Heft 3/Dezember 2012 - Rechtsanwaltskammer Mecklenburg ...
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Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
I.<br />
der Jahreswechsel steht bevor, die Zeit beginnt, gute Vorsätze zu fassen und zu fragen, was die Zukunft bringen<br />
wird.<br />
Gestatten Sie einen Blick weit voraus, nämlich auf die Kammerversammlung 2020:<br />
Wie immer mittwochs, diesmal allerdings nicht wie planmäßig vorgesehen in Stralsund, sondern auf Wunsch des<br />
Ehrengastes findet am 22.04.2020 die Kammerversammlung in Schwerin statt. Der Saal ist außerordentlich gut<br />
gefüllt, mehr als 10% der 1400 Kammermitglieder sind erschienen. Sie schauen neugierig auf die freundlich<br />
lächelnde neue Ministerpräsidentin, die im vergangenen Jahr vom Landtag gewählt wurde. Der frühere Regierungschef<br />
hatte im vergangenen Jahr - 70jährig - die Amtsgeschäfte in jüngere, weibliche Hände gelegt.<br />
Man hört zunächst Vertrautes über den demografischen Wandel und das Auslaufen der Solidarpaktmittel und die<br />
Unverzagtheit der Regierung, die damit verbundenen Probleme zu lösen. Die Ministerpräsidentin lächelt charmant,<br />
wirkt jedoch energisch. Sie ist nicht als Fragende oder Diskussionsthemen Anstoßende gekommen, sondern<br />
hat auch die Justiz des Landes betreffend, fertige Pläne. Schließlich hat sie nicht umsonst auch das Justizressort<br />
übernommen, aus Gründen höherer Effizienz, wie es heißt.<br />
Sechs Jahre nach der letzten Gerichtsstrukturreform, deren Zeitfenster schon 2025 schließt, wird eine neue Reform<br />
auf den Weg gebracht.<br />
Im Land gibt es noch zehn Amtsgerichte. Die vor sieben Jahren noch vorgesehenen fünf Zweigstellen sind nach<br />
und nach geschlossen worden. Die wackeren Kämpfer von damals hatten es vorausgesagt, gleichwohl den Prozess<br />
nicht aufhalten können.<br />
Die Ministerpräsidentin weist darauf hin, dass im Landesdurchschnitt ein Landgericht nur noch für etwa zwei<br />
Amtsgerichte zuständig sei, was im Verhältnis zu anderen Bundesländern Luxus wäre, den sich <strong>Mecklenburg</strong>-<br />
Vorpommern schlicht nicht leisten könne. Die Landesregierung wird daher die Landgerichtsstandorte Rostock<br />
und Stralsund aufgeben und die Amtsgerichte Wismar, Schwerin, Ludwigslust, Güstrow und Rostock dem<br />
Landgericht Schwerin zuordnen und die Amtsgerichte Waren, Neubrandenburg, Pasewalk, Greifswald und<br />
Stralsund dem Landgericht Neubrandenburg.<br />
Zum Ausgleich werden die Verwaltungsgerichte Schwerin und Greifswald zusammenge- und nach Rostock<br />
verlegt sowie das Landessozialgericht nach Stralsund. Dies wäre ein erster Schritt für eine effektive, der Bevölkerungssituation<br />
und den Eingangszahlen gerecht werdende Struktur. Damit würde man auch gute Voraussetzungen<br />
für die Bildung eines Nordstaates schaffen, in dessen Ergebnis unser Oberlandesgericht in Hamburg<br />
seinen Sitz haben wird.<br />
Auch die Arbeit der <strong>Rechtsanwaltskammer</strong> könnte über eine entsprechende Fusion am Sitz des dann gemeinsamen<br />
Oberlandesgerichtes in Hamburg effizienter werden, jedenfalls würden die Kammerbeiträge sinken.<br />
Die Ministerpräsidentin wird sich auch im Bundesrat dafür stark machen, dass die Verpflichtung der Anwälte,<br />
Prozesskosten- und Beratungshilfemandate zu übernehmen, abgeschafft wird. Die Erfahrung in <strong>Mecklenburg</strong>-<br />
Vorpommern lehrt, dass Anwälte hier bereitwillig derartige Mandate übernehmen, daher hat sich eine entsprechende<br />
Verpflichtung der Anwaltschaft überholt. Zum Schutz Schwächerer werden im Land flächendeckende<br />
öffentliche Beratungsstellen eingerichtet, in denen eine kostenlose Rechtsberatung stattfindet. Die Anwaltschaft<br />
sei eingeladen, sich hieran zu beteiligen. Die Ministerpräsidentin wird sich auch dafür einsetzen, das Prozesskostenhilferecht<br />
grundlegend zu reformieren, und zwar so, dass Personen, die sich einen Anwalt oder Prozess nicht<br />
leisten können bei entsprechender Erfolgsaussicht von der Zahlung von Gerichtskosten befreit werden und im<br />
Übrigen einen einmaligen Zuschuss für die Kosten der Vertretung von maximal € 500,00 pro Jahr erhalten. Eine<br />
weitere Vergütung könne mit dem Anwalt frei vereinbart werden.<br />
Die Ministerpräsidentin wirbt mit diesem Projekt, wird damit doch wieder ein Stück Berufsfreiheit zurückgewonnen.<br />
Wir alle seien schließlich aufgerufen, die Sympathisanten undemokratischer Gruppierungen die sich<br />
schon seit längerem, vor allem im ländlichen Raum um kostenlose Rechts- und Lebenshilfe kümmern, zurückzudrängen.<br />
Es gelte, den Rechtsstaat auch in <strong>Mecklenburg</strong>-Vorpommern zu erhalten und zu stärken.<br />
R E C H T S A N W A L T S K A M M E R M E C K L E N B U R G - V O R P O M M E R N 2