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Elf aus Stoetze - Fachverband Biogas e.V.

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BIOGAS IN KOMMUNEN<br />

Michel Borgard füttert<br />

seinen Ochsen Willi.<br />

Reisebericht<br />

<strong>Elf</strong> <strong>aus</strong> <strong>Stoetze</strong><br />

Unterwegs in <strong>Stoetze</strong> im Wendland, wo die Menschen die Energiewende selbst gestalten.<br />

Von Lothar Gröschel<br />

Mit dem Zug geht es ganz gut. Von<br />

Berlin kommend sind es 45 Minuten<br />

bis Stendhal. Her<strong>aus</strong>geputzter<br />

Bahnhof in Klinker. Innen der kleine Bauernmarkt<br />

von Edith Stielow: mit Würsten,<br />

Eingelegtem, Honig. Willkommen in der<br />

Altmark. Mit der Regionalbahn dann über<br />

Hohenwulsch, Salzwedel, Schnega, Soltendiek,<br />

Wieren, Stederdorf bis Uelzen. Mit<br />

dem Bus wär es jetzt noch eine halbe Stunde<br />

bis <strong>Stoetze</strong> Ortsmitte. Aber Michel Borgard<br />

holt mich ab.<br />

„Mensch Junge, geht’s gut bei dir?“, fragt er<br />

bei der Begrüßung. Wir haben uns vor ein<br />

paar Jahren bei einer Veranstaltung auf der<br />

<strong>Biogas</strong>anlage in <strong>Stoetze</strong> kennengelernt. Er<br />

hatte die komplette Politikerriege <strong>aus</strong> der<br />

Gegend antanzen lassen: vom Bundestag bis<br />

zu Samtgemeinde, von den Grünen bis zur<br />

FDP. Da hat er keine Berührungsängste.<br />

Borgard und Kollegen hatten dort ein abenteuerliches<br />

Betreibermodell, das mich neugierig<br />

machte, weil es nach Sozialismus roch,<br />

wo alle Welt vom Profite-Maximieren faselte.<br />

„Wie steht es hier mit den Energiepflanzen?“,<br />

frage ich unterwegs. „Schau dich um,<br />

wirst nicht viel Mais finden“, hebt Borgard<br />

freudig hervor. Das stimmt. Mal sehe ich<br />

zwei größere Schläge, sonst nur Rüben, Kartoffeln,<br />

abgedroschene Getreidefelder. „Wir<br />

haben den Mais mit zwölf Prozent in der<br />

Fruchtfolge. Das reicht uns für’s <strong>Biogas</strong>. Das<br />

passt zu unseren bäuerlichen Strukturen.“<br />

Genossenschaft betreibt<br />

Methananlage<br />

Wir machen einen kurzen Abstecher zur<br />

Biomethananlage der Bigaro, die im vergangenen<br />

Dezember an den Start ging. Ausgeheckt<br />

von den <strong>Stoetze</strong>r <strong>Biogas</strong>cracks. Betrieben<br />

wird sie von der <strong>Stoetze</strong>r Saatbau –<br />

einer landwirtschaftlichen Genossenschft –<br />

und 45 Landwirten <strong>aus</strong> der Gegend. Investition:<br />

schlappe zehn Millionen Euro. „Wir<br />

haben das mit angeschoben, damit die <strong>Biogas</strong>produktion<br />

in Bauernhand bleibt und<br />

nicht von einem Energieriesen oder Fonds<br />

gemanagt wird. Dann wären die Landwirte<br />

nur Rohstofflieferanten“, bedeutet Michel,<br />

kneift die Augen zusammen und setzt nach,<br />

„nö, wichtig ist, dass wir das gestalten können.“<br />

Mit seiner Frau Elke Jacobs-Borgard bewirtschaftet<br />

er den Hof, auf dem Elke aufgewachsen<br />

ist. Gorleben hat sie zusammen<br />

gebracht. Der Widerstand gegen die vom da -<br />

maligen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht<br />

36<br />

BIOGAS Journal | <strong>Biogas</strong> in Kommunen


BIOGAS IN KOMMUNEN<br />

FOTOS: LOTHAR GRÖSCHEL<br />

Anlagen-Nachbar Hans Hermann<br />

Schulz heizt mit <strong>Biogas</strong>wärme.<br />

angeschobene Untersuchung für ein atomares<br />

Endlager. Seit über 30 Jahren bestimmt<br />

dieses Damoklesschwert immer wieder ihr<br />

Leben, und das der meisten Leute, die im<br />

sonst so beschaulichen, dünn besiedelten<br />

Wendland leben.<br />

Zwei grüne Schlepper stehen vor den großen<br />

Scheunen. Brennholz für die nächsten<br />

Winter lagert in Gitterboxen. Auf einem<br />

Dach stehen Photovoltaikmodule und Solarkollektoren.<br />

Alle Türen sind offen, als gäbe<br />

es keine Schlüssel. Wir sitzen hinter dem<br />

großen, geklinkerten Bauernh<strong>aus</strong>, trinken<br />

Kaffee und Zitronenlimonade <strong>aus</strong> Mecklenburg.<br />

Michel berichtet von seiner Mopedtour<br />

ins Bayrische mit ein paar Freunden.<br />

Dann sind wir beim <strong>Biogas</strong>. Michel macht<br />

sich Sorgen, weil die Kritik – vor allem am<br />

Maisanbau – immer stärker wird. Bedenklich<br />

findet er die Nutzung der <strong>Biogas</strong>wärme<br />

für die Gärresttrocknung, also zum Beispiel<br />

für das, was vom Hühnermist nach der Vergärung<br />

übrig bleibt.<br />

Forderung: Bonus für<br />

naturnahe Fruchtfolge<br />

Natürlich haben sie auch bei der <strong>Stoetze</strong>r<br />

Anlage im Sommer Wärme übrig, weil die<br />

angeschlossenen H<strong>aus</strong>halte dann keine<br />

Heizenergie brauchen. „Aber wir machen<br />

keine Gärresttrocknung, nur damit wir ein<br />

paar Cent mehr über den KWK-Bonus kriegen“,<br />

betont Michel. Für ihn ist das eine<br />

Fehlregelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />

(EEG), weil die möglichen Auswirkungen<br />

der Gärresttrocknung auf die Ökobilanzen<br />

nicht bedacht wurden. Er fände es<br />

besser, einen Bonus für eine naturnahe<br />

Fruchtfolge einzuführen, damit würde man<br />

den Maisanbau einschränken. Oder für<br />

Energiepflanzen <strong>aus</strong> ökologischem Anbau.<br />

„Stimmt doch, Hans-Georg, oder? Wir müssen<br />

mit <strong>Biogas</strong> was Sinnvolles tun, deswegen<br />

haben wir doch damit angefangen.“ Der Angesprochene,<br />

Hans-Georg Schenk, hat sich<br />

einen Stuhl genommen und nickt. Er ist einer<br />

der Häuptlinge der Bioenergie <strong>Stoetze</strong>, die<br />

elf Landwirte im Jahr 2005 miteinander gegründet<br />

haben. „Warum baut man eine Anlage<br />

zu elft?“, frage ich. Hans-Georg geht für<br />

seine Erklärung bis in die 70er Jahre zurück,<br />

da wurden hier die Maschinen- und Brennereigenossenschaften<br />

eingeführt. Und daher<br />

rühre der Gemeinschaftssinn der <strong>Stoetze</strong>r.<br />

„Das ist keine sozialistische Macke, verstehst<br />

du?“ Ja, gut. Auf jeden Fall duzen sich die<br />

Menschen hier. Dann wieder Michel: „Die<br />

<strong>Biogas</strong>anlage sollte für die Bauern hier ein<br />

neues Standbein sein, nicht nur für einen<br />

oder zwei. Alle elf in einem Boot, jeder trägt<br />

das Risiko und der Ertrag geht durch elf.“<br />

Satelitten-BHKW mit<br />

prima Wärmenutzung<br />

Der kooperative Ansatz hat sich jedenfalls<br />

<strong>aus</strong>gezahlt, mehr noch: er ist in <strong>Stoetze</strong> zum<br />

Prinzip geworden. Als 2007 die Anlage vergrößert<br />

werden sollte, haben die elf <strong>Stoetze</strong>r<br />

entschieden, die benachbarte Saatbau <strong>Stoetze</strong>-Genossenschaft<br />

mit einzubinden. „Wir<br />

ham’ eine Gasleitung rüber gebaut. Die sollten<br />

auch was von unserem <strong>Biogas</strong> abhaben“,<br />

sagt Hans-Georg. Mit zwei eigenen, wärmegeführten<br />

Blockheizkraftwerken bringt es die<br />

Saatbau nun auf 550 kW elektrisch. Die <strong>Biogas</strong>wärme<br />

leitet sie an die Metropolis-Siedlung<br />

weiter und trocknet damit auch Getreide,<br />

Zwiebeln und was sonst so anfällt. Vom<br />

<strong>Biogas</strong> profitiert mittlerweile das ganze Dorf.<br />

Die meisten H<strong>aus</strong>halte sind über Wärmeleitungen<br />

an die Anlage angeschlossen und beziehen<br />

Heizenergie zum Selbstkostenpreis.<br />

Hans-Georg: „Das sind etwa ein Drittel von<br />

dem, was man für Öl oder Erdgas heut’ hin-<br />

F<br />

BIOGAS Journal | <strong>Biogas</strong> in Kommunen<br />

37


BIOGAS IN KOMMUNEN<br />

Die Anlage der Bigaro in Rosche liefert Biomethan an Endkunden.<br />

legen muss.“ Michel: „Wir leben doch alle<br />

gemeinsam hier. Da müssen auch alle vom<br />

Kuchen was abkriegen, oder. Das ist das Besondere<br />

bei uns.“ Hans-Georg: „Man könnte<br />

das Konzept auch auf andere Orte übertragen.<br />

Wenn man bereit ist, zu teilen. Aber oft<br />

fehlt der Wille dazu.“ Michel: „Jau!“ Hans-<br />

Georg: „Und weil wir das so machen, gibt’s<br />

auch keine Anfeindungen.“ Michel: „Nö, ich<br />

glaub’ die Leute sind auch stolz auf das, was<br />

wir da machen. Ein bisschen, ja.“<br />

Elke holt uns zum Mittagessen. Als wir wieder<br />

draußen sitzen, beim ungefähr fünften<br />

Kaffee, kommt Thorsten Kruse auf einen<br />

Schnack vorbei. Groß, schlank, leichter<br />

Dreitagebart, 34 Jahre jung und Geschäftsführer<br />

der neuen Biomethananlagen Bigaro.<br />

Mit seinem Vater ist er auch an der Anlage<br />

in <strong>Stoetze</strong> beteiligt und hat dort gelernt, was<br />

<strong>Biogas</strong> ist ... und bedeutet. Die Bigaro erzeugt<br />

630 kW elektrisch mit einem BHKW<br />

an der Anlage. Die Wärme wird direkt für<br />

die Beheizung der Fermenter und zur Gasaufbereitung<br />

genutzt. Über eine Gasleitung<br />

wird dann Rohgas nach Rosche geleitet, wo<br />

die Samtgemeinde ein Satelliten-BHKW mit<br />

600 kW betreibt und mit der entstehenden<br />

<strong>Biogas</strong>wärme die Schule, das Schwimmbad<br />

usw. beheizt.<br />

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38<br />

BIOGAS Journal | <strong>Biogas</strong> in Kommunen


Möglichst viel Wertschöpfung<br />

behalten<br />

Aber Thorsten ist noch nicht fertig: „Wir bereiten<br />

dann noch Rohgas auf Erdgasqualität<br />

auf und speisen es ins Netz ein. Damit beliefern<br />

wir die Stadtwerke Neumünster und<br />

einen Pfälzer Palettenhersteller.“ Das ist<br />

Unternehmertum: eine Anlage, drei Energiekonzepte.<br />

Michel nickt: „Warum sollten<br />

die ihr aufbereitetes Gas einfach einem<br />

Netzbetreiber oder Händler verkaufen, und<br />

dann die nachgelagerte Wertschöpfungskette<br />

s<strong>aus</strong>en lassen? Das war schon immer unser<br />

Credo: Von den bäuerlichen Wurzeln bis<br />

zum Ende der Fahnenstange.“ In diesem Fall<br />

bis zum Endkunden. 100 Prozent unabhängig,<br />

bei vollem Vermarktungsrisiko.<br />

Anfangs haben viele das <strong>Stoetze</strong>r Sozialistenmodell<br />

belächelt, also diese <strong>aus</strong>geklügelte<br />

Form des Teilens beziehungsweise Teilhabens.<br />

Heute gibt es schon mal offenen Respekt.<br />

Weil die Leute erkennen, dass die <strong>Stoetze</strong>r<br />

und Roscher Landwirte in ihrer großen<br />

Gemeinschaft mehr geschaffen haben, als<br />

ein Einzelner oder ein kleine Gruppe in diesen<br />

sieben Jahren hätten erreichen können.<br />

Dabei ging es nie um banale Wachstumsphantasien<br />

durch den Zubau von <strong>Biogas</strong>anlagen,<br />

sondern immer um sinnvolle Nut-<br />

Thorsten Kruse, Geschäftsführer der neuen Biomethananlage,<br />

hat sein „Handwerk“ bei der Bioenergie <strong>Stoetze</strong> gelernt.<br />

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Oben: Einer der elf <strong>Stoetze</strong>r: Hans-Georg Schenk weiß, was Teilen bringt.<br />

Rechts: Eldorado für Bienen: die <strong>Stoetze</strong>r pflanzen Blühstreifen.<br />

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<strong>Biogas</strong> mit Verstand und Augenmaß, könnte<br />

man sagen.<br />

Nicht auf Kosten der Umwelt, und gegen<br />

den Willen der Anwohner. „Die Landwirte,<br />

die an beiden Anlagen in <strong>Stoetze</strong> und Rosche<br />

beteiligt sind, bewirtschaften etwa<br />

8.500 Hektar hier in der Gegend“, rechnet<br />

Thorsten vor. „Davon brauchen wir nur<br />

1.200 Hektar für den Anbau von Energiepflanzen<br />

wie Mais, Rüben und Sorghum.“<br />

Das <strong>Stoetze</strong>r Gemeinschaftsmodell ist also<br />

der Garant dafür, dass es weder Maisexzesse<br />

noch Konkurrenz um Flächen gibt – und<br />

trotzdem die lokale <strong>Biogas</strong>- und Energieerzeugung<br />

boomt.<br />

„Nennt ihr euch eigentlich Bioenergiedorf?“,<br />

will ich von den beiden wissen. „Ach<br />

was. Wir hängen uns nicht <strong>aus</strong> dem Fenster“,<br />

antwortet Michel. Die <strong>Stoetze</strong>r sind lieber<br />

in der zweiten Reihe, halten den Ball flach.<br />

„Rückraum, weißt du ...“ Dann gibt es wieder<br />

Action. Lutz, der Mitarbeiter der Borgards,<br />

fährt mit einem vollen Kipper Kartoffeln auf<br />

den Hof, der gleich vom Händler abgeholt<br />

werden wird. Vor acht Tagen wurden die<br />

letzten Getreidefelder gedroschen. So bestimmt<br />

das Land die Leute. Und umgekehrt.<br />

Blühstreifen für Insekten und Co.<br />

Wir machen noch ein gestelltes Foto mit den<br />

Ochsen Willi, Max, Anton und Heinrich.<br />

Thorsten muss dann wieder. Und Michel<br />

fährt mich im schwarzen Pickup kreuz und<br />

quer durch die Pampa. Überall Beregnungsanlagen,<br />

die hier bitter notwendig sind, weil<br />

die jährliche Niederschlagsmenge bei 600<br />

40<br />

BIOGAS Journal | <strong>Biogas</strong> in Kommunen


BIOGAS IN KOMMUNEN<br />

Millimeter dümpelt und der Klimawandel<br />

mit wachstumshemmenden Trockenperioden<br />

zum Mitbestimmer wird. Vor einem<br />

Maisfeld liegt ein breiter Blühstreifen. „Mit<br />

Elke haben wir das hier in der Gegend angeschoben“,<br />

sagt Michel. „Das ist auch so’ne<br />

Sache, die jeder Bauer – ob <strong>Biogas</strong> oder<br />

nicht – machen kann. Und die Imker freuen<br />

sich drüber.“ Am Feldrand stehen acht Kisten,<br />

die gerade von hunderten Bienen angeflogen<br />

und verlassen werden. Im Wendland<br />

brummt’s. Für die Blühstreifen haben die<br />

hiesigen <strong>Biogas</strong>bauern im letzten Jahr den<br />

ersten Preis beim Wettbewerb „Farbe ins<br />

Feld“ vom <strong>Fachverband</strong> <strong>Biogas</strong> gewonnen.<br />

3.000 Euro gab es – auch nicht schlecht.<br />

Einen halben Kilometer weiter halten wir<br />

vor einer Fischerhütte an. Zwei Weiher sind<br />

zu sehen, am Waldesrand ein Gehöft. „Ist<br />

der Versammlungsort unserer <strong>Biogas</strong>truppe.“<br />

Michel grinst. Na klar, wo sollen sich<br />

denn elf Cowboys sonst treffen! Die Hütte<br />

ist gemütlich eingerichtet. Ein Kanonenofen<br />

macht die 20 Quadratmeter auch im Winter<br />

warm. Wir füttern noch die Fische und fahren<br />

dann weiter Richtung Anlage. Vorbei an<br />

einem Versuchsfeld mit Sorghum, der dem<br />

Mais sehr ähnlich sieht.<br />

Michel zeigt mir den neuen Gärrestbehälter.<br />

Die Trocknungsanlage – für Getreide, Zwiebel,<br />

Hackschnitzel. Und den chromglänzenden<br />

Pfufferspeicher, der 27.000 Liter fasst<br />

und die <strong>Biogas</strong>wärme zwischenspeichert,<br />

bevor sie in die angeschlossenen Häuser<br />

strömt. Wir gehen zum Nachbarn Hans<br />

Hermann Schulz, der keine 200 Meter von<br />

der Anlage entfernt wohnt. Hans Hermann<br />

steht kerzengerade neben einem rund geschichteten<br />

Holzstapel, verzieht keine Miene,<br />

als ihn Michel als „Wärmekunden“ vorstellt.<br />

„Jau, wir sind zufrieden mit dem<br />

<strong>Biogas</strong>.“ Sagt’s und sieht mich stoisch an.<br />

<strong>Biogas</strong>wärme günstiger als Öl<br />

Ob die <strong>Biogas</strong>wärme denn günstiger sei für<br />

ihn, frage ich nach. Über seine wachen Augen<br />

huscht etwas, das ich als Lächeln deute.<br />

„Jau, schon. Wir zahlen 60 Euro im Monat.<br />

Sonst würden wir zwei- bis dreit<strong>aus</strong>end Liter<br />

Öl im Jahr brauchen.“ Der Liter kostet<br />

momentan einen Euro! „Da müssen wir<br />

noch mal übern Preis reden, oder, Hans Hermann,<br />

was meinst du?“, schaltet sich Michel<br />

ein. „Dann mach das mal“, klönt der wohl<br />

75-Jährige zurück, klopft Michel und mir auf<br />

die Schulter und widmet sich wieder seinem<br />

Holz.<br />

In der Steuerzentrale der <strong>Biogas</strong>anlage verrät<br />

mir Meister Borgard den neuesten Clou,<br />

den sich die <strong>Stoetze</strong>r <strong>aus</strong>gedacht haben. Seit<br />

1. Januar wird der produzierte Strom nicht<br />

einfach ins öffentliche Netz eingespeist, sondern<br />

direkt an ein Leipziger Handelsh<strong>aus</strong><br />

verkauft, das den Strom vermarktet. Der Gesetzgeber<br />

will mit dem Instrument der Direktvermarktung<br />

die Stromerzeugung stärker<br />

an den tatsächlichen Energiebedarf der<br />

Verbraucher anpassen. Für diesen flexiblen<br />

Ansatz ist <strong>Biogas</strong> – im Unterschied zum wetterabhängigen<br />

Wind- und Solarstrom – hervorragend<br />

geeignet.<br />

„Wir können unser <strong>Biogas</strong> speichern und<br />

erst dann verstromen, wenn in den Städten<br />

viel Strom gebraucht wird, zum Beispiel am<br />

Feierabend“, erläutert Michel. Über eine digitale<br />

Schnittstelle ist nun der Stromhändler<br />

<strong>aus</strong> Leipzig in der Lage, die <strong>Biogas</strong>anlage in<br />

<strong>Stoetze</strong> ab- beziehungsweise zuzuschalten.<br />

Die <strong>Stoetze</strong>r sehen das dann auf ihren Auswertungen.<br />

Damit sich der Betrieb weiter<br />

lohnt, erhalten die Anlagen für die Zeit, in<br />

der sie vom Netz genommen werden, eine<br />

Kompensation. Dies sei die Zukunft, ist Michel<br />

überzeugt. Also nicht rund um die Uhr<br />

Volllast fahren, sondern die Anlage so steuern,<br />

dass genug <strong>Biogas</strong> da ist, wenn großer<br />

Bedarf ist, und dann erst die Motoren laufen<br />

lassen. Energy to go. Oder so. D<br />

Autor<br />

Lothar Gröschel<br />

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BIOGAS Journal | <strong>Biogas</strong> in Kommunen<br />

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