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Lagerwirklichkeit - Brandenburgische Landeszentrale für politische ...

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Wenn Gefangene zur Operation ins Lieberoser Krankenhaus gefahren werden<br />

mußten, gingen ebenfalls Nachrichten mit raus. 425 Auch hier halfen neben den Ärzten<br />

Einzelne aus dem NKWD-Personal, wenn sie bestochen werden konnten.<br />

Es sind wenige Fälle bekannt, da Gefangene Angehörige illegal in Jamlitz treffen<br />

konnten. „Mitte Oktober 1945 kam G. Sch. ganz aufgeregt zu mir und teilte mir mit,<br />

daß seine Frau mit meiner Mutter in Jamlitz ist. Über das Gräberkommando organisierte<br />

es G. Sch., daß wir mit hinaus konnten ... . Der Posten wurde mit Zigaretten bestochen<br />

... . Ich durfte vielleicht 15 Minuten mit meiner Mutter sprechen.“ 426 Über<br />

den Koch des Lagerführers Bennewitz stellte G. Sch. ebenfalls Kontakt zu seiner eigenen<br />

Familie her, ja noch mehr, der Küchenchef selbst vermittelte von Jamlitz aus über<br />

das Baugeschäft des G. Sch. die Ausbesserung seiner Wohnung daheim. 427<br />

Auch die Frau des Dresdner Polizisten Weber „besuchte“ ihren Mann in Jamlitz,<br />

hier ermöglicht durch den Schmied. 428<br />

Zwischen Gustaf Gründgens und seinem späteren Adoptivsohn Peter Gorski bestand<br />

ein reger Brief- und Warenverkehr. So erbat Gründgens am 10. November<br />

1945 in einem Kassiber neben der Weiterleitung von Nachrichten unter anderem<br />

Couverts, eines dickes Hemds, Strümpfe, Zigaretten zum Tauschen, Zahnpasta, Medikamente<br />

und Gewürzpulver. Peter Gorksi versuchte allerdings vergeblich, Gründgens<br />

zu sehen. Für einige hundert Zigaretten und nach tagelangem Kampieren in und<br />

um Jamlitz durfte er lediglich eine Nachricht von Gründgens durch einen bestochenen<br />

Posten in Empfang nehmen. 429 Horst von Sch. erhielt durch Pakete unter anderem<br />

Medikamente, Würfelzucker und Speck. 430 Offenbar hat in Jamlitz auch Geld<br />

einiges ermöglicht, denn ein Finsterwalder Gefangener forderte am 23. Dezember<br />

1946 in einem Kassiber seine Familie auf, ihm 150 Reichsmark in 5er, 10er und 20er<br />

Scheinen zu senden. 431<br />

In einem anderen Fall konnte über einen gefangenen Wlassow-Soldaten, der in<br />

Cottbus eine Geschlechtskrankheit behandeln ließ, sogar eine Gefangenenliste herausgebracht<br />

werden. 432<br />

In bescheidenem Umfang gelangten auch Zeitungsausschnitte ins Lager. 433 Weit<br />

mehr Kassiber, oft nur ein paar Worte umfassend, sind während der Zugtransporte<br />

in andere Speziallager abgeworfen worden, denn nun waren die einfachen Gefangenen<br />

nicht mehr auf Beförderung gegen Bezahlung angewiesen.<br />

Die geschmuggelten Nachrichten sind neben den Gedichten ebenfalls wichtige<br />

Zeitzeugnisse, die über die materielle und geistige Situation der Gefangenen, wenn<br />

auch verzerrt, Auskunft geben.<br />

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