Biogas_1_2012_56-63_DDR.pdf
Biogas_1_2012_56-63_DDR.pdf
Biogas_1_2012_56-63_DDR.pdf
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
AUS DER PRAXIS<br />
In Phase Zwei<br />
auf Weltniveau<br />
Beim Bau von Großbiogasanlagen in der <strong>DDR</strong> betraten<br />
die Entwickler oft technologisches Neuland<br />
und erzielten trotz widriger Umstände beachtliche Erfolge<br />
Von Dipl.-Journ. Wolfgang Rudolph<br />
Die <strong>Biogas</strong>anlage Zobes bei Plauen mit<br />
den typischen schrägen Rohrabläufen an den<br />
ersten beiden Fermentern ist weithin sichtbar.<br />
In der <strong>DDR</strong> kursierte folgender Witz:<br />
Erich Honecker erholt sich bei einem<br />
Spaziergang in den Bergen. Sein Begleiter<br />
weist ihn an einer Stelle auf ein besonders<br />
schönes Echo hin. Honecker probiert<br />
es gleich aus. „Die <strong>DDR</strong> hat Weltniveau“,<br />
ruft er. „Wo, wo, wo“, hallt es zurück.<br />
Wunsch und Wirklichkeit klafften im real<br />
existierenden Sozialismus eben häufig weit<br />
auseinander. Allerdings ist inzwischen auch<br />
klar: Es gab in der <strong>DDR</strong> Bereiche, in denen<br />
Wissenschaftler und Ingenieure trotz Mangelwirtschaft<br />
durchaus Weltniveau erreichten<br />
oder gar bestimmten. Dazu gehörte<br />
<strong>56</strong><br />
zweifellos die landwirtschaftliche <strong>Biogas</strong>produktion.<br />
„Um die Wende herum wurden<br />
immerhin gut 80 Prozent der gesamtdeutschen<br />
<strong>Biogas</strong>menge in Thüringen produziert“,<br />
hat Dr. Gerd Reinhold errechnet. Das<br />
habe natürlich auch etwas mit dem Angebot<br />
an Gülle aus den großen Tierproduktionsanlagen<br />
zu tun gehabt. Reinhold hat die<br />
<strong>Biogas</strong>-Forschung und den Aufbau von<br />
Großanlagen in der <strong>DDR</strong> als Doktorand<br />
und später als wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
an Thüringer Forschungseinrichtungen<br />
begleitet. Der Entwicklungsprozess der<br />
<strong>Biogas</strong>technologie in Deutschland verlief,<br />
ähnlich wie in anderen Ländern Europas,<br />
in zwei deutlich voneinander getrennten<br />
Phasen. Der Gedanke, landwirtschaftliche<br />
Reststoffe für die <strong>Biogas</strong>erzeugung zu nutzen,<br />
entstand erstmals während der Nachkriegszeit.<br />
Vorrangig hatte man dabei die<br />
Substitution von Stadtgas im Blick. Zum<br />
Kochen, Heizen, gegebenenfalls auch für<br />
Leuchtzwecke, könnte so auf dem Lande<br />
<strong>Biogas</strong> zum Einsatz kommen. Prof. Karl<br />
Imhoff weist in einer Veröffentlichung 1947<br />
darauf hin, dass aus dem Stallmist einer einzelnen<br />
Kuh hundert Mal so viel Gas erzeugt<br />
werden kann, wie aus dem Klärschlamm<br />
BIOGAS Journal | 1_<strong>2012</strong>
eines städtischen Einwohners. In der <strong>DDR</strong><br />
passte <strong>Biogas</strong> zudem zur ideologischen Programmatik.<br />
Von Anfang an war ja geplant,<br />
die zum Überleben viel zu klein zugeschnittenen<br />
Neubauernhöfe und später alle weiteren<br />
Einzelbetriebe zu landwirtschaftlichen<br />
Produktionsgenossenschaften (LPG) zu -<br />
sammen zu schließen. Bis Ende 1955 waren<br />
aus 77.392 Bauernwirtschaften 6.047 LPG<br />
gebildet worden, die meisten davon vom Typ<br />
III mit gemeinsamer Viehwirtschaft. In einer<br />
durchschnittlichen LPG hätten sich täglich<br />
über 200 Kubikmeter <strong>Biogas</strong> erzeugen lassen,<br />
die pro Jahr 42.000 Liter Diesel ersetzen<br />
BIOGAS Journal | 1_<strong>2012</strong><br />
FOTOS: CARMEN RUDOLPH<br />
Der Trockengasspeicher und die drei Fermenter der <strong>Biogas</strong>anlage in Zobes<br />
gingen in den 80er Jahren in Betrieb.<br />
könnten. Das überzeugte die staatliche Plankommission.<br />
Sie stellte finanzielle Mittel<br />
und Material für Gärversuche im Laboratorium<br />
der Akademie für Landwirtschaftswissenschaften<br />
in Jena-Zwätzen bereit, um die<br />
Einflüsse von Temperatur, Druck und TS-<br />
Anteil auf die <strong>Biogas</strong>erzeugung zu ermitteln.<br />
Die Versuchsergebnisse schienen einen thermophilen<br />
Betrieb nahezulegen. Die erste<br />
großtechnische Versuchsanlage der <strong>DDR</strong><br />
wurde von 1953 bis 1957 auf dem Gut Freienbessingen<br />
in Thüringen folgerichtig im<br />
thermophilen Temperaturbereich betrieben.<br />
Die Berichte klangen zunächst auch vielversprechend.<br />
Aber die Anlage wies zu hohe<br />
Wärmeverluste auf, die auch durch bessere<br />
Dämmung nicht in den Griff zu bekommen<br />
waren. Im kalten Winter 19<strong>56</strong>/57 froren<br />
dann schließlich noch die Wasserbecken der<br />
Gasspeicher ein. Weitere <strong>Biogas</strong>-Versuchsanlagen<br />
arbeiteten mit besseren Ergebnissen<br />
auf dem Gelände der technischen Hochschule<br />
Dresden und in Potsdam-Bornim.<br />
Forschungsarbeiten zur <strong>Biogas</strong>erzeugung<br />
gab es auch in der Landwirtschaftlichen<br />
Fakultät in Jena.<br />
Mit der 1955 einsetzenden „Erdölschwemme“<br />
fiel die <strong>Biogas</strong>forschung nach und nach<br />
in eine Art Dornröschenschlaf. Bei Heizölpreisen<br />
von umgerechnet zehn Cent pro<br />
Liter, die sich bis 1970 sogar noch einmal<br />
halbierten, war die Wirtschaftlichkeit von<br />
<strong>Biogas</strong> kaum noch nachzuweisen. Zudem<br />
hatten technische Pannen einige Kratzer am<br />
Image hinterlassen. Aufgrund dieser Entwicklung<br />
wurden nahezu alle <strong>Biogas</strong>anlagen<br />
stillgelegt.<br />
AUS DER PRAXIS<br />
Rückbesinnung durch<br />
Ölkrise und Güllestau<br />
Es gab einige Gründe, warum <strong>Biogas</strong> ab<br />
Mitte der siebziger Jahre in der <strong>DDR</strong> doch<br />
wieder ein Thema wurde. Einer davon stank<br />
im wahrsten Sinne des Wortes zum Himmel.<br />
Aus den ungefähr 300 typisierten Anlagen<br />
zur Tierhaltung mit je bis zu 190.000 Tieren<br />
in kombinierten Schweinemast- und Zuchtanlagen<br />
oder 2.000 Kuh- und 4.000 Jungrindplätzen<br />
flossen insgesamt jährlich 50<br />
Millionen Tonnen Gülle.<br />
Die Aufbereitung von solchen Mengen, insbesondere<br />
unter dem Aspekt der Nutzung<br />
darin enthaltener Bodennährstoffe, wurde<br />
zum wachsenden Problem. Je größer die<br />
Tierbestände an einem Ort, desto größer war<br />
der Transportaufwand zum Ausbringen der<br />
Gülle. Pro Kubikmeter musste ungefähr ein<br />
Liter Diesel eingesetzt werden. So wurde<br />
nicht selten auf bequemer erreichbaren Feldern,<br />
Wiesen und sogar im Wald zuviel<br />
Gülle ausgebracht und die Flächen regelrecht<br />
„tot gedüngt“.<br />
Der sprunghafte Anstieg des Erdölpreises<br />
Mitte der 70er führte außerdem zu Engpässen<br />
in der Energieversorgung. Zugleich<br />
eröffneten die dünnflüssigen Güllemengen<br />
aus der industriemäßigen Tierproduktion<br />
neue Möglichkeiten, diese Situation zumindest<br />
teilweise zu entschärfen. Die mögliche<br />
<strong>Biogas</strong>-Produktion aus dem Gülleaufkommen<br />
der Massentierhaltung schätzte man in<br />
der <strong>DDR</strong> auf jährlich etwa 200 Millionen<br />
Kubikmeter mit einem Energieäquivalent<br />
von 4.500 Terajoule. Damit hätten sämtliche<br />
LPG und Volksgüter die Hälfte ihres Ener-F<br />
57
AUS DER PRAXIS<br />
FOTO: ARCHIV REINHOLD<br />
Standardmäßig wurde das in den Anlagen<br />
erzeugte <strong>Biogas</strong> in Heizkesseln verbrannt.<br />
giebedarfs über <strong>Biogas</strong> decken können.<br />
Um dieses Potential zu nutzen, beschloss die<br />
<strong>DDR</strong>-Führung 1973 den Bau von acht<br />
Großanlagen. Davon gingen sieben in<br />
Betrieb und produzierten bis 1990 und darüber<br />
hinaus. Eine ab 1985 errichtete Anlage<br />
in Delitzsch nahm wegen technischer Probleme<br />
den Dauerbetrieb nie auf. Es handelte<br />
sich um ein Konzept zur thermophilen<br />
Behandlung von Rindergülle. An den Standorten<br />
Nordhausen und Zobes bei Plauen<br />
wird bis heute mit zum Teil weiter entwickelter<br />
<strong>DDR</strong>-Technologie <strong>Biogas</strong> produziert.<br />
Die Anlagen waren als Versuchs- und<br />
Experimentalanlagen konzipiert, wurden<br />
von verschiedenen Forschungseinrichtungen<br />
wissenschaftlich begleitet aber gleichzeitig<br />
für die Produktion genutzt.<br />
Pläne für RGW-<strong>Biogas</strong>anlage<br />
auf der Krim<br />
Ziel war es, entsprechend den spezifischen<br />
örtlichen Bedingungen der großen Tierhaltungsbetriebe<br />
Verfahrenskonzepte und<br />
Reaktorkonfigurationen großtechnisch zu<br />
testen und daraus Musterlösungen zu entwickeln.<br />
„Dabei wurden bald durchaus<br />
beachtenswerte Ergebnisse erzielt, an denen<br />
auch die anderen Ostblockländer großes<br />
Interesse hatten“, erinnert sich Prof. Gerd-<br />
Rainer Vollmer. Der heutige Inhaber des<br />
Lehrstuhls Biologische Verfahrenstechnik<br />
an der Fachhochschule Nordhausen vertrat<br />
die <strong>DDR</strong> im entsprechenden Gremium des<br />
Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe<br />
Die LPG Industrielle Schweinezucht in<br />
Frankenförde rüstete 1983 zwei Güllebehälter<br />
zu <strong>Biogas</strong>reaktoren um.<br />
(RGW). Vor allen die Russen, die zwar über<br />
exzellente Wissenschaftler auf dem Gebiet<br />
der Mikrobiologie verfügten, aber Probleme<br />
bei der praktischen Anwendung hatten,<br />
wären an technischen Lösungen interessiert<br />
gewesen. „Sie unterbreiteten sogar den Vorschlag,<br />
auf der Halbinsel Krim im Schwarzen<br />
Meer eine große RGW-Gemeinschaftsbiogasanlage<br />
zu errichten.“<br />
Den letzten Kick versprach sich die Parteiund<br />
Staatsführung wohl noch von einer<br />
Prise West-Know-how und lud das Schweizer<br />
<strong>Biogas</strong>-Urgestein Dr. Arthur Wellinger,<br />
heute Präsident des Europäischen <strong>Biogas</strong>verbandes,<br />
gegen gutes Honorar in die <strong>DDR</strong><br />
ein. Auf seiner Rundreise zu den <strong>Biogas</strong>standorten<br />
sollte er Wissen weitergeben.<br />
„Für mich als damals junger Wissenschaftler<br />
war das natürlich eine eindrucksvolle<br />
Begegnung. Aber Lösungen zu konkreten<br />
Verfahrens-Problemen in jener Zeit konnte<br />
er natürlich auch nicht aus dem Ärmel<br />
schütteln“, blickt Reinhold zurück.<br />
Als erste <strong>Biogas</strong>anlage in der zweiten Phase<br />
entstand 1982 auf dem Gelände der zentralen<br />
Gülleaufbereitungsstation zwischen<br />
einer Schweinemast- und einer Milchviehanlage<br />
in Vippachedelhausen (Thüringen)<br />
eine Großversuchsanlage. Dafür wurde das<br />
vorhandene, ins Erdreich eingelassene Güllebecken<br />
mit einem Fassungsvermögen von<br />
500 Kubikmeter mit isolierten Stahlplatten<br />
und einem Dach aus Teerpappe abgedeckt.<br />
Die Pilotanlage war mit einem Gas-<br />
Umwälzsystem, also mit einem Gebläse zum<br />
BIOGAS Journal | 1_<strong>2012</strong>
Einpressen von <strong>Biogas</strong> ausgerüstet. In der<br />
Regel kam eine Mischung von Rinder- und<br />
Schweinegülle mit einem TS-Gehalt von 3,5<br />
bis fünf Prozent im Verhältnis eins zu eins<br />
zum Einsatz. Die täglich produzierten 1.100<br />
Kubikmeter <strong>Biogas</strong> mit einem Methangehalt<br />
von 65 bis 72 Prozent gelangten mit dem<br />
Druck aus dem Fermenter und ohne Gasreinigung<br />
über Gasleitungen in die beiden<br />
etwa zwei Kilometer entfernten Tierhaltungsbetriebe<br />
und wurden dort in Heizkesseln<br />
verbrannt.<br />
Legendäre <strong>Biogas</strong>-Kaffee-Runde<br />
Auf dem Versuchsgelände soll Anfang der<br />
80er Jahre auch die legendäre Kaffeerunde<br />
mit dem ersten <strong>Biogas</strong>kaffee der <strong>DDR</strong> stattgefunden<br />
haben. Forschungsleiter Prof. Gerhard<br />
Breitschuh, der zu dieser Zeit noch mit<br />
einem umgebauten Gülletransporter experimentierte,<br />
lud Staatsfunktionäre zu einem<br />
Ortstermin ein und demonstrierte das Kaffeekochen<br />
mit <strong>Biogas</strong>. Im anschließenden<br />
Kaffeeplausch begeisterte er die Gäste von<br />
seinem Vorhaben. Solche Kontakte erleichterten<br />
in der <strong>DDR</strong>, wo jede Schraube von<br />
der Plankommission im Voraus bilanziert<br />
werden musste, den Erfolg von Bauprojekten<br />
erheblich. So entstand nicht nur die<br />
Großversuchsanlage. Einige Jahre später<br />
kamen noch drei Beton-Fermenter mit je<br />
1.200 Kubikmetern Faulraumvolumen hin -<br />
zu. Sie waren außen mit Mineralwolle ge -<br />
dämmt und mit Blech ummantelt. Innen<br />
dienten glasfaserverstärkte Kunststoffplatten<br />
BIOGAS Journal | 1_<strong>2012</strong><br />
AUS DER PRAXIS<br />
FOTOS: ARCHIV VOLLMER, REPRO: RUDOLPH<br />
Die Anlage in Himmelgarten mit den beiden 350 Kubikmeter fassenden<br />
Reaktoren begann 1986 mit der <strong>Biogas</strong>produktion.<br />
als passiver Korrosionsschutz für den Beton.<br />
Am Standort Berlstedt fanden auch Untersuchungen<br />
zur Verstromung von <strong>Biogas</strong> mit<br />
einem umgerüsteten Traktormotor und<br />
angeschlossenem Generator statt. „Eines<br />
unserer größten Probleme war dabei: Wohin<br />
mit dem Strom? Einspeisen gab’s ja noch<br />
nicht“, erzählt Reinhold. Den Stromverbrauch<br />
sicherten dann etliche Bahnheizkörper,<br />
die allerdings in der <strong>DDR</strong> zur Mangelware<br />
gehörten. 1992 stellte der neue Be -<br />
sitzer den Betrieb der <strong>Biogas</strong>anlage wegen<br />
zu hoher Kosten ein.<br />
Nach dem Konzept der Anlage in Berlstedt<br />
baute die LPG Industrielle Schweinezucht<br />
in Frankenförde (bei Luckenwalde) 1983<br />
eine <strong>Biogas</strong>-Anlage in eigener Regie. Dafür<br />
wurden zwei von sechs bereits vorhandenen<br />
Beton-Güllebehältern mit je 500 Kubikmetern<br />
Fassungsvermögen zu <strong>Biogas</strong>-Fermentern<br />
umgerüstet und mit Hartschaum isoliert.<br />
Eine Besonderheit in Frankenförde<br />
war die Gas-Entschwefelung. Dazu dienten<br />
zwei mit Raseneisenerz gefüllte Behälter.<br />
GAS KÜHLER<br />
Größte <strong>DDR</strong>-<strong>Biogas</strong>anlage<br />
in Nordhausen<br />
Richtig geklotzt wurde am Rande der thüringischen<br />
Stadt Nordhausen. Hier errich- Für <strong>Biogas</strong><br />
tete das heute noch in diesem Bereich tätige<br />
Unternehmen Schachtbau Nordhausen<br />
1985 die größte <strong>Biogas</strong>anlage der <strong>DDR</strong>. Die<br />
beiden 37 Meter hohen Stahlfermenter mit<br />
einem Durchmesser von 18,80 Metern<br />
haben ein Volumen von je 8.000 Kubik- F C<br />
www.calorplast.de<br />
CALORPLAST
AUS DER PRAXIS<br />
60<br />
FOTO: ARCHIV REINHOLD<br />
FOTO: CARMEN RUDOLPH<br />
Oben: Der auf Flüssigbiogasantrieb umgebaute<br />
Traktor ZT 300 in der <strong>Biogas</strong>anlage Nordhausen.<br />
Unten: Nach dem Flüssigkeitsentzug wird die<br />
feste Fraktion der Gärreste in der <strong>Biogas</strong>anlage<br />
Zobes sofort abgefahren.<br />
metern. Über einen Bodenkonus können<br />
Ablagerungen abgesaugt werden.<br />
Beim Bau gab es die üblichen Probleme. So<br />
übernahm nach einigem hin und her ein polnischer<br />
Betrieb die Dämmungsarbeiten an<br />
einem der Stahltürme, weil sie das Material<br />
mitbrachten, für das im damaligen Bezirk<br />
Erfurt die Bilanzzuweisungen nicht ausreichten.<br />
Zeitweise ging es nicht weiter, da<br />
Gerüste noch für den Bau der Anlage in<br />
Berlstedt benötigt wurden. Das Substrat<br />
kam und kommt auch heute aus dem<br />
benachbarten Schweinemastbetrieb, der früher<br />
90.000 Tiere hielt.<br />
Technische Besonderheiten der Nordhausener<br />
Anlage waren die Substraterwärmung<br />
und die Aufbereitung der Gärreste. Über<br />
einen vorgelagerten Tauchstrahlreaktor<br />
gelang es, die Gülle mit einem TS-Gehalt<br />
von nur zwei Prozent durch Zuführung von<br />
Luft und damit forciertem, aeroben biologischen<br />
Abbau auf eine Temperatur von 26 bis<br />
28 Grad Celsius zu bringen. Anschließend<br />
gelangte die Gülle in den Fermenter und<br />
wurde dort geringfügig nachgeheizt. Der<br />
aerobe Prozess verminderte allerdings die<br />
Gasausbeute.<br />
Für den anschließenden Einsatz als Dünger<br />
erfolgte eine Trennung der Gärprodukte<br />
mittels Schwerkraftsedimentation und<br />
Dekanter in Faulschlamm mit einem TS-<br />
Gehalt von über zwölf Prozent und Faulwasser.<br />
In Nordhausen kam nach Berichten<br />
das erste BHKW der <strong>DDR</strong> mit einem Gasmotor<br />
des Schwermaschinenkombinates<br />
Magdeburg zum Einsatz. Außerdem fuhr<br />
hier ein Traktor ZT 300, den Techniker auf<br />
den Betrieb mit verflüssigtem <strong>Biogas</strong> (Kryotechnik)<br />
umgerüstet hatten.<br />
„Nach Erweiterung um zwei Fermenter auf<br />
eine elektrische Leistung von 2,2 MW verarbeiten<br />
wir hier unter Zugabe von 40 Tonnen<br />
Maissilage täglich 120 Kubikmeter<br />
Schweinegülle des Betriebes Van Asten Tierzucht<br />
Nordhausen, zu dem die Anlage heute<br />
gehört“, berichtet Anlagenfahrer Frank<br />
Hartleb. Nur wenige Kilometer von Nordhausen<br />
entfernt nahm 1986 neben einer<br />
Jungrinderanlage mit 2.600 Tieren in Himmelgarten<br />
eine weitere kleinere <strong>Biogas</strong>anlage<br />
den Betrieb auf. In den beiden Fermentern<br />
mit einem Volumen von je 360F<br />
BIOGAS Journal | 1_<strong>2012</strong>
AUS DER PRAXIS<br />
Die <strong>Biogas</strong>anlage in Nordhausen war mit ihren 37 Meter hohen Fermentern<br />
die größte <strong>Biogas</strong>anlage der <strong>DDR</strong>. Daneben das neue Foliengaslager.<br />
Ihr Sprung in<br />
die Unabhängigkeit.<br />
FOTO: CARMEN RUDOLPH<br />
Kubikmetern gärte Rindergülle mit einem<br />
TS-Gehalt von über acht Prozent, was für<br />
damalige Verhältnisse hoch war.<br />
Weltweit einmalige<br />
Pfropfenstromanlage<br />
Weltweit einzigartig dürfte die 1985 errichtete<br />
<strong>Biogas</strong>anlage in Rippershausen gewesen<br />
sein. Sie war als horizontale Pfropfenströmungsanlage<br />
mit vier mal 1.500 Kubikmetern<br />
Faulraumvolumen konzipiert und<br />
arbeitete mit der Gülle von 34.000 Tieren<br />
einer Schweinemastanlage. Aus Fertigbauelementen<br />
wurden dafür 22 Meter lange<br />
rechteckige, nach oben offene Kanäle mit<br />
einer Breite und Höhe von 3,5 Metern<br />
gebaut und gedämmt.<br />
Jeweils fünf dieser Kammern mit einem Fassungsvermögen<br />
von 300 Kubikmetern bildeten<br />
eine der vier Reaktoreinheiten, die<br />
von der zuvor in Wärmetauschern auf 40<br />
Grad Celsius erwärmten Gülle, vorbei an<br />
wechselnd halbseitig offenen Zwischenwänden,<br />
mäanderförmig durchflossen wurde.<br />
Jede Kammer war auf einer durchgehenden,<br />
hohlen Welle mit einem sehr langsam drehenden<br />
Paddelrührwerk ausgestattet. Die<br />
Luft in der Hohlwelle sorgte für Auftrieb<br />
BLOCKHEIZKRAFTWERKE | BIOGASTECHNIK<br />
PFLANZENÖLANLAGEN | SCHALTANLAGENBAU<br />
MOTORINSTANDSETZUNG<br />
SEVA Energie AG ®<br />
Mit derNatur im Gleichgewicht<br />
Europa-Allee 14 | 49685 Emstek | Phone: +49 4473.9281.0 | www.seva.de
und verhinderte ein sonst unvermeidliches<br />
Durchhängen und den Bruch der nur an den<br />
äußeren Reaktorwänden gelagerten Welle.<br />
Das Gas sammelte sich unter erstmals eingesetzten<br />
Folien, die den gesamten Baukörper<br />
überspannten. Bei einem Gülleaufkommen<br />
von 150 Kubikmetern pro Tag lieferte<br />
die Rippershausener Anlage 4.000 Kubikmeter<br />
<strong>Biogas</strong> zum Heizen der Schweineställe.<br />
Die Anlage arbeitete noch bis 2004<br />
und setzte als Kosubstrat organische Abfälle<br />
ein.<br />
Hühnerkot von<br />
250.000 Legehennen<br />
Die letzte in der <strong>DDR</strong>-Zeit errichtete <strong>Biogas</strong>anlage<br />
steht seit 1987 bis heute in Zobes<br />
bei Plauen (Sachsen). Als Substrat diente<br />
zunächst ausschließlich Hühnergülle von<br />
dem benachbarten Geflügelbetrieb „Vogtland“<br />
mit über einer Viertelmillion Legehennen.<br />
„Sie arbeitete als einzige in einem zweistufigen<br />
Verfahren“, erläutert Dipl.-Ing. Lars<br />
Klinkmüller, der die Technologie der Zobeser<br />
Anlage, das sogenannte „Plauener Verfahren“,<br />
mit entwickelt hat. Die vorgelagerte<br />
Hydrolyse und Säuerungsstufe erfolgte in<br />
einem Erdbecken. Anschließend gelangte<br />
Die Typenschilder an den in den 80er Jahren<br />
errichteten Fermentern in Zobes sind schon<br />
etwas verblichen.<br />
die Gülle in zwei identische Stahlfermenter<br />
mit jeweils 1.500 Kubikmetern Volumen.<br />
Hier fällt eine weitere Besonderheit ins<br />
Auge. Zwischen den Reaktoren sind zwei<br />
schräge Rohre zu erkennen. Sie sind der<br />
Auslauf des Reaktors und bewirken mit<br />
ihrem relativ großen Durchmesser, dass die<br />
Feststoffe im langsam aufsteigenden Gärsubstrat<br />
sedimentieren können und dadurch<br />
wieder in den Faulraum zurückrutschen und<br />
weiter vergasen. Sich absetzender Schlamm<br />
BiobasedWorld<br />
18 – 22 June <strong>2012</strong> · Frankfurt am Main · Germany<br />
BiobasedWorld at ACHEMA <strong>2012</strong><br />
» Exhibition<br />
» Partnering Conference<br />
» Technology Transfer Days<br />
» ACHEMA Congress<br />
Join ACHEMA’s BiobasedWorld to learn how to<br />
» Benefi t from new bioprocessing technologies<br />
» Source equipment and starting materials<br />
» Make bio-based products profi table<br />
Get more information at<br />
www.achema.de/biobasedworld<br />
FOTO: CARMEN RUDOLPH<br />
kann, wie bei der Nordhausener Anlage,<br />
über den trichterförmigen Behälterboden<br />
abgepumpt werden.<br />
Wegen Wegfall der Hühnergülle erfolgte<br />
durch Lars Klinkmüller (heute Ingenieurbüro<br />
CarboCycle) die Umstellung der später<br />
durch einen dritten Fermenter erweiterten<br />
Anlage auf die Verarbeitung organischer<br />
Abfälle. Sie ist bis heute in Betrieb und vergärt<br />
unter anderem Lebensmittelabfälle aus<br />
Haushalten, für die es in Plauen als Nachfolger<br />
zur <strong>DDR</strong>-„Specki“-Tonne weiterhin<br />
ein Sammelsystem gibt. D<br />
Autor<br />
Dipl.-Journ. Wolfgang Rudolph<br />
Freier Journalist<br />
Rudolph Reportagen – Das Medienbüro<br />
Kirchweg 10 · 04651 Bad Lausick<br />
Tel. 03 43 45/26 90 40<br />
E-Mail: info@rudolph-reportagen.de<br />
www.rudolph-reportagen.de<br />
AUS DER PRAXIS