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Wieso wird das Gespräch am Ende des Lebens zwischen Arzt und ...

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Patienten über die eigentlichen medizinisch-technischen Details hinaus zu<br />

suchen, währenddem unsere Patienten gleichzeitig eine Autonomie <strong>und</strong> oftmals<br />

eine Unabhängigkeit von uns entwickeln, die auf uns einerseits erschreckend<br />

wirken kann, die aber auch Gr<strong>und</strong>lage sein kann für offene, vertiefte <strong>und</strong> die<br />

echten <strong>Lebens</strong>fragen tangierende <strong>Gespräch</strong>e.<br />

Auch wenn die Akademie der Medizinischen Wissenschaften in ihren 2004<br />

verabschiedeten Richtlinien zur Betreuung von Menschen <strong>am</strong> <strong>Lebens</strong>ende<br />

anerkennt, <strong>das</strong>s <strong>am</strong> <strong>Lebens</strong>ende für den Betroffenen eine unerträgliche Situation<br />

entstehen kann, in der der Wunsch nach Suizidbeihilfe entstehen <strong>und</strong> dauerhaft<br />

bestehen bleiben kann, ist der Wunsch nach assistiertem Suizid für viele von uns<br />

noch ein Tabu, mit dem wir nur äusserst schwer umgehen können.<br />

Nietzsche als Vordenker schrieb in seiner Lehre „vom Sterben zur rechten Zeit“:<br />

„Wenn <strong>das</strong> Werk <strong>des</strong> <strong>Lebens</strong> getan ist, gilt es, dem natürlichen <strong>und</strong><br />

unvernünftigen Tod zuvorzukommen <strong>und</strong> den freiwilligen Tod zu sterben.“<br />

Nun – einerseits bejahen <strong>und</strong> fördern wir die Autonomie unserer Patienten;<br />

dieses wichtigste ethische Prinzip gilt es hochzuhalten; andererseits haben wir<br />

grosse Mühe, mit den Wünschen unserer autonomen Patienten nach<br />

Suizidbeihilfe umzugehen. Immer in solchen Situationen <strong>wird</strong> der Ruf nach<br />

Palliativmedizin laut. Nun – wie Markus Zimmermann vom Institut für<br />

Sozialethik der Universität Luzern in einem vor wenigen Wochen erschienenen<br />

Editorial zu Recht schreibt, schliessen sich eine gut ausgebaute Palliative Care<br />

<strong>und</strong> Suizidbeihilfe nicht aus - Länder wie Holland <strong>und</strong> Belgien bestätigen dies - ,<br />

sondern befördern sich sogar gegenseitig. Schliesslich reagieren beide<br />

Bewegungen mit ganz unterschiedlichen Strategien auf dieselben Probleme,<br />

nämlich Abhängigkeit, Autonomieverlust <strong>und</strong> Leiden <strong>am</strong> <strong>Lebens</strong>ende. Es<br />

werden nur zwei unterschiedliche Wege angeboten, mit der letzten <strong>Lebens</strong>phase<br />

umzugehen – der der palliativmedizinischen Betreuung <strong>und</strong> Begleitung <strong>und</strong><br />

derjenige der <strong>Lebens</strong>verkürzung beispielsweise durch assistierten Suizid.<br />

Tatsache ist, <strong>das</strong>s Abhängigkeit, Autonomieverlust, Pflegebedürftigkeit,<br />

Depressivität, Schmerzen <strong>und</strong> Leiden in unserem Denken heute noch negativer<br />

bewertet werden, als dies früher der Fall war. Sollten wir nicht unseren Kindern<br />

eines Tages sagen dürfen „Ich brauche Hilfe; ich kann nicht mehr alleine zur<br />

Toilette gehen“. Wir möchten diese <strong>Lebens</strong>phase soweit wie möglich<br />

hinausschieben oder gar gänzlich verhindern. Besuche in Pflegeheimen <strong>und</strong> die<br />

Betreuung demenzkranker Menschen lassen gerade uns als Ärzte immer wieder<br />

erkennen, <strong>das</strong>s sich weder für uns noch für die Gesellschaft die Konfrontation<br />

mit Abhängigkeit <strong>und</strong> Autonomieverlust vollständig eliminieren lässt. Auch<br />

wenn wir heute nicht wissen, wie wir selbst derzeit in einer solchen Situation<br />

entscheiden werden – so wir überhaupt dann noch entscheidungs- <strong>und</strong><br />

urteilsfähig sind – ist es wahrscheinlich auch unsere Aufgabe, mit unseren<br />

Patienten <strong>und</strong> deren Angehörigen eine Kultur <strong>des</strong> Wartens auf den Tod zu<br />

entwickeln. Würdiges Sterben bedeutet ja wohl nicht – wie es die<br />

Sterbehilforganisation Dignitas anbietet, die den Begriff der Würde zu ihrem<br />

N<strong>am</strong>en gemacht hat, dem Sterbensprozess möglichst bald ein <strong>Ende</strong> zu setzen,

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