III/ 2005 Das Magazin für Auslandsösterreicher
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– wo auch Universitätsinstitute beteiligt<br />
sind“, betont Knut Consemüller, Vorsitzender<br />
des Rats <strong>für</strong> Forschung und Technologieentwicklung:<br />
„Dieser hat <strong>für</strong> das österreichische<br />
Innovationssystem eine hohe<br />
Priorität, weil hier eine besonders intensive<br />
Zusammenarbeit von Unternehmen<br />
und Wissenschaft besteht.“<br />
Keine Bleistifte kaufen<br />
Besuche der Räumlichkeiten des Kompetenzzentrum<br />
Holz Wels und der Technischen<br />
Universität Wien bestätigen die Höhe<br />
der „Priorität“. Die Eigenschaften eines<br />
neuen Materials, so genanntes Flüssigholz,<br />
werden am Standort Wels des Kompetenzzentrums<br />
getestet. Und zwar in modernen,<br />
hellen, Klimaanlage-gekühlten Räumlichkeiten<br />
– frisch getünchte Wände, hohe Decken,<br />
Chromstahl-blitzende Maschinen, Blick in<br />
den Garten. Ebenso Chromstahl-blitzende<br />
Geräte gibt es am Institut <strong>für</strong> Festkörperphysik<br />
der TU Wien, mit denen das Verhalten<br />
von Atomen in Materialen gemessen wird.<br />
Die Auswertung aber erfolgt auf Monitoren,<br />
die dem Design nach aus dem vorigen Jahrhundert<br />
kommen, und dementsprechend ist<br />
die Bildschirmqualität. Bürosesseln davor<br />
wackeln, niedrige Decke, in manchen<br />
Räume ist die Klimaanlage ausgefallen. Und<br />
Materialnot. „Ich habe den Eindruck, dass<br />
die Behörden selten recherchieren, wo das<br />
Geld in der Forschung nun wirklich<br />
gebraucht wird. Sondern gefördert wird<br />
querbeet was imageträchtig ist und gutes<br />
Geld bringen könnte. Gleichzeitig wurde<br />
uns schon gesagt, dass wir so selten wie<br />
möglich Bleistifte bei der Materialbeschaffungsstelle<br />
bestellen sollen, weil das koste zu<br />
viel“, erklärt Wolfgang Werner, Professor am<br />
Institut. Auch Reisebudgets seien signifikant<br />
geschrumpft. Nur: „Auf Kongresse zu fahren<br />
bedeutet auch, ernst genommen zu werden<br />
und vorn dabei zu sein.“<br />
Mit der Anhebung der Forschungsquote<br />
schlägt Österreich einen Weg ein, den es<br />
schon früher gehen hätte sollen, wollte es<br />
wie Finnland (Forschungsquote <strong>2005</strong>: 3,51<br />
Prozent) dastehen. Langsam macht man<br />
sich auch hierzulande auf, ein erfolgreiches<br />
Innovationsland zu werden. Finnland<br />
aber setzt in seiner Förderpolitik schon seit<br />
15 Jahren nicht nur auf die erfolgreiche<br />
und vor allem langfristige Zusammenarbeit<br />
von Wissenschaft und Wirtschaft, sondern<br />
auch auf Bildung und Universitäten. Spätestens<br />
die PISA-Studien der OECD haben<br />
gezeigt, dass das finnische Bildungssystem<br />
das beste und solideste Europas ist, denn<br />
der finnische Staat investiert in Forschung,<br />
Entwicklung und Bildung zusammen insgesamt<br />
zehn Prozent des BIP. Österreich<br />
ROTWEISSROT 3/<strong>2005</strong><br />
schlägt nicht ganz den gleichen Weg ein.<br />
Möglicherweise werden Österreichs 21<br />
Universitäten auch bis 2010 nicht zu mehr<br />
Bleistiften kommen. Denn zwar erhöhen<br />
sich die Förderungen hier von 1,29 auf<br />
1,85 Milliarden Euro, aber die Förderquote<br />
schrumpft von 24 auf 21 Prozent.<br />
Elite-Universität<br />
Die bereits vorhandenen Universitäten stehen<br />
also bei den Forschungsquoten an letzter<br />
Stelle. Dringender will man sich auf<br />
Spitzeninstitute konzentrieren. So soll die<br />
bisher eher traditionell ausgerichtete Akademie<br />
der Wissenschaften nun neue<br />
„Exzellenzzentren“ fördern – etwa das<br />
Institut <strong>für</strong> molekulare Biotechnologie<br />
(IMBA) oder das Forschungszentrum <strong>für</strong><br />
Molekulare Medizin (CeMM), die mit Universitäten<br />
kooperieren. Es solle dadurch<br />
„Spitzenforschung auf internationalem<br />
Niveau in größerem Umfang in Österreich“<br />
möglich werden, heißt es im Papier des<br />
Rats. Auch eine österreichische „Eliteuniversität“<br />
ist anvisiert – kolportierte Startkosten<br />
sind 80 Millionen Euro. Ganz klar entschieden<br />
hat man sich trotzdem nicht:<br />
„Die Schweiz hat seit über 100 Jahren mit<br />
der ETH in Zürich ein Eliteinstitut geschaffen,<br />
das sie pflegt und fördert. <strong>Das</strong> heißt,<br />
die Institute bekommen das notwendige<br />
Geld, um forschen zu können“, lobt Ratsvorsitzender<br />
Consemüller einerseits das<br />
Konzept Exzellenzinstitute. Andererseits<br />
lobt er jedoch auch das österreichische<br />
System: „Überproportional viele Assisten-<br />
WISSENSCHAFT<br />
ten an der ETH sind Österreicher. Österreich<br />
hat zwar eine sehr zersplitterte universitäre<br />
Landschaft, doch sie verdankt<br />
ihre Stärke auch ihrer Breite. Dadurch<br />
ergeben sich größere Wettbewerbspotentiale,<br />
aber es existiert dabei auch die<br />
Gefahr, bei der Finanzierung auf das Gießkannenprinzip<br />
zurückzugreifen. Wir müssen<br />
die F&E-Aktivitäten daher stärker bündeln<br />
und koordinieren.“<br />
Die Frage ist nur, welche Forschung.<br />
Inhaltlich werkt man auf allen Baustellen.<br />
<strong>Das</strong> freut sowohl den Hersteller von Sägemaschinen<br />
als auch das High-Tech-Startup:<br />
Sie bekommen Förderungen und generieren<br />
Arbeitsplätze. Neue Entwicklungen bei<br />
Sensoren im Auto interessieren den Genetiker,<br />
der Zellen kühlen muss, allerdings<br />
kaum: Beiden geht es um den eigenen Profit.<br />
Dem Autozulieferer, der zwar in Österreich<br />
nach neuartigen Sitzbezügen forscht,<br />
aber diese in China produzieren lässt, wohl<br />
auch. So kostet Forschung Geld, und wird<br />
so schnell wie möglich umgesetzt, damit<br />
sie auch Geld bringt. Ob solche Strategien<br />
tatsächlich langfristig sinnvoll sind, muss<br />
sich aber erst weisen. Derzeit weisen nur<br />
die europäischen Länder hohe Wachstumsraten<br />
auf, die auch hohe Forschungsquoten<br />
haben – zum Beispiel Schweden, Finnland<br />
und Norwegen. Die haben sich allerdings<br />
bisher vor allem auf Hochtechnologie<br />
konzentriert.<br />
Eva Stanzl ist Redakteurin beim<br />
Wirtschaftsmagazin „die wirtschaft“.<br />
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