahlreiche Sensoren an den Aggregaten erfassen<br />
Parameter wie die Fermentertemperatur<br />
in verschiedenen Zonen oder den Gasdruck.<br />
Diese Werte und die Daten der<br />
elektrischen Bauteile bilden die Grundlage<br />
<strong>für</strong> eine Speicherprogrammierbare Steuerung<br />
(SPS). „Wie man Programme <strong>für</strong> Mikrochips<br />
schreibt, habe ich beim Schulpraktikum<br />
an der Fachhochschule Jena gelernt“,<br />
sagt André.<br />
Testbetrieb zeigte<br />
Entwicklungspotenzial<br />
Im Frühjahr 2012 hatten es die drei endlich<br />
geschafft und setzten ihre <strong>Minibiogasanlage</strong><br />
<strong>für</strong> eine dreimonatige Testphase in Betrieb.<br />
Dazu füllten sie täglich 1,8 Kilogramm Biomasse<br />
in einen Trichter. Unter dem Trichter<br />
befindet sich ein elektrisch angetriebener<br />
Fleischwolf. Er setzt sich periodisch in Betrieb.<br />
Anschließend gelangen die aufbereiteten<br />
Einsatzstoffe über ein Einfüllsystem in<br />
den Gärbehälter mit einem Fassungsver -<br />
mögen von 120 Litern. Gleichzeitig wird der<br />
am Überlauf herausgedrückte Fermenterinhalt<br />
mittels Pressschnecke in die flüssige und<br />
feste Fraktion getrennt und in zwei Behältern<br />
gesammelt. Die Gärreste können nach<br />
Bedarf <strong>für</strong> die Gartendüngung eingesetzt<br />
werden.<br />
Im Fermenter sorgt ein Propellerrührwerk<br />
in Intervallen <strong>für</strong> die Durchmischung. Bei<br />
einem definierten Druck öffnet sich im obe-<br />
68<br />
ren Bereich des Fermenters ein Ventil und<br />
das sich dort angesammelte Biomethan<br />
strömt in den hydraulischen Gasspeicher. Er<br />
besteht aus zwei ineinander gesteckten<br />
Kunststoffrohren. Füllt sich das innere Rohr<br />
mit Gas, drückt es die Wassersäule im äußeren<br />
hoch. An einem hier eingelassenen<br />
Der hydraulische Gasspeicher ist einfach,<br />
aber er erfüllt seinen Zweck.<br />
Über einen zurzeit demontierten Einfülltrichter wird die<br />
Biomasse in einen Fleischwolf hineingezogen und gelangt<br />
dann über ein Einfüllsystem in den Fermenter.<br />
Darunter befindet sich der Ausgang <strong>für</strong> die Gärreste.<br />
Schauglas lässt sich die gespeicherte Gasmenge<br />
ablesen. Registriert der Messfühler<br />
eine entsprechende Reserve startet der Motor<br />
mit einem Anlasser. Es ist aber auch<br />
möglich, das Gas direkt über einen Hahnanschluss<br />
zu entnehmen. Die vom Generator<br />
erzeugte Gleichspannung wird in einer<br />
Lkw-Batterie gepuffert und vor Abnahme<br />
über die Steckdose mit einem Wandler auf<br />
220 Volt hoch transformiert.<br />
„Während der Testphase haben wir viele<br />
Feinjustierungen vorgenommen. Da steckt<br />
inzwischen jede Menge Know-how drin.<br />
Vor allem im BHKW, in der Programmierung<br />
des SPS-Mikrochips, der automa -<br />
tischen Befüllung und überhaupt in der<br />
Abstimmung der Abläufe und Systemkomponenten“,<br />
sagt der junge Entwickler. Deshalb<br />
wolle er auch unbedingt weitermachen.<br />
Nächste Generation<br />
bereits in Arbeit<br />
Zum Ende des Probelaufs zeigte sich allerdings,<br />
dass die mit durchschnittlich 6.000<br />
Umdrehungen pro Minute laufenden Modellbaumotoren<br />
nicht <strong>für</strong> den Dauerbetrieb<br />
geeignet sind. „Der Motor wurde immer lauter<br />
und seine Leistung ließ nach. Beim Zerlegen<br />
haben wir dann gesehen, dass die Kolbenringe<br />
total abgenutzt waren“, so André.<br />
Im BHKW der <strong>Minibiogasanlage</strong> der nächsten<br />
Generation, deren Prototyp etwa in einem<br />
Jahr fertig sein soll, laufe deshalb ein<br />
auf Gasbetrieb umgestellter Honda-Industriemotor.<br />
BIOGAS Journal | 6_2012
Außerdem erhält die weiterentwickelte Anlage<br />
einen größeren Gasspeicher. Auch die<br />
Komponenten <strong>für</strong> Gas und Elektrik seien<br />
dann konsequent getrennt, wie es die EU-<br />
Norm fordert. „Im Internet habe ich kürzlich<br />
eine preiswerte Platine mit Touchscreen<br />
entdeckt. Die Fernüberwachung der vollautomatisch<br />
arbeitenden <strong>Minibiogasanlage</strong> in<br />
Keller oder Garage könnte dann per Funksignal<br />
über ein Bedienpanel oder sogar über<br />
ein Smartphone erfolgen. Aber das ist erst<br />
mal nur eine Spielerei“, meint der Schüler<br />
schmunzelnd.<br />
Gegenwärtig suche das Entwicklerteam<br />
Sponsoren. André Krause: „Dabei geht es<br />
uns nicht hautsächlich um Geld, sondern<br />
eher um Material und Bauteile sowie um<br />
Zuarbeiten, <strong>für</strong> die man eine Drehbank oder<br />
ein Schweißgerät benötigt.“ D<br />
Autor<br />
Dipl. Journ. Wolfgang Rudolph<br />
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BIOGAS Journal | 6_2012<br />
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Die Kontrolle und Regelung der <strong>Minibiogasanlage</strong><br />
erfolgt über einen separaten Schaltschrank.<br />
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