ROOSTER Lanzarote
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DRAMEN,<br />
DuRsT uND<br />
DOMINO<br />
TExT: ALEssANDRA sALpIETRO<br />
FOTOs: sAbINE hüTTER<br />
„Estafador viejo – Du alter Gauner!“<br />
Es geht hoch her unter der Zeltplane<br />
in der kleinen Bar an der Hafenpromenade<br />
von Arrecife. Hier, wo sich<br />
die alten Männer täglich auf eine<br />
Partie Karten oder zum Domino<br />
treffen.<br />
Die Konzentration ist hoch, der<br />
Spaßfaktor auch und die gelegentliche<br />
Aufregung gehört wohl<br />
zu den liebgewonnenen Ritualen, wie das<br />
eine oder andere Glas Rotwein und eine<br />
Portion fangfrischer Pulpo.<br />
Auch wenn die Herren bereits ein gewisses<br />
Alter erreicht haben, strotzen sie<br />
nur so vor Energie, jeder hat was zu sagen<br />
und meistens reden dann alle gleichzeitig.<br />
Die meisten Stimmen sind heiter<br />
20<br />
und von Lachen erfüllt, andere lassen<br />
plötzlich einen leichten Ärger nicht verbergen,<br />
wenn einer der Männer das Spiel<br />
verloren hat und sich weigert die Niederlage<br />
zu akzeptieren – was die Sache nicht<br />
weniger amüsant macht. Gespielt wird<br />
mit dem notwendigen Ernst und entsprechender<br />
Theatralik im Sieg und beim<br />
Verlieren. Wie sich schnell herausstellt,<br />
sind die meisten der circa fünfzig Senioren,<br />
die um die zahlreichen Plastiktische<br />
sitzen, ehemalige Fischer und Seefahrer<br />
und bei einem Blick auf ihre Hände, lassen<br />
sich die Spuren lebenslanger harter<br />
Arbeit nicht verbergen.<br />
In der Regel ist die Bar den ganzen Tag<br />
über, von 9 Uhr morgens bis spät in den<br />
Abend, gut besucht. „Wie lange man<br />
hier bleibt, das hängt ganz davon ab,<br />
ob zuhause eine Frau auf dich wartet“,<br />
erklärt mir Jose. Der heute 70jährige<br />
kam ursprünglich aus Alicante, hat fünf<br />
Kinder und ist auf <strong>Lanzarote</strong> „irgendwie<br />
hängengeblieben“. Was ihm an seinem<br />
Alltag jetzt so gefällt, erklärt er so: „Wir<br />
haben unser Leben lang geschuftet, jetzt<br />
genießen wir es einfach in Gesellschaft<br />
zu sein. Es wird nie langweilig.“ Da sei<br />
zum Beispiel Pepe, der früher in La Geria,<br />
im Weinbau, gearbeitet hat. Der mogelt<br />
gerne beim Kartenspielen. Oder Sanchez,<br />
der mit dem Hut, der ist morgens immer<br />
einer der ersten, die hierher kommen.<br />
Für ihn sind wir sowas, wie seine Familie.<br />
Juan war Fischer und unterhält uns liebend<br />
gerne mit seinem Seefahrer-Garn.<br />
„Jeder hier hat seine Geschichte“, erklärt<br />
Jose abschließend. Manche mögen fröhlich<br />
sein, die anderen traurig oder gar<br />
dramatisch, aber jede einzelne wird von<br />
einem bewegtem und intensiven Leben<br />
erzählen, das nun hier unter der Plane<br />
des Pavillons von Arrecife seine Fortsetzung<br />
findet.“ n