Hanife Gashi Mein Schmerz trägt deinen Namen - Rowohlt
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Vorwort<br />
<strong>Mein</strong>e Tochter Ulerika ist tot. Ihr Vater hat sie ermordet. Sie war<br />
erst sechzehn Jahre alt und starb mitten in Deutschland, in einer<br />
Märznacht vor knapp zwei Jahren. Die älteste meiner vier Töchter<br />
musste ihr Leben lassen, weil sie so sein wollte wie ihre deutschen<br />
Mitschülerinnen. Sie wollte ausgehen und sich mit ihren Freundinnen<br />
treffen, sie wollte sich ein wenig schminken und auch nach der<br />
neuesten Mode kleiden. Und sie hat einen Jungen geliebt, der ihrem<br />
Vater nicht «albanisch» genug war.<br />
Ja, nicht nur in fernen Ländern, auch mitten in Deutschland<br />
werden Frauen und Mädchen aus Gründen der Ehre getötet. Und<br />
viele Menschen fragen sich, wie es dazu kommen kann. Deshalb<br />
erzähle ich Ulerikas Geschichte. Es ist auch die Geschichte meiner<br />
Ehe. Sie begann mit einer Zwangsheirat im Kosovo. Vor rund<br />
zwanzig Jahren wurde ich als Siebzehnjährige mit einem Mann<br />
verheiratet, den ich am Hochzeitstag zum ersten Mal gesehen<br />
habe. Ich musste zu meinen Schwiegereltern ziehen. Auf ihrem<br />
Bauernhof wurden die Traditio nen sehr viel strenger gelebt, als ich<br />
es aus meinem Dorf und Elternhaus kannte. Mit Schlägen bläute<br />
mir mein Ehemann Disziplin ein, zwang mich zu bedingungsloser<br />
Unterordnung.<br />
Nach unserer Flucht nach Deutschland versuchten wir mit unserer<br />
zweijährigen Tochter Ulerika in einem fremden Land Fuß zu<br />
fassen. Ich lernte eine neue Kultur kennen und wollte sie leben.<br />
<strong>Mein</strong>e Liebe zum Kosovo und zu unserem Volk bewahrte ich in<br />
meinem Herzen. Ulerikas Schwestern sind in der Gegend von Tü-<br />
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