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Hanife Gashi Mein Schmerz trägt deinen Namen - Rowohlt

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ingen geboren. Dort lebten wir all die Jahre. Die Mädchen sagen,<br />

sie sind «Albanerinnen mit deutscher Kultur». Ulerikas Vater aber<br />

versuchte, die alten Traditionen seines Dorfes in unserer Familie<br />

aufrechtzuerhalten. Für ihn musste alles bleiben, wie es in alten<br />

Zeiten war.<br />

Er schlug uns, missbilligte meinen Deutschkurs und später meine<br />

Ausbildung, er wollte mich nicht als Altenpfl egerin arbeiten sehen.<br />

Besonders drangsalierte er seine älteste Tochter Ulerika, seit sie in<br />

die Pubertät kam. <strong>Mein</strong> geschiedener Mann verstand nicht, dass<br />

wir in Deutschland nicht anders leben konnten. Er kontrollierte<br />

uns, nannte uns «Huren».<br />

«Niemand weiß, wie wir leben», sagte Ulerika oft. Wir hatten<br />

ein Haus gekauft, ich lächelte viel, Ulerika war Schulsprecherin –<br />

die Fassade war perfekt. Denn bei uns ist es nicht üblich, Fa mi lienpro<br />

ble me nach außen zu tragen. Vor allem wir Frauen schweigen.<br />

Und wir haben uns geschämt.<br />

Erst nach und nach habe ich mich gegen die Gewalt und dieses<br />

Leben gewehrt und Hilfe gesucht. Zu zögerlich, wie ich heute weiß.<br />

Immer wieder habe ich gehofft, alles würde sich einrenken. Jetzt ist<br />

Ulerika tot, ihr Vater hat sie getötet. <strong>Mein</strong> Buch – es entstand mit<br />

Hilfe des <strong>Rowohlt</strong> Verlages, der Frauenrechtsorganisation Terre des<br />

Femmes und der Journalistin Sylvia Rizvi, die meine Geschichte niedergeschrieben<br />

hat – soll alle Frauen warnen. Verbergt eure blauen<br />

Flecken nicht unter langärmeligen Blusen oder Schminke, heuchelt<br />

nicht vor der Haustür Harmonie, wenn dahinter eine Hölle lodert!<br />

Das ist Ulerikas Vermächtnis.<br />

In ihrem <strong>Namen</strong> kämpfe ich gegen Männer, die ihre Töchter<br />

wegen der Ehre umbringen. Ich hoffe, dass die Menschen mehr<br />

miteinander reden, zum Beispiel wir Kosovo-Albaner über unsere<br />

Traditionen. Es gilt, das Gute zu bewahren und das Menschenverachtende<br />

zu verdammen – was viele meiner Landsleute im Übrigen<br />

schon lange tun. Doch es gibt noch viele Täter wie meinen geschiedenen<br />

Mann, die im Gefängnis sitzen, und viele, die ihre Familien<br />

terrorisieren und ihre Frauen und Töchter schlagen. Und sie aus<br />

Gründen der Ehre töten. Wir Migrantinnen und Migranten sollten<br />

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