Werbevermarkter - Die Vermarkter von Werbezeit ... - Publicitas AG

Lizentiatsarbeit der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich
Werbevermarkter - Die Vermarkter von Werbezeit
und Werberaum. Eine Analyse ihrer Funktion,
Bedeutung und Macht im schweizerischen Medien-
und Werbesystem.
eingereicht von:
Nathan Thomas
Gempenstrasse 15
4053 Basel
Tel. 061 361 62 75
trig@mysunrise.ch
Matrikelnummer: 00-705-368
Student im 10. Semester
HF: Publizistikwissenschaft
1. NF: Soziologie
2. NF: Wirtschafts- und
Sozialgeschichte
betreut von:
Dr. Frank Lobigs
Referent:
Prof. Dr. Gabriele Siegert
Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich
Andreasstrasse 15
8050 Zürich
Basel, den 08. 08. 2005

Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ......................................................................................................................5
2. Medienökonomische Rahmenbedingungen ................................................................11
2.1 Grundüberlegungen................................................................................................11
2.2 Ökonomisierung und Kommerzialisierung............................................................12
2.3 Die Finanzierung der Medien ................................................................................16
2.3.1 Die Medien als Kuppelprodukt........................................................................16
2.3.2 Das Angebot auf zwei Märkten .......................................................................20
2.3.3 Der Werbemarkt und seine Bedeutung...........................................................23
2.4 Das Werbewirtschaftssystem.................................................................................25
2.5 Strukturmerkmale des Schweizer Medien- und Werbesystems.............................29
2.6 Abschliessende Bemerkungen zum theoretischen Fundament..............................32
3. Die Werbevermarkter..................................................................................................34
3.1. Mediaagenturen.....................................................................................................34
3.2. Werbevermarkter ..................................................................................................35
3.2.1 Konzerngebundene Werbevermarkter.............................................................38
3.2.2 Mediengattung-Werbevermarkter ...................................................................38
3.2.3 Medientitel-Werbevermarkter .........................................................................39
3.3 Vermittler...............................................................................................................39
3.4 Medienunternehmen ..............................................................................................41
3.5 Endgültige Definition der Werbevermarkter .........................................................42
4. Die wichtigsten Werbevermarkter der Schweiz..........................................................45
4.1 Print........................................................................................................................45
4.2. Radio und Fernsehen.............................................................................................46
4.3. Kino.......................................................................................................................48
4.4. Internet ..................................................................................................................49
4.5. Plakat (Aussenwerbung) ......................................................................................50
4.6 Macht und Wichtigkeit der Schweizer Werbevermarkter .....................................51
4.7 Eine detailliertere Betrachtung der Publigroupe....................................................54
2

5. Erkenntnisse früherer Studien..................................................................................................... 58
5.1 Die damalige Fragestellung ...................................................................................59
5.2 Ansprüche der Kunden an Werbevermarkter ........................................................60
5.3 Macht und Wichtigkeit ..........................................................................................61
5.4 Bemerkungen zu den Ergebnissen.........................................................................64
6. Erkenntnisinteresse......................................................................................................66
6.1 Die Grundkategorien und ihre Fragestellungen im Leitfaden ...............................66
6.2. Unternehmensspezifische Erweiterungen des Leitfadens.....................................68
7. Methodisches Vorgehen..............................................................................................71
7.1 Expertenauswahl....................................................................................................72
7.2 Die Methode der Experteninterviews ....................................................................76
7.3 Datenaufbereitung und –Auswertung ....................................................................79
8. Ergebnisse der Experteninterviews .............................................................................80
8.1 Kategorie Werbevermarkter...................................................................................80
8.1.1 Die Entstehung der Werbevermarkter .............................................................80
8.1.2 Funktion und Leistungen der Werbevermarkter im Werbe- und
Mediensystem..................................................................................................83
8.1.3 Bedeutung und Macht der Schweizer Werbevermarkter.................................86
8.1.4 Die Schweizer Werbevermarkter im internationalen Vergleich......................90
8.1.5 Die Zukunft der Werbevermarkter ..................................................................94
8.2 Kategorie Werbesystem.........................................................................................97
8.2.1 Zusammenarbeit mit Media- und Werbeagenturen.........................................97
8.2.2 Gegenseitige Ansprüche zwischen Agenturen und Vermarktern..................101
8.2.3 Zusammenarbeit mit werbetreibenden Unternehmen....................................104
8.3. Kategorie Medien................................................................................................106
8.3.1 Vorteile der exklusiven Vermarktung ...........................................................106
8.3.2 Gegenseitige Ansprüche zwischen Vermarkter und Medium .......................110
8.3.3 Gegenargumente zur exklusiven Vermarktung ............................................113
8.3.4 Abrechnungsmodelle und Beteiligungen......................................................116
8.4 Kategorie Programmgestaltung ...........................................................................119
8.4.1 Einflussnahme auf Programmgestaltung und Meinungsvielfalt....................119
3

8.4.2 Förderung von Titel- oder Meinungsvielfalt .................................................133
8.4.3 Gesetzliche Rahmenbedingungen..................................................................137
9. Zusammenfassung.....................................................................................................141
10. Schlusswort .............................................................................................................150
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Handlungsbereiche im Werbewirtschaftsystem........................................26
Abbildung 2: Strukturmodell des Gesamtwerbeprozesses..............................................27
Abbildung 3: Prozessablauf im Handlungsbereich Distribution.....................................28
Abbildung 4: Bruttowerbeeinnahmen in Schweizer Medien 2004 im Vergleich zum
Anhang
Vorjahr ......................................................................................................50
Literaturverzeichnis.......................................................................................................156
Links Werbevermarkter (August 2005) ........................................................................163
Beispielleitfaden eines Experteninterviews ..................................................................165
4

1. Einleitung
Werbevermarkter, Vermarkter oder Medienvermarkter sind in der
medienwissenschaftlichen Analyse eine grosse Unbekannte. Diese Tatsache manifestiert
sich bereits beim Versuch solche Unternehmen exakt zu benennen, sowohl von den
betreffenden Firmen selber wie auch von Experten der Werbebranche und setzt sich fort
in der eigentlichen Beschreibung ihres genauen Aufgabenbereichs. Während vielerlei
Literatur oder wissenschaftliche Auseinandersetzungen über die verschiedenen Akteure
des Werbewirtschaftsystems wie etwa die Werbe- und Mediaagenturen gefunden
werden können, bleiben die Werbevermarkter ausgeblendet oder werden nur am Rande
erwähnt. Und dies obwohl die Kontrolle oder Verantwortung über die Werbung in
einem Medium im Bezug auf seine Finanzierung von existentieller Bedeutung ist, für
privatwirtschaftlich organisierte Medienunternehmen ohnehin, mittlerweile aber auch
immer stärker für öffentlich-rechtliche Anbieter.
Die primäre Funktion eines Werbevermarkters ist es nun, Werbezeit beziehungsweise
Werberaum in den von ihm repräsentierten Medien anzubieten und zum Teil auch aktiv
im Werbemarkt zu verkaufen und vermarkten. Meistens findet eine Spezialisierung auf
Print oder TV und Radio statt, wobei Werbung im Internet ausser bei spezialisierten
Vermarktern oft noch als Zusatz zum jeweiligen Bereich angeboten wird. Weiter bieten
nun aber verschiedene Werbevermarkter auch Planung, Abwicklung und Controlling
einer Kampagne an und zum Teil kann sogar die Produktion von Radio
beziehungsweise TV-Spots über sie ausgeführt oder in Auftrag gegeben werden.
Die eigentliche Funktion eines Werbevermarkters, sowie die zusätzlich angebotenen
Leistungen erschweren eine genaue Abgrenzung zu Vermittlern und Mediaagenturen,
weshalb in Kapitel 3 verschiedene Anforderungen aufgeführt sind, damit sich ein
Unternehmen für diese Lizentiatsarbeit als Werbevermarkter qualifiziert. Hierbei
werden drei verschiedene, nicht immer trennscharfe Kategorien von Werbevermarktern
aufgestellt, bei denen aber im Zug von Cross-Media-Werbung die Grenzen immer
weiter verschwinden: konzerngebundene Werbevermarkter, Mediengattung-
Werbevermarkter, Medientitel-Werbevermarkter.
5

Folgende Vermutungen über das Entstehen von Werbevermarktern und ihrer Funktion
im Werbesystem, können an dieser Stelle vorab bereits formuliert werden. Inwieweit
diese bestätigt werden können, wird an späterer Stelle in den Ergebnissen aufgezeigt.
Aus Sicht der Werbeagenturen dürfte der grösste Vorteil eines Werbevermarkters darin
liegen, dass man bei grossen Etats überregional, titel- und zum Teil auch
formatübergreifend seine Werbung bei einem einzigen Anbieter platzieren kann und
somit nur einen Ansprechpartner benötigt, sowie alles mit einer Rechnung begleichen
kann.
Aus Sicht der Medienunternehmen kann angenommen werden, dass durch die
Ausgliederung der Anzeigenabteilung zu einem konzerngebundenen Werbevermarkter
der Werbemarkt effizienter bewirtschaftet werden soll. Die Auslagerung der
Anzeigenabteilung zu einem unabhängigen Vermarkter dürfte auch die Folge der
Ökonomisierungstendenzen im Mediensystem sein, um durch das Outsourcing
unternehmensintern Kosteneinsparungen zu realisieren.
Es stellt sich nach diesen Überlegungen erstmals die Frage, zu welchem Gebiet des
Werbe- oder Mediensystems die Werbevermarkter gehören. Betrachtet man die vier
Handlungsbereiche des Werbewirtschaftssystems nach Tropp (1997:87ff), so ordnet er
die Werbevermarkter zusammen mit den Mediaagenturen und Medien in den Bereich
Distribution ein. Diese Einteilung erscheint plausibel und soll deshalb auch als
Basisüberlegung in die vorliegende Arbeit einfliessen.
Bisherige Forschungen und empirische Arbeiten über Werbevermarkter sind wie
erwähnt, bislang in der Schweiz, sowie auch auf internationaler Ebene, nur spärlich oder
gar nicht vorhanden. Für mehr als einen kleinen Abschnitt oder eine kurze Erwähnung
am Rande in der einschlägigen Literatur über Werbung oder Mediaagenturen,
beziehungsweise kurze Artikel in Fachzeitschriften reicht es aber meistens nicht hinaus
und dies, obwohl die Kontrolle über die Werbung in den Medien in vielerlei Hinsicht
relevant ist. Neben der Finanzierungsfunktion, könnten sich durch die Integration oder
Kombination von Werbevermarktern mit Medienunternehmen und die daraus
resultierende exklusive Vermarktung bestimmter Titel, Möglichkeiten der
Einflussnahme auf das Werbeumfeld und somit auch auf die Programmgestaltungs- und
Meinungsfreiheit ergeben. Trotzdem ist dieses Gebiet in der Publizistikwissenschaft
6

weitgehend unerforscht und selbst Experten des Werbesystems gehen äusserst
gleichgültig mit der Macht von Werbevermarktern um, solange diese weiterhin bereit
sind, ihnen eine gute Leistung zu bieten.
Jüngste Ereignisse in der Schweizer Medienlandschaft verdeutlichen aber die
Notwendigkeit sich diesem Gebiet anzunehmen. So eröffnete die
Wettbewerbskommission beispielsweise Ende 2002 eine Untersuchung gegen den wohl
mächtigsten Vermarkter der Schweiz. Denn ihrer Ansicht nach bestehen
„Anhaltspunkte, wonach Publigroupe auf dem Markt für Anzeigen in der Presse eine
marktbeherrschende Stellung innehat und diese zum Nachteil ihrer Konkurrenten und
Handelspartnermissbraucht.“ (Wettbewerbskommission 2002). Weiter lief ein zweites
Verfahren, dass die Doppelrolle von Fritz Schuhmacher untersucht, der sowohl Vize-
Präsident im Verwaltungsrat der Publigroupe wie auch bei der Vogt-Schild Holding
(Solothurner Zeitung) ist. Die Lage veränderte sich weiter als die Publigroupe am 6. Juli
2004 bekannt gab „ihre heute schon vielschichtigen Beziehungen auf der Ebene der
Verlagsbeteiligungen sowie der Medienvermarktung“ (Publigroupe 2004) mit der NZZ-
Gruppe weiter auszubauen. Dies beinhaltete unter anderem die Abtretung gewisser
Beteiligungen der Publigroupe an der Zürichsee Presse AG an die NZZ-Tochter Freie
Presse Holding, wofür aber im Gegenzug die ganze, bis dahin von der NZZ selber
betriebene, Anzeigenabteilung in die Publicitas integriert wurde. Nur zwei Tage später
übernahm die Publigroupe mit Cinecom nicht nur die einzige Vermarkterin für
Kinowerbung, sondern auch den drittgrössten Werbevermarkter für Fernsehwerbung,
welcher exklusiv die Werbezeit für Sat-1-Schweiz verkauft (vgl. Mensch 2004). Somit
wird versucht auf den Rückgang des Anzeigengeschäfts im Printbereich zu reagieren
und vermehrt auch elektronische Medien zu verwalten, wodurch sich ebenfalls Cross-
Media-Werbung anbieten lässt. Andererseits lässt sich argumentieren, dass die wichtige
Stellung des Schweizer Printmarkts mit seiner Titelvielfalt und Bedeutung für das
Werbesystem, gerade erst durch die Publicitas ermöglicht wird, da viele kleinere
Verlage und Medienunternehmen oft nur über beschränkte finanzielle Ressourcen
verfügen, um eine eigene Anzeigenverkaufsabteilung zu haben.
Die Relevanz und Aktualität der Werbevermarkter im Mediensystem sind also nach
diesen einleitenden Ausführungen unbestritten, weshalb sie als wichtige Unternehmen
im Werbeprozess auch sehr geeignet sind, um sie in Form einer Lizentiatsarbeit zu
7

analysieren. Da aber wie erwähnt praktisch keine Literatur zu diesem Forschungsfeld
existiert, muss ein anderer Zugang gefunden werden. Am ergiebigsten erschien hier die
Methode der Experteninterviews, mit denen Insider-Wissen von verschiedensten
Vertretern des Medien- und Werbesystems Schweiz gewonnen werden konnte, vor
allem aber natürlich von den Vermarktern selber.
Durch die Mitarbeit im Bakom-Projekt zur Spotwerbung, programmintegrierter
Werbung und Sponsoring im Schweizer Fernsehen und den dazugehörigen
Experteninterviews, ergab sich eine ausgezeichnete Möglichkeit Fragen über das Feld
der Werbevermarkter einzubringen. Ausserdem konnten so, neben der ungefähren
Vollerhebung aller Werbevermarkter in der Schweiz, auch die gewünschten Werbe- und
Mediaagenturen sowie Medienunternehmen miteinbezogen werden. Was normalerweise
aus forschungsökonomischen Gründen den Rahmen einer Lizentiatsarbeit gesprengt
hätte, wurde realisierbar, weil neben den selbstdurchgeführten Interviews zum Teil auch
auf Ergebnisse der anderen Interviewer im Projekt zurückgegriffen werden konnte.
Mit dieser Lizentiatsarbeit sollen nun Ergebnisse über ein bis dato vernachlässigtes
Gebiet präsentiert werden, um vorhandene Forschungen zum Werbe- und
Mediensystems und ihrer Interaktion miteinander zu ergänzen und vervollständigen.
Ausserdem soll eine Situationsanalyse der Schweizer Werbevermarkter und ihrer
Zusammenarbeit mit den Medien, sowie Agenturen aus dem Werbesystem erfolgen, um
Rückschlüsse auf mögliche zukünftige Entwicklungen zu geben und aufzuzeigen, ob
potentielle rechtliche Veränderungen vorgenommen werden müssten, um eine
unabhängige Programmgestaltung und Meinungsfreiheit weiterhin zu gewährleisten.
Um einer potentiellen späteren Verwirrung vorzubeugen, soll an dieser Stelle
abschliessend erwähnt werden, dass im Verlaufe der Lizentiatsarbeit sowohl
Werbevermarkter wie auch Vermarkter synonym als Begriff für die analysierten
Unternehmen verwendet wird. Obwohl Ersterer eigentlich präziser wäre und das
eigentliche Tätigkeitsgebiet genauer beschreibt, ist Letzterer bei den
Medienunternehmen, der werbetreibenden Wirtschaft, aber auch bei den Werbe- und
Mediaagenturen geläufiger.
8

Nach diesen einleitenden Worten ins Themenfeld der Werbevermarkter gestaltet sich
der Aufbau dieser Lizentiatsarbeit folgendermassen:
In Kapitel 2 werden die medienökonomischen Rahmenbedingungen erläutert, welche
das theoretische Fundament für die weiterführenden Forschungen bilden. Hierzu gehört
die Diskussion um Ökonomisierungs- und Kommerzialisierungsprozesse im
Mediensystem, weiter die Finanzierung der Medien mit ihrer Eigenschaft als
Kuppelprodukt und demzufolge dem Angebot auf zwei Märkten. Dies leitet zu
Ausführungen über das Werbewirtschaftsystem, sowie zu den Strukturmerkmalen des
Schweizer Medien- und Werbesystems über.
In Kapitel 3 werden die Werbevermarkter aus theoretischer Sicht beschrieben, von der
Entstehung bis zu den geleisteten Funktionen und übernommenen Aufgaben, um sie so
schlussendlich von Medianagenturen und Vermittlern zu differenzieren und eine
endgültige Definition herzuleiten.
In Kapitel 4 werden dann verschiedene Unternehmen, welche anhand der Definition als
Werbevermarkter bezeichnet werden können, nach Mediengattung geordnet vorgestellt,
sowie weiter auf ihre Macht und Wichtigkeit im Schweizer Werbe- und Mediensystem
hingewiesen. Abschliessend erfolgt eine genauere Betrachtung der Publigroupe mit
ihren verschiedenen Unternehmenseinheiten und Beteiligungen.
In Kapitel 5 werden eigene, ältere Ergebnisse zum Forschungsgebiet der
Werbevermarkter vorgestellt, welche im Verlaufe des Seminars „Kommunikation
zwischen Kommerz und Verantwortung: Werbung in der Schweiz“ im Wintersemester
2003/2004 am Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität
Zürich gewonnen wurden.
In Kapitel 6 wird das Erkenntnisinteresse der Lizentiatsarbeit, sowie die
Grundkategorien und Fragestellung des angewendeten Leitfadens während den
Experteninterviews vorgestellt. Weiter werden zusätzlich unternehmensspezifische
Fragen aufgezeigt.
9

In Kapitel 7 wird das methodische Vorgehen diskutiert. Hierzu gehört das
Auswahlverfahren der Unternehmen und ihrer Experten, die Erläuterung der
Experteninterviews als publizistikwissenschaftliche Forschungsmethode, sowie auf die
Form der Datenauswertung hingewiesen.
In Kapitel 8 werden dann die Ergebnisse der Experteninterviews vorgestellt, wobei
diese jeweils nach den in Kapitel 6 beschriebenen Grundkategorien geordnet werden.
In Kapitel 9 erfolgt eine kurze Darstellung der wichtigsten theoretischen Erkenntnisse
zu den Werbevermarktern, sowie eine Zusammenfassung der relevanten Ergebnisse,
welche durch die Experteninterviews gewonnen wurden.
In Kapitel 10 wird ein generelles Fazit über die gesamte Lizentiatsarbeit, den
Forschungsprozess, sowie den gewonnen Erkenntnissen gezogen und auf
weiterführende Forschungsmöglichkeiten hingewiesen.
Im Anhang wird dann die gesamte verwendete Literatur, sowie die diversen
Internetquellen aufgelistet. Weiter werden Links zu allen Schweizer, sowie diversen
internationalen Werbevermarktern präsentiert, um anschliessend als Letztes noch einen
vollständigen Beispielleitfaden eines Experteninterviews darzustellen.
10

2. Medienökonomische Rahmenbedingungen
Bevor auf Werbevermarkter und den damit verbundenen zentralen Fragestellungen
dieser Lizentiatsarbeit eingegangen werden kann, müssen an dieser Stelle zuerst
grundsätzliche Erläuterungen zu verschiedenen medienökonomischen
Rahmenbedingungen und dem Werbewirtschaftssystem allgemein stattfinden. Hiermit
soll aufgezeigt werden, in welchem Kontext das Erkenntnisinteresse zu verstehen ist
und für welche gesellschaftlichen Bereiche die später gewonnene Ergebnisse von
Relevanz sind.
2.1 Grundüberlegungen
Privatwirtschaftlich geführte Unternehmen streben gemäss der wirtschaftlichen Logik
nach Gewinnmaximierung. Bei ökonomischen Gütern und Dienstleistungen wird dies in
der Regel über einen durch den Konsumenten oder Käufer entrichteten Preis erreicht.
Betrachtet man nun mediale Produkte wie Zeitungen oder Radio- und
Fernsehsendungen, wird ersichtlich, dass sofern überhaupt ein Entgelt für die erbrachte
Leistung erbracht werden muss, dieses einen sehr geringen Anteil der Gesamtkosten des
Medienunternehmens für die Herstellung deckt. Vielmehr finanzieren sich die privaten
Medienunternehmen hauptsächlich durch den Verkauf von Werbezeit- oder Werberaum
an werbetreibende Kunden, welche Kontaktchancen zu den Konsumenten suchen,
beispielsweise um ihre Produkte oder Dienstleistungen abzusetzen (vgl. Siegert
2003a:23).
Die Aufmerksamkeit und Zeit welcher der Rezipient dem Medium entgegenbringt, wird
also zu einem monetären Wert, den Akteure aus dem Werbesystem entrichten müssen,
um die potentielle Zielgruppe der Auftraggeber zu erreichen. Betrachtet man nun die
Stellung und Funktion der Werbevermarkter, so nehmen diese eine wichtige
Bindegliedsposition ein, zwischen den Medienunternehmen und Akteuren aus dem
Werbesystem. Besteht ein exklusiver Pachtvertrag zwischen einer Zeitung und einem
Vermarkter, so ist dieser für die Abwicklung und aktive Verkaufsförderung des
Anzeigengeschäfts und demzufolge für den Grossteil der überlebenswichtigen
Finanzierung des Unternehmens zuständig.
11

Hiermit wird ersichtlich, welche publizistikwissenschaftlichen Überlegungen im Bezug
auf das Erkenntnisinteresse dieser Lizentiatsarbeit von besonderer Wichtigkeit sind und
aus theoretischer Sicht reflektiert werden müssen. Hierzu gehört zweifelsohne als Erstes
die geführte Debatte über die Ökonomisierung und Kommerzialisierung der Medien
und der Gesellschaft. Weiter interessiert, wie bereits angesprochen, die Finanzierung
der Medien und damit auch die Besonderheit ihres Angebots auf zwei verschiedenen
Märkten. Diesbezüglich spielen auch die anderen speziellen Charakteristiken der
Medien als ökonomische Güter eine Rolle. Als letztes ergibt sich durch die Einordnung
der Werbevermarkter ins Werbewirtschaftssystem die Notwendigkeit, ihre
Positionierung und Funktion in diesem System zu analysieren.
2.2 Ökonomisierung und Kommerzialisierung
Betrachtet man nun die Debatte über Ökonomisierung und Kommerzialisierung der
Medien und Medieninhalte, so hat die Finanzierung der Medien mittels Werbung,
Sponsoring und ähnliches eine zentrale Stellung inne, was in diesem Zusammenhang
wiederum die Relevanz der Werbevermarkter verdeutlicht.
Die hier angesprochenen, oftmals definitorisch unscharfen Begriffe Ökonomisierung
und Kommerzialisierung beziehungsweise im Englischen „Commercialism“ werden
meist synonym verwendet, es wird aber deutlich, dass letzterer weitaus
emotionsgeladener ist und bestimmte Konnotationen mit sich bringt. Nach McQuail
(1986:634) muss aus medienwissenschaftlicher Sicht unter den Begriffen eine Reihe
medialer Phänomene und Strukturen verstanden werden. Hierzu gehören unter anderem
einerseits die kommerzielle Kommunikation im eigentlichen Sinne, also Public
Relations und Werbung, anderseits der bereits angesprochene Verkauf von Werberaum
beziehungsweise Werbezeit oder Sponsoring und sonstige Sonderwerbeformen.
Grundsätzlich und damit verknüpft ist dann die eigentliche Produktion und der
anschliessende Verkauf an den zahlenden Rezipienten, sowie Fragen der
privatwirtschaftlichen Besitzverhältnisse. Weiter nehmen die Begriffe auch Bezug auf
den Inhalt und den dahinter stehenden Prozessen und Effekten welche diesen
beeinflussen. Hierzu zählt die Orientierung am grösstmöglichen Publikum und dem
antizipierten Massengeschmack, Oberflächlichkeit, Wiederholungen oder
Neuaufbereitungen derselben Formate und Inhalte, der Verlust an Kritik und so weiter.
12

Dies wird nun als einen Druck beschrieben, der von oben ausgeübt wird durch eine
„Organisationsstruktur, die an maximaler Profitgewinnung orientiert ist“ und einen von
unten „dem unterstellten Bedarf des Massenpublikums“ (McQuail 1986:634), welche
auf den Medienschaffenden beziehungsweise das Unternehmen einwirken.
Andererseits muss vorerst festgehalten werden, dass jedes privatwirtschaftlich geführtes
Medienunternehmen kommerziell einigermassen erfolgreich sein muss, da sonst ein
Überleben am Markt per se zur Unmöglichkeit wird. Kiefer (2001:21) konstatiert, dass
die Bedeutung von Kommerzialität „zunächst einmal nur die Geschäftsinteressen
wahrnehmendes, auf Gewinn bedachtes Handeln, also selbstverständliche
Kaufmannspflicht“ ist. Die Bedeutung des Wettbewerbs äussert sich dann im Versuch
der Unternehmen, durch geeignete Massnahmen die produktive und allokative Effizienz
zu maximieren, also mit minimalen Kosten exakt das zu produzieren, was vom
Publikum erwünscht wird (vgl. Heinrich 2001:93, Meier 1999:134ff, Siegert 2003b:22).
Es geht hiermit also grundsätzlich um den wachsenden Einfluss marktorientierten
Denkens und Handelns im Mediensystem, welches auf die verschiedensten Ebenen
einwirkt. Dies äussert sich im Makrobereich der Medienpolitik einerseits mit
neoliberalen Maximen wie Deregulierung und Liberalisierung, andererseits aber auch
durch die rasanten technologischen Entwicklungen mit Beginn in den 90er Jahren,
welche die neuartige Integration und Verschmelzung von Telekommunikation und
Medien erlaubte (vgl. Siegert/Brecheis 2005:29ff). Die damit verbundene
Digitalisierung der medialen Inhalte erlaubt deren Vertrieb durch unterschiedlichste
Kanäle und begünstigt auch bis anhin nicht existierende Kombinationsmöglichkeiten,
nicht nur der Gattungen, Formate und Inhalte sondern auch der darin enthaltenen
Werbeformen. Dieser technologische Fortschritt zieht Schwierigkeiten nach sich, denn
der Telekommunikationsmarkt wird nicht aufgrund Medienpolitischenüberlegungen
reguliert. Ausserdem wäre beispielsweise im Falle des Internets eine nationale
Regulierung fehl am Platz, da der globale Charakter des Mediums ein supranationales
Eingreifen erfordern würde.
Auf der Ebene der Medieninhalte wirkt sich die Ökonomisierung auf den eigentlichen
Herstellungsprozess aus, der zunehmend durch redaktionelles Marketing und einer
starken Verwertungsorientierung gekennzeichnet ist. Die potentielle Werbetauglichkeit
entsteht vor dem redaktionellen Konzept und Gedanken über mögliche Absatzstrategien
13

in der Wertschöpfungskette sind von Beginn an präsent, damit Inhalte beispielsweise
durch Windowing und Versioning möglichst lange ausgereizt werden können, um dem
wachsenden Profitstreben der Medienunternehmen entgegenzukommen (vgl.
Vizjak/Ringlstetter 2001:9ff, Croteau/Hoynes 2001:113ff, Picard 2002:21ff).
Demzufolge ergibt sich eine Dominanz ökonomischer Orientierungen, welche vor
publizistische Überlegungen tritt. Obwohl ein auf dem Rezipientenmarkt nicht
nachgefragtes Produkt zwar keine Existenzfähigkeit hat, muss realistischerweise
angemerkt werden, dass gewonnene Daten aus der Leserschaftsforschung primär dazu
dienen, um die Attraktivität des Mediums gegenüber der werbetreibenden Wirtschaft zu
rechtfertigen.
Im Werbemarkt versucht dann der Werbevermarkter oder das Medienunternehmen ihre
Medien möglichst gewinnbringend abzusetzen, wofür aber wiederum im jeweiligen
Medium ein günstiges Werbeumfeld vorhanden sein muss. Meier und Jarren (2001:154)
sehen hier eine mögliche Entwicklung die darauf hinausläuft, „dass sich das
Kerngeschäft der Medienindustrie auf die systematische Vermarktung von Erlebnissen
und Erfahrungen (entertainment- and experience-economy) konzentriert. Publizistische
Produkte und Leistungen werden für bestimmte Interessen (Werbung, Sponsoring)
und/oder bestimmte soziale Gruppen produziert“.
Dies hat aus dem Blickwinkel der Kommunikationswissenschaft entscheidende Folgen,
welche sich in unterschiedlichen Facetten in den entsprechenden Zielsetzungen der
öffentlich-rechtlich und privatwirtschaftlich geführten Medienunternehmen manifestiert.
So differenziert etwa Kiefer (2001:367) als Sachziel beim öffentlich-rechtlichen
Rundfunk die Erfüllung des Programmauftrags, dominiert durch das Normensystem der
Publizistik und der normativen Zielsetzung eine gesellschaftliche Nutzenmaximierung
zu erreichen. Da aber auch öffentlich-rechtliche Medienunternehmen einen nicht
vernachlässigbaren Ertrag durch Verkäufe auf dem Werbemarkt erhalten und ihrerseits
im medialen Konkurrenzkampf stehen, darf angenommen werden, dass diese
idealistische Abgrenzung zu kommerziellen Medienanbietern nicht mehr vollständig
aufrechterhalten werden kann. Wendet man sich nun den privaten Medienunternehmen
zu, so besteht das Sachziel beim privaten Rundfunk in der Erreichung möglichst hoher
Einschaltquoten beziehungsweise bestimmter Zielgruppen, wodurch hier das
Normensystem der Ökonomie zum tragen kommt, mit der individuellen
14

Nutzenmaximierung als Zielsetzung. Das Formalziel der privatwirtschaftlichen
Medienunternehmen besteht dann in der Konsequenz daraus, Renditen für privates
Kapital zu erzeugen, mit einer möglichst erfolgreichen Gewinnmaximierung. Das
eigentliche Sachziel der Medien, also die Leistungen und Funktionen für die
Gesellschaft, wird dem Formalziel der Erwirtschaftung eines Gewinnes untergeordnet.
Die Folge ist, dass meritorisch erwünschte und von gewissen Zielgruppen nachgefragte,
dennoch aber unrentable Programme auf Dauer nicht aufrechterhalten werden können,
da zumindest ein Return of Investment beim eingesetzten Kapital erreicht werden muss
(vgl. Kiefer 2001:22).
Obwohl Ökonomisierung- und Kommerzialisierungsprozesse in den westlichen
Gesellschaften immer mehr Werte und Lebensbereiche erfassen, die nicht zum
Kernbereich der Wirtschaft gehören, dürfen ihre Auswirkungen auf das Mediensystem
durchaus als speziell und folgenreich bezeichnet werden, da in der heutigen
Informationsgesellschaft die Medien eine zentrale Stellung einnehmen. So liegt die
primäre Funktion des Mediensystems für die Gesamtgesellschaft in der Aufgabe, „durch
Verarbeitung von Umweltkomplexität deren Selbstbeobachtung zu ermöglichen und
eine Selbstbeschreibung der Gesellschaft herzustellen“ (Siegert 2002:164). Die
gesamtgesellschaftliche Wahrnehmung und Verständigung der verschiedenen Akteure
und Bürger, sowie das funktionieren der demokratischen Prozesse, erfordern deshalb
gewisse Vermittlungsleistungen und Vermittlungsqualitäten, welche durch die Medien
erbracht werden (vgl. Meier/Jarren 2001:156).
Sind diese durch die Ökonomisierungs- und Kommerzialisierungsprozesse bedroht,
können die Einflüsse auf die Gesellschaft vielfältig und nicht absehbar sein. Eine
vollständig am Absatz orientierte mediale Produktion hat problematische Konsequenzen
für den öffentlichen Kommunikationsprozess, da der Bürger zum reinen Konsumenten
wird, zudem gewisse Teile der Gesellschaft ausgeschlossen werden, weil diese für die
werbetreibende Wirtschaft von geringem Interesse sind, und schlussendlich geraten
auch konsumkritische Kommentare und differenzierte Hintergundberichterstattungen
ins Abseits (vgl. Siegert 2005:2).
15

2.3 Die Finanzierung der Medien
Als zentral für das theoretische Fundament dieser Lizentiatsarbeit erweisen sich
bestehende Erkenntnisse und Untersuchungen zur Finanzierung, oder genauer
ausgedrückt, Refinanzierung von Medien. Dies bedarf insofern einer Erläuterung, da die
Erstfinanzierung von Medien durch einen Investor oder Unternehmen mit privatem,
beziehungsweise öffentlichem Kapital durch den Staat, aufgrund der Fragestellung
dieser Lizentiatsarbeit nicht von besonderem Interesse ist. Des Weiteren spielt auch die
Refinanzierung der öffentlich-rechtlichen Medien durch Gebühren oder Steuern eine
untergeordnete Rolle. Vielmehr gilt es das Augenmerk auf die Finanzierung der Medien
durch die werbetreibende Wirtschaft zu richten, welche sich mittlerweile als dominante
und am meisten verbreitete Form durchgesetzt hat.
Genau an diesem Punkt sind die Werbevermarkter angesiedelt, hier ist ihr Tätigkeitsfeld
und damit ihre Daseinsberechtigung. Hat ein privates Medienunternehmen keine eigene
Verkaufsabteilung für Werbezeit oder Werberaum mehr, so ist der Vermarkter als
einziger für den Grossteil der Finanzierung des Mediums zuständig und übernimmt den
aktiven Verkauf und die Promotion des vermarkteten Mediums im Werbemarkt.
Deshalb gilt es im folgenden Kapitel aus medienökonomischer Sicht, die Spezifika der
Medien als Kuppelprodukt von redaktionellem Inhalt und werblicher Kommunikation
zu erläutern und damit folglich auch ihr Angebot auf dem Rezipienten beziehungsweise
Werbemarkt darzulegen, sowie die Konsequenzen und Bedingungen welche sich daraus
ergeben.
2.3.1 Die Medien als Kuppelprodukt
Finanzieren sich Medien ganz oder teilweise aus Werbung, stellen sie ein
Kuppelprodukt aus redaktionellen Inhalten und werblicher Kommunikation dar.
Daneben gibt es aber zwei weiteren Ebenen auf die hingewiesen werden kann, nämlich
dass als erstes der redaktionelle Teil bereits aus einem Verbund zwischen meritorischen
Gütern und selektiven Anreizen besteht und schlussendlich als zweites bei vielen
Medien ein Trägermedium zum Einsatz kommt, wodurch ein Kuppelprodukt zwischen
dem immateriellen Inhalt und beispielsweise dem Zeitungspapier entsteht (vgl. Kiefer
2001:150). Offensichtlich ist für spätere Fragestellungen vor allem der erste Aspekt von
16

Bedeutung und es bedarf genauerer Erläuterungen, weshalb und durch welche Faktoren
die Entstehung eines solchen medialen Kuppelprodukts begünstigt wurde.
Ohne detailliert auf die diversen Kosten einzugehen, welche ein Medienunternehmen
bewältigen muss, kann grundsätzlich konstatiert werden, dass die Herstellung von
Medien und ihren Inhalten extrem fixkostenintensiv ist, beziehungsweise die First-
Copy-Costs sind sehr gross (vgl. Schuman/Hess 2002:69ff). Ob nun ein Exemplar oder
eine Million Zeitungen verkauft werden, der finanzielle Aufwand, um eine komplette
Redaktion einzustellen und die entsprechenden technischen Geräte zu beschaffen, ist
derselbe. Fixkosten existieren selbstverständlich nicht nur im Bereich der Medien, aber
ihr Anteil ist unvergleichbar hoch. Dies hat zur Folge, dass sich die Fixkostendegression
in drastischer Weise auswirkt und die Stückkosten schnell mit steigender Absatzmenge
fallen. Dies steht im Gegensatz zu den Herstellungs- oder Stückkosten bei anderen
Produkten, die im Normalfall konstant bleiben, denn der Grossteil aller anfallenden
Kosten steigt proportional mit der produzierten Menge (vgl. Ludwig 2003:187ff).
Das Problem der hohen Fixkosten hängt mit den Produktionsprozessen in der
Medienherstellung zusammen und ist gewiss kein neues Phänomen, nur wurde es vor
dem 20. Jahrhundert anders gelöst, als durch das Hinzufügen von Werbung zum
redaktionellen Teil. Die damaligen Printprodukte waren teuer und deshalb auf eine
kleine, aber monetär begünstigte Oberschicht ausgerichtet. Sowohl die Angebotspalette,
wie auch die Auflagehöhe war gering, wodurch die Verkaufspreise und
Gewinnerwartungen auf der Basis von kleinen Absatzmengen kalkuliert werden
konnten. Erst durch den einsetzenden technischen Fortschritt bei der Drucktechnik
sowie der Papierherstellung und die Entstehung des Anzeigewesens, das den neuen
Werbemarkt hervorbrachte, änderte das bisherige System. Hinzu kam das Anwachsen
des Marktpotentials durch die zunehmende Kaufkraft der potentiellen Rezipienten,
sowie die Bildung von Konkurrenz auf der Anbieterseite. Dies verursachte einen
enormen Preisrutsch vergleichbar mit der seit den 80er Jahren stattfindenden
Verbilligung der Unterhaltungselektronik und Informatik (vgl. Ludwig 1996:278).
So konnten im Printmarkt seit dem letzten Jahrhundert nur noch Produkte bestehen, die
einen tiefen Preis aufwiesen. Was nun an Einnahmen durch den Verkauf eines
Exemplars verloren ging, musste zwangsläufig durch Erlöse auf einem anderen, neuen
17

Markt ausgeglichen werden: dem Werbemarkt. So wurde die Finanzierung der
Massenmedien immer weiter durch das Geschäft mit der werblichen Kommunikation
sichergestellt. Dies führte schon zu beginn des letzten Jahrhunderts zu verschiedener
Kritik durch Autoren wie Max Weber oder Karl Bücher, der betonte, dass die Verleger
vor allem auf einen möglichst hohen Gewinn durch den Verkauf von Anzeigenraum
abzielten (vgl. Bücher 1922:260). Aber erst durch diese Erschliessung des Werbemarkts
und damit einer zweiten Finanzierungsmöglichkeit, wurde die Transformation
privatwirtschaftlicher Medien zu Massenmedien realisierbar.
Der mittlerweile umfangreiche Verbund von Massenmedien und werblicher
Kommunikation weist aber weitere Vorteile auf, welche sich nicht nur über die
Notwendigkeit der Generierung einer zusätzlichen Einnahmequelle erklären lässt,
sondern in den Effizienzvorteilen dieses Verbunds (Economies of Scope), welche sich
auf verschiedenen Ebenen manifestieren (vgl. Doyle 2002:13ff). Diese liegen vor „wenn
Herstellung und/oder Vertrieb mehrerer Produkte durch das gleiche Unternehmen zu
niedrigeren Gesamtkosten führt, als wenn die jeweiligen Produkte von jeweils
unterschiedlichen Unternehmen produziert und vertrieben werden“ (Heinrich
1999:581).
Grundsätzlich lassen sich drei Bereiche differenzieren, in denen sich nach Heinrich
(1999:581ff) erhebliche Vorteile für das Medienunternehmen und die werbetreibende
Wirtschaft ergeben.
Im Vertrieb äussern sich diese Vorteile in der Tatsache, dass das Kuppelprodukt aus
redaktionellen Inhalten und Werbung an denselben Empfänger geliefert wird. Der
Rezipient ist zugleich auch Adressat der Werbung, was zu einer erheblichen Reduktion
der Verteilkosten führt, vor allem dann, wenn zusätzliches Gewicht oder Sendezeiten
keine oder eine nur unmerkliche Erhöhung der Gebühren verursachen.
Weiter ergeben sich Verbundvorteile im Konsum, folgt man der Annahme, dass neben
dem publizistisch-redaktionellen auch der werbliche Teil von Interesse für den
Rezipienten ist und aktiv nachgefragt wird. Die Kosten für den Rezipienten
manifestieren sich dann in seinem Zeitverbrauch für das rezipieren der Werbung als
Opportunitätskosten für den entgangenen Nutzen bei alternativer Verwendung seiner
Zeit. Diese Kosten werden durch den Verbund von Massenmedien und werblicher
18

Kommunikation deutlich verringert, denn der Rezipient muss die Werbung nicht suchen
und auch keine Auswahl treffen. Ausserdem sind die Opportunitätskosten gering, weil
er die redaktionellen Inhalte sowieso schon konsumiert. Der Nutzen der Werbung für
den Konsumenten ist zum einen unterhaltender und animatorischer Natur, andererseits
liefert erhält er kaufrelevante Informationen und die seine potentiellen
Informationssuch- und Entscheidungskosten minimieren. Dies dürfte vor allem in
Special-Interest-Medien am deutlichsten sein, da sich das Medium und die Werbung auf
eine genaue Zielgruppe spezialisieren können.
Drittens profitiert die werbetreibende Wirtschaft in der Verbreitung und Verarbeitung
ihrer Botschaften von einem Glaubwürdigkeitsverbund, der sich durch die Kombination
der journalistischen und werblichen Informationen ergeben. Hierbei profitiert die
Werbung von der jeweiligen Glaubwürdigkeit des Mediums, resultierend in einem
Imagetransfer vom Medium zur Werbebotschaft.
Kiefer (2001:154) ergänzt die drei oben von Heinrich genannten Punkte noch mit
Verbundvorteilen die sich in der Produktion ergeben. So können Produktionsfaktoren
wie Druckmaschinen, Humankapital etc. sowohl für die Güterproduktion auf dem
Rezipienten-, wie auch auf dem Werbemarkt eingesetzt werden, was wiederum auf
beiden Seiten zu Kosteneineinspaarungen führt.
Grundsätzlich ergibt sich aber für die Massenmedien durch den Verkauf von
Werberaum und Werbezeit ein zusätzlicher, spezieller Verbundvorteil. Erst durch das
entstandene Kuppelprodukt, können nun auch Informationen vermarktet werden, die
sonst durch ihre Eigenschaft als öffentliches Gut nicht handelbar wären. Es dreht sich
hierbei um die „Information per se als Input in den Medienkonsumprozess und um den
Output des Medienkonsumprozess in Form von „Meinungsvielfalt“ und
„Integrationsleistungen““ (Heinrich 1999:583). Der Verbund zwischen diesen
öffentlichen Gütern und einem Privatgut, ermöglicht es nun, Eigentumsrechte
durchzusetzen. So ist ein Medienunternehmen hierdurch in der Lage, die Verbreitungs-
und Wirkungswahrscheinlichkeit einer Werbebotschaft durch ihre Medien bei den
Rezipienten an die werbetreibenden Unternehmen zu verkaufen. Dies befähigt das
Medienunternehmen zur Vermarktung journalistischer Information, hat aber auch zur
Folge, dass Einflüsse auf die redaktionellen Prozesse und Inhalte auftreten können. Die
Konsequenzen der Verbundproduktion sind somit eine Subventionierung des medialen
Contents durch die Werbung und der bekannten Auflage-Anzeigen-Spirale im Print
19

oder ähnlichem in anderen Mediengattungen. Das Anbieten von Werbezeit und
Werberaum durch das Medienunternehmen selber oder den Werbevermarkter führt so
zu einem Angebot auf zwei unterschiedlichen Märkten, der im folgenden Kapitel
erläutert werden soll.
2.3.2 Das Angebot auf zwei Märkten
Nach den vorherigen Darlegungen wurde ersichtlich, dass ein Medienunternehmen in
zwei verschiedenen Märkten agiert, hier jeweils unterschiedliche Leistungen
beziehungsweise Produkte anbietet und sich, wenn auch in völlig ungleichem Ausmass,
durch diese beiden finanziert.
Auf dem Rezipientenmarkt wird im publizistisch-redaktionellen Teil ein komplexes
Mischprodukt angeboten, dass sich aus immateriellen Gütern wie Information, Bildung
und Unterhaltung zusammensetzt und teilweise meritorischen Charakter hat (vgl. Kiefer
2001:152). Dieses mediale Produkt ist von seinen Eigenschaften her zum grössten Teil
ein öffentliches Gut und ist, wie bereits erwähnt, deshalb schwierig direkt zu
vermarkten. Medienangebote können grundsätzlich auch nicht als Produkte oder
Sachgüter bezeichnet werden, sondern weisen einen starken Dienstleistungscharakter
auf. Darüber hinaus besitzen sie spezifische Charakteristika, von denen zwei bei der
Thematik der hohen First-Copy-Kosten und dem Verbundcharakter bereits
angesprochen wurden.
Hinzu kommen aber weitere Besonderheiten wie die Nicht-Rivalität beim Konsum, da
sich ein Medium im Gegensatz zum „berühmten“ Beispiel des Schokoladenriegels
durch die Benutzung nicht verbraucht. Weiter existiert bei vielen Medien eine Nicht-
Ausschliessbarkeit beim Konsum, die zur Folge hat, dass anders als bei
Verbrauchsgütern nicht zahlungswillige Rezipienten nur schwer von der Nutzung
ausgeschlossen werden können und somit das Problem der Freerider auftritt. Zudem ist
der Rezipient vor allem bei Informationsangeboten nur begrenzt in der Lage die Qualität
zu beurteilen, was Medien zu starken Erfahrungs- und Vertrauensgütern macht. Als
letzter Punkt lässt sich bei medialen Angeboten trotz vorhandener Urheberrechte der
Schutz des geistigen Eigentums beziehungsweise der kreativen Idee nur schwer
durchsetzen, was oft zu Plagiaten oder ähnlichen Formaten führt (vgl. Siegert 2005:3).
Auf dem Rezipientenmarkt herrscht demzufolge wenig Transparenz, die Produkte
20

können oftmals nicht klar definiert werden und die Beurteilung der Qualität erweist sich
als schwierig, weshalb der Wettbewerb nur in unzureichender Form funktioniert.
Anders sieht die Situation für das Medienunternehmen auf dem Werbemarkt aus. Hier
werden der werbetreibenden Wirtschaft die Zugangschancen zu einem Publikums
mitsamt seiner potentiellen Aufmerksamkeit verkauft oder genauer gesagt, die
„Verbreitungswahrscheinlichkeit von Werbebotschaften angeboten, differenziert nach
soziodemographischen und/oder psychografischen Merkmalen“ (Heinrich 1999:583).
Diese Kontaktchancen bilden auf dem Werbemarkt das ökonomische, private Gut und
sind direkt vermarktbar. Das Medium als Werberträger liefert den Zugang zu den
intendierten Zielgruppen, bei dem die Werbung zwangfrei folgenreiche
Aufmerksamkeit erzeugen möchte für ihre Produkte, Dienstleistungen oder Meinungen.
Folglich steigt der Wert eines Mediums für Akteure auf dem Werbemarkt mit seiner
Verbreitung und Reichweite in der anvisierten Zielgruppe, der sich dann im
Tausendkontaktpreis niederschlägt (vgl. Kiefer 2001:153).
Hier muss man jedoch wieder anmerken, dass es sich um eine ganz bestimmte
Zielgruppe handeln soll, nämlich eine aus monetären oder sonstigen Gründen
interessante. So gibt es beispielsweise Qualitätszeitungen die eine geringe Auflage und
Anzahl Leser aufweist, diese sich aber aus einer gesellschaftlich elitären Schicht
zusammensetzen und deshalb für die Werbewirtschaft von grossem Interesse sind.
Umgekehrt sind Zeitungen mit einer hohen Auflage, die aber praktisch nur Leser mit
geringem sozialen Status oder Einkommen aufweisen, kein nachgefragter Werbeträger
(vgl. Kiefer 2001:237).
Auf dem Werbemarkt herrscht demzufolge eine verhältnismässig grosse Transparenz
bezüglich Preis und Qualität, da durch unabhängig erhobene Mediadaten der
Wissenstand über die Leistungen eines Mediums bei den Akteuren aus dem
Werbemarkt hoch ist und sich diese deshalb auf einer ähnlichen Ebene befinden, ganz
anders als dies beim Verhältnis des Rezipienten zum Medium konstatiert werden muss.
So steht ein Werbevermarkter bei der Vermarktung und Promotion seines Mediums in
direkter intra- und intermedialen Konkurrenz und muss sich dem werbetreibenden
Unternehmen beziehungsweise der involvierten Agentur anhand bekannter Zahlen und
Fakten beweisen, um schlussendlich seine Werbezeit oder sein Werberaum zu
verkaufen. Neben der anderen Situation bezüglich der Qualitäts- und
21

Leistungstransparenz existiert auch das Problem der Konsumrivalität und der Nicht-
Ausschliessbarkeit im Werbemarkt nicht, denn beispielsweise eine gebuchte Sendezeit
kann folglich durch kein anderes Unternehmen mehr belegt werden. Diese Faktoren
führen dazu, dass der Wettbewerb auf dem Werbemarkt funktioniert und sich
schlussendlich die Wünsche der werbetreibenden Wirtschaft durchsetzen.
Die zwei skizzierten, sehr unterschiedlichen Märkte sind insofern miteinander
Verbunden, als dass die Reichweiten eines Mediums auf dem Rezipientenmarkt, wie
vorher schon angedeutet, eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für einen
automatischen Erfolg auf dem Werbemarkt sind. Vielmehr muss neben der Reichweite
und den richtigen Zielgruppen auch ein qualitativ gutes Werbeumfeld geschaffen
werden, die schlechte Sexfilme oder sonstige zu anstössige Programme,
konsumkritische Informationssendungen oder Formate für Senioren nicht bieten. Die
Massenmedien und ihre Inhalte sollten nach den Vorstellungen der werbetreibenden
Wirtschaft „nicht nur glaubwürdig, sondern auch „gut“ sein: aktiv, lebensbejahend,
romantisch, positiv, frei von roher, blutrünstiger Gewalt und frei von billigem Sex, um
als gute Werbeträger zu gelten“ (Heinrich 1999:585).
So können neben der bereits an verschiedenen Stellen formulierten, durchaus
berechtigten Kritik an werblich definierten Zielgruppenjournalismus, dem Ausschluss
gewisser Inhalte, Formate und bestimmten Zielgruppen, auch positive Einflüsse der
Werbung konstatiert werden. Diese äussern sich auch in der Vervielfachung der Medien
und dementsprechend der Ausdifferenzierung des Mediensystem mit immer mehr
verschiedenen Angeboten, aber auch zunehmenden spezifischeren Special-Interest-Titel
oder –Formate, denn die werbetreibende Wirtschaft möchte nicht nur
zielgruppengenaue Medien sondern auch ein vielfältiges Angebot, da eine
Medienkonzentration das Angebot an potentiellen Werbeträgern nicht nur reduziert,
sondern auch verteuert. So fördert die Werbefinanzierung das Mediensystem und die
Erfüllung ihrer verschiedenen Aufgaben beziehungsweise Leistungen, zugleich sorgt
aber die Ausrichtung der Medienproduktion auf die Bedürfnisse der werbetreibenden
Wirtschaft für eine Schwächung der gesellschaftlichen Kritik- und Kontrollfunktionen
(vgl. Heinrich 1999:585).
22

2.3.3 Der Werbemarkt und seine Bedeutung
Die erfolgreiche Vermarktung eines Mediums auf dem Werbemarkt ist heute für alle
privatwirtschaftlich organisierten Medienunternehmen, aber zunehmend auch für den
öffentlich-rechtlichen Rundfunk von zentraler Bedeutung. Betrachtet man hier das
Verhältnis der Einnahmen die auf dem Werbemarkt generiert werden im Vergleich zu
denen auf dem Rezipientenmarkt, so kann, im Bezug auf verschiedene empirische
Erkenntnisse in der Literatur, von folgenden Zahlen ausgegangen werden. Private
Fernseh- oder Radiosender finanzieren sich zu 100% aus Werbung (lässt man den
geringen Anteil des Gebührensplittings bei lokalen Stationen ausser Acht),
Tageszeitungen ungefähr zu zwei Dritteln, teilweise aber sogar bis zu 80%,
Zeitschriften um die 40-50% und sogar der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der
Schweiz weist beispielsweise im TV-Bereich schon mehr als ein Viertel kommerzielle
Einnahmen aus (vgl. Blum 2003: 374ff, Kiefer 2001:234, Heinrich 2001:237, Ludwig
1996:282, SRG 2004).
Diese Zahlen verdeutlichen schlussendlich die aus ökonomischer Sicht eher schwache
Position des Rezipienten im Mediensystem, da er je nach Medium mit seinem
geleistetem finanziellen Anteil nur wenig oder bei privaten Angeboten überhaupt nichts
beiträgt. Seine Sanktionsmöglichkeiten in Form von Zahlungsunwilligkeit sind so eher
gering, hingegen ist der Einfluss des anderen Marktpartners, der werbetreibenden
Wirtschaft, äusserst hoch. So wäre beispielsweise eine Zeitung ohne Werbung um
mindestens 57% teurer (vgl. Heinrich 2001:240). Andererseits muss auch angemerkt
werden, dass der Rezipient ja nicht nur mit einem entgoltenen Marktpreis für das
mediale Angebot bezahlt, sondern mit seiner Zeit und Aufmerksamkeit die er der
werblichen Kommunikation widmet, welche das Medienunternehmen bekanntlich auf
dem Werbemarkt absetzen kann. Weiter ist der Rezipient natürlich auch gleichzeitig der
potentielle Konsument der beworbenen Produkte oder Dienstleistungen, die indirekt
wiederum die Werbung finanzieren müssen und dadurch entsprechend verteuert werden
(vgl. Kiefer 2001:238).
Betrachtet man nun den Wettbewerb auf dem Werbemarkt, so unterscheidet sich dieser,
wie bereits erwähnt, deutlich vom Rezipientenmarkt, da ein präzises Gut gehandelt
wird, klare Preise und Marktbeziehungen existieren und auch die Transparenz zwischen
23

Käufer und Anbieter ziemlich hoch ist. Weiter kann aber im Werbemarkt auch nach der
Art der Werbung differenziert werden, die Heinrich (1999:585ff) folgendermassen
charakterisiert:
Beim Markt für informative Werbung kann ein Medienunternehmen mit seinem
Produkt den ganzen Markt abdecken, mit der Folge, dass hier die Fixkostendegresssion
noch stärker ausgeprägt ist und der Alleinanbieter die Werbung am günstigsten anbieten
kann. Diese Form findet man beim lokalen oder regionalen Zeitungsmonopol, dass ein
bestimmtes räumliches Gebiet alleine abdecken kann. In der Schweiz gibt es nicht nur
das lokale Monopol eines Zeitungsverlages, sondern vielfach werden die Anzeigen in
den diversen Zeitungen auch vom selben Werbevermarkter, der Publicitas verkauft und
vermarktet (vgl. Heinrich 1999:587).
Anders sieht die Situation beim Markt für suggestive Werbung aus, in dem die
Fixkostendegression von zwei Faktoren etwas abgeschwächt wird. Die Nachfrage der
werbetreibenden Wirtschaft kann hier erstens nicht durch ein einziges Medium erfüllt
werden. Der Umfang einer beliebten Publikumszeitschrift hat seine Grenzen, denn
Inserate müssen auch von einem redaktionellen Teil begleitet werden und ein einzelner
TV-Sender könnte aufgrund mangelnder Sendezeit oder Werbebeschränkungen nicht
die gesamte, produzierte Fernsehwerbung ausstrahlen. Es ist ersichtlich, dass hier eher
überregionale oder nationale Markenartikelwerbung angesprochen wird, die keinen
bestimmten regionalen Markt anspricht. Weiter ist zweitens vor allem im
Unterhaltungsbereich die Nachfrage beim Rezipienten viel zersplitterter, als dies etwa
bei der Zeitungsnutzung ist. So rezipiert dieser verschiedene TV- und Radiosender,
beziehungsweise liest vielleicht mehrere Publikumszeitschriften, was dazu führt, dass
eine Werbekampagne die das Ziel hat, die Rezipienten auf breiter Basis möglichst
vollständig zu erreichen, mehrere Medien belegen muss. Somit ist die
Existenzgrundlage für eine Vielzahl von Anbietern und Medien gegeben, was einen
funktionierenden Wettbewerb ermöglichen könnte (vgl. Heinrich 1999:587ff).
Dies wurde hier bewusst vorsichtig ausgedrückt, denn es wäre durchaus möglich, dass
die verschiedenen Medien zu einem Konzern gehören oder aufgekauft werden und so
auch hier monopolistische Tendenzen entstehen. Diese Zusammenschlüsse und
horizontalen Konzentrationsprozesse erlauben dann einem Medienunternehmen der
werbetreibenden Wirtschaft reichweitenstarke Medien aus einer Hand anzubieten, was
ihnen wiederum die Möglichkeit gibt, einfacher Preiserhöhungen zu realisieren.
24

2.4 Das Werbewirtschaftssystem
Im Rahmen der Luhmann’schen Systemtheorie wird das Wirtschaftssystem als ein
eigenständiges Teilsystem der Gesellschaft aufgefasst, mit dem Code zahlen
beziehungsweise nicht zahlen anhand ausgehandelter Preise als systeminternes
Programm (vgl. Luhmann 1988). Uneinigkeit besteht hingegen ob die Werbung zum
Teilsystem Wirtschaft beziehungsweise zum Teilsystem der Medien zugeordnet werden
sollte oder aber sogar als autonomes Funktionssystem aufgefasst werden müsse (vgl.
Siegert/Brecheis 2005:4ff). Für die vorliegende Lizentiatsarbeit wird nun Werbung
analog verschiedener Autoren dem Teilsystem der Wirtschaft zugesprochen und von
einem eigenständigen Werbe- beziehungsweise Werbewirtschaftssystem ausgegangen
(vgl. Tropp 1997:87ff, Schmidt/Spiess 1995:26ff, Kohring/Hug 1997:15ff). Obwohl in
der konsultierten Literatur je nach Autor von Werbewirtschafts- oder Werbesystem
gesprochen wird, werden diese zwei Begriffe hier nicht vereinheitlicht, aber im Falle
dieser Lizentiatsarbeit synonym verwendet.
Als Ausgangspunkt für die Ausdifferenzierung der Werbewirtschaft aus dem
Wirtschaftssystem und damit der Übernahme von gesamtgesellschaftlichen Aufgaben
die bisher von keinem anderen Sozialsystem übernommen wurden, können die in
Kapitel 2.3.1 bereits angeschnittene Geschichte zur Entstehung der Medien als
Kuppelprodukt nochmals kurz reflektiert werden. So führte die seit dem Ende des 18.
Jahrhundert beginnende Entwicklung zu einem kapitalistischen und industriellen
Wirtschaftsystem, in Kombination mit der Entstehung und Verbreitung der
Massenmedien zu dieser Ausdifferenzierung. Hierbei ist es wichtig anzumerken, dass
sich die Güterproduktion nicht mehr zentral an die Befriedigung elementarer
Bedürfnisse richtete, sondern immer mehr auch an solche die durch das
Wirtschaftssystem selbst erzeugt wurden. „Gerade diese selbsterzeugten Bedürfnisse
aber müssen im gesamtgesellschaftlichen Bereich wirksam kommuniziert werden,
wobei auf alle Massenmedien als Träger von Werbebotschaften zurückgegriffen wird“
(Schmidt/Spiess 1996:36).
Für das Wirtschaftssystem ist somit der Transport von werblicher Kommunikation und
ihrer Ausstattung mit Publizität, die spezifische Leistung welche das Mediensystem
erbringt. So nehmen sich die beiden Systeme selektiv unter der Rationalität ihrer
25

Steuerungsmedien Publizität und Geld wahr, wobei diese dann jeweils in beide
Richtungen umkonvertiert werden können. Hierfür verantwortlich ist vor allem die
Medien- und Publikumsforschung, welche die Publizitätsleistungen des Mediums in
einen monetären Wert umrechnen, den das Medienunternehmen oder der
Werbevermarkter dann auf dem Werbemarkt absetzen kann (vgl. Siegert 2002:169ff).
So können nach den Funktionen und Leistungen des Mediensystems auch diejenigen
des Werbesystems für das Wirtschaftssystem abschliessend definiert werden: „Das
Werbesystem produziert durch die Produktion und Distribution von Medienangebote
bei intendierten Zielgruppen folgenreiche Aufmerksamkeit für Produkte, Leistungen,
Personen und >>Botschaften

Für diese Lizentiatsarbeit von besonderem Interesse ist überwiegend ein Bereich des
Werbewirtschaftssystems, weshalb nur dieser genauer beschrieben werden soll. Wie in
der Einleitung erwähnt, werden die Werbevermarkter zusammen mit den Massenmedien
und Mediaagenturen dem Handlungsbereich Distribution zugeordnet, welcher somit alle
Handlungsrollen beinhaltet, „die sich werbesystemspezifisch mit der Übermittlung von
Medienangeboten an den Handlungsbereich Rezeption befassen“ (Tropp 1997:123).
Hierzu gehören aber auch die Vermittler, auf welche Tropp nicht eingeht. Auch wenn
man das Strukturmodell des Gesamtwerbeprozesses von Schierl (2002:437) betrachtet,
sieht man diese Vermittlungsebene, welche hier zusätzlich aber noch neben den Medien
die Marktforschung beinhaltet, was auch durchaus als sinnvoll erscheint. Unbeachtet
hingegen bleiben die Werbevermarkter im ganzen Prozess und auch die Mediaagenturen
sind nicht weiter beschrieben oder zugeordnet.
Abbildung 2: Strukturmodell des Gesamtwerbeprozesses
Quelle: Schierl 2002:437.
Insofern erscheint die Zuordnung von Tropp (1997:123ff) am vollständigsten, zumal die
Ansicht geteilt wird, dass neben den Massenmedien, die Mediaagenturen, Vermittler
und Werbevermarkter für die Distribution beziehungsweise Vermittlung zum
Rezipienten zuständig sind. Im Bereich der Distribution selber kann man sich den
Ablauf nun folgendermassen vorstellen. Während die Massenmedien die
Werbebotschaft zum Rezipienten transportieren, sorgt die Mediaagentur oftmals schon
beginnend beim ersten Briefing mit dem Werbetreibenden für eine bestimmte Auswahl
der einzusetzenden Medien und übernimmt die Mediaplanung beziehungsweise den
Mediaeinkauf. Dies hat wiederum Einfluss auf die Werbeagentur, welche nun je nach
27

gewähltem Medium die Werbebotschaft konzipieren und realisieren muss. Natürlich ist
es möglich, dass der Ablauf anders verläuft und das werbetreibende Unternehmen
bereits eine Vorauswahl des Mediums genommen beziehungsweise bereits eine
Werbebotschaft konzipiert hat, oder die Werbeagentur ihrerseits die Richtung festlegt.
Nichtsdestotrotz müssen sich die Beteiligten, meistens jedoch die Mediaagentur, ab dem
Moment der Mediaplanung und des Mediaeinkaufs an die Werbevermarkter wenden,
sofern sich das gewünschte Medium nicht selber vermarktet. Informationen über die
Verfügbarkeit von Werberaum oder Zeit, den finanziellen Kosten, die Buchung und
anschliessende technische Verteilung der Werbebotschaft an das jeweilige Medium
wird dann abschliessend durch den Werbevermarkter erledigt.
So verlaufen im Handlungsbereich Distribution in zwei Richtungen Prozesse, welche
anhand der folgenden Grafik illustriert werden sollen.
Abbildung 3: Prozessablauf im Handlungsbereich Distribution
Informationsfluss
Quelle: Eigene Darstellung.
Mediaagentur
Werbevermarkter
Medienunternehmen
Buchungsprozess
Idealtypisch sollte der grösste Informationsfluss in Richtung vom Medienunternehmen
beziehungsweise Vermarkter zu den Mediaagenturen verlaufen, welche hierdurch
informiert werden über Werbemöglichkeiten, die Verfügbarkeit von Werberaum und
Werbezeit, Specials und Preise. Andererseits kann es natürlich auch vorkommen, dass
eine Mediaagentur oder der Vermarkter mit einem spezifischen Vorschlag an das
Medium herantritt, eine neue Werbeform auszuprobieren, weshalb wechselseitige,
kleinere Informationsflüsse in beide Richtungen zu verzeichnen sind. Beim
Buchungsprozess ist die Direktion etwas eindeutiger, denn nachdem eine Mediaagentur
beim Vermarkter angefragt hat, ob beispielsweise in den gewünschten Formaten und
Sendezeiten Spotplätze verfügbar sind, liefern sie dem Werbevermarkter die Inhalte,
28

welcher dieser anschliessend an das Medium verteilt. Die Vermittler sind in diesem
Prozessablauf ausgeblendet, da sie ähnliche Funktionen übernehmen wie die
Vermarkter, wenn auch mit einer weniger ausgeprägten Wichtigkeit.
2.5 Strukturmerkmale des Schweizer Medien- und Werbesystems
Bevor im dritten Kapitel auf die Werbevermarkter eingegangen wird, soll an dieser
Stelle eine kurze Darstellung über die Besonderheiten und grobe Struktur des Schweizer
Mediensystems erfolgen, vor allem im Bezug auf die Werbevermarkter und ihrer
Entstehung. Weiter sollen dann abschliessend als generellen Überblick gedachte, kurze
Angaben zum Werbemarkt Schweiz vorgestellt werden.
Grundsätzliches Merkmal der Schweiz im Bezug auf die Medien ist ihre
Sprachenvielfalt. Die rund 7,4 Millionen Einwohner (vgl. ESOP 2004:3) verteilen sich
in sehr unterschiedlicher Anzahl auf vier Sprachkulturen, wobei sich der
deutschsprachige Teil im Zentrum, Norden und Osten mit 63,7% der Bevölkerung als
dominant erweist. Weitere 20,4% sind im französischsprachigen Westen, 6,5% im
italienischen Süden, sowie marginale 0,5% im rätoromanischen Teil. Die verbleibenden
8,9% stellen Sprachen dar, die durch die verschiedenen Immigranten gesprochen
werden (vgl. Werbefibel 2005:2). Durch die vorhandenen Sprachgrenzen ergeben sich
verschiedene Mediengrenzen, weshalb jede Sprachregion ihre eigenen Medien aufweist.
Aufgrund der Einwohnerzahl und Grösse ist aber allein die Deutschschweiz in der Lage,
alle verschiedenen Mediengattungen aus eigener Kraft hervorzubringen, weshalb etwa
die Radio- und TV-Sender der SRG in der italienischen und rätoromanischen Schweiz
querfinanziert werden. Betrachtet man die Schweiz als Sprachinsel in Europa, so
unterscheidet sie sich von anderen Ländern insofern dadurch, dass die jeweiligen
Sprachregionen an gleichsprachige Nachbarländer grenzen, welche aufgrund im Falle
von Deutschland, Italien und Frankreich bedeutend grösser sind und deshalb über mehr
Möglichkeiten und Ressourcen verfügen, um qualitative hoch stehende Medienangebote
herzustellen. Dies hat zur Folge, dass stark ausländische Medien rezipiert werden und
diese in den gleichsprachigen Regionen mit den Schweizer Medien einen gemeinsamen
Publikumsmarkt und teilweise auch Werbemarkt bilden (vgl. Blum 2003:366ff). Diese
Tatsache ermöglicht erst die Existenz der Schweizer Werbefenster auf den in der
Schweiz empfangbaren deutschen Privatfernsehsendern wie Pro7, RTL, VOX etc, oder
29

sogar ein eigenes Programmfenster wie auf Sat1 Schweiz, deren Werbezeit durch die
Vermarkter in Konkurrenz zu den Sendern der SRG verkauft wird.
Weiter ist der Kleinstaat Schweiz durch die föderalistische Gliederung nicht nur in 26
Kantone, sonder auch noch in unzählige Bezirke und Gemeinden aufgeteilt, was
wiederum winzige Einheiten zur Folge hat. Die starke politische Prägung der Schweizer
Medien, bei der die Zeitungen bis weit ins 20. Jahrhundert einer bestimmten Partei
zugeordnet werden konnten, und dem Gedanke, dass jeder dieser erwähnten, kleinen
Einheiten eine eigene Zeitung haben sollte, verdanken wir die immer noch
dominierende Stellung des Printmarktes als informatives Leitmedium. Die Presse
geniesst damals wie heute politischen Schutz, die Verleger waren und sind immer noch
äusserst präsent beim politischen Lobbying und auch die indirekte Subventionierung
durch die verbilligten Posttransportkosten, kann als charakteristisch angesehen werden
(vgl. Blum 2003:366ff). Diese Faktoren wiederum können historisch die Entstehung der
Publicitas als Vermarkter oder Vermittler des Anzeigenteils vieler verschiedenen
Zeitungen erklären, was weltweit in dieser Form einzigartig ist und bei den
Auswertungen der Experteninterviews noch näher zu beleuchten ist. Weiter begünstigte
die kleine Fläche der Schweiz auch beispielsweise die Entwicklung der Allgemeinen
Plakatgesellschaft als Vermarkter für Aussenwerbung, wodurch ein Unternehmen ein
nationales Netz an Standorten aufbauen konnte. Dies ist in Deutschland zum Teil nicht
einmal innerhalb einer Stadt der Fall, was wiederum die bedeutende Stellung der
Schweizer Plakatwerbung erklärt.
Konzentrations- und Ökonomisierungsprozesse führten seit den 1960er Jahren in der
Schweiz zu den schon erwähnten regionalen Monopol- oder Quasimonopolstellungen
eines Verlages mit einer Tageszeitung für ein bestimmtes Gebiet, auch diese oftmals
hervorgerufen durch die kleinen Ballungsräume in der Schweiz, in der meistens nur eine
Tageszeitung wirtschaftliche Überlebenschancen hat. Dass das Anzeigengeschäft und
somit der Grossteil der Finanzierung dieser verschiedenen regionalen Monopolisten von
ein und dem selben Vermarkter erledigt wird, verdeutlicht die spezielle Situation in der
Schweiz. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Publigroupe das umsatzstärkstes
Unternehmen ist, gefolgt von der gebührenfinanzierten SRG und erst an dritter Stelle
Ringier als traditionelles Medienunternehmen folgt (vgl. Publigroupe 2005f, SRG 2004,
Ringier 2005, Blum 2003:370).
30

Betrachtet man die Rahmenbedingungen bei den elektronischen Medien Radio und
Fernsehen, so herrscht bekanntlich in der Schweiz ein duales System mit den öffentlich-
rechtlichen, nationalen Sendern und vielen kleinen, zur grossen Mehrheit regionalen
Privatanbietern. Auf nationaler Ebene gelang es bis jetzt keinem privaten Fernsehsender
erfolgreich zu operieren, dies hängt auch zusammen mit den relativ strengen
Vorschriften und Konzessionen die im Rahmen des RTVG zu erfüllen sind. Auf lokaler
Ebene sind die privaten Radio- und Fernsehsender wiederum öfters in der Hand des
regional dominierenden Medienkonzerns und Herausgeber der dortigen Tageszeitung.
Interessanterweise, und dies muss auf die historisch gesehen völlig andere
Entstehungsgeschichte sowie technische Aspekte zurückgeführt werden, gibt es
beispielsweise im lokalen Radio- und TV-Werbemarkt keinen dominierenden
Vermarkter. Hier existieren meistens mehrere Anbieter, welche aber meistens
Vermittler sind und nicht Vermarkter. Auf diese Unterscheidung wird in Kapitel 3
detaillierter hingewiesen. Anders sieht die Situation bei den nationalen Sendern der
SRG aus: hier ist mit der Publisuisse nur ein Vermarkter zuständig, der beauftragt ist,
die Werbezeit zu verkaufen.
Vergleicht man die Schweiz mit ihren angrenzenden Nachbarländern, so ist sie
bekanntlich das sowohl flächen- wie bevölkerungsmässig kleinstes Land (abgesehen
vom Fürstentum Lichtenstein). Betrachtet man aber nun die Bruttowerbeausgaben pro
Kopf, so steht die Schweiz mit 365$ an absoluter Spitze und weist etwa doppelt soviel
wie Frankreich oder 146$ mehr als Deutschland aus (vgl. Werbefibel 2005:4). Der
Bruttowerbeumsatz der klassischen Medien betrug 2004 rund 3,7 Milliarden Franken
(vgl. Mediafocus 2005), die Netto-Werbeumsätze 2003 inklusive Direktwerbung,
Messen, Adressbücher etc. erreichte sogar 5,1 Milliarden Franken (vgl. Stiftung
Werbestatistik Schweiz 2004:11). Die Schweiz ist also ein sehr werbeintensives Land,
was die Entstehung und Professionalisierung der verschiedenen Akteure im
Werbemarkt begünstigt hat. Bevor in Kapitel 4.6 auf die Bruttowerbeumsätze pro
Medium und demzufolge die Wichtigkeit des involvierten Vermarkters eingegangen
wird, sollen hier aber noch einige weitere generelle Angaben erfolgen. Nimmt man die
Umsatzanteile der verschiedenen Branchen am Bruttowerbaufwand der Schweiz, so
offenbart sich, dass die Medien selber mit 14,5% an erster Stelle stehen, dicht gefolgt
von Initiativen/Kampagnen mit 14,2% und auf Platz drei Fahrzeuge mit 9,2% (vgl.
Stiftung Medienstatistik Schweiz 2004:77). Schlüsselt man das ganze nach
31

Produktgruppen auf, so besteht die Top Fünf aus Wirtschaftlichen Kampagnen,
Zeitungsverlage, PKW, Telekommunikation und dem Handel/Grossverteiler (vgl.
Werbefibel 2005:5).
Zieht man hier erste Rückschlüsse auf die Vermarkter, so profitieren hier wiederum die
Printmedien und dadurch die Publicitas, weil, abgesehen von der erwähnten und
historisch gewachsenen Dominanz der Presse, beispielsweise politische
Werbekampagnen ansonsten bislang bei den klassischen Medien nur noch in der
Aussenwerbung erlaubt sind, wofür wiederum hauptsächlich die Affichage mit APG
zuständig ist. Weiter ist die nationale Markenartikelwerbung in den elektronischen
Medien Fernsehen und Radio aufgrund der Struktur des Schweizer Mediensystems,
praktisch ausschliesslich in den Sendern der SRG möglich, was die Bedeutung der
Publisuisse hervorhebt.
2.6 Abschliessende Bemerkungen zum theoretischen Fundament
Nach diesen verschiedenen, theoretischen Ausführungen wird ersichtlich, weshalb sich
die Werbvermarkter als noch weitgehend unberührtes Forschungsfeld bestens als
Lizentiatsthema eignen und einer detaillierteren Analyse bedürfen, als dies bisher in der
gängigen Literatur der Fall war. Die Entwicklung der Medien zum Kuppelprodukt und
der damit einsetzenden Dominanz der Finanzierung durch den Werbemarkt, mitsamt
den stattfindenden Ökonomisierungs- und Kommerzialisierungstendenzen,
verdeutlichen die interessante und wichtige Stellung der Werbevermarkter im Werbe-
und Mediensystem. Als Schaltstelle zwischen dem Medium und den Agenturen
beziehungsweise der werbetreibenden Wirtschaft dürfen sie nicht ausgeblendet werden
und hinter anderen populären Forschungsfelder im Werbesystem wie den Werbe- oder
Mediaagenturen verschwinden.
Aus systemtheoretischer Sicht dürfte deshalb die Position der Vermarkter, obschon ihrer
ökonomischen und nicht publizistischen Funktion in einer Interpenetrationszone liegen,
in dem sich das Werbe- und Mediensystem überlappt und aufeinander bezieht. Während
wie erwähnt, die Medien- und Publikumsforschung den eigentlichen monetären Wert
beziehungsweise die Werbeleistung eines Mediums errechnen, erfolgt die eigentliche
finanzielle Transaktion und Umrechnung von Geld zu Publizität über die
Werbevermarkter, welche den Werberaum oder die Werbezeit verkaufen (vgl.
32

Siegert/Brecheis 2005:12). Die Ausdifferenzierung der Vermarkter aus den
Medienunternehmen im Zuge der Entwicklung des Medien- und Werbesystems hat
Ursachen und Gründe, welche in den folgenden Kapiteln geklärt werden sollen, um
damit auch ihre Leistung und Daseinsberechtigung aufzuzeigen.
Weiter wurde ersichtlich, dass das Schweizer Mediensystem gewisse Besonderheiten
aufweist, welche im Bereich der Werbevermarktung zu speziellen Machtkonstellationen
und Marktsituationen geführt haben. Vergleicht man beispielsweise die prozentualen
Netto-Werbeinvestitionen nach Werberträgern mit Deutschland, so sieht man, dass
obwohl diese im Printbereich dort mit einem 30% Anteil auch sehr hoch sind, hier kein
spezialisierter Printvermarkter wie die Publicitas zu finden ist. Die ausserordentliche
Bedeutung eines Vermarkters und seines Angebots sieht man im Bereich der
Aussenwerbung, denn während diese in Deutschland aufgrund eines fehlenden
nationalen Anbieters und mangelnder Homogenität der Formate nur bei 4% ist, so
entfallen in der Schweiz 12% der Netto-Werbeinvestitionen auf die Out-of-Home-
Medien (vgl. Siegert/Brecheis 2005:35).
Zusätzlich muss konstatiert werden, dass auch direkte politische Eingriffe für die
heutigen und auch zukünftigen Marktsituationen im Schweizer Medien- und
Werbesystem verantwortlich sind. Von der bewussten Förderung des Printmarktes bis
zur gewollten Vormachtstellung des öffentlich-rechtlichen Fernsehanbieters, sind hier
Entscheidungen getroffen worden, welche naturgemäss auch Einfluss auf die beteiligten
Schweizer Vermarkter und ihrem Angebot haben. Auch dieser internationale Vergleich
der Vermarkter und ihrer Bedeutung im Werbesystem wird deshalb in den später
stattfindenden Experteninterviews angesprochen.
33

3. Die Werbevermarkter
In der Einleitung und im Zuge der Aufarbeitung der verschiedenen theoretischen
Erkenntnisse welche als Fundament für diese Lizentiatsarbeit gelten sollen, wurde an
etlichen Stellen kurz auf die Funktionen der Werbevermarkter hingewiesen. In diesem
Kapitel soll nun eine genaue Definition von den Werbvermarktern erfolgen, um
darzulegen mit welchen Aufgaben sie beauftragt sind und welche Leistungen sie im
Werbe- und Mediensystem anbieten. Die gewonnenen Erfahrungen während des
Seminars Werbung im Wintersemester 2003 zeigten, dass in der Literatur, sowie auch
in der Werbebranche oftmals eine ungenügende definitorische Trennschärfe zwischen
Mediaagenturen, Vermittlern und Werbevermarktern bestand, weshalb diese genauer
erläutert und vollständig voneinander abgegrenzt werden müssen. Es soll deshalb hier
für das bessere Verständnis als erstes kurz auf den eigentlichen Aufgabenbereich von
Mediaagenturen eingegangen werden, vor allem auch deshalb, weil sie neben dem
werbetreibenden Kunden zur wichtigsten Anspruchsgruppe der Vermarkter gehören.
3.1. Mediaagenturen
Nach Untersuchungen von Manini (2002:91) gingen ursprünglich viele Mediaagenturen
in der Schweiz aus der Abteilungsausgliederung einer Werbeagentur hervor. Meistens
sind diese aber nicht vollständig abgekoppelt und verselbständigt, weshalb
Verbindungen zum Mutterhaus grösstenteils noch stark ausgeprägt sind. Auch bei
selbständigen, inhabergeführten Mediaagenturen bestehen insofern Verbindungen zu
bestimmten Werbeagenturen, da ihre Geschäftsführer früher oftmals bei diesen als
Leiter der Abteilung Media zuständig waren.
Eine Mediaagentur ist nun „ein spezialisiertes Dienstleistungsunternehmen aus dem
Werbebereich, das von Werbetreibenden für Planung, Einkauf und Durchführung des
Werbeträgereinsatzes beauftragt wird“ (Kloss 2003:217). Zur Mediaplanung können
Schritte gehören wie Marktanalyse, Planungsvorbereitung, Zielgruppendefinition,
Bestimmung des Media-Mix, Formulierung und Umsetzung der Mediastrategie,
Mediaselektion und anschliessend die Erfolgskontrolle (vgl. Manini 2002:43). Der
Mediaeinkauf ist dann für die Buchung der Werbezeit beziehungsweise des
Werberaums zuständig und führt Verhandlungen über Tarifkonditionen und Rabatte.
Mediaagenturen sind also eher Makler als Händler, denn sie kaufen und verkaufen nicht
auf eigene Rechnung, sondern im Kundenauftrag, wobei die Abrechnung beim
34

Mediaeinkauf meistens auf Provisionsbasis erfolgt, das heisst, sie behalten als
Vermittler des Auftrags von den Werbeträgern üblicherweise 15 Prozent vom Kunden-
Netto-Preis (vgl. Heinrich 1999:541). Bei dieser Beschreibung sind die
Werbevermarkter ausgeklammert beziehungsweise nichtexistent, was aber auch mit
dem im Vergleich zur Schweiz in Deutschland anders aufgebauten Werbe- und
Mediensystem zusammenhängt, dass aufgrund der verschiedenen grossen
Verlagshäuser vor allem die Selbstvermarktung durch das Medienunternehmen oder
einen konzerngebundenen Werbevermarkter aufweist. Mediaagenturen in der Schweiz
sind weniger Makler oder Händler mit der eingekauften Werbezeit oder dem
Werberaum, da sie mit den verschiedenen Vermarktern kooperieren müssen und oftmals
nicht mit dem Medienunternehmen direkt zusammenarbeiten können. So beschreibt
Heinrich die konzerngebundenen Vermarkter in Deutschland auch als Mediaagenturen:
„Daneben vermarkten konzerngebundene Media-Agenturen die Werbezeiten ihrer
Mutter- und oder Tochtergesellschaften“ (Heinrich 1999:541). Hier erhalten wir einen
weiteren Hinweis auf den internationalen Vergleich der Vermarktung, welcher später
weiter untersucht wird. Heinrich spricht explizit von Werbezeiten, weshalb verdeutlicht
wird, dass sich die Vermarkter in Deutschland vor allem im elektronischen Bereich der
Medien befinden, während Werbung in den Printmedien, anders als in der Schweiz,
praktisch nur über das jeweilige Verlagshaus gebucht werden kann.
3.2. Werbevermarkter
Nach dieser Ausführung über Mediaagenturen stellt sich nun die Frage, was genau der
Aufgabenbereich der Werbevermarkter ist. Betrachtet man die Dienstleistungen, welche
Werbevermarkter gemäss eigenen Auskünften auf ihren Websites anbieten, so wird
ersichtlich, dass diese auf den ersten Blick oftmals identisch mit denen einer
Mediaagentur sind, kurz gesagt Planung, Abwicklung und Controlling einer
Werbekampagne mit dazugehörigem Mediaeinkauf, weshalb Werbevermarkter in
gewisser Weise auch Funktionen von Mediaagenturen übernehmen, aber nicht mit
diesen gleichzusetzen sind. Der gewichtige Unterschied ist nun, dass das
Hauptaufgabengebiet der Werbevermarkter nicht Mediaplanung und Einkauf ist,
sondern das Vertreten bestimmter Medienkonzerne oder Medien, um für diese
Werbezeit beziehungsweise Werberaum anzubieten, zu verkaufen und im Werbemarkt
Promotionsarbeit zu leisten. Die zwei Begriffe „vertreten“ und „anbieten“ sind äusserst
35

wichtig, um Werbevermarkter von Mediaagenturen abzugrenzen. Sie können für einen
werbetreibenden Kunden also auch Werbezeit oder Werberaum buchen, aber nur in den
Medien, die sie repräsentieren. Ausser der Vermarkter ist gleichzeitig auch ein
Vermittler, was aber später noch zu erläutern ist. So müssen die Mediaagenturen in den
meisten Fällen für den Mediaeinkauf mit den Werbevermarktern zusammenarbeiten, da
vielfach nur über sie Werbung in bestimmten Medien geschaltet werden kann.
Werbevermarkter stellen also vereinfacht dargestellt am Beispiel einer Zeitung eine
ausgelagerte Anzeigenabteilung dar, welche trotz der systemtheoretischen Einordnung
in das Werbesystem, die beschriebene Vermittlerposition inmitten des Werbe- und
Mediensystems einnimmt. Tatsache ist aber, dass im Gegensatz zu einer eigenen
Anzeigenabteilung eines Mediums beispielsweise bei einem Vermarkter wie der
Publicitas auch noch andere Medientitel vertreten sind.
An dieser Stelle lassen sich verschiedenen Vermutungen anstellen, weshalb
Werbevermarkter entstanden sind, welche durch die Experteninterviews geklärt werden
sollen.
Aus der Sicht des Medienunternehmens dürften sich, durch das Outsourcing der eigenen
Verkaufsabteilung zu einem unabhängigen Vermarkter, Unternehmsintern
Kosteneinspaarungen realisieren lassen. So ist anzunehmen, dass es sich beispielsweise
eine kleinere Zeitung auf Dauer nicht leisten könnte, eine eigene Anzeigenabteilung zu
unterhalten, mitsamt Verkäufern in den verschiedensten Regionen. So profitiert das
Medium bei der Auslagerung weiter auch vom aufgebauten Verkaufsnetzwerk und den
Kontakten eines Vermarkters, der Werbekunden ansprechen kann, welche sonst nicht
erreicht werden könnten. So verfügt das vermarktete Medium über einen Partner,
welcher für ihn aktiv bei den Kunden und in den verschiedensten Regionen
Promotionsarbeit übernimmt. Dies ist aber davon abhängig, ob das Medium einen
Exklusivvertrag mit einem Vermarkter hat, denn bei nicht-exklusiven Verhältnissen
wird der Werbevermarkter weniger aktiv sein in seinen Tätigkeiten. Dies soll an anderer
Stelle bei den Vermittlern verdeutlicht werden.
Etwas anders sieht die Situation bei den konzerngebundenen Werbevermarktern aus.
Hier stellt sich natürlich als erstes die Frage, weshalb es diese braucht, denn sie
vermarkten ja nur die Medien des Mutterunternehmens und müssten theoretisch nicht zu
36

einer eigenen Firma ausgelagert werden. Dies könnte einerseits Vorteile im Bezug auf
zu bezahlende Steuern beziehungsweise rechtlichen Rahmenbedingungen bieten, des
Weiteren kann man nun als „eigenständiger“ Player im Werbemarkt auftreten, und
diesen möglicherweise effizienter bewirtschaften. Ausserdem sorgt das
Medienunternehmen durch die Ausgliederung der Anzeigenabteilung für eine klare
Trennung von der Produktion der redaktionellen Inhalte und deren Finanzierung. So
könnte beispielsweise eine Redaktion hierdurch nicht nur räumlich, personell, sondern
auch als Unternehmen getrennt vom Werbeverkauf sein.
Andererseits kann der Besitz eines konzerngebundenen Vermarkters oder ein Aufkauf
durch das Medienunternehmen mit einer potentiellen Steigerung der ökonomischen
Effizienz begründet werden, denn durch eine solche vertikale Integration sollen
Transaktionskosten minimiert werden. Hierzu gehören verschiedene Ausgaben wie etwa
Suchkosten, die entstehen bei der Ermittlung des richtigen Marktpartners,
Informationskosten, hervorgerufen durch die Notwendigkeit sich Wissen über
Leistungen und Güter anzueignen oder Kontraktkosten, die durch das aushandeln von
Verträgen entstehen (vgl. Heinrich 1999:244). Sind beide Unternehmen zusammen
integriert, mitsamt einem gut funktionierenden Informationsfluss zwischen der
Redaktion und dem Werbevermarkter, so wird die Vermarktung erleichtert, in dem das
Werbeumfeld und seine Werbewirksamkeit im Voraus zusammen abgesprochen und
damit besser verkauft werden könnte. Durch diese Vorwärtsintegration der
Distributionsstufe versucht das Medienunternehmen seine Fähigkeit den Absatz zu
kontrollieren oder zu beeinflussen zu erhöhen (vgl. Heinrich 1999:247).
Die Existenz der Werbevermarkter dürfte aber auch durch die fortschreitende
Ausdifferenzierung des Werbesystems gefördert worden sein und somit den
Bedürfnissen der Werbebranche entsprechen.
Aus der Sicht der werbetreibenden Wirtschaft dürfte nämlich der grösste Vorteil eines
Werbevermarkters darin liegen, dass man bei grossen Etats überregional, Titel und zum
Teil auch formatübergreifend seine Werbung platzieren kann. So muss, um das Beispiel
aus dem Printbereich zu nennen, eine Werbeagentur beziehungsweise Mediaagentur bei
der Realisation einer Kampagne, nicht mit jeder nationalen Zeitung Kontakt aufnehmen
um ihre Anzeige zu schalten, sondern kann alles über einen einzigen Vermarkter
erledigen, wie dies durch die Publicitas möglich ist. Hierdurch wird der Werbeprozess
37

in grossem Masse erleichtert, da über einen Ansprechpartner, eine Offerte, eine
Anzeigenkontrolle und eine abschliessende Rechnung die Kampagne durchgeführt
werden kann. Weiter ist anzunehmen, dass aufgrund des grossen Inseratevolumens und
der Möglichkeit verschiedene Medien anzubieten, Werbevermarkter in der Preispolitik
Vorteile bringen können.
Diese Überlegungen führen nun zu einer möglichen Zusammenfassung der
verschiedenen Werbevermarkter zu drei Kategorien, welche verschiedentlich schon
erwähnt wurden. Hierbei gilt es anzumerken, dass etliche Werbevermarkter zum Teil
auch mehreren Kategorien zugeordnet werden können, aber es so immerhin möglich ist,
eine gewisse Differenzierung zu erreichen.
3.2.1 Konzerngebundene Werbevermarkter
Konzerngebundene Werbevermarkter vermarkten exklusiv die Werbezeit
beziehungsweise den Werbraum ihrer Mutter und/oder Tochtergesellschaften. Nur über
sie kann in den betreffenden Medien Werbung geschaltet werden. Beauftragt man hier
zum Beispiel eine unabhängige Medienagentur für den Mediaeinkauf, so muss auch sie
über diese Vermarkter gehen. So vermarktet SevenOne Media etwa alle Medien die zur
Pro7 Gruppe gehören. Dies mag für den werbetreibenden Kunden praktisch sein, denn
so können aus einer Hand alle Medien dieser Gruppe abgedeckt werden, aber gerade in
„einer solchen Integration von Programmveranstaltern und Media-Agenturen liegen
Gefahren für die Programmgestaltungsfreiheiten und die Meinungsvielfalt, wenn und
inwieweit die Werbezeitenvermarkter Einfluss auf das Werbeumfeld nehmen“ (Heinrich
1999:541). Hier offenbart sich nun also ein, sowohl für die Publizistikwissenschaft als
auch für die werbetreibende Wirtschaft, äusserst brisanter Bereich.
3.2.2 Mediengattung-Werbevermarkter
Mediengattung-Werbevermarkter vermarkten eine bestimmte Mediengattung, also
beispielsweise Privatradios oder -Fernsehen, Print, Online und so weiter. Dies kann,
muss aber nicht unbedingt exklusiv sein und es wird oftmals auch nicht das komplette
Feld abgedeckt. So wäre hier etwa Cinecom zu nennen, welche die Werbezeit für
praktisch alle Schweizer Kinos vermarktet (exklusiv) oder Publicitas, die den gesamten
38

Printmarkt abdeckt (teilweise exklusiv). In diesem Bereich versuchen Werbevermarkter
in letzter Zeit durch gezielte Aufkäufe ihre Position zu verändern um nicht mehr von der
Marktentwicklung einer Mediengattung abhängig zu sein und um dem wachsenden
Bedürfnis nach Cross-Media-Werbung zu entsprechen.
3.2.3 Medientitel-Werbevermarkter
Hat beispielsweise eine Zeitung keine eigene Anzeigenabteilung oder möchte diese
aufgrund ökonomischer Überlegungen auslagern, so kann sie diese Aufgabe an einen
Werbevermarkter delegieren, der dann sozusagen als eine Art Pächter auftritt. Jede
Werbeagentur beziehungsweise Mediaagentur, die nun eine Anzeige plazieren möchte,
muss den Raum über diesen bestimmten Werbevermarkter buchen. Dies gilt natürlich
entsprechend auch für andere Mediengattungen wie Radio, TV, Online etc. Hierbei ist
wichtig anzumerken, dass der Werbevermarkter nicht zu diesem bestimmten
Medienkonzern gehört und deshalb auch die Titel konkurrierender Unternehmen
vermarktet. Es gibt aber auch die andere Variante, dass eine Zeitung sowohl eine eigene
Anzeigenabteilung hat, aber auch mit einem bestimmten Werbevermarkter
zusammenarbeitet. Als Beispiele hierfür können die Basler Zeitung und der
Tagesanzeiger aufgeführt werden. Beide Zeitungen können über die Publicitas gebucht
werden, bei der Baz ist dies die einzige Möglichkeit und somit exklusiv, beim
Tagesanzeiger ist aber auch der direkte Weg über den Verlag möglich.
3.3 Vermittler
Um die auf den ersten Blick verwirrende Situation im Handlungsbereich Distribution
des Werbesystems noch weiter zu erhöhen, existieren neben den Medien,
Mediaagenturen und Werbervermarktern auch die Vermittler. Wie der Name schon sagt,
vermitteln sie Werbezeit oder Werberaum zwischen der werbetreibenden Wirtschaft
und den Medien. Der Unterschied zu einem Werbevermarkter manifestiert sich nun in
der Tatsache, dass ein Vermittler bezüglich seinen vermarkteten Medien keine
Exklusivität besitzt. Eine Mediaagentur kann also beispielsweise einen bestimmten
Werbeblock in einem Privatradio über den Vermittler, den Radiosender selber oder
sogar über einen weiteren Vermittler buchen, der denselben Sender im Portfolio hat. So
kann ein Medium mit mehren Vermittlern Verträge zum Verkauf ihrer Werbezeit
39

eziehungsweise ihres Werberaumes abschliessen. Betrachtet man das Angebot der
Vermittler, so sind sie meistens in einer bestimmten Mediengattung tätig, wobei
versucht wird diese möglichst vollständig abzudecken. Vermittler sind deshalb oftmals
auch für die Promotion einer bestimmten Mediengattung im Werbesystem zuständig.
Auch hier ergeben sich die gleichen Vorteile für die werbetreibende Wirtschaft wie bei
den Werbevermarktern. Über einen Anbieter können so beispielsweise in allen
gewünschten Privatradios Spots platziert werden. Um die Komplexität zu steigern, sind
viele Werbevermarkter auch Vermittler, wobei der Vermittlungsbereich zum Teil sogar
einen wichtigen Teil ihrer Unternehmensfinanzierung sein kann. So ist etwa die
Publicitas ein Werbevermarkter für ihre Pachtblätter, also ihre exklusiven Titel, aber
auch ein Vermittler für den gesamten Printmarkt.
Das Dilemma der Differenzierung zwischen Vermarkter und Vermittlern soll am
Beispiel der Firma THE COVER MEDIA abschliessend dargestellt werden. Nebst der
Produktion und Planung von Kampagnen, kann über sie in allen Schweizer Privatradios
und Privatfernsehsender Werbung gebucht werden. Auf ihrer Homepage wird gross die
Neutralität und Unabhängigkeit betont, und dass sie keinem Sender gegenüber
verpflichtet sind (vgl. covermedia.ch). Ist diese Firma nun ein Werbevermarkter? Im
Sinne der Definition welche in dieser Lizentiatsarbeit verwendet werden soll, muss
diese Frage mit einem klaren Nein beantwortet werden, denn es handelt sich hier um
einen reinen Vermittler. Begründet werden kann dies damit, dass THE COVER MEDIA
zwar mit allen Radio- und TV-Stationen beziehungsweise den dahinter stehenden
Medienunternehmen Vermittlungsverträge für die Werbezeit abgeschlossen hat, aber
keine Exklusivität besitzt. Nehmen wir an, ein Kunde möchte auf TeleZüri TV- und auf
Radio Energy Zürich Radiospots ausstrahlen lassen, so kann er zwar den Auftrag hierfür
an THE COVER MEDIA geben, diese muss sich aber im ersten an Belcom und im
zweiten Fall an IP Multimedia Schweiz wenden, um über diese zwei Vermarkter die
Buchung zu veranlassen, wofür er dann eine gewisse Provision von diesen erhält.
Vermittler nähern sich je nach Beschreibung ihres Tätigkeitsfeldes oftmals an
Mediaagenturen an, wodurch sich noch mehr als bei den Vermarktern ein
Abgrenzungsproblem einstellen kann. Einfach gesagt, kann auch hier der Unterschied in
der Tatsache begründet werden, dass Mediaagenturen als Leistung für den
werbetreibenden Kunden die Mediaplanung und anschliessende Buchung der Werbezeit
40

oder des Werberaums durchführen, was jedoch zur Komplexitätssteigerung oftmals
auch Vermittler anbieten, aber sie repräsentieren keine Medien im Werbesystem
beziehungsweise haben keine Vemittlungsverträge mit Medien abgeschlossen.
Zumindest sollten sie es nicht, denn dies würde die vermeintlich unabhängige
Mediaplanung in Frage stellen.
Es verdeutlicht sich nach diesen Ausführungen hiermit ein weiteres Mal, wie einfach es
sein kann, Vermarkter, Vermittler und Mediaagenturen mangelhaft voneinander
abzugrenzen und weshalb dies im Werbesystem und seinen beteiligten Akteuren
oftmals auch nicht trennscharf gehandhabt wird
Durch die Experteninterviews gilt es später aber grundsätzlich zu klären, weshalb ein
Medium nun einen Vermittlungs- oder Vermarktungsvertrag eingehen sollte. Aufgrund
der bisherigen theoretischen Erkenntnisse kann angenommen werden, dass die
Promotion eines Mediums im Werbemarkt durch einen Vermarkter aktiver sein dürfte
als durch einen Vermittler, da dieser nicht grössere Ressourcen in ein Medium
investieren möchte, über das er keine Exklusivität besitzt und später trotz seinen
Anstrengungen das Medium dann direkt oder über einen anderen Vermittler gebucht
wird. Auch dürfte der Wissenstand über zukünftige redaktionelle Formate und mediale
Produkte eines Medienunternehmens bei einem Werbevermarkter höher sein, da dieser
viel intensiver und exklusiver mit dem Medium verknüpft ist. Ausserdem müsste es
aufgrund der abgeschlossenen Verträge oder Erfolgsbeteiligungen lukrativer sein, ein
Medium als Einziger im Angebot zu haben. Demzufolge ist anzunehmen, dass ein
erfolgreicher Vermittler Werbezeit beziehungsweise Werberaum für möglichst viele
Medien einer oder mehren Mediengattungen vermitteln muss, damit die Finanzierung
allein durch die Provisionen abgedeckt werden kann.
3.4 Medienunternehmen
Das Medienunternehmen als letzter Akteur im Handlungsbereich Distribution des
Werbesystems, welcher schlussendlich für die Übermittlung der Werbebotschaft
kombiniert mit den redaktionellen Inhalten an den Rezipienten zuständig ist, soll hier
nur kurz im Bezug auf einen relevanten Aspekt dieser Lizentiatsarbeit angeschnitten
werden. Wichtig für die weitere Forschung und das Erkenntnissinteresse ist vor allem
die Unterscheidung zwischen den Medien oder Medienunternehmen, welche ihre
41

Werbezeit oder ihren Werberaum selber vermarkten, zu solchen die ihre
Verkaufsabteilung an einen Werbevermarkter ausgelagert haben. Hier gibt es
verschiedene Formen, Möglichkeiten und Strategien der jeweiligen Unternehmen. So
besitzen gewisse Medien nur eine eigene Verkaufsabteilung für Werbung, andere sind
gleichzeitig auch buchbar über einen Vermittler, weitere haben wiederum einen
exklusiven Werbevermarkter. Medien welche ihre Werbezeit beziehungsweise ihren
Werberaum selber vermarkten und verkaufen, sind nur begrenzt von Interesse für diese
Lizentiatsarbeit, da hier eindeutig der Fokus auf den Werbevermarktern liegt. Deshalb
werden Medienunternehmen, welche nur Direktbuchungen bieten oder
Vermittlungsverträge abgeschlossen haben, weitgehend ausgeschlossen.
Anders sieht die Situation aus, wenn die Eigenvermarktung an eine Tochtergesellschaft
in Form eines konzerngebundenen Werbvermarkters ausgelagert wurde, denn hier fällt
es eindeutig wieder in das Erkenntnissinteresse der Lizentiatsarbeit. Obwohl von der
Tätigkeit her gesehen, eine unternehmensinterne Verkaufsabteilung die gleichen
Tätigkeiten übernehmen dürfte wie ein externer, exklusiver Vermarkter, interessieren in
diesem Zusammenhang vor allem die Gründe, weshalb gewisse Medienunternehmen für
ihre Medien einen Vermarkter besitzen und andere nicht, was durch die
Experteninterviews zu klären sein wird. Dies dürfte vermutlich stark von den Medien
und Mediengattungen, sowie von der Grösse des jeweiligen Medienunternehmens
abhängig sein und ist letztlich wahrscheinlich eine rein ökonomische Berechnung.
Sobald die Kosten der Eigenvermarktung für das Medium diejenigen der
Fremdvermarktung übersteigen beziehungsweise die Eigenvermarktung weniger
gewinnträchtig ist, dürfte ein Medium die Vermarktung an einen Werbevermarkter
auslagern, es sei denn persönliche Motive und Interessen der Besitzer überlagern den
reinen Drang zur ökonomischen Effizienz.
3.5 Endgültige Definition der Werbevermarkter
Nach diesen verschiedenen Ausführungen und Abgrenzungen zwischen den
Werbevermarktern und den weiteren Akteuren des Handlungsbereiches Distribution soll
nun die endgültige Definition eines Werbevermarkters hergeleitet und aufgestellt
werden, welche Gültigkeit für die gesamte weitere Forschung besitzt und aufgrund
deren, die Unternehmen für die spätere Expertenbefragung ausgewählt werden.
42

Folgende Eigenschaften müssen also zwingend vorhanden sein, damit in dieser
Lizentiatsarbeit sich ein Unternehmen als Werbevermarkter qualifiziert.
1. Ein Werbevermarkter ist ein unabhängiges Unternehmen oder eine
eigenständige Tochtergesellschaft eines Medienunternehmens.
Diese Abgrenzung ist nötig, damit nicht nur durch die reine Existenz einer eigenen
Verkaufsabteilung ein Unternehmen automatisch als ein Werbevermarkter
klassifiziert werden könnte. So hat Ringier verschiedene Anzeigenabteilungen für
ihre Titel und Medien, diese sind aber nicht ausgegliedert. Im Gegensatz dazu, hat
Tamedia die Anzeigenabteilungen für Radio24 und TeleZüri zur Belcom
ausgelagert. Unter unabhängig wird weiter ein Unternehmen verstanden, dass nicht
direkt einem Medienunternehmen gehört, wie etwa die Publicitas. Unbestritten ist
natürlich, dass wirkliche unabhängige Firmen im Mediensystem selten anzutreffen
sind, weshalb Beteiligungen erlaubt wären.
2. Ein Werbevermarkter bietet die Möglichkeit Werberaum beziehungsweise
Werbezeit in mindestens einem Titel, Sender oder Standort eines Mediums
zu buchen.
Dies ist die Kernaufgabe eines Werbevermarkters und muss angeboten werden. Andere
Funktion wie Mediaplanung, Controlling oder sonstige Leistungen sind sekundär, da
diese oftmals in den Aufgabenbereich der Mediaagenturen fallen. Der Einbezug des
Faktors Standort scheint auf den ersten Blick verwirrend, ist aber nötig, damit in dieser
Zwischendefinition auch das Medium Plakat berücksichtigt wird.
3. Ein Werbevermarkter hat mindestens einen Titel, Sender oder Standort
eines Mediums exklusiv im Angebot, welcher nur über ihn gebucht werden
kann.
Diese Abgrenzung ist nötig, weil ansonsten alle Vermittler auch Werbevermarkter
wären. Die blosse Möglichkeit Werbezeit oder Werberaum anzubieten beziehungsweise
einzukaufen ist nicht ausreichend, es muss deshalb zwingend mindestens ein exklusiver
Vermarktungsvertrag bestehen.
43

Treffen alle diese drei Bedingungen zu, so gilt ein entsprechendes Unternehmen als
Werbevermarkter und ist somit relevant für diese Lizentiatarbeit. Die abschliessende
und endgültige Definition lässt sich also folgendermassen formulieren:
Werbevermarkter sind unabhängige Unternehmen oder eigenständige
Tochtergesellschaften eines Medienunternehmens, welche Werbezeit
beziehungsweise Werberaum in mindestens einem Titel, Sender oder Standort
eines Mediums exklusiv anbieten.
Hiermit können die unterschiedlichen Werbevermarkter aller verschiedenen
Mediengattungen eindeutig und differenziert von den anderen Unternehmen im Werbe-
und Mediensystem, speziell aber zu den anderen Akteuren des Handlungsbereiches
Distribution abgegrenzt werden. Ausserdem wird hierdurch konkret das Aufgabengebiet
und die Funktion spezifiziert.
44

4. Die wichtigsten Werbevermarkter der Schweiz
In diesem Kapitel werden die verschiedenen und wichtigsten Werbevermarkter im
Werbesystem der Schweiz kurz dargestellt, um erste theoretische Einblicke zu liefern.
Hierbei soll zuerst aufgezeigt werden, welche Medien sie vermarkten und welche
Dienste sie nach eigener Auskunft zusätzlich anbieten. Hierbei ist es hilfreich die
Werbevermarkter nach den vermarkteten Medien aufzuteilen, wobei sie zum Teil in
verschiedenen Bereichen tätig sind. Naturgemäss gibt es eine Vielzahl kleinerer Firmen,
welche auch im erweiterten Sinne als Vermarkter tätig sind, wie diverse Anbieter von
Below-the-Line Werbung, Ambient-Media oder Sonderwerbeformen (Pizzadeckeln,
Werbung in Pissoirs, Flyerboxen, Wildplakate usw.) oder etwa in „unklassischen“
Medien wie Telefonbüchern, elektronischen Verzeichnissen etc., welche aber aufgrund
ihrem geringen Anteil am Werbemarkt oder der zu fragmentierten Anzahl von
Anbietern hier nicht aufgeführt werden. Dies würde der Vergleichbarkeit und Übersicht
der Lizentiatsarbeit schaden, weshalb überwiegend die grösseren oder bedeutenderen
Firmen verglichen werden, die auch den Experten im Werbe- und Mediensystem
geläufig sind und deshalb eher im Bereich der klassischen Medien anzusiedeln sind. In
einem weiteren Schritt wird dann, ausgehend von Daten zum Bruttowerbeaufwand in
den Schweizer Medien versucht, auf die Wichtigkeit der verschiedenen
Werbevermarkter zu schliessen. Schlussendlich wird im letzten Abschnitt dieses
Kapitels noch auf den mächtigsten und wichtigsten Vermarkter und Vermittler der
Schweiz detaillierter eingegangen.
4.1 Print
Obwohl der Printbereich im Schweizer Werbemarkt den grössten Anteil besitzt, gibt es
hier eigentlich nur einen, äusserst dominanten Werbevermarkter, die zur Publigroupe
gehörende Publicitas. Über sie kann als Vermittler Werberaum in praktisch allen
Schweizer Tageszeitungen, Zeitschriften (über Publimag) und auf diversen
dazugehörigen Internetsites gebucht werden. Sie bietet äusserst nützliche und
umfangreiche Online-Tools an, die über ihre Homepage benützt werden können. Von
selbständigen Recherchen in Schweizer Mediadaten bis hin zu professionellen
Inseratemanagement und Mediaplanung wird alles angeboten. Exklusiv als
Werbevermarkter im Portfolio hat die Publicitas unter anderem die NZZ, die Baz, die
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Neue Luzerner Zeitung, das St. Galler Tagblatt, Solothurner Zeitung, alle Edipresse-
Titel und viele weitere (vgl. publicitas.ch).
Daneben kann, wie schon erwähnt, bei gewissen Medienunternehmen wie etwa der
Tamedia oder beim Ringier Verlag auch direkt über ihre Anzeigenabteilungen inseriert
werden.
4.2. Radio und Fernsehen
Beim Radio und Fernsehen in der Schweiz gibt es bezüglich der Werbevermarktung
eine klare Trennung zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern.
Die Publisuisse ist die alleinige Vermarkterin für die sechs Programme der SRG SSR
Idée Suisse und gehört ihr auch zu praktisch 100%. Im Portfolio sind deshalb die TV-
Sender SF DRS (Schweizer Fernsehen DRS), TSR (Télévision Suisse Romand), TSI
(Televisione Svizzera Italiana) und die Radiosender Schweizer Radio DRS, Radio
Suisse Romand, Radio Svizzera Italiana. Offenbar für die Werbewirtschaft nicht gross
erwähnenswert ist ihr siebtes Programm, Radio Rumantsch. Deshalb bietet die
Publisuisse naturgemäss Cross-Media Werbung mit Radio, TV, Teletext und Internet
(beides über Swisstxt) an. Ausserdem sind sie die Urheber des Mediaoptimizer-Tools,
bei dem eine Fernsehwerbekampagne direkt geplant werden kann, wobei die Daten
dann über das Buchungsystem Publiplan direkt Online übermittelt werden können.
Weitere gibt es auf ihrer Website eine Onlinerecherchemöglichkeit über alle
Werbespots von 1992 bis heute (gratis) oder auch mit erweiterten Profifunktionen
(kostenpflichtig) (vgl. publisuisse.ch). Interessanterweise werden aber bei den
Fernsehsendern Sonderwerbeformen wie Product Placement oder Programmsponsoring
nicht durch die Publisuisse vermarktet, sondern von den betreffenden Sendern direkt
(vgl. Jost 2005b:26ff), zudem ist auch die Teletextwerbung an SWISS TXT delegiert,
welche aber zu 97% direkt der SRG gehört (vgl. swisstxt.ch).
Bei den privaten Radio- und Fernsehstationen ist die Situation komplexer, da
verschiedene Werbevermarkter ähnliches oder gleiches anbieten und es in den meisten
Fällen keinen exklusiven Anbieter gibt. Alle Vermarkter im Radiobereich sind
gleichzeitig auch Vermittler und bieten Buchungsmöglichkeiten der verschiedenen
Radiopools an.
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Radiotele bietet als grosser Vermittler im elektronischen Bereich Werbezeit in rund 50
Schweizer und in die Schweiz einstrahlende Privatradios an, hat zudem 17
Regionalfernsehsender im Portfolio wie TeleZüri, TeleBärn, Teleostschweiz etc., bietet
Werbung auf den Teletextseiten der SRG Sender an und im Internet zudem Seiten wie
planetholiday.ch oder teletext.ch. Exklusiv im Angebot ist beispielsweise der
Fernsehsender Viva Schweiz und die dazugehörige Internet- und Teletextseiten, sowie
TeleTicino. Radiotele beschreibt sich als einziges, unabhängiges Media-Sales-House
der Schweiz, welches sich dafür einsetzt, die Marktkompetenz des Privatradios,
Regional-TV und Jugend-Sparten-TV, Internet und der Teletextangebote zu stärken,
sowie die Wettbewerbsfähigkeit der fünf Bereiche zu sichern (vgl. radiotele.ch).
Belcom vermarktet exklusiv die Werbezeit für Radio24 und TeleZüri. Sie bietet aber
ausserdem in Vermittlungsfunktionen diverse TV- und Radio-Pools an, durch den man
bei verschiedenen privaten Stationen Werbezeit kaufen kann. Im TV-Pool befinden sich
verschiedene Regionalfernsehsender wie TeleBasel, TeleBärn, TeleTell und so weiter.
Es besteht aber auch die Möglichkeit in Verbindung mit dem TV-Pool zu gewissen
Zeiten auf SF DRS TV-Spots zu platzieren (18:15, 19:25). Belcom bietet weiter auch
als Vermittler drei Radio-Pools an: den Zürich Pool mit Radio24 und Radio Zürisee,
den City Pool (Abdeckung Deutschschweiz) mit Radio24, Zürisee, Basilisk etc. und den
Swiss Radio Pool mit Radio24, Radio Aktuell, Radio toxic.fm,, Radio Lausanne Fm etc.
Als zusätzliche Dienstleistungen bietet Belcom Zielgruppenanalysen, Rangierungen,
Planberechnungen und Mediaworkshops an (vgl. belcom.ch). An dieser Stelle zu
erwähnen ist noch Medag, die früher vor allem Radio Basilisk und Telebasel
vermarktete, aber auch alle anderen privaten Radio- und Fernsehsender betreute, die
kürzlich von Tamedia aufgekauft wurde, zu der auch Belcom gehört. Beide bieten nun
die gleichen Radio Pools an, während Medag sich aber besonders um Radio Basilisk
kümmert (vgl. medag.ch).
Wie schon angesprochen, ist die Situation bei den Schweizer Werbefenstern auf den
deutschen Privatsendern speziell. In Deutschland ist SevenOne Media für die
ProSiebenSat.1 Media AG und IP Multimedia für die RTL-Gruppe zuständig. In der
Schweiz übernimmt aber IP Multimedia zusammen mit Cinecom die Vermarktung für
beide Sendergruppen. Schaltet man aber Werbung ausserhalb der Schweizerfenster, sind
wieder die jeweiligen Hauptgesellschaften zuständig.
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IP Mutimedia Schweiz vermarktet also exklusiv die Schweizer Werbefenster der
Fernsehsender Kabel 1, M6, MTV, Pro7, RTL, RTL II, Super RTL, VOX und den
Welschschweizer Sender TVM3. Im Gegensatz zur Publisuisse und den SRG-
Programmen gehört hierzu auch ein breites Angebot von Sonderwerbeformen,
angefangen beim Sponsoring bis zu solchen die auf Schweizer Sendern verboten sind,
wie eta Logomorphing, Newssplitscreen etc. Im Radiobereich bietet sie die exklusive
Vermarktung für Energy Zürich 100,9 MHZ, an und ist ansonsten als Vermittler für alle
anderen Privatradios der Schweiz zuständig. Ausserdem gibt es den Bereich AdScreen
für Point of Sale (POS), Point of Interest (POI) und Point of Traffic (POT), wo mit
Plasmascreens exklusiv in nationalen und lokalen Kiosken, avec.-Filialen, Tankstellen
im Wankdorfstadion etc. geworben werden kann. Weiter bieten sie mit Planung,
Abwicklung und Controlling die komplette Palette der Mediaplanung an und stellen
verschiedene Planungs-Tools zu Verfügung, wobei das Programm Mediashuttle
besonders erwähnenswert ist, denn hier können einerseits die Produzenten ihre
Radiospots ablegen, andererseits auch gleich von den Radiostationen Online abgerufen
werden. IP Multimedia Schweiz gehört rund zur Hälfte der Goldbach Media und je ein
Viertel ist im Besitz von IP Deutschland und SevenOne Media Deutschland (vgl.
ipm.ch).
SevenOne Media Schweiz bietet Werbezeit auf Pro7, SAT.1, Kabel1, N24 und
Bloomberg-TV, sowie den dazugehörigen Internet- und Teletextseiten für Schweizer
und Österreichische Kunden an. Als Zusatzdienste führen sie User-Marketing ihrer
Sender inklusive deren Websites und Teletext durch (vgl. sevenonemedia.ch).
4.3. Kino
Im Bereich Kinowerbung gibt es in der Schweiz eigentlich nur einen nennenswerten
Werbevermarkter, der nun auch durch die Publigroupe aufgekauft wurde. Die Cinecom
besitzt einen Marktanteil von über 90% im Kinobereich und vermarktet neben Werbung
in den üblichen Kinos auch Spots für das IMAX. Im TV vermarktet sie die Werbezeit
für das Schweizer Sat.1 Werbefenster und die Sendungen von Sat1 Schweiz. Wie bei IP
Multimedia Schweiz, können über die Cinecom bei ihrem Fernsehsender auch
Sonderwerbeformen wie Programmsponsoring direkt gebucht werden. Im Printbereich
vermarktet sie Anzeigen für das Close-Up Kinomagazin. Unter der Rubrik
48

Sonderwerbeformen bietet sie zudem im Bereich Plasmedia schweizweit in CoopPronto
Shops, Kitag Kinos und in verschiedenen Stadien Werbeflächen an. Ausserdem kann
unter Promotion und Events alles was vor, während oder nach dem Kino werbegeeignet
wäre, gebucht werden (vgl. cinecom.ch).
4.4. Internet
Im Bereich Internet, ist es vor allem wichtig zu unterscheiden, ob die vermarktete
Website ein Ableger eines anderen Mediums ist. So ist bei gewissen Zeitungen die
Publicitas mit Web2com auch für die Werbevermarktung der dazugehörigen Websites
zuständig, andere wiederum haben separate Vermarkter. Bei eigenständigen Online-
Produkten ist im Gegensatz vielfach ein spezialisierter Online-Vermarkter beauftragt. In
der Schweiz gab es bisweilen zwei grössere, eigenständige Onlinewerbevermarkter
AdLink und Activeagent, welche nun seit Januar 2004 fusioniert haben und unter der
Marke AdLink weitergeführt werden. Als weiterer, wichtiger Akteur im Onlinebereich
ist noch Bluewin zu erwähnen, der zwar kein Vermarkter oder Vermittler ist, aber durch
die Eigenvermarktung der Werbung auf dem gleichnamigen Internetportal und durch
die Breitstellung des Internetzugangs, eine enorm wichtige Stellung hat. Die beiden
erwähnten Vermarkter sind aufgrund der Grösse des Onlinewerbemarktes in der
Schweiz, auch im Vermittlungsbereich tätig.
Adlink hat ein Netzwerk von über 100 Websites und exklusive
Vermarktungsvereinbarungen mit Redaktionsplattformen wie Tages-Anzeiger,
SonntagsZeitung, Weltwoche, Berner Zeitung, Solothurner Tagblatt, Facts und Bilanz,
des weiteren Unterhaltungsportalen wie MTV, Serviceportalen wie MSN, Sunrise und
SBB oder spezialisierten Angeboten wie Computerworld, Netzwoche, Infoweek,
PCTipp und IT Reseller, Homegate oder Immoscout. Zusätzlich bieten sie, das nach
eigener Auskunft, erste Online-Planungs-Tool Planad und das AdManagement Dart von
Double Click an. Adlink gehört jeweils zu rund 50% der Goldbach Media und Adlink
Deutschland und ist mit der Mutterfirma mittlerweile der führende Anbieter von
Onlinewerbung in Europa (vgl. adlink.ch).
Web2com (entstanden aus der Fusion von Publicitas Webservcies und Publimedia
Webadvertising am 1. Juli 2005) gehört zur Publigroupe und bietet demgemäss
49

Werbemöglichkeiten auf einigen Seiten die durch die Publicitas vertreten werden.
Zudem haben sie aber auch viele vom Printbereich unabhängige Websites im Portfolio
wie Consors.ch, Directmedia.ch, Gmx.ch, Home24.ch, Ricardo.ch, usgang.ch oder
Pro7.ch und Kabel1.ch. Web2com hat aber nur wenige, wirklich exklusive Websites
und ist somit auch schwergewichtig in der Vermittlung tätig. Sie bieten zudem die
komplette Abwicklung von Online, sowie Mobile- und Crossmedia-Werbekampagnen,
inklusive Beratung und Planung an (vgl. web2com.ch).
4.5. Plakat (Aussenwerbung)
In der Schweiz werden die meisten Plakatwände von der allgemeinen Plakat
Gesellschaft, kurz APG vermarktet. Seit Ende Mai 2005 wurde durch das Mutterhaus,
die Affichage Holding, eine neue Dachmarkenstrategie eingeführt und die
verschiedenen Unternehmungen umbenannt und neu gegliedert (vgl. Affichage 2005a).
So können nun über APG Affichage alle nur erdenklichen Plakatstandorte vom
Bahnhof, Flughafen, Innerstadt bis zur Bergbahn gebucht werden. So vermarkten die
Firmen der Affichage Werbung in fast allen bedeutenden Betrieben des öffentlichen
Verkehrs (Affichage Traffic), bei Sportanlässen und in Stadien (Affichage Sportart),
Neonreklamen auf Häusern (Affichage Ecofer), die eBoards in den Schweizer
Bahnhöfen (Affichage eAd), Flughafenwerbung in Genf, Basel, Lugano (Affichage
Bercher) und weiteres. Weiter ist die Affichage Gruppe mit der Firma Europlakat in
verschiedenen zentral- und osteuropäischen Markten tätig. Auf ihrer Homepage befindet
sich zudem noch ein Informationstool, bei dem alle Standorte nach gewünschtem Inhalt
oder Zielgebiet strukturiert und weitere Informationen Online abgerufen werden können
(vgl. apg.ch).
Weiter gibt es Plakanda, mittlerweile ein Schweizer Ableger des weltweit operierenden
Clear Channel Unternehmens, welche die Nummer zwei für Plakatwerbung darstellt.
Clear Channel Plakanda ist der exklusive Vermarkter für Plakatwerbung am Flughafen
Zürich, zudem bieten sie abgesehen von traditioneller Aussenwerbung auch die
Bereiche POS in diversen Einkaufszentren an, zudem gibt es
Plakatierungsmöglichkeiten bei Tankstellen und Kiosken. Auf ihrer Website bieten sie
mit ClearView auch ein Zielgruppen-Tool für die strategische Plakatplanung an (vgl.
plakanda.ch).
50

4.6 Macht und Wichtigkeit der Schweizer Werbevermarkter
Um vorläufig abzuschätzen wie mächtig, beziehungsweise wichtig nun die aufgeführten
Werbevermarkter sind, erfolgt an dieser Stelle eine Darstellung des Schweizer
Werbemarktes, wobei die verschiedenen Medien nach Marktanteil und
Bruttowerbeaufwand geordnet wurde. Anschliessend werden diese Ergebnisse im
Bezug auf verschiedene Werbevermarkter noch erläutert.
Abbildung 4: Bruttowerbeeinnahmen in Schweizer Medien 2004 im Vergleich zum
Vorjahr
Medium
Bruttowerbeaufwand in 1000
CHF
Veränderung zum
Vorjahr Marktanteil
Tageszeitungen 1'438’538 -1.9% 38.5%
Fernsehen 752’979 9% 20.2
Publikumszeitschriften 686’509 1.5% 18.4%
Plakat 402'395 -4.9% 10.8%
Fachzeitschriften 201'171 -0.9% 5.4%
Radio 155’535 7.1% 4.2%
Kino 50’667 21.4% 1.4%
Internet 29’686 51.3 0.8%
Teletext 18’204 -0.7% 0.5%
Quelle: Mediafocus 2005
Betrachtet man diese Tabelle, so sieht man, dass die Tageszeitungen trotz eines
Rückgangs von 1.9 % immer noch über einen sehr hohen Marktanteil von 38.5%
verfügen. Wenn man nun bedenkt, dass die Publikumszeitschriften an dritter Stelle
und die Fachzeitschriften auf den fünften Platz kommen, so muss klar bestätigt
werden, dass die Publicitas über die grösste Marktmacht verfügt, da sie Medientitel aus
all diesen Bereichen vermarktet oder vermittelt, in vielen Fällen sogar exklusiv, und
zudem noch als Teil der Publigroupe im Bereich der Internet- und
Kinowerbevermarktung tätig ist.
51

Wendet man sich dem zweitplazierten Fernsehen zu, so wird ersichtlich, dass dieser
Bereich auch 2004 weiter zulegen konnte und folgt man dem Trend, auch in Zukunft
wichtiger werden wird. Aufgrund des dualen Rundfunksystems in der Schweiz, besitzt
die SRG mit ihren Sendern national gesehen, eine Führungsposition im Werbemarkt.
Aufgrund der einstrahlenden ausländischen Sender, sowie auch durch die seit den 90er
Jahren existierenden Schweizer Werbefenster, hat sich das Bild aber geändert. So haben
die Sender der SRG und mit ihr die Publisuisse als Vermarkter, in den jeweiligen
Sprachregionen bei der werblich interessanten Zielgruppe der 15-49 Jährigen abends
einen Marktanteil zwischen 32,4% (französische Schweiz) und 35,7% (italienische
Schweiz). Gerade aber in der Deutschschweiz besitzen die diversen Deutschen Sender
mittlerweile einen grossen Marktanteil, was dazu führt, dass jene Sender die ein
Schweizer Werbefenster aufweisen und durch IP Multimedia vermarktet werden,
zusammengenommen mittlerweile 31,8% des Marktes abdecken (vgl. OnAir 2004:5).
Weiter weisen die diversen regionalen Privatsender bezüglich der Vermarkter einzeln
immer noch eine zu unbedeutende Marktmacht auf, denn hier sind vielmals auch eher
die Vermittler tätig. Hieraus ergibt sich hier eine auf nationaler Ebene eine klare
Dominanz und Marktmacht der Publisuisse, die exklusiv alle Programme der SRG
vermarktet, ausser im deutschsprachigen Raum, wo auch die IP Multimedia mit den
verschiedenen Werbefenstern ein bedeutender Player ist. Die Tatsache aber, dass die
Vermarktung der Publisuisse sich nicht nur auf die verschiedenen Fernsehsender
beschränkt, sondern auch die diversen Radios der SRG miteinschliesst, bestätigt ihre
dominante Position jedoch weiter, was auch Fragen einer möglichen
Programmbeeinflussung aufwirft (vgl. Jost 2005a:26ff).
Im Bereich Plakatwerbung, die in der Schweiz an vierter Stelle kommt und somit
weltweit gesehen sehr stark positioniert ist, kann die Situation relativ einfach geklärt
werden. Die Affichage APG ist für die meisten Plakatstandorte zuständig und besitzt
mit einem Marktanteil von ungefähr 75% (vgl. Kapitel 8.1.3) mehr oder weniger ein
Monopol und ist somit der Leader in diesem Segment, wobei Clear Channel Plakanda in
gewissen Bereichen wie Flughafenwerbung trotzdem stark ist.
Den sechsten Platz nimmt die Radiowerbung ein, welche, wenn sie nicht in den
öffentlich-rechtlichen Sendern durchgeführt wird, durch verschiedene Vermarkter und
Vermittler erfolgen kann und häufig auch nicht exklusiv ist. Die Tatsache, dass Tamedia
52

nun im Besitz von Medag und Belcom ist, hat aber zu einer weiteren Konsolidierung in
diesem Gebiet geführt. Einer der grössten Vermittler dürfte Radiotele sein, von einer
klaren Dominanz eines spezifischen Vermarkters, kann aber bei den Privatradios
dennoch nicht gesprochen werden.
Anders sieht die Situation bei der Kinowerbung aus. Hier hat die Publigroupe mit
Cinecom faktisch eine Monopolstellung, da sie für über 90% aller Schweizer Kinos
zuständig ist. Obwohl der Werbebereich Kino im Moment noch auf der siebten Stelle
ist, konnte dieser doch im Vergleich zum Vorjahr um 21.4% zulegen und somit in
Zukunft zunehmend an Bedeutend gewinnen könnte.
Die Internetwerbung hat sich nach dem Platzen der Dotcom-Bubble wieder etwas
erholt und weist mit 51.3% die höchste Zuwachsrate im Bruttowerbeaufwand auf. Aber
da dieses Medium bis jetzt noch auf der achten Position ist, hat der Bereich Internet im
Moment nur einen marginalen Anteil am Gesamtwerbeaufwand in der Schweiz. Stark
vertreten ist hier Adlink, auch nach der Fusion mit Activeagent, welche eine Vielzahl
von Premium Domains vermarktet und auch vermittelt. Trotz der Tatsache, dass die zur
Publigroupe gehörende Web2com auch in diesem Bereich aktiv ist, dürfte der
dominantere Player Adlink sein.
Beim Teletext ist die Situation etwas unübersichtlich. Da aber meistens derjenige
Vermarkter, der auch für die Werbung auf der Website des betreffenden Senders
zuständig ist, den Bereich Teletext übernimmt, taucht in der Schweiz bei den
Privatsendern öfters Adlink auf, während die SRG mit SWISS TXT wieder die
Öffentlich-Rechtlichen betreut. Da der grösste Anteil an Werbung im Teletext bei den
Sendern der SRG stattfinden dürfte, hat die SWISS TXT aber in diesem Bereich eine
eher dominante Stellung.
Abschliessend kann man feststellen, dass im Bezug auf Wichtigkeit und Macht in der
Werbebranche, wie bereits verschiedentlich angedeutet, folgende Werbevermarkter die
drei Top Positionen belegen: an erster Stelle die Publicitas beziehungsweise die
Publigroupe, gefolgt von der Publisuisse und als letztes die Affichage Gruppe mit der
APG. Dies wird auch durch die Konsultation der entsprechenden Geschäftsberichte
bestätigt (Publigroupe 2005f, Publisuisse 2005, Affichage 2005b, Goldbach 2004).
53

Abgesehen von der Bedeutung und Macht, können auch die Serviceleistungen, die
Beratungskompetenz sowie das Preis-Leistungs-Verhältnis eines Vermarkters beurteilt
werden. Betrachtet man hierzu den alljährlich vergebenen Media Trend Award, bei dem
die grössten Media- und Werbeagenturen der Schweiz ihre Stimmen abgeben, so sahen
die ersten drei Plätze unter den Vermarktern in den letzten zwei Jahren folgendermassen
aus: 2005 belegte die Publisuisse die Spitzenposition, gefolgt von der Cinecom, und
Clear Channel Plakanda. 2004 war auch wieder die Publisuisse auf dem ersten Platz,
dann Radiotele und Cinecom (vgl. Werbewoche 2005b, Weder 2004).
4.7 Eine detailliertere Betrachtung der Publigroupe
Bevor weitere Forschungsergebnisse zu den Vermarktern präsentiert werden und auf
das Erkenntnissinteresse, sowie das methodische Vorgehen der Lizentiatsarbeit
eingegangen wird, soll an dieser Stelle noch einer der erwähnten Schweizer
Werbevermarkter, nach der kurzen Übersicht in den vorherigen Kapiteln, detaillierter
dargestellt werden. Basierend auf den Einschätzungen ihrer Marktmacht und
Wichtigkeit im Schweizer Werbe- und Mediensystem, soll abschliessend noch ein
genaueres Augenmerk auf die Publigroupe und ihre Unternehmungen geworfen werden,
um exemplarisch für die Werbevermarkter ihre Leistungen und Funktionen im Markt zu
erläutern und die komplexen Vernetzungen im Werbe- und Mediensystem der Schweiz
aufzuzeigen.
Wie bereits verschiedentlich erwähnt, ist der grösste und bedeutendste Akteur im
Schweizer Werbe- und Mediensystem die Publigroupe mit ihren verschiedenen
Unternehmungen, allen voran die Publicitas als Vermarkter und Vermittler im
Printbereich. Die Publigroupe als Kommunikationsunternehmen wies 2004 einen
Umsatz von 1,98 Milliarden. Schweizer Franken aus, zwar deutlich weniger als die 2,7
Milliarden im Boomjahr 2000, aber dennoch für ein Schweizer Medienunternehmen die
höchste Summe überhaupt (vgl. Publigroupe 2005a).
Der Publigroupekonzern ist in vier Unternehmensbereiche strukturiert. Zum
bedeutendsten Bereich Publipresse gehören die Publicitas, Web2com, Publimedia,
Publimag, Mosse und Publiconnect. Dieser Bereich ist vor allem für die Lizentiatsarbeit
relevant, da hier die meisten Vermarkter der Publigroupe angesiedelt sind. Für den
54

Printmarkt (vor allem Zeitungen) ist die Publicitas zuständig, Publicitas Webservices
für den Onlinemarkt, Publimag für Werberaum in Zeitschriften, Mosse für Werbung im
Bereich Tourismus und Ausbildung und nun Publiconnect für den Rubrikenmarkt (vgl.
Publigroupe 2005b). Weiter ist interessant, dass die Publigroupe nicht nur Vermarkter
im Portfolio hat, sondern mit Publimedia auch Mediaagenturen für Key-Account
Kunden. Publimedia und Publimedia Webadvertising (letzteres jetzt in Web2com
integriert) sind Mediaagenturen, welche nur für eine spezifische Mediengattung Planung
und Einkauf anbieten, in diesem Falle also Print oder Online. So geht beispielsweise ein
Grosskunde zur Publimedia, diese erstellt dann den Mediaplan und verbucht die
Werbung, die je nach gewählten Printprodukten in konzerneigene Pachtblätter geht, also
Titel die exklusiv durch die Publicitas vermarktet werden, oder als zweite Möglichkeit
über die Publicitas als Vermittler zu den Eigenregie Zeitungen. Obwohl die
Unabhängigkeit von allen Seiten betont wird, ist diese Verknüpfung problematisch, was
bereits verschiedentlich im Theoretischen Teil dieser Arbeit angesprochen wurde und
durch die Experteninterviews geklärt werden soll.
Im der zweiten Unternehmensdivision gibt es nur ein Unternehmen, die Publicitas
Promotion Network (PPN). Wie der Name schon andeutet, ist dieser Bereich eng
verbunden mit der Publicitas und besteht aus 54 Verkaufsbüros in 24 Ländern, welche
für die aktive Promotion und den Verkauf von Pressewerbung zuständig sind.
Zusätzlich arbeitet die PPN mit der Firma Emphasis zusammen (ebenfalls Publigroupe),
welche der grösste Vermarkter im Bereich Inflight Entertainment bei über 50
Fluggesellschaften ist, wobei Werbung auf oder in den verschiedensten Medien an Bord
eines Flugzeugs angeboten wird (vgl. Publigroupe 2005c, Emphasis 2005).
Im dritten Bereich des Konzerns, Publidirect, wird mit LTV und AmiTel Werberaum
in gedruckten und elektronischen Telefonbüchern angeboten, beispielsweise in den
Swisscom Directories und den Gelbenseiten (vgl. Publigroupe 2005d).
In der letzten Konzernsdivison Publiservice sind die Firmen Consultas, iware und
Mediaconnect zuständig für die Bereitstellungen von Informatikdienstleistungen der
Firmennetzwerke, Forschung und technologischen Entwicklungen innerhalb und zum
Teil auch ausserhalb des Konzerns (Publigroupe 2005e).
Es wird also ersichtlich, dass die Publigroupe und ihre diversen Gesellschaften in sehr
vielen verschiedenen Märkten präsent sind, mittlerweile sogar mit Publicitas in China
oder auch Namics als professioneller Internetdienstanbieter. Es ist aber klar, dass bis
55

heute das wichtigste Standbein und die Kernkompetenz immer noch der Printmarkt ist,
für dessen sie sich auch proaktiv im politischen Lobbying einsetzt. Um auf aber die
rückläufigen Werbevolumen im Printmarkt und auf das wachsende Bedürfnis nach
cross-medialer Werbung zu reagieren, wird der elektronische Bereich konsequent weiter
aufgebaut. So wurde im Jahre 2004 die Cinecom übernommen, welche 475 von 528
Kinos in der Schweiz vermarktet und zudem exklusiv die Werbezeit auf Sat1 Schweiz
anbietet (vgl. Jost 2005b). Weiter lancierte die Publimedia im Mai 2005 mit PrintPlus
ein eigenes Kompetenzzentrum zur Planung und Abwicklung von kombinierten Online-
und Printkampagnen (vgl. Werbewoche 2005a). Dies verdeutlicht, dass die cross-
medialen Angebote zwar langsam, aber dennoch stetig im Aufbau sind, weshalb in
Zukunft auch zu erwarten ist, dass durch den Besitz der Cinecom auch zusätzlich
Werbezeit im Kino und Fernsehen im Kombiangebot zu Print und Online angeboten
werden könnte. Im Portfolio der Publigroupe ist eigentlich nur noch ein wichtiges
Medium nicht vorhanden um die Vermarktung zu vervollständigen und so sagt
Publigroupe CEO Hans-Peter Rohner in diesem Kontext: „(…) da fehlt noch Radio. So
wäre die Radiovermarktung ein logischer Schritt“ (Zit. in Wörni 2004:13). Diese
zunehmend multimediale Ausrichtung rief natürlich aber auch Bedenken der Verleger
hervor, inwiefern die Printwerbung weiter im Mittelpunkt der Geschäftstrategie stehe
und wie das Engagement für den Printmarkt Schweiz weitergeführt wird. Aufgrund des
immer noch massiv überwiegenden Anteils der Einnahmen aus der Printvermarktung
beziehungsweise –Vermittlung, der monopolartigen Stellung im Schweizer Werbe- und
Mediensystem, sowie durch verschiedene Beteuerungen der Geschäftsführung, dürfte
sich hieran in naher Zukunft jedoch nichts ändern.
Bis jetzt noch relativ unerwähnt blieben die vielen Beteiligungen der Publigroupe,
welche vor allem im Printbereich beachtlich sind und gewisse publizistische Bedenken
hervorrufen können. So ist die Publigroupe in der Schweiz an rund 40 Zeitungen
beziehungsweise Verlage in unterschiedlicher Höhe beteiligt (vgl. Ackeret/Prange
2004:46) Hierzu zählen beispielsweise 36,84% an der Baz und seit 2004 auch ein
gleicher Anteil bei der NZZ, weiter 25% beim St. Galler Tagblatt, 100% beim
Stadtanzeiger Olten, 45% an der Zürichseepresse, 35% an der Vogt-Schild Holding,
wobei diese letzte Beteiligung schrittweise ab Ende Juni 2004 an die AZ Medien
Gruppe verkauft und im Gegenzug dafür die Anzeigenregie ihrer Zeitungstitel
übernommen wird (vgl. Publigroupe 2005b, persönlich 2005). So ist die Publigroupe
56

auf beiden Seiten der verschiedenen Märkte aktiv: einerseits besitzt sie oder ist an
Medien beteiligt, welche aktiv gefördert und verkaufen werden, andererseits tritt sie als
unabhängiger Vermittler auf. Im Printmarkt der Schweiz ist die Publigroupe so wichtig,
dass obwohl sie als Firma selber nicht verlegerisch tätig ist, als assoziiertes Mitglied im
Schweizerischen Zeitschriften- und Zeitungsverleger Verbandes ist.
Abgesehen von den erwähnten Beteiligungen ist die Publigroupe indirekt auch durch
ihre Verwaltungsräte mit den verschiedensten Medienunternehmen in der Schweiz
verknüpft. In der Einleitung wurde bereits auf Prof. Dr. Fritz Schumacher hingewiesen,
welcher sowohl Vizepräsident des Verwaltungsrates der Publigroupe und der Basler
Zeitung Medien, sowie auch Präsident des Verwaltungsrates der Vogt-Schild Holding
(Solothurner Zeitung) ist. Weiter ist auch Hans-Peter Rohner im Verwaltungsrat der
Baz und auch andere Geschäftsmitglieder üben Mandate in verschiedenen
Medienunternehmen aus. Hier ist das Potential für einen Interessenskonflikt oder
Möglichkeiten der Einflussnahme natürlich ziemlich ausgeprägt, zumal die Publicitas
öfters noch die Inserate der regionalen Zeitungsmonopole vermarktet, dies wird aber an
verschiedenen Stellen immer wieder vehement dementiert (vgl. Meier 2004:34ff,
Ackeret/Prange 2004:44ff, Wörni 2004:ff).
Inwiefern Einfluss oder Druck auf die Medien und ihre Inhalte, sowie auf die anderen
Akteure im Werbe- und Mediensystem der Schweiz ausgeübt werden kann, wird
deshalb ein wichtiger Bestandteil der Fragen des Leitfadens und der Experteninterviews
sein.
57

5. Erkenntnisse früherer Studien
Im Wintersemester 2003/2004 wurden im Rahmen des Seminars „Kommunikation
zwischen Kommerz und Verantwortung: Werbung in der Schweiz“ unter der Leitung
von Gabriele Siegert am Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der
Universität Zürich, Experteninterviews mit Akteuren der Werbebranche durchgeführt.
Ziel war es, durch die verschiedenen Themen der einzelnen Seminararbeiten, Werbung
als Teil der medialen Produktion zu untersuchen und die involvierten Akteure als
Kommunikatoren zu analysieren. Demzufolge war das Erkenntnissinteresse fokussiert
auf das Werbesystem Schweiz, seine relevanten Akteure, seine Einflussmöglichkeiten
auf die Medien und entstehenden Konsequenzen für die öffentliche Kommunikation
(nachzulesen in Siegert et al 2004). Schon zu diesem Zeitpunkt befasste ich mich mit
dem Gebiet der Werbevermarkter, weshalb an dieser Stelle, nach einem kurzen Abriss
des methodischen Vorgehens, die damaligen Ergebnisse präsentiert werden sollen.
Bei den Vorbereitungen zum Seminar musste sich jeder Teilnehmer für einen
Themenblock, in dessen die jeweilige Seminararbeit eingebettet war und einen
Zuständigkeitsbereich, wie etwa die Entwicklung des Leitfadens oder der
Datenaufbereitung, entscheiden. Auch für dieses Projekt wurde die Methode der
Experteninterviews als die Fruchtbarste erachtet, um die gewünschten Ergebnisse zu
erzielen. Nachdem sich die Seminarteilnehmer aus forschungsökonomischen Gründen
auf insgesamt zwei Pretest- und 20 reguläre Interviews geeinigt hatten, erfolge die
eigentliche Auswahl der Experten aus der Werbebranche, welche sich aus den Schweiz
verschiedensten Mitarbeitern von kleinen, mittleren und grösseren Werbeagenturen der
zusammensetzen. Die Interviews wurden sodann im Zeitraum von Januar bis Februar
2004 durchgeführt. Für die äusserst informativen Gespräche stellten sich folgende
Experten der schweizerischen Werbebranche zur Verfügung und haben massgeblich zu
den damaligen Ergebnissen des gesamten Seminars beigetragen (in alphabetischer
Reihenfolge):
Jean Etienne Aebi (Publicis), Erich Baumgartner (Lowe), Roger Berthoud (Schneider,
Berthoud), Michael Bosshard (Bosshard Kommunikation), Daniel Bürgi (cR DDB),
Markus Diener (Diener Consulting), Christian Erni (Futurecom), Alexander Jaggy (Jung
von Matt/Limmat), Ronny Kaufmann (Mediapolis), Peter Kettiger (Zogg Kettiger
Gasser), Timo Kirez (McCann Erickson), Flavian Kurth (Bluegummy, ehemals Flavian
58

Kurth, Basel), Daniel Matter (Matter & Partner), Sarah Meili (Rotor), Roland Müller
(Erat, Thoma & Herzog), Herbert Riedmann (Schmid Riedmann & Partner), Thomas
Städeli (Advico Young & Rubicam), Lajos Vizner (damals Bonaparte), Christoph
Vogler (Grey), Urs Wiezel (S&W).
5.1 Die damalige Fragestellung
Die damalige Fragestellung meiner Seminararbeit bildet aus heutiger Sicht den
Grundstock für das Erkenntnissinteresse der vorliegende Lizentiatsarbeit. Aufgrund der
gewonnenen Ergebnisse wurde erkannt, wie diese erweitert werden musste und welche
Schwierigkeiten zu beachten waren. Folgende Fragen sollten damals durch die
stattfindenden Experteninterviews abgedeckt werden:
1. a) Hat ihre Agentur eine Mediaplanungsabteilung?
b) Hat ihre Agentur eine Mediaeinkaufsabteilung?
c) Wenn nein, warum nicht?
2. a) Arbeitet ihre Agentur mit einem Werbevermarkter zusammen?
b) Wenn ja, mit welchem/n und warum?
3. a) Buchen Sie Werbung lieber direkt oder über einen Vermarkter?
b) Was sind die Vor- und Nachteile?
4. a) Welche Funktionen erwarten Sie von einem Werbevermarkter?
b) Erfüllen die Werbevermarkter diese Erwartungen heute?
c) Wenn nein, was müsste sich verbessern bzw. welche zusätzliche Leistungen
müssten sie anbieten?
5. a) Welche Marktmacht haben die verschiedenen Werbevermarkter in der Schweiz?
Warum?
b) Besteht hier eine Gefahr?
6. a) Wie sehen Sie die Zukunft der Werbevermarkter? Wie wird sich
die Branche verändern?
Diese Forschungsfragen wurden dann im Leitfaden für die Interviewgruppe
folgendermassen integriert, wobei vor allem in der zweiten Unterfrage konkret auf die
Werbevermarkter eingegangen wird:
59

Zusammenarbeit mit Spezialagenturen: Allgemein gefragt: Arbeiten die
Werbeagenturen vermehrt zusammen oder konkurrenzieren sie sich vermehrt?
• Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit Spezialagenturen
(Mediaplanungsagenturen, TV-Produktionen etc.) geregelt? Welche Aufgaben
und Tätigkeiten haben Sie ausgelagert und warum?
• Welches sind ihre Ansprüche an Werbevermarkter und wie definieren Sie deren
Rolle heute und in Zukunft? Wie beurteilen Sie die Werbevermarkter in der
Schweiz bezüglich Macht und Wichtigkeit?
Man sieht hier bereits die eine entstehende Problematik, die sich durch die Reduktion
der verschiedenen Forschungsfragen auf nur eine Unterfrage im Leitfaden ergibt. Dies
war damals nötig, da alle Themen der verschiedenen Seminararbeiten im sinnvollen
Zeitrahmen einer Stunde abgedeckt werden mussten. Hinzu kamen aber noch weitere
Schwierigkeiten, auf die später eingegangen werden soll. Die gewonnenen Erkenntnisse
und Aussagen der Experten werden nun in zwei grobe Blöcke gegliedert, einerseits in
Ansprüche der Kunden an Werbevermarkter, andererseits in Aussagen über ihrer Macht
und Wichtigkeit. Anschliessend erfolgen kritische Bemerkungen zu den Ergebnissen.
5.2 Ansprüche der Kunden an Werbevermarkter
Der Grundtenor der sich in den Antworten der Experten 1 herauskristallisierte, ist, dass
sich Werbevermarkter als professionelle Dienstleister verstehen sollen, die den
Werbeagenturen massgeschneiderte Lösungen und viel Zusatznutzen anbieten müssen.
„Und da ist es eben entscheidend, dass man versucht von Seiten der Agentur zusammen
mit der Media-Agentur eine möglichst massgeschneiderte Lösung, einen Auftritt zu
finden“ (X8, Y9). Nur das Anbieten von Werbezeit beziehungsweise Werberaum in den
von ihnen vermarkteten Medien ist nach Meinung der Experten ungenügend, verlangt
wird der ganze Service einer Mediaagentur. „Also, ich könnte mich heute nicht mehr eh
darum kümmern, welche Medien, welche Auflagen, und welche Kontakte und so. (…)
Für mich ist wichtig, dass die mir ein gutes Panel zusammenstellen können (…)“ (X9,
Y9).
1 Alle folgenden Aussagen in diesem Kapitel werden wörtlich und unbearbeitet wiedergegeben, weshalb
grammatikalisch unkorrekte Satzstellungen oder Wörter ignoriert werden sollen. Ausserdem sind alle
interviewten Experten in diesem Kapitel anonymisiert.
60

Dies steht auch im Zusammenhang mit dem allgemeinen Kostendruck in der
Werbebranche, der dazuführt, dass Werbeagenturen lieber alles aus einer Hand
bekommen und nicht noch zu einem Werbevermarkter zusätzlich eine Media- oder
Marktforschungsagentur beauftragen müssen: „Wir erwarten natürlich Verlags- und
Marketingdienstleistungen und Dienstleistungen von diesen Anbietern, die wir dann
nicht speziell in Marktforschungsbereichen einkaufen müssen. (…) wenn die Partner
nur noch zu uns kommen mit Tarifen und mit Seitenteilen oder mit Sekundenpreisen,
also das ist es nicht, sondern wir erwarten eine Dienstleistung optimal über Ihren Markt,
nicht nur über ihr Produkt“ (X10, Y10). Hier ergibt sich natürlich eine schwierige
Situation für Titel- oder Konzerngebundene-Vermarkter: erwartet wird an dieser Stelle,
dass sie sich nicht nur auf ihre Titel beschränken, sondern umfassend den gesamten
Medienmarkt abdecken, also auch ihre Konkurrenz. „(…) wenn wir sehen, dass die
immer nur Ihre Pachtblätter da reingeben, die vertretenen Blätter durch sie, dann ist das
nicht unbedingt optimal“ (X10, Y10). Verlangt wird deshalb, dass Werbevermarkter
innovativ sind in ihren Angeboten: „Der Anspruch an die Verlage ist sicher da, dass sie
innovativ sein müssen. Und dies nicht nur in Bezug auf die Kosten, Preise und
Packages, sondern auch in Bezug auf die Kombinationen(…)“ (X11, Y11).
Die Werbevermarkter sehen sich also mit einer ganzen Reihe von Forderungen
konfrontiert, die eigentlich über ihr Kerngeschäft hinausgehen. Dass sie auf diese
Forderungen reagiert haben, sieht man in der Tatsache, dass praktisch alle
Werbevermarkter ihrerseits auch Mediaplanung anbieten. Der Wunsch an Titel- bzw.
konzerngebundene Vermarkter auch die Medien der Konkurrenz anzubieten, dürfte
indessen kaum erhört werden.
5.3 Macht und Wichtigkeit
Die Frage ob Werbevermarkter eine mächtige Position im Schweizer Werbemarkt
einnehmen, wurde überwiegend bejaht. Aussagen wie: „Ja, die, welche eine Ballung an
Macht haben, natürlich. Die Grossen schon” (X12, Y12), “Enorm wichtig” (X13, Y13),
„Ja, die ist gross, jaja Publicitas hat eine grosse Macht“ (X14, Y14) verdeutlichen dies.
In der letzten Aussage werden auch die theoretischen Überlegungen in Kapitel fünf
bestätigt, wonach die Publicitas am meisten Macht besitzen dürfte. Dies wird auch von
diversen anderen Experten aufgegriffen. Stellvertretend hierzu eine detaillierte
61

Ausführung: „Und man kommt nicht an dieser Publicitas vorbei, denn sie ist nicht nur
ein Vermarkter sondern sie ist oft auch noch Pächterin der Zeitung. Auch wenn sie nicht
wollen, sie müssen die Basler Zeitung bei der Publicitas buchen (…) und viele andere
Zeitungen auch“. Weiter weist derselbe Experte auch auf die politische Macht der
Publicitas hin „Also wenn es irgendwo darum geht, Zeitungen zu arrondieren oder so,
sie hat jetzt sicher einen ziemlich grossen Einfluss gehabt bei diesem Berner-Modell,
dass Bund und Extra B jetzt zusammen sind und ...Bund war vorher im Portefeuille der
Publicitas, die Berner Zeitung nicht und ich bin sicher dass die Publicitas geholfen hat,
dass der Bund zur Berner Zeitung kommt und sich dafür eingehandelt hat, dass sie dafür
die Berner Zeitung verkaufen, mitmischen kann“ (X15, Y15).
Anderseits wird mit den diversen Monopolsituationen in der Schweiz, wie durch die
Publicitas, der Publisuisse oder durch die Affichage APG, sehr ambivalent
umgegangen, ja sogar als positiv empfunden. „Ich begrüsse hier in der Schweiz noch,
das muss ich jetzt sagen, natürlich mit schlanken Strukturen (…)“. Selbiger Experte
zählt auch gleich praktisch alle Monopolisten unter den Werbevermarktern in der
Schweiz auf: „Publimedia, wo wir natürlich einen Schweizer Blättermarkt relativ gut
abdecken können oder eine Multimedia, wo uns die Privatfernsehsender anbietet oder
die Publisuisse mit dem Schweizer Fernsehen oder die APG, wo man vielleicht auch
schon mal über ein Monopol gesprochen hat, wo ich aber nicht gleicher Meinung bin“.
Dies begründet er damit, dass “Wenn ich in Deutschland (…) Plakatstellen belegen
musste, da musste ich für jede Stadt und für alle Gebiete, musste ich Anbieter
anschreiben (…) das war ein riesiger Arbeitsaufwant, wo uns mit einer so genannten
Generalunternehmung von Printwerbung, wie (…) die Publicitas (…) oder eine
Allgemeine Plakatgesellschaft uns im positiven Sinne jetzt wirklich Arbeit abnimmt“
(X10, Y10).
Die Experten der Werbeagenturen gehen mit den verschiedenen quasi Monopolen also
sehr funktional um: solange ihnen eine gute Leistung geboten und Arbeit abgenommen
wird, ist es ihnen eigentlich gleichgültig ob jemand eine marktbeherrschende Position
innehat. „(…) ich finde es ordnungspolitisch ein bisschen bedenklich, weil diese Gefahr
halt immer besteht, aber die Publicitas, muss man sagen, seit ich sie kenne, geht sie
eigentlich sehr moderat um mit dieser Macht. Also sie offeriert sehr viele Leistungen,
die wir sonst nicht hätten, die sie sich leisten kann zu erbringen aufgrund des grossen
Volumens, im Forschungsbereich zum Beispiel (...)“. In Bezug auf Meinungsvielfalt
62

und öffentlichem Auftrag besonders relevant ist dann die folgende Aussage, deren
Konsequenz der Experte aber nicht für allzu bedeutend hält: „sie missbraucht ihre
Marktmacht nicht oder nur vielleicht politisch mal so von Fall zu Fall, aber mehr im
Medienbereich und nicht im Vermarktungsbereich“ (X15, Y15).
Gleichzeitig wird die Macht der Werbevermarkter auch durch gewisse Äusserungen
relativiert: „(…) die sind ja auch im Intermedia-Vergleich unter Druck. Also eine
Publicitas kann ja nicht ihre Tarife, nur weil sie eine monopolähnliche Stellung haben,
so in die Höhe treiben. Das macht niemand mit. Dann weicht man auf andere Kanäle
aus. Also es muss immer ein konkurrenzfähiges Angebot bleiben im Intermedia-
Vergleich. Wenn dann Print viel, viel teurer ist für dieselben Resultate, die man erzielen
kann oder dieselben Media-Werte, dann wird man auf andere Medien ausweichen. Also,
dass reguliert sich insofern wie von selbst” (X13, Y13). Weiter wird auch auf die
verschlechterte Situation im Werbemarkt hingewiesen, wo dadurch, dass Budgets
gekürzt wurden, eigentlich der die Macht besitzt, der das Geld ausgibt. „ Also eben in
den absoluten Boomjahren, da waren, sind viele, so, darin gefahren eine Art eine
horizontale Fahrt der Vermarkter. Sie haben mehr oder weniger wie sie wollten Raum
zugeteilt, nicht wahr (lacht). Man musste Glück haben, wenn man Plakatstellen kriegte
oder nicht (lacht). Man musste Bedingungen haben, um einfach eine gute Platzierung in
der NZZ aushandeln zu können oder nicht und das hat sich total gedreht: Also jetzt
muss man mehr Leistung erklären können, was leistet das Inserat in der NZZ? Was
erreicht ein Fernsehspot auf TeleZüri effektiv? Wird das gesehen usw.?“ (X16, Y16).
Spezifisch auf die zukünftige Entwicklung oder auftauchende Konkurrenz unter den
Werbevermarktern äussert sich nur ein Experte, dieser streicht aber wieder die Position
der Publicitas heraus: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass im Printbereich irgendjemand
den Kopf aus dem Sand streckt und der Publicitas echt wehtun kann. Die sind so
betoniert, es ist eine Markttatsache (…)“ (X15, Y15).
Bei der Frage nach den Zukunftsprognosen im Werbemarkt, so ist die Tendenz, dass
Werbung in elektronische Medien, vor allem Fernsehen, weiter zunehmen und im
Printbereich abnehmen wird: „Ich glaube eben, die Printmedien werden verlieren (…)“
(X14, Y14) und die „„Bedeutung in der Schweiz für TV nach wie vor ein bisschen
zunehmen wird bis zu einem gewissen Grad. Das heisst, die Verschiebung von
Werbegeldern in diesen Kanal wird wahrscheinlich anhalten“ (X17, Y17).
63

Angesprochen wird auch die Dringlichkeit auf strukturelle Veränderungen in der
Medienlandschaft einzugehen: „Wenn das jetzt nicht passiert, der Aufschwung nicht
kommt, dann wird es strukturelle Änderungen geben, weil dann gewisse Unternehmer,
Dienstleister, Anbieter oder Printmedien ist ja wurst was, gar nicht mehr überleben
können (…)“ (X10, Y10). Gleichzeitig wird aber weiterhin das bestehen von
Massenmedien betont, trotz der Entstehung neuer Medien und
Kommunikationsmöglichkeiten: „(…) im Grundsatz werden wir nach wie vor
irgendwelche Massenmedien haben, ob das Fernsehbildschirme oder sonstige Dinge
sind” (X16, Y16).
5.4 Bemerkungen zu den Ergebnissen
Die damals gewonnenen Erkenntnisse über Werbevermarkter durch die theoretische
Vorarbeit, sowie durch die Experteninterviews, lieferten erste Anhaltspunkte für
weiterführende Forschungen. Es kamen aber auch gravierende Probleme zum
Vorschein. Einer der grössten Kritikpunkte, welcher schon an verschiedenen Stellen in
der vorliegenden Lizentiatsarbeit angesprochen wurde, ist die oftmals mangelnde und
schwierige Abgrenzung zwischen Mediaagenturen, Vermittlern und Werbevermarkter.
Werbevermarkter sind in Bezug auf ihre vermarkteten Medien vielfach auch in
gewissem Sinne Mediaagenturen, also bieten deren Leistungen an, aber Mediaagenturen
sind nicht gleich Werbevermarkter. Diese notwendige Unterscheidung wurde leider von
Seiten der Interviewer, wie auch von den Experten, häufig nicht beachtet. Dies geschah
zum einen schon bei der Frage an die jeweiligen Experten mit Sätzen wie „Um noch
mal auf die Werbvermarkter, die Media-Planer zurückzukommen…“ oder bei der
Antwort auf die Frage was denn unter Werbevermarktern zu verstehen sei „Zum
Beispiel Mediaagenturen, Publicitas...“. Andererseits waren aber auch die Antworten
der Experten undifferenziert, wie etwa bei der Frage wie sie mit Werbevermarktern
zusammenarbeiten: „Die Mediaplanung, das machen wir zum Beispiel nicht selbst im
Haus“ (X18, Y18) oder „Ja gut, eben wie schon gesagt, das ist eine kleine Agentur, wir
haben sehr wenig mit Werbevermarktern zu tun (…). Das machen viele Kleine selbst
(…)“ (X12, Y12).
Diesen Umständen ist es zu verdanken, dass leider die erhoffte Menge an Informationen
über Werbevermarkter aus den Experteninterviews nicht erreicht wurde. Positiv war
aber, dass die Experten die sich wirklich genau zu Werbevermarktern äusserten, zum
64

Teil sehr ausführlich antworteten und viele interessante Details preisgaben, wodurch es
trotzdem möglich war, für die Seminararbeit wichtige Erkenntnisse zu gewinnen.
Im Bezug auf die nun folgenden Interviews im Rahmen der Lizentiatsarbeit, war es
deshalb unbedingt erforderlich, exakt zwischen Werbevermarktern, Vermittlern und
Mediaagenturen zu unterscheiden und abzugrenzen, um differenzierte Ergebnisse zu
erzielen. Deshalb wurde im Kapitel 3 auch eine klare Definition von Werbevermarktern
angestrebt. Andererseits muss hier aber auch angefügt werden, dass es damals gar nicht
möglich war, jedem Seminarteilnehmer, vor allem aber der Interviewgruppe, zu allen
verschiedenen Themenblöcken den gleichen Wissenstand zu vermitteln, welcher dem
Verfasser der jeweiligen Seminararbeit und seinem Einzelthema zur Verfügung stand.
Und da Werbevermarkter ohnehin ein relativ undurchschaubares und komplexes Gebiet
im Werbesystem darstellen, ergaben sich hier naturgemäss Defizite. Dass aber auch
verschiedene Experten mit Vermarktern wenig anzufangen wussten, war aber doch
ziemlich erstaunlich. Da ich aber die Interviews für die Lizentiatsarbeit nun selber
durchgeführt habe, konnte bei auftretenden Unklarheiten nachgefragt werden.
65

6. Erkenntnisinteresse
Basierend auf den verschiedenen theoretischen Ausführungen in den vorangegangenen
Kapiteln, sowie durch die bereits in früheren Studien angeeigneten Informationen, soll
an dieser Stelle nun das Erkenntnisinteresse dieser Lizentiatsarbeit aufgezeigt werden.
Dies geschieht in Form von verschiedenen Fragen, die gleichzeitig auch den Inhalt des
Leitfadens der Experteninterviews bilden, welche jedem Werbevermarkter, sowie in
gekürzter Form auch den anderen beteiligten Experten, gestellt wurden. Diese wurden
konsequent dem jeweiligen Interview angepasst, personalisiert und ergänzt durch
unternehmensspezifische Fragen, wobei die zentralen Elemente zum Zweck der
späteren Vergleichbarkeit immer vorkamen.
Diese Fragen können grob vier verschiedenen Kategorien zugeordnet werden, welche
jedoch naturgemäss nicht absolut trennscharf sind und sich dementsprechend auch
überschneiden. Diese sollen aber dazu dienen, den Fokus auf die relevanten
Hauptfragestellungen zu lenken, welche den Kern dieser Lizentiatsarbeit bilden und vor
allem durch die stattfindenden Experteninterviews geklärt, beziehungsweise verifiziert
werden sollen.
6.1 Die Grundkategorien und ihre Fragestellungen im Leitfaden
Die vier Themenfelder beziehungsweise Kategorien der Lizentiatsarbeit und des
Leitfadens teilen sich auf in Fragen zu den Werbevermarktern generell, ihrer Interaktion
mit den Werbesystem, genauer den Werbe- und Mediaagenturen, die Zusammenarbeit
mit den Medienunternehmen und potentielle Einflusse der Vermarkter auf die
Programmgestaltungs- und Meinungsvielfalt.
Kategorie Werbevermarkter
• Welche Funktionen erfüllen Werbevermarkter im Werbe- und Mediensystem?
Wie und warum sind sie entstanden?
• Welche Bedeutung und Macht haben die verschiedenen Schweizer
Werbevermarkter (im Werbesystem)? Besteht hier eine Gefahr?
• Welche Medien werden vermarktet?
66

• Wie ist die Situation der Schweizer Werbevermarkter im internationalen
Vergleich?
• Wie sieht die Zukunft der Werbevermarkter aus? Wie wird sich die Branche
verändern?
Kategorie Werbesystem
• Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit der Werbevermarkter mit den Werbe-
und Mediaagenturen? Arbeiten diese gerne mit den Vermarktern zusammen oder
würden direkte Anzeigenbuchungen vorgezogen werden? Wo sind potentielle
Konflikte erkennbar?
• Welche Funktionen erwarten Werbe- beziehungsweise Mediaagenturen von den
Werbevermarkter und umgekehrt? Werden diese Ansprüche erfüllt? Was müsste
sich in Zukunft ändern?
• Wie sieht die Zusammenarbeit mit den werbetreibenden Unternehmen aus?
Kategorie Medien
• Welche Medien werden exklusiv vermarktet?
• Was sind die Vorteile einer exklusiven Vermarktung? Warum sollte ein Medium
einen Exklusivvertrag mit einem Vermarkter haben, wenn es auch bei mehreren
sein könnte?
• Mit welchen Werbevermarktern wird zusammengearbeitet und wie sieht diese
Zusammenarbeit aus?
• Welche Ansprüche haben Medien an Werbevermarkter und umgekehrt? Wo
ergeben sich hier Spannungen?
• Weshalb bieten gewisse Medien direkte Anzeigenbuchungen an, während
andere über Vermarkter gehen (zum Teil sogar exklusiv)? Falls sowohl direkt
als auch über einen Vermarkter Werbung gebucht werden kann, wie sieht das
Verhältnis der Werbeeinahmen dieser verschiedenen Kanälen zueinander aus?
• Wie sind Werbevermarkter an Medien beteiligt und umgekehrt?
• Welche Abrechnungsmodelle existieren?
67

Kategorie Programmgestaltung
• Welche Einflüsse können Werbevermarkter auf die Programmgestaltung und
Meinungsvielfalt nehmen? Mit welchen Mitteln ist dies möglich?
• Fördern Werbevermarkter Meinungs- und Titelvielfalt oder schränken sie diese
ein?
• Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen existieren im Bereich der
Werbevermarktung?
6.2. Unternehmensspezifische Erweiterungen des Leitfadens
Wie bereits erwähnt, wurden verschiedenen Anpassungen vorgenommen, um diese
Fragen für jeden Interviewpartner und damit für das jeweilige Unternehmen zu
spezifizieren. Hierbei musste zuerst unterschieden werden, ob es sich um einen
Vermarkter, eine Media- beziehungsweise Werbeagentur oder ein Medienunternehmen
handelte. Zugleich wurden Zusatzfragen eingebaut, die nur das bestimmte Unternehmen
betrafen, um detailliertere Erkenntnisse zu erlangen, die sonst durch die regulären
Fragen des Leitfadens nicht abgedeckt worden wären. Bewusst wurde hier auch
versucht, durch teilweise provokative Fragen, den Experten in seinen Äusserungen zu
stimulieren. Dies geschah beispielsweise durch die Konfrontation mit Fakten und
Aussagen von anderen Experten aus dem Werbe- oder Mediensystem, entnommen aus
der einschlägigen Literatur und Magazinen wie dem Media Trend Journal, Klartext oder
Persönlich. Zudem wurde das Unternehmen mit der Konkurrenz verglichen oder seine
Stellung im System angesprochen. Ein Beispielleitfaden ist im Anhang angefügt,
dennoch sollen hier exemplarisch einige Fragen dargestellt werden, um das
wissenschaftliche Vorgehen zu illustrieren.
So war klar, dass beim mächtigsten Akteur unter den Werbevermarktern, der Publicitas
und mit ihr der Publigroupe, ein detaillierteres Interview erfolgen musste. So wurde der
Experte unter anderem mit folgenden Fragen konfrontiert:
• Bezogen auf die zukünftige Strategie der Publigroupe sagte Herr Rohner in der
Zeitschrift Klartext vom April 2004, diese sei Verkaufen, Kommerzialisieren
und Vermarkten von Medien (hauptsächlich im Printbereich)? Können sie dies
68

erläutern? Das Wort kommerzialisieren hat aber in der Publizistikwissenschaft
einen ziemlich negativen Touch?
• Die Publigroupe ist an rund 40 Zeitungen beteiligt. Werden in Zukunft vermehrt
Beteiligungen in Pachtvertrage umgewandelt, wie dies bei der NZZ geschah?
• Wie gehen sie mit dem stetig rückläufigen Werbevolumen im Printbereich um?
Wird verstärkt eine multimediale Vermarktung angestrebt? Welche Synergien
könnten genutzt werden?
• Was sagen sie zum Vorwurf, dass durch die starke Lobby der Verleger bzw. der
Printmedien die Entwicklung der anderen Medien in der Schweiz behindert
wird? Beispielsweise das Fernsehen? Vor allem auch da etliche regionale TV-
oder Radiosender im Besitz von Verlegern sind?
Bei IP Multimedia, dem Vermarkter der verschiedenen Schweizer Werbefenster auf den
in die Schweiz einstrahlenden deutschen Privatsendern, und dem ebenfalls zu Goldbach
Media gehörenden Adlink wurde der Leitfaden erweitert mit Fragen wie:
• Weshalb vermarktet IP auch Werbezeit der Seveone Medien in der Schweiz?
• Was sagen sie zu dem Vorwurf, IP würde nichts für das Schweizer
Mediensystem tun und nur Geld nach Deutschland liefern?
• Wie sieht die Branche der Online-Vermarkter aus? Welche Entwicklung hat sie
in den letzten Jahren durchgemacht? Wie hat sich der DotCom-Bubble
ausgewirkt?
Bei der Affichage beziehungsweise der Allgemeinenplakatgesellschaft interessierten
etwa folgende mediumspezifische Fragen:
• Wie sieht der Plakatmarkt in der Schweiz aus? Wie hat er sich entwickelt? Wie
ist die APG entstanden?
• Was sagen sie zur faktischen Monopolstellung der APG? Wer ist ihr direkter
Konkurrent?
• Welches sind die wichtigsten, exklusiven Standorte?
69

Bei den zwei selbständig interviewten Medienunternehmen wurden beispielsweise
folgende Auskünfte zusätzlich gewünscht:
• Weshalb lässt die Basler Zeitung ihre Anzeigen exklusiv über die Publicitas
abwickeln, während andere Medienunternehmen wie Tamedia oder Ringier auch
Direktbuchungen anbieten?
• Die Publigroupe ist an über 40 Zeitungen beteiligt, auch an der Baz mit 37%.
Ausserdem ist Herr Fritz Schumacher sowohl Verwaltungsrats-Vizepräsident bei
der Publigroupe, wie auch im Verwaltungsrat der Basler Zeitung Medien und
der Vogt-Schild Holding (Solothurner Zeitung). Besteht hier ein möglicher
Interessenskonflikt oder eine Gefahr, dass die Publicitas Einfluss nehmen
könnte?
• Welches Verhältnis haben die direkten Werbeinnahmen im Vergleich zu
Einnahmen über die Publicitas?
• Der Blick als Tageszeitung würde doch sehr gut in das Portfolio der Publicitas
passen. Würden sie es jemals in Betracht ziehen, einen Pachtvertrag
abzuschliessen?
Anhand dieser verschiedenen Fragen sollte es nun erstmals möglich sein, ein
detailliertes Bild über die Werbevermarkter zu gewinnen und ihre Funktion
beziehungsweise Bedeutung im Schweizer Werbe- und Mediensystem offen zu legen.
Weiter können so die vorherrschenden Prozesse im Handlungsbereich Distribution
untersucht werden, um die Zusammenarbeit der beschriebenen Akteure in diesem
Bereich zu analysieren. Schlussendlich lassen sich aufgrund der verschiedenen Fragen
auch grundsätzliche Trends im Schweizer Mediensystem aufzeigen und auch der
internationale Vergleich der Werbevermarkter wird erreicht. Wie genau die Auswahl
der verschiedenen Unternehmen geschah und welches methodische Vorgehen bezüglich
der Interviews gewählt wurde, wird nun anschliessend im nächsten Kapitel dargelegt.
70

7. Methodisches Vorgehen
Wie bereits verschiedentlich erwähnt, sollen die relevanten Informationen über die
Werbevermarkter durch Leitfadeninterviews mit Experten des Werbe- und
Mediensystems der Schweiz gewonnen werden. Hierbei ist natürlich der Fokus
eindeutig auf den Werbevermarktern, welche alle, bis auf noch wenige zu begründende
Ausnahmen, befragt werden sollen. Zusätzlich sind aber auch die Werbeagenturen von
Interesse, vor allem aber die anderen Akteuren des Handlungsbereiches Distribution,
die Mediaagenturen und als letztes natürlich auch die Medienunternehmen selber.
Letztere sollen, wie in Kapitel 3.4 beschrieben, vor allem deshalb am Rande
hinzugezogen werden, um die Motivation oder Gründe eines Mediums zu analysieren,
sich selber zu vermarkten, beziehungsweise diese Funktion an einen Werbevermarkter
auszulagern. Eine solche Abdeckung der verschiedenen Akteure zu erreichen, würde
aus forschungsökonomischen Gründen den Rahmen einer Lizentiatsarbeit bei weitem
übersteigen. Aber durch die Mitarbeit im Bakom-Projekt zur Fernsehwerbung in der
Schweiz, konnte dieses Ziel trotzdem erreicht werden. So hatte ich das Vergnügen, mit
vier Werbevermarktern und zwei Mediaagenturen bereits im Rahmen des Projektes zu
sprechen, wobei dann bei diesen Gesprächen die Standardfragen meines Leitfadens
integriert wurden.
Zusätzlich konnte ich bei den weiteren Interviews mit Werbeagenturen und
verschiedenen Medien, in diesem Falle alles Experten mit Funktionen bei
Fernsehsendern, meine spezifischen Fragen mitgeben, damit sie von dem jeweiligen
Interviewer gestellt und anschliessend transkribiert werden konnten. Zudem erhielt ich
schliesslich Einsicht in alle 20 Interviews des Bakom-Projektes, da ich auch für die
Codierung der Texte zuständig war. Schlussendlich führte ich 12 Interviews mit
verschiedenen Experten, davon 6 im Rahmen des Bakom-Projektes, und bekam die
transkribierten Texte von 14 weiteren Gesprächen, welche zum Teil zusätzliche
interessante Fakten zu den Werbevermarktern lieferten.
Hierdurch konnte eine grosse Menge an Informationen zusammengetragen werden,
welche ab Kapitel 8 zu besprechen sind. Vorerst soll aber zunächst auf den folgenden
Seiten der Auswahlprozess der Unternehmen und Experten beschrieben und
anschliessend auch die qualitative Forschungsmethode der Experteninterviews
reflektiert werden.
71

7.1 Expertenauswahl
Um genügend Kenntnisse über Werbevermarkter und ihrer Interaktion mit dem Medien-
und Werbesystem zu erlangen, stellte sich nun aus theoretischer Sicht die Frage, welche
Experten aus welchen Unternehmen interviewt werden sollten. Logischerweise musste
der Grossteil der Gespräche mit leitenden Mitarbeitern der wichtigsten
Werbevermarktern der Schweiz geführt werden und es sollten dabei alle relevanten
Medien abgedeckt werden. Des Weiteren interessierte aber auch die Interaktion mit
Werbe- und Mediaagenturen, die im Auftrag ihrer Kunden Werberaum beziehungsweise
Werbezeit buchen, weshalb Experten aus dem Werbesystem hinzugezogen werden
sollte. Dies führte nun zu den Medien, welche durch die Werbervermarkter vermarktet
werden. Hierbei musste die Auswahl der Medienunternehmen in dreierlei Hinsicht
durchdacht werden: es sollten verschiedene Mediengattungen abgedeckt und öffentlich-
rechtliche beziehungsweise private Unternehmen berücksichtigt werden. Als dritter und
entscheidender Punkt stand dann das beschriebene Verhältnis des Medienunternehmens
zu den Werbevermarktern im Blickfeld: wird die Werbezeit beziehungsweise der
Werberaum exklusiv durch einen Vermarkter verkauft, sind Buchungen über
Verschiedene möglich, kann auch direkt gebucht werden oder ist die Direktbuchung die
einzige Möglichkeit. Diese genannten Eigenschaften der Medienunternehmen galt es bei
der Auswahl zu beachteten, damit die verschiedenen Interaktionen zwischen den
Medien, Werbevermarkter und Werbe- beziehungsweise Mediaagenturen aufgezeigt
werden können.
Die zu befragenden Experten sollten nun in den jeweiligen Unternehmen höhere
Positionen aufweisen, um möglichst detaillierte Einblicke und Erkenntnisse zu liefern.
Deshalb sollten bei den Werbevermarktern, Werbe- und Mediaagenturen jeweils
Personen der Geschäftsleitung oder der Beratung berücksichtigt werden. Bei den
Medienunternehmen kamen verschiedene Mitarbeiter in Betracht, wobei auch hier eher
bei höheren Positionen wie Herausgeber, Verlagsleiter, Chefredakteur oder bei der
Anzeigenabteilung angesetzt werden sollte.
Nach diesen theoretischen Vorüberlegungen und den nach der Ausarbeitung der
Definition in Kapitel 4 beschriebenen Werbevermarktern, wären Interviews mit
Mitarbeitern folgender Firmen möglich: Publicitas, Publisuisse, Radiotele, IP
Multimedia Schweiz, SevenOneMedia Schweiz, Belcom, Medag, Cinecom, Affichage
72

mit der APG, Clear Channel Plakanda, Adlink, Web2com. Dies wären alleine bereits 12
Interviews gewesen, was zusammen mit der Betreuung am IPMZ als absolute
Maximalanzahl festgesetzt wurde. Hier musste nun aufgrund zeitlicher und
forschungstechnischer Überlegungen eine Auswahl erfolgen, damit auch die Werbe-
und Mediaagenturen, sowie die gewünschten Medienunternehmen abgedeckt werden
konnten. Dies war aber natürlich abhängig von den Interviews des Bakom-Projektes. So
war die Auswahl der Interviewpartner und Unternehmen ein fortlaufender Prozess, der
sich dann bis im Februar 2005 konkretisiert hatte. Es stellte sich heraus, dass die
Werbevermarkter Publisuisse, Radiotele, Belcom und die Cinecom aufgrund der
Tatsache, dass sie Fernsehwerbung anbieten, durch das Projekt abgedeckt wurden und
ich die Interviews führen sollte. Diese Auswahl der Unternehmen, war aus theoretischer
Sicht sehr glücklich, da ich selbige auch als wichtig erachtete.
Um Informationen über die Vermarkter und das Werbe- und Mediensystem zu
vervollständigen, mussten nun aber auch die anderen Mediengattungen mit mindestens
einem Unternehmen abgedeckt werden. Logischerweise musste der wichtigste
Werbemarkt der Schweiz und damit der mächtigste Vermarkter miteinbezogen werden,
weshalb ein Interview mit der Publicitas unumgänglich war. Bei den zwei Ablegern der
deutschen Werbevermarkter aus dem Bereich des Privatfernsehens, sollte auch einer zu
Wort kommen. Hier entschied ich mich eindeutig für IP Multimedia Schweiz, da diese
die verschiedenen Schweizer Werbefenster vermarkten und zusätzlich im Radiobereich
als Vermittler und Vermarkter tätig sind. SevenOneMedia Schweiz ist im Schweizer
Markt eher unwichtig, da sie nicht einmal die Werbefenster auf ihren eigenen Sendern
vermarkten, sondern hierfür auch die IP Multimedia zuständig ist, weshalb diese Firma
weggelassen wurde. Der verbleibende Vermarkter im Radiobereich, die Medag, wurde
auch nicht als zwingender Interviewpartner angesehen, da sie mittlerweile wie die
Belcom zur Tamedia gehört, die gleichen Pools anbietet und als eigenes Medium nur
Radio Basilisk vermarktet. Somit verblieben noch zwei Mediengattungen mit jeweils
zwei Vermarktern die es abzudecken galt. Hierbei wurde aufgrund der
Unternehmensgrösse, des Umsatzes und der Anzahl vermarkteter Medien und Standorte
im Plakatbereich die APG und im Onlinewerbemarkt die Adlink ausgewählt, da diese
die bedeutenderen Akteure sind, als Clear Channel Plakanda oder Web2com. Somit
wurden schliesslich acht der zwölf Werbevermarkter im Schweizer Markt interviewt,
was aufgrund der vorherigen Begründungen vom Informationsgewinn her eigentlich
einer Vollerhebung entsprach.
73

Bei den Interviews mit Vertretern der Werbe- und Mediaagenturen waren nicht
unbedingt spezifische Unternehmen gefragt, es konnte aber angenommen werden, dass
die grösseren Agenturen mit höherem Werbevolumen mehr mit den Vermarktern
zusammenarbeiten als Kleinere. Hierzu kann bei beiden Geschäftsbereichen die Top
Ten des BSW-Rankings (vgl. bsw.ch 2004) als Ansatzpunkt verwendet werden. Bei den
Werbeagenturen wären so zum Beispiel folgendene Unternehmen in Frage gekommen:
Publicis, Advico Young & Rubicam, LOWE, Wirz Werbung, TBWA Switzerland,
McCann-Erickson, Contexta, EURO RSCG SWITZERLAND, Grey Worldwide, Jung
von Matt/Limmat. Unter den Mediaagenturen wären folgende Firmen interessant
gewesen: Optimedia Switzerland, Universal McCann, OMD Schweiz, MediaCom,
mediaschneider, Initiative Media Switzerland, The Media Edge 2, Media Planning
Switzerland, The whole Media. Als schlussendlich die vertretenen Agenturen im
Bakom-Projekt bekannt wurden, erwies sich die Übereinstimmung als sehr gut. Bei den
Werbeagenturen wurden Interviews mit Experten von Wirz, Contexta und
Spillman/Felser/Leo Burnett durchgeführt. Bei den Mediaagenturen hatte ich
persönliche Gespräche mit Mitarbeitern von OMD Schweiz und Mediaedge:Cia.
Bei den nun verbleibenden Medien war es wichtig, wie erwähnt, die verschiedenen
Gattungen abzudecken, aber auch die unterschiedlichen Arten der Zusammenarbeit mit
den Werbevermarktern. So sind beispielsweise die NZZ und Baz mittlerweile nur über
die Publicitas buchbar, während etwa im Tagesanzeiger auch direkt inseriert werden
kann. Bei allen öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehsendern der SRG (aber auch
den dazugehörigen Websites) gibt es nur den Weg über die Publisuisse, während die
Privatsender oftmals nicht exklusiv und durch verschiedene Firmen vermarktet oder
sogar direkt gebucht werden können. Im Rahmen des Bakom-Projektes war nun
naturgemäss nur ein Medium vertreten, das Fernsehen. So wurden Interviews mit Sat1
Schweiz, TeleZüri, Léman Bleu, Tele Ticino und den drei öffentlich-rechtlichen
Sendern SF DRS, TSI und TSR durchgeführt. Hierbei ist anzumerken, dass meine
Fragen nur bei den Deutschschweizer Sendern integriert wurden, da die sprachlichen
Barrieren den Mitarbeitern schon genug Arbeitsaufwand bescherten. Somit war das
Fernsehen durch das Bakom-Projekt, sowie die anderen elektronischen Medien und das
Plakat durch meine ausgewählten Vermarkter, genügend detailliert abgedeckt. Nur ein
Medium war aufgrund seiner Wichtigkeit im Schweiz noch untervertreten: Print. Hierzu
würde bis jetzt nur die Publicitas befragt werden, weshalb ich mich entschloss, noch
74

zwei Medienunternehmen zu interviewen, die hauptsächlich im Printbereich tätig sind.
Weiter sollte eines der Unternehmen einen exklusiven Vertrag mit der Publicitas haben,
während das andere auch Direktbuchungen anbieten musste, um die Forschungsfragen
zur Eigen- oder Fremdvermarktung abzudecken. So wurde aufgrund dieser
Überlegungen die Basler Zeitung und der Ringier Verlag ausgewählt. Ersteres
Unternehmen weil sie schon lange ein enges Verhältnis zur Publicitas und der
Publigroupe hat, dies aus historischer Sicht, aber auch in den Verwaltungsräten, sowie
in der Tatsache, dass ihr Sitz in Basel im selben Gebäude ist. Ringier wurde primär
ausgewählt, weil sie sich selber vermarkten, aber auch weil sie mit Blick, abgesehen
von der Gratiszeitung 20 Minuten, nicht nur die auflagenstärkste Tageszeitung besitzen
(vgl. Werbefibel 2005:18ff), sondern auch im Zeitschriftenmarkt sehr aktiv sind, der
eher nicht zum Kernbereich der Publicitas gehört.
Im Zeitrahmen von Januar bis Ende Februar 2005 wurden nun die verschiedenen
Experten der ausgewählten Unternehmen per Email kontaktiert. Da es oft schwierig ist
an die entsprechenden Kontakte zu kommen, vor allem weil diese überwiegend in
höheren Positionen anzusiedeln waren, geschweige denn auch ihre Einwilligung für ein
Gespräch zu erhalten, soll dieser Prozess und einige hilfreiche Umstände kurz
angeschnitten werden. Bei den sechs Interviews im Rahmen des Bakom-Projektes
wurde ich stark entlastet, da die Abmachung der Termine, sowie die Auswahl der
Experten durch die Projekt-Leitung geschah. Weiter führte an dieser Stelle
beispielsweise mein Interview mit dem Experten der Publisuisse Ueli Siegenthaler (und
Hasan Haybat), zum Kontakt mit Stephan Hug der APG, ein Unternehmen bei welchem
es schwierig gewesen wäre, den richtigen Ansprechpartner auszuwählen. Blieben also
noch fünf Experten. Im Falle der Publicitas erhielt ich im Rahmen der Vorlesung
„Werbeforschung und Mediaplanung“ an der Universität Zürich im Wintersemester
04/05 durch den Dozent Erwin Weibel, ein Mitarbeiter der Publicitas, den Kontakt zu
Georges von Csernatony von der Publicitas Generaldirektion in Lausanne. Dieser
wiederum verwies mich auf mein Ersuchen im Falle von Ringier an eine kompetente
Expertin und bei der Basler Zeitung an Herrn Daniel Sommer. Bei IP Multimedia wurde
direkt der Geschäftsführer Michi Frank angeschrieben, welcher mich wiederum an Frau
Siri Fischer verwies, welche zufälligerweise sogar eine ehemalige Studentin des IPMZ
ist. Im Falle der Adlink wurde nach einer Email an das Sekretariat, der Kontakt zum
Sales Director Stephan Suter hergestellt. Von allen diesen Anfragen kam keine einzige
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Absage, was ich doch als überaus erstaunlich erachte. Ich möchte mich an dieser Stelle
deshalb nochmals ganz herzlich bei den interviewten Experten bedanken, die sich alle
sehr viel Zeit nahmen und auch überaus interessiert und hilfsbereit waren. In
alphabetischer Reihefolge mitsamt Angabe ihrer Funktion im Unternehmen führte ich
im Zeitraum von Ende Januar bis Mitte März 2005 Gespräche mit den folgenden
Experten des Werbe- und Mediensystems der Schweiz:
Jean-Claude Bruhin (Cinecom, Leitung Kommunikation), Georges von Csernatony
(Publicitas, Direktor strategische Planung), ein Experte von Mediaedge:cia Schweiz,
Siri Fischer (IP Multimedia Schweiz, Head of Research), Hasan Haybat (Publisuisse,
Junior Key Account Manager deutschsprachiger Raum), Stephan Hug (Affichage APG,
stellvertretender Direktor, Key Account Manager), eine Expertin von Ringier, ein
Experte von OMD, Tarkan Özküp (Belcom/TeleZüri, Leiter Verkauf und Marketing),
Hans-Peter Scholl (Radiotele, Key Account Manager), Ueli Siegenthaler (Publisuisse,
Key Account Manager deutschsprachiger Raum), Daniel Sommer (damals Basler
Zeitung, Verlagsdirektor), Stephan Suter (Adlink, Sales Director).
Daneben konnte durch die Mitarbeit im Bakom-Projekt zur Fernsehwerbung zum Teil
auf Interviews mit Experten aus den folgenden Unternehmen für weitere Informationen
zurückgegriffen werden: Bernhard Abegglen (Contexta, Creative Director), Claudia
Bossert (SF DRS, Leiterin Kommunikation und Marketing), Peter Brönnimann
(Spillman/Felser/Leo Burnett, Creative Director) Andreas Meili (Tamedia, Leiter
elektronische Medien), Hanspeter Schweizer (Wirz, Creative Director), Andreas Waldis
(Sat1 Schweiz, Leiter Sponsoring).
7.2 Die Methode der Experteninterviews
Wie bereits angesprochen, muss aufgrund fehlender Literatur und Forschungen im
Bereich der Werbevermarkter, überwiegend auf die Methode der Experteninterviews als
Informationsgewinnung zurückgegriffen werden, welche aber bei diesem
Lizentiatsthema auch am sinnvollsten erscheint, um die gewünschten Erkenntnisse zu
erreichen. Bei den Experteninterviews handelt es sich um eine Forschungsmethode der
qualitativen Sozialforschung, welche sich von anderen Interviewtechniken nicht nur in
der Art der Gesprächsführung unterscheidet, sondern vielmehr dadurch, dass das
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Interesse nicht dem Experten selbst gilt, sondern den Informationen, die dieser besitzt.
Dabei kann der Experte als Repräsentant eines organisatorischen oder institutionellen
Kontextes verstanden werden (vgl. Meuser/Nagel 1995:444). Als solches vermitteln sie
Insider-Erfahrungen spezifischer Status- und Interessengruppen und exklusive Einblicke
in Strukturzusammenhänge und Wandlungsprozesse der Organisation oder Institution,
die sie repräsentieren (vgl. Liebold/Trinczek 2002:3). Bevor das eigentliche Interview
aber stattfinden kann, müssen die im siebten Kapitel beschrieben Forschungsfragen zu
einem Leitfaden angeordnet werden, auf dessen sich das Interview abstützt, aber nicht
stur befolgt. Da der Experte nicht nur als quantitativer Daten- und Faktenlieferant
dienen soll, was mit einer schriftlichen Befragung einfacher erreicht werden könnte,
sondern seine Erfahrungen und sein Insider-Wissen preisgeben soll, ist es sinnvoll, ein
offenes Interview zu führen. Der Leitfaden garantiert nun an dieser Stelle eine
Vergleichbarkeit der gewonnen Daten und strukturiert diese gleichzeitig, da die
Grenzen des Gesprächs vorgegeben sind und somit leichter befolgt werden können.
Die ersten Fragen, die nun im Interview gestellt werden, sind äusserst wichtig für den
weiteren Verlauf des Gesprächs. Der Interviewer kann beispielsweise mit einfachen
Fragen die Stimmung auflockern oder durch eine offene Frage dem Befragten einen
Rahmen geben, in dem er sich während des Gesprächs zu bewegen hat. Deswegen
wurde im angewendeten Leitfaden zunächst das jeweilige Unternehmen des Experten
im Werbe- und Mediensystem anhand einer Grafik eingeordnet und ihm vorgelegt.
Anschliessend wurde die in Kapitel 3.5 konkretisierte Definition eines
Werbevermarkters aufgezeigt und gefragt, ob der Experte damit einverstanden sei oder
ob er noch Ergänzungen hätte. Schliesslich wurde anhand der aufgestellten Definition
eine Liste aller Werbevermarkter in der Schweiz vorgestellt und auf deren
Vollständigkeit angesprochen, um diese gegebenenfalls zu erweitern, bevor
schlussendlich die eigentliche erste Interviewfrage, über die grundsätzlichen Funktionen
der Werbvermarkter im Schweizer Medien- und Werbesystem gestellt wurde.
Weiter empfiehlt es sich eigentlich, das Interview mit zwei Interviewern durchzuführen,
wobei eine Person primär den „Fragepart“ übernimmt und versucht, dem natürlichen
Gesprächsverlauf zu folgen, während die andere für das Nachfragen zuständig ist und
noch offene Fragen in den Gesprächspausen einbringt. Dies ist vor allem notwendig,
wenn die Interviewer nur begrenzte Kenntnisse des Themas haben. Im Falle dieser
77

Lizenziatsarbeit war das Erkenntnisinteresse und die verschiedenen Fragestellungen
soweit verinnerlicht, dass die Wissenschaftlichkeit und die vollständige Abdeckung
aller relevanten Bereiche auch alleine bewerkstelligt werden konnte und musste, den
aufgrund forschungsökonomischer Zwänge wäre es auch nicht möglich gewesen,
jeweils eine zweite Interviewperson zu organisieren.
Zum Abschluss des Interviews kann der Gesprächspartner dann mit einer offenen Frage
auf unerwähnte Aspekte angesprochen werden, um noch weitere Ansichten
hinzuzufügen (vgl. Leitner/Wroblewski 2002). Dies wurde auch so gehandhabt, aber es
stellte sich heraus, dass zusätzlich Äusserungen eher dann fielen, als das digitale
Aufzeichnungsgerät ausgeschaltet wurde, weshalb diese dann später notiert wurden.
Wegen der geringen Standardisierung und der offenen Gesprächsführung ist die Dauer
eines Experteninterviews schwierig abzuschätzen, bewegt sich meistens aber im
Rahmen einer Stunde und sollte deshalb mindestens akustisch aufgezeichnet werden, je
nach Interesse auch optisch, um die Fülle an Informationen verarbeiten zu können.
Diese Annahme der durchschnittlichen Dauer bestätigte sich dann auch, wobei es aber
doch höchst unterschiedliche Längen der Gespräche gab, von ca. 45 Minuten (OMD,
Ringier) bis zu etwa zwei Stunden (Publicitas, Radiotele). Hierdurch kamen schon nur
nach der Transkribierung der 13 selber durchgeführten Interviews 176 Seiten Text
zusammen.
Wie bereits angedeutet, ist darauf zu achten, dass sich die Interviewer mit dem
Sachverhalt der Befragung weitgehend auskennen, da sie sich nicht eines Fragebogens,
sondern nur eines Leitfadens bedienen können. Ziel des Interviewers ist es, im
Austausch mit dem Experten eine gewisse Intensität zu erreichen, so dass man an die
interessanten Aussagen herankommt. Es ist deshalb einerseits wichtig, das Gespräch zu
stimulieren, gleichzeitig muss der Fragesteller aber auch eine zurückhaltend-
interessierte Position einnehmen, sich bescheiden und diskret verhalten, um so keinen
Einfluss auf die Antworten des Experten zu nehmen (vgl. Kaufmann 1996). Fragen
sollten deshalb in Anreize verwandelt werden, um das Gespräch in Gang zu halten. Die
Sprache der Interviewführung sollte möglichst der des Experten angepasst werden, um
Verständlichkeit zu erreichen und eine Unter- bzw. Überforderung zu vermeiden. Als
letzter Punkt ist zu beachten, dass das Interview in einer harmonischen, kollegial-
neutralen Atmosphäre möglichst vertraulich und entspannt verläuft.
78

Durch das Befolgen der angesprochenen Punkte, förderten die Experteninterviews sehr
qualitative Informationen zutage, welche mit anderen Forschungsmethoden bei diesem
Lizentiatsthema nicht hätten erreicht werden können.
7.3 Datenaufbereitung und –Auswertung
Durch die Wahl der Experteninterviews als Forschungsmethode, verbietet sich eine
quantitative Auswertung der Daten. Vielmehr gilt es, durch eine qualitative
Inhaltsanalyse eine systematische und intersubjektiv überprüfbare Textanalyse
durchzuführen, die der Interpretationsbedürftigkeit und Bedeutungsfülle des
sprachlichen Materials gerecht wird. Im Gegensatz zur quantitativen Inhaltsanalyse sind
die gewonnenen Daten und die daraus gezogenen Schlüsse weder repräsentativ noch
sollen zahlenmässige Zusammenhänge gefunden werden. Vielmehr gilt es Trends
aufzuspüren, gemeinsames, kohärentes oder Unterschiede in den Antworten der
Experten aufzudecken und zusammenzufassen beziehungsweise zu kategorisieren.
Die erste Form der Datenaufbreitung geschah durch die Transkribierung der akustisch
aufgenommen Experteninterviews zu geschriebenem Text. Hierbei wurde darauf
geachtet, alle Aussagen wörtlich und ohne Änderungen zu übernehmen, da dies bei der
späteren Analyse von Relevanz sein kann. Abgesehen von den Interviews welche
spezifisch für die Lizentiatsarbeit verwendet wurden, mussten die transkribierten
Interviews des Bakom-Projektes in das Textauswertungsprogramm Nvivo importiert
werden, damit eine spätere computergestützte Analyse erfolgen konnte. Hierzu musste
aber zuerst der gesamte Textkorpus anhand der Forschungsfragen strukturiert und
codiert werden, um sie den verschiedenen Beteiligten zugänglich zu machen.
Bei den Interviews welche explizit für diese Lizentiatsarbeit durchgeführt wurden,
wurde auf dieses Vorgehen verzichtet, da aufgrund des eigenen Wissenstandes zum
Thema die Durchsicht der verschiedenen transkribierten Interviews effizienter ohne
computergestützte Auswertung durchgeführt werden konnte.
79

8. Ergebnisse der Experteninterviews
Im folgenden Kapitel werden nun nach der theoretischen und methodischen Vorarbeit
die Ergebnisse der Experteninterviews vorgestellt. Die Zusammenfassung und
Kategorisierung der gewonnen Erkenntnisse wird wiederum in die Hauptkategorien
Werbevermarkter, Werbesystem, Medien und Programmgestaltung unterteilt, welche im
Kapitel 6 erläutert wurden. Innerhalb dieser Kategorien werden dann die Antworten der
Experten 2 auf die verschiedenen Fragen beschrieben. Zum Teil könnten die Aussagen
verschiedenen Kategorien zugeordnet werden, da gleichzeitig vielfach verschiedene
Aspekte angesprochen werden.
8.1 Kategorie Werbevermarkter
Generell kann hier festgehalten werden, dass alle Experten mit der erarbeiteten
Definition der Werbevermarkter einverstanden waren und sie auch an der
zusammengestellten Liste der Schweizer Unternehmen nichts auszusetzen hatten. Auch
deckten sich weitgehend die verschiedenen Aussagen der Experten, wobei jeder
aufgrund der spezifischen Erfahrungen mit seinen Medien im Werbemarkt andere
Erfahrungen einbrachte.
8.1.1 Die Entstehung der Werbevermarkter
Bezogen auf die Entstehung der Vermarkter lassen sich die verschiedenen Aussagen der
Experten grundsätzlich zu drei groben Antwortkategorien zusammenfassen.
Aus publizistikwissenschaftlicher Sicht wird erstens argumentiert, dass durch die
Auslagerung des Verkaufs von Werbezeit oder Werberaum in ein eigenes Unternehmen,
die Unabhängigkeit und redaktionelle Eigenständigkeit beziehungsweise Autonomie
gewährleistet werden kann. Hierdurch kann sich das Medium auf sein eigentliches
Kerngeschäft konzentrieren und das kommerzielle Geschäft der Finanzierung einem
anderen Akteur überlassen, der sich darauf spezialisiert hat und somit bessere
Ergebnisse im Markt erzielen kann.
2 Auch in diesem Kapitel werden alle Aussagen wörtlich und unbearbeitet wiedergegeben. Anonymisiert
sind hier aber nur jene Interviewpartner, welche dies explizit wünschten oder solche, mit denen nicht
persönlich gesprochen wurde.
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„Man hat einfach festgestellt, dass Medien sich eine gewisse Unabhängigkeit bewahren
können, wenn sie die ganze Vermarktung, die Angebotsgestaltung irgendwo auslagern.
Man könnte auch sagen, Schuster bleib bei deinen Leisten. Man konzentriert sich auf
sein Kerngeschäft und man überlässt die Akquisition einem Profi“ (JCB, Cinecom). So
konnte dies auch einer potentiellen Beeinflussung durch Werbekunden vorbeugen: „(…)
ist es schon geschickt, wenn man Kommerz und Redaktion trennt. (…) dass da keine
direkte Beeinflussung passiert. (…) Kunden machen auch immer Druck auf, über die
Werbung in Redaktionen. Wenn diese Trennung nicht da ist, besteht die Gefahr, dass es
dann einen Brei gibt von Informationen, wo man nicht mehr weiss, sind das
journalistisch aufbereitete oder kommerziell aufbereitete Informationen“ (US,
Publisuisse). Angesprochen auf den Printbereich und die spezielle Situation der
Publicitas, wird dies auch historisch begründet: „Früher war der Verleger vor allem ein
Drucker. Er war im Druckbereich tätig, sein Know-how war im Druckbereich und die
Werbeeinnahmen waren wichtig, absolut, aber da hatte er kein Know-how. Der
Verleger kümmert sich um den redaktionellen Teil, Druck und Vertrieb und dann gibt
es Leute die sich mit dem Kommerziellen befassen und das lagern wir aus. Das war die
Publicitas“ (GVC, Publicitas).
Der zweite Grund für die Entstehung der Vermarkter wird in den Ansprüchen der
Kunden begründet. Ob diese nun werbetreibende Unternehmen, Werbe- oder
Mediaagenturen sind, entscheidend ist die Vereinfachung des Abwicklungsprozesses,
die Minimierung der zu bewältigenden Kontakte und auch die Titel-, Format, oder
medienübergreifende Platzierung der Werbebotschaft.
„Also die Vermarkter als solches bündeln ja meistens mehr als einen Sender oder ein
einzelnes Angebot. Je nach dem eine ganze Gattung als solches oder mehrere Kanäle,
zum Beispiel im Fernsehen Sender und so weiter. Das vereinfacht natürlich dem
Kunden, der Agentur, den Zugang zu diesen Werbeträgern. Weniger Kontaktstellen um
an die Produkte zu kommen“ (X19, Ringier). „Von dem her hat es einfach irgendwann
vermutlich den Schrei nach jemandem dazwischen gegeben und irgendwann hat man
dann gefunden, gut, OK, man muss das auch vergüten, man hat Vermarktungsfirmen
aufgebaut, die eigentlich spezialisiert auf weitere Gebiete für einen Kunden das Ganze
abwickeln können“ (SS, Adlink). Dies vereinfacht natürlich auch die ganze Abwicklung
und Abrechnung, denn anstatt Rechnungen von allen verschiedenen belegten Medien zu
81

erhalten, bekommt der werbetreibende Kunde über den Vermarkter nur eine Abrechung.
„(…) eine Migros, die disponiert in 150 Zeitungen und Zeitschriften etc. und dass in
der ganzen Schweiz. Das heisst, dass macht die Sache rein mathematisch furchtbar
kompliziert, das alles abzurechnen, zu kontrollieren, dass die Abschlüsse stimmen (…).
Da braucht es eine Organisation. Der Kunde für ihn ist klar, wenn er dann… One order,
one bill. Ist das einfach, es ist kontrollierbar etc., da braucht er nicht noch 10 oder 15
Leute, die in der ganzen Schweiz Erscheinungskontrolle machen, die Belege
kontrollieren“ (GVC, Publicitas). Diese Entstehungsgründe gehen natürlich stark in den
Bereich der Funktionen und Leistungen über, weshalb diese im nächsten Kapitel noch
genauer angesprochen werden sollen.
Drittens wird natürlich auch die ökonomische Dimension angesprochen. So wird
angemerkt, dass durch die Ausdifferenzierung der Werbeakquisition aus dem
Medienunternehmen zu einem Vermarkter unternehmensintern Synergien genutzt und
somit auch Kosten gespart werden können.
„ (…) z.B. IP Deutschland, wenn sie alle Sender der RTL Gruppe zusammen anbieten,
weil dann müssen sie nur einen Statistiker einstellen, nur eine Spezialperson, die Preise
berechnet. Ansonsten müsste jeder Sender seine eigene Vermarktungsabteilung, solche
Spezialisten einstellen. Ich denke, dass hängt sehr viel mit der Spezialisierung, aber
auch mit der Verringerung der Transaktionskosten zusammen“ (SF, IP). Der
Kostenfaktor ist somit entscheidend, für die Gründe der Auslagerung: „Die meisten
Berechnungen in den letzten Jahren, die auch wir immer wieder einmal anstellen,
zeigen, dass es im Normalfall günstiger ist, wenn man mit einem guten Vermarkter
zusammenarbeitet“ (DS, Baz). „Was entscheidet, ist wo liegen die meisten Synergien
und kostet die Eigenregie dem Verleger mehr als eine Regie. Wenn sie es ihm weniger
kostet oder wenn er glaubt, dass es weniger ist, dann ist er in Eigenregie“ (GVC,
Publicitas).
Auf der anderen Seite wird auf die Frage zur Entstehung der Vermarkter natürlich auch
der grundsätzliche unternehmerische Reiz angesprochen und die potentielle Lukrativität
des Geschäfts betont: „Weil es ein gutes Business ist“ (US, Publisuisse). Speziell auch
durch die verschiedenen monopolartigen Strukturen in der Schweiz: „ (…) dass ist eine
ganz klare kommerzielle Antwort. Die Vermarktung eines Mediums ist natürlich
attraktiv. Wenn man attraktive Margen hat, und das sieht man z.B. im Kinobereich, wo
82

es heute auch ein Monopol gibt durch die Cinecom. Das ist sicherlich attraktiv für die
Vermarktung. Dann muss es auch attraktiv sein für die Deutschen Fenster, sonst würde
man dass ja nicht machen“ (TÖ, Belcom).
8.1.2 Funktion und Leistungen der Werbevermarkter im Werbe- und
Mediensystem
Wie bereits im vorherigen Kapitel erwähnt, ist eine ganz wichtige und zentrale Leistung
der Werbevermarkter, die Vereinfachung des Werbeprozesses für den Kunden. Von der
Beratung, Planung, Buchung, technischem Handling, Kontrolle bis zur anschliessenden
Abrechnung alles über einen Kontakt erledigen und dies zum Teil noch über
verschiedene Medien- oder Mediengattungen. Diese Leistungen und den daraus
resultierenden Vorteilen für den werbetreibenden Kunden, beziehungsweise die
Agenturen, sind umso ausgeprägter, je mehr Medien ein Vermarkter, in diesem Falle
aber zum Teil auch Vermittler im Angebot haben.
„Von der ersten Offerte bis zur Ausstrahlung, über die Zuschauermessung und alles.
Also, das ist ein riesiger Komplex. Ohne Werbevermarkter würde das nicht gehen“ (US,
Publisuisse). Hier wird auch wieder die schon im Rahmen der Seminararbeit
angesprochene Dienstleistungs- und Servicefunktion erwähnt, welche die Vermarkter
anbieten sollen, diese aber auch gleichzeitig vor Probleme stellen kann: „Man muss
heute wirklich den Leuten Planungssicherheit, eine gute Effizienz und einen
ausgezeichneten Service bieten. Das heisst, die Serviceleistung wird intern immer
teurer, das heisst, unsere Kosten steigen. Aber nicht unbedingt das Gesamtvolumen“
(TÖ). Weiter wird der Vorteil und Effizienzgewinn auf Kundenseite erwähnt, welcher
durch die Möglichkeit entsteht, mehrere Medien über einen Kontakt zu buchen,
abzurechnen etc: „Ein Werbeauftraggeber kann dann mit einem Ansprechpartner, 140
Websites belegen, anstatt jede Website einzeln kontaktieren zu müssen, verschiedene
Ansprechpartner, verschiedene Verrechnungssysteme, im voraus, im nachhinein
bezahlen“ (SS, Adlink). „Aber es ist auch eine Bequemlichkeit zu sagen, wenn sie über
50 Radiostationen selber buchen wollen, oder? Es ist eine Kosten-Nutzen Situation.
Oder ob sie einen Mittler haben, der ihnen alles erledigt und sie rufen an, eine Stunde
später haben sie von über 50 Stationen eine Offerte, oder? Und sie kriegen ein Telefon
und sie kriegen diese 50 Sender noch gebucht. Und sie rufen das Produktionsstudio an
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und sagen, du musst das Datenfile des Spots bei Radiotele auf den Server legen, damit
die 50 Sender das herunterladen können und ausstrahlen können. Dann ist es eigentlich
klar, wo der Erfolg oder die Aufgabe einer solchen Unternehmung ist, nämlich
Convenience für jeden der mit uns zusammenarbeitet. Auch Planung. Heute, eine
Mediaagentur macht doch keine Radioplanung mehr selber. Das wird alles delegiert an
Unternehmungen wie Radiotele oder auch an IP Multimedia“ (HPS, Radiotele).
Mit den letzten zwei Sätzen wird auch hier wieder deutlich, dass die Werbevermarkter
öfters Funktionen übernehmen müssen, die über ihr eigentliches Kernaufgabengebiet
hinausgehen, aber um möglichst viel Werbevolumen zu generieren und Kunden zu
gewinnen, diese trotzdem angeboten werden. In diversen Interviews kam deshalb auch
zur Sprache, dass man die Mediaplanung schon machen würde, sich aber eigentlich
lieber auf das eigentliche Geschäftsgebiet konzentrieren würde.
Denn der Sinn und Zweck eines Werbevermarkters, der ihn auch von einem Vermittler
abgrenzt, ist der aktive Verkauf und die bewusste Promotion seiner exklusiv
vermarkteten Medien und damit den Verkauf des Werberaumes beziehungsweise der
Werbezeit bei den potentiellen Kunden im Werbe- und Wirtschaftsystem.
Werbvermarkter „ (…) verkaufen das Medienangebot bei den Werbeagenturen, bei den
Mediaagenturen und bei den Vermittlern und bei den werbetreibenden Unternehmen.
Bei allen Marktpartnern sind sie der Verkäufer des Produkts, mit allem was dazugehört
(DS, Baz). „Wir akquirieren Kunden, Agenturen und Mediaagenturen für unsere
Angebote. Das ist, wäre eigentlich unsere Tätigkeit“ (HPS, Radiotele). Die
„Hauptfunktion ist Promotion und Verkauf exklusiver (…) Pachttitel. Und die zweite
wichtige Funktion ist die gesamte Abwicklung, Abrechnung, Inkasso, del credere. (…)
Also sind es diese zwei Dimensionen. Eine Dimension ist Beratung, aber
schwerpunktmässig das Wichtigste ist der Verkauf und die Promotion“ (GVC,
Publicitas). Im Falle der Publicitas und der Bedeutung des Printmarktes in der Schweiz
wird auf eine weitere wichtige Leistung hingewiesen, die erfüllt werden muss: „Das
heisst konkret bei uns, dass wir ein flächendeckendes Verkaufsnetz haben müssen, das
sind etwa 100 Filialen in der ganzen Schweiz und das erlaubt dem Kunden in Chur, zu
Publicitas Chur zu gehen, und zu sagen, voilà, ich möchte inserieren in 30 Zeitungen, 3-
Mal hier, 1-Mal da (…) etc. und ich erwarte von Publicitas eine Rechnung, one bill. Am
Ende des Monats bekommt er eine Abrechnung. Das Ganze ist erschienen, wurde
kontrolliert, die Belege wurden versandt (…). Das ist Rationalisierung, die Synergie für
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den Kunden. Und für den Verleger ist es natürlich auch von Vorteil, wenn ein Verleger
in Chur auch weiss, dass es eine Filiale in Genf gibt, die ihn auch aktiv verkauft“ (GVC,
Publicitas).
In diesem Zusammenhang wird auch die Bedeutung der Werbefinanzierung für die
Medien durch die Experten angesprochen und demzufolge die Notwendigkeit der
Werbevermarkter mitsamt ihrer eigentlichen Hauptfunktion betont:
„Unsere Aufgabe ist die Gewinnmaximierung“ (HSP, Radiotele). „Es ist ja so, dass die
Vermarkter von Werbung, die finanzieren ja ihr Medium damit. Weil, von der
Zeitungsauflage pro Stück kann man ja nicht leben, somit vom Inhalt der Werbung“
(SH, APG). Und damit das Medium finanziell existenzfähig bleibt, muss der
Vermarkter aktiv den Werbemarkt bewirtschaften, wodurch sie deshalb für das
Medienunternehmen eine äusserst wichtige Stellung innehaben: „Sie sind das A und O.
Wenn es die Werbevermarkter nicht gibt, gibt es keine Angebote. Also, es ist an uns die
Angebote bereitzustellen für den Markt“ (US, Publisuisse).
Weiter wird in den Aussagen auch auf die bereits theoretisch angesprochene
Bindegliedsposition der Vermarkter zwischen dem Medien- und Werbesystem
eingegangen. Im interdependenten Bereich in dem sich die zwei Systeme überschneiden
und aufeinander beziehen, nehmen die Werbevermarkter eine zentrale Position ein.
„Also sie sind die Zwischenstation oder die Zwischenstelle zwischen Medium, also das
Angebot des Mediums im Werbebereich, und den Kunden oder Agenturen die das
Medium nutzen wollen als Werbeträger“ (X19, Ringier). „In der Regel sind wir die
Schnittstellen zwischen, ich sage jetzt einmal dem Sender, der Website im
Onlinebereich (und) dem Werbeauftraggeber“ (SS, Adlink). Der gegenseitige
Informationsfluss, sowie auch seine Bedeutung für die Medien und ihre Formate wird
hier erläutert: „Wir stehen zwischen den Auftraggebern, sprich Kunden und Agenturen
und dem Sender. Mit anderen Worten der Sender hat eigentlich seine eigene
Akquisition ausgelagert, er lässt das einen Profi machen, der über die Notwendigen
Kontakte verfügt. Insofern sind wir ein reiner Dienstleister innerhalb des Systems mit
gegenseitig beratender Funktion. Das lässt sich insofern präzisieren, als wir natürlich
die ganzen Forschungszahlen bei uns haben über den Fernsehbereich und wir natürlich
85

im direkten Dialog stehen mit dem Sender, um ihm auch Ratschläge zu geben, wenn es
beispielsweise eben um die Schaffung eines neuen Sendegefässes geht, auch um die
Platzierung, wann zeitlich das Gefäss nach unserer Meinung am besten passt. Oder auch
wenn es darum geht, zu überlegen, ob das irgendwo im Markt dann auch platziert
werden kann, sprich ob das irgendwo Auftraggeber finden würde, die Werbung rund
herum schalten würden. Hier haben wir eine beratende Funktion, genauso bei den
Agenturen, da werden wir natürlich häufig gefragt, ja welches Gefäss sich unserer
Meinung nach für welche Zielgruppen eignet und wir liefern dann die Analysen dazu“
(JCB, Cinecom).
8.1.3 Bedeutung und Macht der Schweizer Werbevermarkter
Auf die Frage nach der Bedeutung, insbesondere der Macht der einzelnen Vermarkter
reagierten die Experten in unterschiedlicher Weise und nicht einheitlich, jedoch vielfach
eher zurückhaltend und vorsichtig. So wurde einerseits argumentiert, dass die Macht der
Werbevermarkter durch verschiedene Faktoren relativiert werden, wodurch diese eher
auf Kundenseite und zum Teil bei den grossen Mediaagenturen zu suchen wäre, oder
aufgrund der intermedialen Konkurrenz und dem rückläufigen Werbevolumen nicht
ausgeprägt bei einem einzelnen Vermarkter festgestellt werden könne.
„Ich denke, Macht haben wir immer so viel, wie uns der Kunde auch gibt. Wir können
nicht am Kunden vorbeiarbeiten. (…) Wir müssen ihm soviel retour geben für seinen
Werbefranken oder ihn so richtig investieren, damit es für ihn hinten auch wieder
stimmt. Und so von dem her ist unsere Macht, meines Erachtens, gar nicht so gross. In
der Radiowerbung, wenn ein Radio seine Leistung nicht bringt, dann kann ein
Vermarkter noch lange hinstehen und sagen, du musst da hin, der Kunde wirbt einfach
nicht mehr da. Der Kunde ist schlussendlich immer noch der Mächtigste in der ganzen
Kette“ (SS, Adlink). „Also auf Kundenseite ist es natürlich so, dass die Konkurrenz
mörderisch ist, dass ist ganz klar. (…). Intermediale Konkurrenz zwischen Publicitas,
Publisuisse, Radiotele, auch APG. Der Werbemarkt (…) war eher rückläufig, jetzt steigt
er wieder. Aber natürlich sehr, sehr, sehr langsam und das heisst, der Kuchen ist mehr
oder weniger gleich geblieben und alle die da sind, versuchen soviel wie möglich von
diesem Kuchen zu haben“ (GVC, Publicitas). Dass ein Vermarkter zu mächtig werden
könnte, wird deshalb bezweifelt: „Ich glaube nicht. Der Wettbewerb ist recht gross unter
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allen Vermarktern. Wir sehen uns nicht nur in Konkurrenz zu IP oder Cinecom, jeder
Werbefranken, der irgendwo anders als bei uns investiert wird, ist eine Konkurrenz. Der
Werbemarkt ist limitiert, der wird nicht mehr gewaltig wachsen“ (US, Publisuisse).
„Macht? (…). Die Macht ist eher auf Seiten der Mediaagenturen. Die Macht ist gar
nicht gross bei den Mediaanbietern. Die Macht kann man höchstens noch sehen, wenn
man sagt, einer hat irgendwo sexy Brands, wenn man RTL und Pro7 als sexy
bezeichnet. Aber da ist noch keine Macht vorhanden“ (TÖ, Belcom). So ist die
Bedeutung der verschiedenen Vermarkter existenziell mit der Entwicklung der Medien
und des Werbemarktes verknüpft: „Also in den letzten Zeiten sind sie eher geschwächt
worden. Also Publicitas, weil der Printwerbemarkt einfach zurückgegangen ist in den
letzten drei Jahren, weil die Stellen zusammengebrochen sind, weil das
Immobiliengeschäft während drei, vier Jahren sich miserabel entwickelt hat,
Verlagerung Internet und was weiss ich alles… Publisuisse hat natürlich auch
Konkurrenz bekommen, die Fenster…“ (GVC, Publicitas).
Aus der Sicht des Medienunternehmens wird auch auf die veränderte Lage und
Kurzlebigkeit im Werbemarkt hingewiesen: „Ich denke nicht, dass beim Vermarkter
eine Gefahr besteht. Die Verträge die man mit einem Vermarkter abschliesst, sind ja
nicht mehr über 20 Jahre. (…). Das Risiko, dass man da eingeht, ist nicht enorm beim
Vermarkter. Der Vermarkter ist ja der Vertreter meines Mediums. Im Extremfall muss
ich das selbst aufbauen. Kann man aber, wenn es nötig ist“ (DS, Baz).
Andererseits schreiben einige Experten gewissen Vermarktern doch eine höhere
Bedeutung zu und weisen darauf hin, dass die Macht naturgemäss beim Marktleader zu
suchen ist, der am ehesten in der Lage ist, seine Angebote durchzusetzen. Folgende
Unternehmen wurden als mächtig oder bedeutenden Akteure eingestuft, wenn auch in
unterschiedlichen Kontexten und spezifischen Marktsegmenten: Publicitas, Publisuisse,
IP Multimedia Schweiz.
So war eine Antwort auf die Frage, welche Macht die einzelnen Vermarkter in der
Schweiz hätten, wie folgt: „Eine recht Hohe. Also, wenn ich Publicitas anschaue, dann
ist das für die Schweiz einzigartig im Vergleich zum Ausland. Die Position die hier im
Printmedienbereich realisiert wird. Auch die anderen, Publisuisse zum Beispiel ist recht
stark“ (X19, Ringier). „Also, die Macht von IP ist gross, weil sie eben die Werbeflächen
haben, die sie eigentlich liefern können. Sie verkaufen heute grundsätzlich RTL und
87

Pro7, dass sind ihre Cash-Cows, da ist das Geld zu verdienen. (…). Es hat ja genügend
Werbefenster, es hat genügend Werbeblöcke. Also, das ist natürlich eine
Wettbewerbsverzerrung. Das macht den Markt kaputt“ (HSP, Radiotele). Und im
Gegensatz dazu die andere Seite: „Die Macht gegenüber den Auftraggebern denke ich,
ist sehr unterschiedlich. Es kommt immer darauf an, ob man sich in einem sehr liberalen
Markt bewegt oder in einem stark reglementierten, wie bei den elektronischen z. B. wo
ja das Monopol noch nicht so lange gebrochen ist. Dort haben dann, die Publisuisse hat
sicher eine grössere Macht, also zumindest einmal umsatzmässig aber auch durch die
Historik als ehemaliger Monopolist (…). Inzwischen ist es so, dass das Angebot,
zumindest in der Deutschschweiz an Werbezeit im Fernsehbereich schon gestiegen ist.
Trotzdem ist es immer noch so, dass man bei stark beliebten Werbezeiten, Prime Time,
der Nachfrage nicht nachkommen kann. Also das heisst, es besteht hier noch Potential
für eine grössere Liberalisierung. Vor allem in der Westschweiz, wo die Fernsehsender
die Werbezeit anbieten, eigentlich konstant ewig ausgebucht sind“ (SF, IP). Auch die
Vermittler werden bezüglich ihrer Marktmacht angesprochen: „Ich denke, der
Vermittler ist eher nicht eine Gefahr, (aber) der Vermittler hat die Kontakte überall und
je nach dem von wem man spricht, haben gewisse Vermittler einen enorm hohen
Marktanteil. Da ist die Publicitas einer davon, die vermittelt im Rubrikengeschäft,
Immobilien, nahezu 70-80 % der Schweizer Immobilienaufträge. Das ist zwar nicht eine
Gefahr, aber eine gewisse Marktdominanz, die man zu spüren bekommen könnte“ (DS,
Baz). Bedenkt man hier nun aber, dass viele Vermarkter auch Vermittler sind, so etwa
neben der Publicitas auch IP Multimedia, Belcom oder Radiotele, so besitzen gewisse
Unternehmen hierdurch eine noch bedeutendere Stellung.
Diese verschiedenen Machtkonstellationen stehen natürlich auch in Zusammenhang mit
den Strukturen des Schweizer Medien- und Werbesystems: „Ja, wenn ich die
Medienanbieter anschaue, sind es alles, ein bisschen überspielt gesagt, Monopolisten.
Die Publigroupe, die vermarktet irgendwie 80% (…) vom Printmarkt. Ein Marktleader
sondergleichen. (…). So auch APG mit 75% Marktanteil. Da sind wir in bester
Gesellschaft. Aber das ist so. Das ist die Homogenität des Marktes in der Schweiz. (…)
die drei grossen Verleger haben das sehr gut geschafft, einander nicht weh zu tun,
sondern miteinander zu wachsen“ (SH, APG).
Trotz diesen Monopolsituationen wird aber auch erwähnt, dass ein ausgewogener
Mediaplan vor allem bei den zwei elektronischen Mediengattungen Fernsehen und
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Radio, verschiedene Sender und deshalb auch die diversen Vermarkter miteinbeziehen
muss.
„Aber ein ausgewogener TV-Plan heute der berücksichtigt entsprechend dem Share of
Voice die anderen Sender genauso. Hier könnte man wahrscheinlich nicht von einer
absoluten Machtfülle sprechen. Es ist klar, wenn der Marktleader (die Publisuisse) eine
neue Vorgabe macht, dann werden die übrigen Vermarkter mitziehen“ (JCB, Cinecom).
„Entweder sie haben ein Produkt, dass (…) ein Need und ein Must darstellt, mit einer
dominierenden Marktstellung, ich sage jetzt mal SRG. Dann sind sie eine arrogante
Marke. Dann können sie auch als Vermarkter, mit einer gewissen Arroganz auftreten,
können Forderungen des Marktes negieren und können ihre eigene Angebotsstruktur
durchsetzen. Das ist die Strategie der SRG. Premium Produkt, Premium Strategie,
Premium Price. Mövenpick gibt es nicht mehr… Gleiches Problem. Das ist auch das
Problem, dass die Publisuisse hat. (…). Man ist nicht angewiesen nur auf die SRG“
(HSP, Radiotele).
Grundsätzlich wird aber auch immer wieder verschiedentlich betont, dass die Macht
oder Bedeutung eines Werbevermarkters von seinen vermarkteten Medien und der
Qualität seiner Produkte abhängig ist, beziehungsweise die Akzeptanz deren beim
Publikum. Stellvertretend dazu zwei Aussagen:
„Macht, von Macht spreche ich nicht gerne. Das ist irgendwie negativ. Ich finde es
kommt immer darauf an, auf welches Pferd er aufsitzen kann. Weil ein
Werbevermarkter hat nur dann eine gute Chance, wenn er gute Medien hat, die er
vermarkten kann. Und die Produkte oder die Medien macht ja ein Werbevermarkter
eben nicht selbst. Er ist immer nur so stark im Markt wie eben das Zugpferd seinen Job
macht. Und wir haben das grosse Glück, dass wir journalistisch sehr gute Produkte
haben. Dass wir unverwechselbare Produkte haben, dass wir schweizerische Produkte
haben, die einen sehr hohen journalistischen Anspruch für sich haben und dass wir mit
den relativ knappen finanziellen Mitteln die der SRG zur Verfügung stehen, doch recht
beachtliche Leistungen haben national. (…). Wir sind nicht stark, weil wir einen guten
Job machen. Wir sind nur stark, weil wir gute Produkte haben“ (US, Publisuisse). „Die
Werbung ist erfolgreich, wenn die Zeitung gut ist. (…). Wenn die Qualität zurückgeht,
dann ist es auch für die Werbung vorbei“ (GVC, Publicitas).
89

8.1.4 Die Schweizer Werbevermarkter im internationalen Vergleich
Allgemein kann gesagt werden, dass die Vermarkter in den Nachbarländern mit
ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben wie die Schweizerischen und einige
Experten sehen sogar keine erheblichen Unterschiede. Aber bei einer differenzierteren
Betrachtung wird jedoch ersichtlich, dass sich die verschiedenen Märkte im Bezug auf
die Vermarktungssituationen doch erheblich unterscheiden, vor allem wenn man nicht
das ganze Mediensystem, sondern die verschiedenen Mediengattungen miteinander
vergleicht.
Der markanteste Unterschied liegt sicher im Printbereich, in dem die Situation der
Publicitas weltweit einmalig sein dürfte. Selbst in Deutschland, das auch als Printmarkt
bezeichnet werden kann, findet sich nichts Vergleichbares, denn hier vermarkten sich
die Verlage in der Regel selber. Dies hat natürlich mit der Grösse des Landes, aber auch
mit jener der Medienunternehmen an sich zu tun. Zudem ist hier die Stellung und
Funktion der Mediaagenturen völlig anders, wobei diese zum Teil selber auf eigene
Rechnung für den Kunden einkaufen und disponieren und somit zumindest partiell die
Aufgabe der Vermarkter oder auch Vermittler übernehmen.
„Diese Kooperationen mit dem Werbevermarkter Publicitas, wie diese aufgebaut sind
wie in der Schweiz, kenne ich nirgends so extrem“ (DS, Baz). „Es gibt schon eine
Publicitas in Deutschland, aber die hat praktisch keine Bedeutung. Weil sie dort als
direkte Konkurrenz zu den Mediaagenturen angeschaut wird“ (X19, Ringier).
Detailliert zum Ländervergleich hierzu folgende Ausführung: „Früher hat es
Regiegeschäfte gegeben in Frankreich. Es gab Havas und andere die das Gleiche
machten wie wir. Aber das ist eingegangen, weil Frankreich war immer ein
Zeitschriftenmarkt und nie ein Zeitungsmarkt wie in der Schweiz. Aus politischen
Gründen, aus historischen Gründen, aus wirtschaftlichen Gründen, es gibt keine
Verteilung wie in der Schweiz. In der Schweiz haben sie um sieben, sechs Uhr morgens
ihre Zeitung da. Das gibt es alles nicht. Das heisst, wenn sie eine Zeitung abonnierten,
dann haben sie sie einfach nicht erhalten oder erst am nächsten Tag oder Poststreik und
was weiss ich. Eine ganz andere Situation. Frankreich eher zeitschriftenlastig und
Fernsehen etc.. Italien auch, Zeitungen waren aus historischen Gründen immer schwach.
Österreich ist ein Spezialfall. Da ist Deutschland aus historischen, politischen Gründen
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immer stark involviert gewesen (…), es ist auch nicht die gleiche politische Struktur.
Und Deutschland und Skandinavien sind sehr printfreundlich wie die Schweiz (…). In
Deutschland müssen sie im Prinzip über die grossen Verlagshäuser disponieren. Aber es
sind nicht nur die grossen Verlagshäuser. Sie haben unzählige kleine, die wir in der
Schweiz nicht kennen, (…) wo die kleinste so gross ist wie die Berner Zeitung. (…).
Auch die Agenturenszene ist eine andere. In der Schweiz arbeiten die Agenturen im
Namen und Auftrag des Kunden und dann auf der anderen Seite, arbeiten sie im eigenen
Namen auf eigene Rechnung als Vermarkter. Es ist rechtlich gesehen eine ganz andere
Struktur. In Deutschland ist die Agentur gleichzeitig im Auftrag und im so genannten
Werkvertrag wie bei uns. Das heisst mit anderen Worten, eine Media- oder
Werbeagentur in Deutschland disponiert dann für seinen Kunden, Grosskunden,
Mercedes oder weiss nicht was, wenn er nicht eine eigene Agentur hat, diese
Werbeagentur übernimmt einen Teil der Universalvermittlung. Aber die Regie, dass
gibt es nicht. Ein anderer Markt, anders organisiert, andere Kundenstruktur etc. (…),
diese Werbeagenturen, Mediaagenturen machen auf einem anderen Level das Gleiche
wie wir, aber nicht das Regiegeschäft“ (GVC, Publicitas).
Unterschiede manifestieren sich auch im Vergleich des Fernsehmarktes in Deutschland
und der Schweiz, und dies obwohl eigentlich beide eine duale Struktur mit öffentlich-
rechtlichen beziehungsweise privaten Sendern aufweisen. Auch hier wird in der
Schweiz wieder eine stärkere Dienstleistungsfunktion gegenüber den Agenturen
konstatiert, was wieder die andere Situation der Mediaagenturen in Deutschland
bestätigt. Ausserdem vermarkten sich, wie beschrieben, die zwei grossen, privaten
Sendergruppen jeweils durch ihre eigenen Werbevermarkter, während dies in der
Schweiz aufgeteilt ist. Weiter unterscheidet sich auch die Situation des öffentlich-
rechtlichen Anbieters, sodass dieser in der Schweiz eine äusserst starke Stellung
innehat.
„(…) im Vergleich zu Deutschland, bieten wir eine enorme Dienstleistung gegenüber
den Agenturen. Es ist so, dass wir Prognosen für jeden einzelnen Werbeblock auf jedem
Sender jeden Tag (anbieten). Und in Deutschland ist es so, dass die Agenturen selber
Prognosen machen, sozusagen selber verantwortlich sind, wenn sie gewisse
Werbeblöcke einkaufen, dass die dann auch genug Leistung erzeugen. Bei uns ist es so,
dass wir sogar eine Garantie geben müssen auf mindest erreichte Zuschauer. Wenn aber
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ein Werbeblock mehr Zuschauer erreicht, als wir prognostiziert haben, können wir
keinen… Von dem her bieten wir da eine viel grössere Dienstleistung und auch
Garantie als auch in Deutschland. (…) Die Situation ist natürlich schon anders, als dass
RTL eigentlich Marktleader ist, das Privatfernsehen als Marktleader. Die ARD gewisse
Werbeinschränkungen hat, keine Werbung nach 20 Uhr. Und die SRG bei uns halt
schon noch Marktleader ist, mit grossem Abstand SF1 und auch TSR 1 in der
Romandie. Von dem her ist die Marktsituation, die Ausgangslage ist ein bisschen
anders, mit einem sehr starken öffentlichen-rechtlichen Player, der auch sehr aktiv ist
auf dem Werbemarkt“ (SF, IP). „Wir haben in der Schweiz insofern ein spezielles
System, weil bei uns ist der öffentlich-rechtliche Anbieter der Stärkste. Das ist in
beispielsweise Deutschland nicht so. Zwar hat man dort frühzeitig eigentlich gesagt, ja
gut, es gibt eine klare, saubere Trennung zwischen Konzessionsgeldern und Einnahmen
aus Konzessionen und Einnahmen aus Werbung. Das heisst beispielsweise, (…) dass
nach acht Uhr ja auf den öffentlich-rechtlichen nicht geworben wird. Dieses System
haben wir hier nicht. Ich sage leider nicht, (…) es müsste durchaus auch honoriert
werden, dass wir in der Schweiz die privaten Programme 100% aus Werbung
finanzieren. Dem wird im Moment noch zu wenig Rechnung getragen. Grundsätzlich
strukturell oder firmenunternehmerisch haben wir in der Schweiz eine spezielle
Situation, weil bei IP Multimedia stark konkurrenzierende Häuser im Portfolio sind,
SevenOne mit Pro7 (…) plus die RTL Gruppe vermarktet wird. Das ist sicher ein
Unikum, eine spezielle Geschichte. Eine Firma wie die Cinecom in diesem Sinne gibt es
im Ausland nicht, die dann auch noch ein Fernsehsender wie Sat1 vermarktet. Entweder
macht es der Sender selber oder dann ist er in einer grossen Gruppe vermarktet, aber
diese Einzelgeschichte ist schon sehr spezifisch für die Schweiz“ (JCB, Cinecom).
Auch die Plakatwerbung unterscheidet sich in der Schweiz deutlich zu Deutschland, wo
es keinen national präsenten Vermarkter gibt und auch keine gleiche Standardisierung
der Formate vorherrscht. Diese Faktoren haben natürlich Einfluss auf die Bedeutung des
Mediums im Werbemarkt.
„(…) nur schon von der Werbenutzung (…) in Deutschland. Da hat das Plakat einen
Marktanteil bei den Werbeausgaben in den klassischen Medien von 4 %, nicht ganz
genau, im Unterschied zur Schweiz von knapp 15 %, dies sagt einmal sehr viel aus.
(…). Das Beste was sie in Deutschland kaufen können, sind so die Lightposter, die
92

Leuchtplakate mit dem S200 Format. (…). Und dann haben sie sehr viele,
unterschiedliche Formate. Und das ist ja unsere Stärke in der Schweiz. (…). Wir haben
sieben standardisierte Formate und wir haben alles das Gleiche. Und in Deutschland da
gibt es X verschiedene Grössen für Plakate. Eine sehr heterogene Angelegenheit. Und
schon von der geographischen Ausdehnung, Deutschland ist sehr gross, plakativ
gesehen. (…) Deshalb ist auch das Medium nicht so als Basismedium einsetzbar,
funktioniert nicht in Deutschland. Es kann nur ein komplementär Medium sein im
Mediamix“ (SH, APG).
Im Onlinebereich binden die Werbevermarkter in Deutschland die verschiedenen
Websites exklusiv an sich und bieten keine Vermittlungsdienste an, was aufgrund der
Grösse des Onlinemarktes in der Schweiz nicht möglich wäre. Weiter wird die eher
zögerliche Haltung der Schweizer Firmen angesprochen.
„In Deutschland ist das ganz anders. Ein Vermarkter bindet die Websites so an sich,
dass wenn ein Werbekunde kommt und sagt, ich will auf diese fünf Titel, ist es möglich,
dass ein Vermarkter, Adlink z.B. in Deutschland sagt, ja, aber drei davon sind bei uns,
bei zweien musst du selber schauen. (…). Sie werden nicht kommissioniert, nichts, kein
Handling. Das sind geschlossene Märkte. In der Schweiz bringt das, einfach aufgrund
der Grösse des Werbevolumens, nichts. Könnten wir auch machen, die
Werbetreibenden wären die Verlierer. (…) Der grösste Unterschied ist effektiv, dass
halt wir mit dem offenen Netz, ein bisschen andere Möglichkeiten haben als die anderen
Länder. Der Vergleich international ist so, dass die Schweiz unterdessen durch die
Breitbandverteilung in der Schweiz, durch die prozentualen Internetanschlüsse usw.
eher im vorderen Drittel ist, in gewissen Sachen sogar gegen die Leaderposition geht.
Und unterdessen auch in den Werbeausgaben prozentual, an der Bevölkerung gemessen,
schon relativ gute Zahlen aufweist. Nichtsdestotrotz haben zum Beispiel in England,
Spanien, Italien die Werbeauftraggeber das Medium schon eher geprüft oder es gab
mehrere Kunden, die gesagt haben, wir haben schon eine Online Kampagne gemacht. In
der Schweiz sind diejenigen, die gekommen sind, Repeater. Diejenigen die neu
kommen, sind eher im Vergleich selten und machen kleinere Mengen. In Spanien gibt
es nicht viele Top 100 Firmen, die noch nie online geworben haben. In der Schweiz gibt
es das, von dem her sind die anderen Länder in diesem Bereich weiter“ (SS, Adlink).
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8.1.5 Die Zukunft der Werbevermarkter
Bezüglich der Zukunft der Werbevermarkter wurden verschiedene Aspekte
angesprochen, Prognosen gewagt und Schwierigkeiten beschrieben, an ein gänzliches
Verschwinden der Vermarkter glaubte jedoch niemand.
„Also, ich sehe da eigentlich nur einen wunderbaren Horizont. Die Medien brauchen
immer mehr, bessere, professionellere Vermarkter. Das heisst, die Vermarkter die es
schaffen, ihr gesamtes Herzblut in ein Produkt reinzulegen und nicht einfach Cross-
Media zu machen, eben über einen Preis und irgendwelche Wischiwaschi-Lösungen
anzubieten. Welche, die wirklich ihr Herzblut für ein Produkt einsetzen kann und das im
Markt auch verargumentieren kann, aber auch sicherstellen kann, dass die Leistung auf
dem Produkt erhalten bleibt. Das heisst, auch den starken Einbezug (…) zum
Medienhaus selbst, der das Produkt herstellt (…). Sie werden immer wichtiger, weil es
immer mehr Medien gibt. Ich gehe nicht davon aus, dass es weniger gibt und von dem
her braucht es professionellere Werbevermarkter“ (TÖ, Belcom).
Diese erwähnte, engere Zusammenarbeit mit dem Medienunternehmen wird auch hier
ausgeführt: „Ich denke, dass die Vermarkter und die Medienanbieter immer enger
zusammenarbeiten werden. Dass es auch Modelle geben wird von gegenseitigen
Beteiligungen oder auch Gründungen von gemeinsamen Vermarktungsgesellschaften.
(…) unsere Überlegungen gehen in Richtung noch näher, auch organisatorisch noch
enger zusammenarbeiten, die Vermarktung noch enger miteinander planen,
durchführen. Da gibt es verschiedensten Modelle, ich selbst befürworte die ganz engen,
die die Vorteile eines Vermarkters mit den Vorteilen einer Eigenregielösung verbinden“
(DS, Baz).
Es wird aber auch angesprochen, dass die Vermarktungsbranche im Umbruch ist,
entweder durch Mitbewerber oder auch auf gesetzlicher Ebene, wodurch es
unweigerlich zu Strukturbereinigungen und Konzentrationsprozessen kommen wird.
„Die (Vermarktungsbranche) ist momentan eigentlich sehr stark in Bewegung. Wir
haben den Einstieg der Publigroupe in die elektronischen Medien durch den Kauf der
Cinecom, durch die Zukunftsstrategie des Einstiegs ins Radio, den geplanten Einstieg.
Die Zukunft hängt für uns auch bisschen davon ab, wann und in welcher Form das neue
Radio- und Fernsehgesetz endlich in Kraft treten könnte. Daneben laufen
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Konzentrationsbewegungen (…). Es braucht eine gewisse Grösse, die kritische Grösse
muss überwunden werden“ (SF, IP). „Ja, sie wird nicht wachsen. Es müssten mehr
elektronische Medienangebote entstehen, um noch neue Vermarkter zuzulassen. Es wird
einfach eine Strukturbereinigung geben. (…) Vielleicht hat es für einen noch Platz. Ich
denke Sevenone wäre eine gute Alternative zu IP Multimedia, wenn der endlich
vermarkten dürfte“ (HSP, Radiotele).
Hier möchten aber natürlich die verschiedenen Vermarkter ihre Medien und Angebote
nicht verlieren: „Ja, ich hoffe, dass die Publisuisse der alleinige Vermarkter der SRG
bleibt und dass es da nicht plötzlich andere Vermarkter gibt. Aber denkbar wäre es
natürlich schon, dass es da einen freien Wettbewerb gäbe, dass da jeder alle Medien
vermarkten kann und irgendwelche Provision dann kriegt. Aber es ist doch recht
komplex, wenn wir schon nur an unsere Technik auch denken (…). Ich glaube, dass
innerhalb der SRG das System so bleiben wird, was sich ausserhalb tun wird, mit den
Deutschen Privaten, ist schwer abzuschätzen. Es hat sich leider Gottes einfach gezeigt,
dass ein Schweizer Privatfernsehen kaum eine Refinanzierungschance hat, weil die
Preise sind enorm unter Druck geraten durch die Deutschen Privaten, die einfach in die
Schweiz kommen mit null Programmleistung und nur Werbung überdecken und somit
Geld abziehen ohne eine eigene Wertschöpfung zu erbringen. Das ist etwas, dass mich
sehr ärgert. Da sind wir machtlos. Wir müssen das System so akzeptieren und ich
denke, dass es weiter zunehmen wird. Dass es immer mehr solche Werbefenster gibt,
weil dass die einzige Art ist, wie man aus anderen Programmen als der SRG mit
Werbung Geld abziehen kann“ (US, Publisuisse).
Es wird aber auch öfters angesprochen, dass neben der erwähnten Strukturbereinigung
unter den Vermarktern diese auch die Werbeformen an sich betreffen. Digitale
Möglichkeiten klassische Werbung auszublenden, begünstigen die diversen
Sonderwerbeformen, welche aber vielfach durch die Medien selber vermarktet werden.
Deshalb müssen die Vermarkter selbständig neue Märkte und Werbeformen
erschliessen, wie beispielsweise die aufkommenden Plasmascreens und gleichzeitig die
Werbemöglichkeiten in den Medien konvergenter gestalten.
„Es gibt auf der Liste die sie aufgeführt haben vermutlich ein, zwei Werbevermarkter,
die es nicht mehr geben wird in der Zukunft. Nichtsdestotrotz (…) wird es immer
Vermarkter geben. (…) Ich denke die Werbeausgaben werden steigen, die klassischen
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Werbeformen werden noch mehr über den Werbevermarkter gepusht, gebucht.
Nichtsdestotrotz wird jeder, sei das Fernsehen, Radio oder Online Special-Werbeformen
wieder selber verkaufen. Sei das Sponsoring im TV und Radio, Product Placement (…).
Das sind Sachen, die dann an uns vorbeigehen“ (SS, Adlink). „Wenn wir uns etwas
nach vorne wagen (…), so hört man generell, dass der Werbespot totgesagt ist. Gut,
man könnte sagen, Totgesagte leben länger, aber es kommen natürlich schon wichtige,
diverse Sachen auf uns zu. Ich denke beispielsweise an Geräte, die die Werbung halt
wirklich ausschalten (…). Insofern denke ich, wird man ein grösseres Gewicht auf die
Innovation legen, eben sei das Sponsoring, sei das Sonderwerbeformen. Ich bin aber der
festen Überzeugung, dass der Werbespot in seiner heutigen Form durchaus noch nicht
todgeweiht ist. Das ist nach wie vor ein gutes Medium um eine Breite zu erreichen.
Aber man wird sich in Zukunft auch verstärkt auch die Frage der integrierten
Kommunikation stellen. Man wird konvergente Medienformen finden und suchen,
Anbindung, eben ITEXT(…), die ganzen Internetseiten (…). Jetzt verstärkt auch den
Einzug der elektronischen Plasmascreens am Point-of-Sale, Point-of-interest, und dass
man halt eben den gleichen Content so verteilt. Ich nehme an (…), dass darin auch ein
grosser Teil der Zukunft sein wird. (…) sodass wir eigentlich eine ganz ähnliche
Angebotsstruktur schaffen können, wie wir das beim Fernsehen haben. Auch hier, ein
Medium noch näher zum Fernsehen herangeführt werden und auch da dann konvergente
Angebotsmöglichkeiten bestehen werden“ (JCB, Cinecom).
Auch im Bereich Aussenwerbung wird, neben einer Reduktion der Plakatflächen zur
Qualitätssteigerung, die Technik vermehrt Einzug halten: „Im Schweizer Markt wird
sich die Branche so verändern, habe ich gesagt, die qualitative Ausrichtung. Dann sehe
ich natürlich auch, die Fortsetzung (…) des digitalen Boards, (…), dass in nächster
Zukunft irgendwann ein Citylightsposternetz in Zürich oder Genf, dass man da nicht
mehr das Plakat auswechselt, sondern dass man das digital aufschaltet. (…) dass man
sagt, halb 12 Uhr Mittags da kommt MC Donalds raus mit dem dampfenden Hamburger
und um eins dann Tschibo Café und Bistroglacé um zwei“ (SH, APG).
Schwierigkeiten sieht eine Expertin abschliessend vor allem auch bei den Vermittlern,
welche keine exklusiven Medien im Angebot haben:
„Die, die kein eigenes Produkt haben (…), die reine Vermittler sind, dass wird
schwierig, denke ich, weil die Angebote immer spezieller oder spezifischer, ich sage
96

jetzt einmal, gesamthaft von einem Kunden abgenommen werden. (…) ein Grosskunde
hat lieber den direkten Kontakt zum Anbieter, um eventuell grössere Packages
abzunehmen und dort direkt zu verhandeln. Sei es jetzt eine Agentur oder ein Kunde.
Und die Vermittler oder die Vermarkter als solches müssen schauen, dass sie dort auch
irgendwie Möglichkeiten erhalten, selber (…), Angebote in Absprache mit dem Produkt
machen zu können. (…). Die, die Produkte besitzen, haben sicher weniger Probleme, als
die, die nicht direkt die Produkte besitzen“ (X19, Ringier).
8.2 Kategorie Werbesystem
8.2.1 Zusammenarbeit mit Media- und Werbeagenturen
Generell kann konstatiert werden, dass die Zusammenarbeit zwischen den Vermarktern
und den Media- und Werbeagenturen, aufgrund ihrer Funktionen im Werbesystem
jedoch hauptsächlich mit ersterem Akteur, von beiden Seiten und den verschiedenen
Experten als mehrheitlich positiv, eng und sehr professionell beschrieben wird.
„Man arbeitet gerne zusammen, weil, da sind natürlich über die Jahre auch persönliche
Beziehungen entstanden. Und das ist schlussendlich ein sehr starkes
Beziehungsgeschäft. (…) schlussendlich wollen wir beide das Gleiche. Wir möchten
möglichst viel Geld fürs Medium durch Werbung. Die Mediaagentur ist in einem genau
so harten Umfeld, die müssen sich beweisen, dass sie schlussendlich möglichst viel
Leistung einkaufen können“ (TÖ). „Also, dass ist eine sehr intensive, gute
Zusammenarbeit“ (SH, APG). Dies wird auch von Seiten der Agenturen erwidert: „Ich
bin sehr zufrieden mit den Vermarktern. Wir haben ein sehr enges Verhältnis
zueinander. (…). Und das sind für mich auch sehr wichtige Partner“ (X1, Y1) oder
„(…) wir arbeiten zum Teil auch mit diesen grossen Vermarktern zusammen, aber das
ist eigentlich immer sehr offen und eine offene Plattform und etwas sehr
Professionelles“ (X2, Y2).
Da die Vermarkter vielfach am meisten mit der Mediaagentur zu tun haben und weniger
mit dem werbetreibenden Unternehmen, sind diese praktisch ihre wichtigsten Kunden.
97

„Also wir haben vor allem mit Mediaagenturen Kontakt. (…). Das sind unsere Kunden,
unsere Könige. Wir versuchen allen möglichen Wünschen der Mediaagenturen zu
entsprechen, im Rahmen der Möglichkeiten. Wir versuchen eine Win-Win Situation zu
erzielen“ (SF, IP).
Es wird demzufolge auch immer wieder angesprochen, dass die Mediaagenturen durch
ihre Position und Funktion im Werbesystem, aber auch durch die
Konzentrationsprozesse innerhalb der Branche, immer mehr Macht bekommen.
„Unsere Unternehmung im Markt generiert seine Umsätze im Pareto-Prinzip, das heisst,
80 Prozent des Umsatzes kommen von 20 Prozent unserer Kunden. Und in den 20
Prozent unserer Kunden sind natürlich alle die Mediaagenturen drin, die bringen
wahrscheinlich fast 50 Prozent unseres Umsatzes mit dem Kunden. (…).Ich denke in
fünf Jahren werden wir in der Schweiz noch vier grosse Mediaagenturen haben. (…). Es
gibt eine massive Konzentration“ (SH, APG). Oder noch extremer: „Wir haben grosse
Klumpenrisiken, also 90, 95 Prozent unseres Umsatzes kommt über ein paar wenige
Agenturen rein. Das heisst, wir sind darauf angewiesen mit diesen Agenturen gut
zusammenzuarbeiten. Wenn einzelne Agenturen durch eine Ballung von Grosskunden
bei ihnen natürlich auch sehr grosse Verhandlungsmacht haben. (…). Es ist nicht so,
dass wir am langen Hebel sind. Sondern dort wo das Geld herkommt, das heisst, die
Agenturen, Kunden, die sitzen am langen Hebel. Die Verhandlungsmacht ist bei ihnen
angesiedelt, weil wir schlussendlich von diesem Geld dann leben“ (SF, IP). „Die
Mediaagenturen machen bei uns einen Anteil des Umsatzes von ungefähr 80 Prozent.
(…). Wir werden im Moment auch sehr stark preislich unter Druck gesetzt von
Mediaagenturen. Aber wir haben gute Argumente für unsere Produkte. Wir haben auch
ein Preis-Leistungs-Verhältnis, wo eigentlich alle hier Beteiligten gut damit leben
können, vielleicht mit Ausnahme unserer Konkurrenten. (…). Also, die
Zusammenarbeit mit den Mediaagenturen ist in der Regel recht gut. Sie ist härter
geworden als früher, sie ist nicht mehr so kooperativ wie früher, weil die
Mediaagenturen z. T. auch Eigeninteressen sehr stark in den Vordergrund stellen. Da
werden auch Kooperationen mit Medienanbietern eingegangen, die uns das Leben
schon ein bisschen schwer machen. Aber ich würde sagen, im Grossen und Ganzen
liegen wir im ganzen Konstrukt gut. Mediaagenturen erleichtern uns die ganze
Abwicklung“ (US, Publisuisse).
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Hier sind natürliche gewisse Konfliktpotentiale vorhanden, da die Mediaagenturen für
weniger Geld, immer mehr Leistung einkaufen möchten, die Werbevermarkter
andererseits aber so viel Profit wie möglich für sich und ihre Medien realisieren
möchten.
„Der einzige Konflikt den ich gesagt habe, war seitens Werbevermarkter. Ich meine,
dass die Medienlandschaft oder die Werbelandschaft (…) in den letzten Jahren
rückläufig war… Dass jeder schauen muss, dass er irgendwie auf seine Umsatzzahlen,
Umsatzvorgaben kommt, ist klar. Auch von unserer Seite, Mediaagentur, versuchen
natürlich auch wir, dass wir möglichst unsere Zahlen erreichen. (…). Ich meine es liegt
im Gesetz der Natur, dass sich das nicht vermeiden lässt. Es ist einfach auch ein
verhandeln und ein handeln. (…). Es ist logisch, dass ein staatlicher Vermarkter viel
weniger intensiv auf das Geld angewiesen ist, als eben eine private Vermarktung. Und
deshalb gibt es die staatliche Vermarktung, die eigentlich sehr, sehr wenig Spielraum
zulässt. Die sagen, dass ist der Preis, den muss eurer Kunde bezahlen, sonst können wir
es sein lassen… Jetzt ein bisschen überspitz. Bei den anderen Vermarktern finden sie
immer irgendwie einen Weg“ (X20, Y20). „Es hat sich extrem entwickelt, die
Werbevermarkter (…) in den letzten Jahren sind die sehr, sehr, sehr… also die sind
wirklich vom hohen Ross runtergekommen. Man kann mit denen reden. Die sind offen
für neue Ideen“ (X3, Y3).
Abgesehen von diesen, an sich normalen Geschäftsbeziehungen, werden aber noch
weitere Punkte angesprochen, bei denen unterschiedliche Wünsche aufeinander treffen.
Viele dieser Ansprüche gehen aber in den Bereich der erwünschten, gegenseitigen
Funktionen über, welche ausführlicher im nächsten Unterkapitel angesprochen werden.
Die Möglichkeit, Direktbuchungen bei den Medienunternehmen vorzunehmen, wird
von den Agenturen aber nicht ausdrücklich als Wunsch geäussert. Dies liegt einerseits
an den vielen Dienstleistungen, welche die Werbevermarkter anbieten und die
Zusammenarbeit im Grossen und Ganzen gut verläuft, andererseits auch in der
Tatsache, dass die Media- oder Werbeagenturen hierfür Spezialisten einstellen müssten,
wodurch unternehmensintern wieder Kosten entstehen würden. Weiter bieten gewisse
99

Werbevermarkter mittlerweile Onlinebuchungstools an, wodurch die Agenturen jetzt
schon vieles selber vornehmen können.
„Ja, es gibt natürlich den wirtschaftlichen Aspekt. Man würde lieber direkt buchen
können, um das Honorar auch einzukassieren, aber man muss es dann auch können.
Und das Ganze wird sehr komplex, es wird sehr umfangreich. Es braucht Spezialisten,
(…) es braucht auch die nötigen Tools (…). Also es ist eine Investition, die man tätigen
muss, um es tun zu können. Das bedingt eine gewisse Grösse der Agentur und ich
glaube, eine kleine Agentur kann das nicht. Auch wenn sie meinen sie können es, sie
können es nicht“ (X2, Y2). Hierzu zwei Vermarkter: „Mediaagenturen heute haben
praktisch zu wenig Leute, um Direktbuchungen so machen zu können. Also braucht
man Mittler. Wenn sie nicht genügend Leute haben, um das zu beitreiben, dann haben
sie ein Problem, auch von ihrer Ertragsstruktur. Das heisst, sie delegieren auch andere
Arbeiten noch mal raus“ (HSP, Radiotele). „Mit Mediaagenturen arbeiten wir auch sehr
intensiv. Das sind eigentlich diejenigen, die uns im Servicebereich vor allem sehr stark
fordern tagtäglich. Wir haben den Mediaagenturen auch ein Onlinebuchungssystem zur
Verfügung gestellt, wo sie die ganze Vertragsadministration von der ersten Buchung,
Offerte bis hin zur Erfolgskontrolle, Fakturierung, alles selber auslösen können.
Europaweit ein führendes System“ (US, Publisuisse).
Von Seiten der Vermarkter wird abgesehen von der Machtanballung durch die
Mediaagenturen, aber auch eine zum Teil mangelnde Professionalisierung und die
Schwächung des direkten Kundenkontakts bemängelt.
„Wir haben in der Schweiz zu wenig professionell ausgebildete elektronische
Mediafachleute. Wenn wir in der Schweiz einen Mediaplaner ausbilden, dann ist dies
die Stufe (…) Zweit-, Drittausbildung einer Person. Wenn wir in andere Märkte
gehen… In Deutschland haben wir Betriebswirtschaftsabsolventen die den Einstieg in
die Kommunikationsbranche über den Mediaplanerjob machen. Also, der
Qualitätsanspruch oder den Level den andere Länder halten, halten wir in der Schweiz
nicht“ (HSP, Radiotele).
Die Folgen des mangelnden Direktkontakts zum werbetreibenden Unternehmen,
beziehungsweise Fehler im Informationsfluss zwischen den Akteuren im
Handlungsbereich Distribution werden hier beschrieben: „Wenn wir aber ein neues
100

Produkt haben und das probieren via Mediaagenturen an die Kunden zu bringen, dann
ist unseres Erachtens der Weg meistens zu lange, respektive auf dem Weg geht
irgendwo einmal eine Sache ein bisschen verloren oder die Mediaagentur kann es dem
Kunden nicht entsprechend präsentieren. Von dem her gibt es Produkte, die wir sagen,
das ist ganz klar für diesen Kunden das Beste (…). Zwei Monate später kommt eine
Buchung für Online, aber es ist etwas komplett anderes, wo wir eigentlich sagen, dass
ist eigentlich schade, weil er wird weniger gute Responseraten darauf haben. (…). Das
ist halt ein bisschen die Problematik, wenn Agenturen dazwischen geschaltet sind“ (SS,
Adlink).
8.2.2 Gegenseitige Ansprüche zwischen Agenturen und Vermarktern
Grundsätzlich wissen die Vermarkter sowie die Mediaagenturen, welche Leistungen
und Funktionen gegenseitig erwartet werden. Und diese sind durchaus komplex und
vielseitig. Die Vermarkter möchten, dass die Mediaagenturen offen und objektiv sind,
nicht nur auf den niedrigsten Preis, sondern auch auf die Qualität achten, möglichst ihr
vermarktetes Medium in den Mediaplan miteinbeziehen und selbständig die meisten
Planungsarbeiten erledigen, damit der Vermarkter sich auf sein Kerngeschäft
konzentrieren kann. Die Mediaagenturen ihrerseits fordern von den Werbevermarktern
konstante, gute Informationen über ihre Medien und Werbemöglichkeiten mit
dazugehörigen Forschungstools, beziehungsweise Datenbanken, Planungssicherheit,
Zuverlässigkeit, Flexibilität, Geschwindigkeit und ein attraktives Preis-
Leistungsverhältnis. Das diese Erwartungen nicht immer gegenseitig erfüllt werden
können, ist unschwer zu erraten.
So glauben die Werbevermarkter, dass folgendes von ihnen erwartet wird,
beziehungsweise diese Leistungen und Funktionen von ihnen erbracht werden müssen:
„Flexibilität. Also, Mediaagenturen erwarten von uns, dass wir ausführen, was sie von
uns fordern. Das kann man nicht immer, deshalb ist da schon ein Konfliktpotential“
(US, Publisuisse). „Wir stellen das Angebot hin und werden gemessen an der Qualität
und auch am Preisleistungsverhältnis“ (HSP, Radiotele). „(…) die Agenturen erwarten
von uns, dass wir ganz klar gute Preis-Leistungsverhältnisse schaffen, dass wir auch
schauen, dass das Medium schlussendlich attraktive Plattformen hat. Das heisst, der
Vermarkter ist da auch immer wieder gefordert, beim Medium selbst, das heisst, beim
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Anbieter selber, Einfluss zu nehmen, um auch attraktive Werbeformen durchsetzen zu
können“ (TÖ, Belcom). „Ich gehe mal davon aus, der wichtigste Punkt ist die
Planbarkeit, respektive eine Planungssicherheit. Im Fernsehbereich ist es ja so, dass
wenn Leistungen nicht erreicht werden, sie dann kompensiert werden. Das ist bedingt
lustig (…). Also ist es das Interessanteste, wenn die prognostizierten Werte und die
erreichten Werte ziemlich übereinstimmen. Dann weiss ich, was ich einkaufe, ich weiss
zu welchem Preis und am Schluss wird das auch so bestätigt. (…) dass auch
Preisanpassungen vorgenommen werden, wenn wir merken, dass ein Gefäss nicht ganz
so gut läuft. So was ich höre, ist das eines der wichtigsten Anforderungen der
Mediaagenturen, neben dem korrekten Handling natürlich, dass sie sich darauf verlassen
können, dass eine Buchung auch wirklich kommt und wenn sie nicht kommt, dass eine
saubere Rückmeldung erfolgt“ (JCB, Cinecom). „Einerseits müssen wir heute sehr
schnell arbeiten. (…). Das bedingt, wir müssen heute Ressourcen bereitstellen, die fast
unverhältnismässig sind. Dann kommen viele Zusatzleistungen, Tools, Forschungen,
Infrastrukturen, die die Agenturen nutzen können, weil sie selber die Gelder nicht hat,
um so etwas zu investieren, erwarten sie dies vom Mediaanbieter. Und das ist irgendwo
grenzenlos und irgendwann muss man sagen, (…), jetzt müssen wir aufhören“ (SH,
APG).
Im Gegensatz dazu erwarten die Vermarkter ihrerseits von den Mediaagenturen
folgendes: „Ja, ich erwarte von einer Mediaagentur, dass sie objektiv und unparteiisch
und treuhändlerisch die Kundengelder einsetzt, also mit bester Effizienz für den
Kunden. Und da sind wir gefordert, mit unseren Programmen gute Leistungen zu bieten,
damit wir dort auch konkurrenzfähig sind. Ich erwarte aber auch eine Cleverness auf
Mediaagenturseite, sodass man die qualitativen Aspekte, die es auch bei der
Fernsehwerbung gibt, richtig interpretiert und nicht alles über eine Leiste schlägt und
am Schluss sich alles nur über den Preis abspielt“ (US, Publisuisse). „Dass sie
eigentlich den Job einer Agentur auch wahrnehmen. (…) dass der Vertreter des Kunden,
der Spezialist des Kunden die bestmögliche Beratung, Planung bieten sollte. Häufig ist
es so, die Mediaagenturen sind ja auch unter starkem Druck und immer mehr
traditionelle Aufgaben einer Agentur wandern zu den Vermarktern“ (SF, IP).
An dieser Stelle wird auf ein vielfach angesprochenes Problem hingewiesen, dass aus
Sicht der Vermarkter die Mediaagenturen immer mehr arbeiten an sie auslagern, anstatt
ihre Funktionen im Werbesystem wahrzunehmen. „Sie machen uns natürlich den Filter.
102

Als Vermarkter wäre man eigentlich genauso gefordert, eigentlich direkt mit dem
Kunden die ganze Planung durchzuführen. Eine Werbeagentur bündelt diese Aufträge
bereits für uns, sie hat bereits Abklärungen getroffen, Forschungen betrieben und bringt
uns eigentlich einen pfannenfertigen Auftrag, den wir dann administrativ abzuwickeln
haben. Wenn das der Fall ist, dann funktioniert unser System, weil damit können wir
auf der Personalseite, auf der Aufwandseite können wir Einsparungen vornehmen.
Wenn das natürlich nicht passiert, wenn der Zwischenhändler, die Agentur uns
praktisch die ganze Arbeit überlässt, dann haben wir wenig davon. Dann ist es genauso
gut oder genauso schlecht, wie wenn wir beim Kunden direkt wären. Wenn diese
Funktion der Mediaagentur aber übernommen wird, dann ist das ein sehr sinnvolles
System. Dann profitieren wir genauso, wie dann letztlich der Kunde“ (JCB, Cinecom).
Wir haben das Angebot. (…). Das wäre der Idealfall. Es ist einfach in der Schweiz
völlig nicht möglich. Weil, dass habe ich vorhin schon erklärt, dass Agenturen das
Know-How nicht haben. Dann müssen wir die Planung übernehmen. Machen wir sehr
gerne. Zum Teil liefern wir Datenstrukturen an Agenturen, damit sie überhaupt arbeiten
können (…). Da kann man sich effektiv über sämtliche Sender einen Überblick machen.
Das sind alle Werbeangebote, da gibt es all diese Facts, die wir erarbeiten und dann
quasi den Agenturen als Dienstleistung zur Verfügung stellen. Das ist eine Arbeit, die
zum Teil Agenturen gar nicht machen können, weil sie das Know-How nicht haben
oder die Leute nicht haben“ (HSP, Radiotele). Die Dreiecksbeziehung Kunde-
Mediaagentur-Vermarkter wird hier angesprochen: „Meine Erwartung an eine Werbe-
und Mediaagentur ist, dass sie erkennt, dass der Mediaanbieter und die Agentur im
gleichen Boot sitzen. Beide möchten etwas verdienen. Der dritte ist der Kunde, der
bezahlt die Rechnung, das heisst unsere Medialeistung oder das Honorar von der
Agentur. Er ist heute eigentlich der Winner und er möchte nicht unbedingt, dass die
zwei sehr gut zueinander passen, sondern möchte die schön getrennt behalten, dass der
eine beim anderen das Optimale rausholt“ (SH, APG).
Die zentralste Erwartung der Werbevermarkter an die Mediaagenturen für ihre
Dienstleistungen bleibt aber natürlich die folgende: „Wir erwarten auch retour den
Umsatz“ (GVC, Publicitas).
Aus Sicht der Mediaagenturen sehen die Ansprüche an die Vermarkter folgendermassen
aus: „Also ich erwarte sicher auch teils eine Beratung (…) von ihrer Seite. Ein Update,
damit wir wissen, wie sieht es mit dem Sender aus, wie sieht die Senderentwicklung
103

aus, gibt es neue Werbemöglichkeiten, gibt es neue Sendungen, neue Sendeformate, die
uns eben auch ermöglicht, dem Kunden neue Angebote zu unterbreiten, oder? Ich sage
jetzt einmal eine Informationspflicht, die ein Vermarkter hat gegenüber uns. Seriosität.
Ich meine, das ist klar. Zuverlässigkeit vor allem eben auch. Das ist auch ein Thema…
Bei der Publisuisse viel weniger, die sind recht zuverlässig. Eben nicht zuletzt weil das
Ganze Online geschieht. Das heisst, wir müssen das nur ein bisschen überwachen. Aber
ansonsten bei den Privaten, dass sie einfach zuverlässiger werden. Das heisst, wenn wir
sagen, OK, Deadline ist heute Morgen 10 Uhr, dass das auch so eingehalten wird. Denn
für uns ist es sehr mühsam, wenn wir immer wieder nachhaken müssen“ (X20, Y20).
„Ich erwarte von ihnen, dass ich meine Updates kriege, was Programm ist,
Preisstrukturen ist und solche Geschichten und die werden eigentlich zum grössten Teil
erfüllt. Und auch Spezialwünsche, die ich habe für irgendwelche Spezialanfertigungen
und so“ (X1, Y1).
8.2.3 Zusammenarbeit mit werbetreibenden Unternehmen
Das werbetreibende Unternehmen steht am Ursprung des Werbeprozesses und
finanziert diesen auch, weshalb dieser Akteur für die meisten Werbevermarkter ganz
klar im Zentrum steht. Auch deshalb, weil der grundlegende, strategische Entscheid
welches Medium oder welche Medien zu belegen sind, durch ihn entschieden oder
beeinflusst wird. Durch die Entstehung der Mediaagenturen und ihrer zunehmenden
Bedeutung im Werbesystem wurde dieser Direktkontakt aber bei vielen Vermarktern
erheblich geschwächt, was im Kapitel 8.2.1 bereits angesprochen wurde. Deshalb wird
versucht die Abhängigkeit von den Mediaagenturen zu minimieren und wieder vermehrt
den direkten Kontakt zum Unternehmen herzustellen, nicht zuletzt auch, weil die
Agenturen wechseln können, die werbetreibenden Kunden aber in der Regel dieselben
bleiben.
„Für uns im absoluten Zentrum aller Aktivitäten des ganzen Handelns ist immer das
Unternehmen, der Kunde. Der Kunde ist für uns wichtig, weil er bleibt. Alle anderen
können immer wieder wechseln. Es ist die einzige Konstante, die wir haben und mit
ihm wollen wir eine längerfristige Bindung aufbauen. Und unser Hauptakzent ist ganz
klar hierauf fokussiert“ (US, Publisuisse). „(…) wir müssen heute die Strategie fahren,
immer vermehrter bei den Kunden direkt zu sein und die Kunden von uns zu
104

überzeugen, weil die schlussendlich bezahlen“ (TÖ, Belcom). „Ich stelle natürlich die
Rechnung auf einen Kunden aus. Und wir natürlich heute das Augenmerk ganz klar und
wieder auf, oder immer noch mehr, den Fokus auf den Kunden richten. Wir aber da
ganz klar ausgebremst werden, von Seite Kunden von denen wir vielleicht noch zwei
Termine pro Jahr kriegen und auch mit einer extrem hohen Fluktuation leben müssen,
die die Unternehmungen heute selber durch die Globalisierung ausgelöst haben. Es gibt
heute keinen Produktmanager, der länger als ein Jahr auf seinem Sessel sitzt. (…). Und
wir müssen dann mit diesen Kunden sprechen, damit wir diese Abhängigkeit
minimieren zur Mediaagentur, müssen die Abhängigkeit auch minimieren zur
Werbeagentur. Weil das sind alles beeinflussende Unternehmen. Der Kunde beeinflusst
die Werbeagentur in der Strategie und beeinflusst die Mediaagentur in der
Einkaufsstrategie. (…). Also, muss man da schon beim Kunden ansetzen, damit am
ganzen Briefing an die Agentur schon der Gedanke, TV, Film, Kino schon verankert
ist“ (HSP, Radiotele).
Wie die werbetreibenden Unternehmen angesprochen werden und was für
Informationen diese meistens möchten, wird in diesen Aussagen angesprochen: „Also
unsere Verkaufsorganisation ist so aufgebaut: wir haben ein Key Account Management,
da sind zwei Verkäufer, die betreuen nur die Mediaagenturen, ein Key Account
Manager der geht nur zu den 150 grössten Kunden in der Schweiz, besucht die
regelmässig, so ein, zwei mal im Jahr, hat sehr intensiven Kontakt mit diesen Kunden,
also rein informativ. Er schreibt keine Aufträge, er macht nur Informationen und
Beurteilungen, Kampagnebesprechungen, analysieren, damit der Kunde den
Mediaentscheid trifft oder den Mediamixentscheid trifft. Er muss Informationen über
das Medium kennen“ (SH, APG). „Wenn man mit Direktkunden spricht, dann spricht
man vielleicht mit Leuten, die sehr hoch auf der Hierarchiestufe sind, (…), die aber
weniger auf der operativen Spezialistenebene Bescheid wissen. Von dem her (…) ist die
Arbeit intensiver. Für die Agenturen erbringen wir viele Dienstleistungen, damit sie ihre
Arbeit besser oder leichter machen können. Die Direktkunden brauchen, müssen wir
manchmal mehr so wirklich Hintergrundinfos, ganz grundlegende Sachen (liefern)…
Um welche Uhrzeit wird am meisten Fernsehen geschaut, wirklich Basics aufbereiten.
Von dem her ist die Arbeit mit Direktkunden zum Teil anspruchsvoller“ (SF, IP).
105

Wie die Medienunternehmen selber können auch die Vermarkter den werbetreibenden
Kunden welche direkt buchen, zum Teil spezielle Angebote anbieten: „Wenn wir
Special Deals machen, Konditionen, machen wir das nie über die Agentur, wir machen
das nur mit dem Kunden direkt. Weil, wenn wir den Agenturen unterschiedliche
Konditionen machen, greifen wir in den Wettbewerb ein. Das ist für uns eine schwierige
Situation“ (SH, APG). Speziell sieht die Situation im Printmarkt aus: „Etwa die Hälfte
des Umsatzes des Konzerns in der Schweiz läuft über Agenturen, über Media, PR - oder
Werbeagenturen. Und die andere Hälfte läuft direkt (…). Das ist unheimlich viel. (…).
Im Rubrikenbereich gibt es im Prinzip keine Werbeagentur, im Stellenbereich auch
nicht, da gibt es vielleicht einen Personalberater, aber die meisten Anzeigen werden
noch direkt geliefert, disponiert. Und bei den Kunden ist es so, es gibt immer noch
Grosskunden (…). Migros arbeitet mit drei Mediaagenturen, Coop arbeitet direkt (…)
mit Publicitas. Das ist praktisch integral. Erhält dafür die Jahresumsatzprämie. Damit
Agenturen und Grosskunden die ihre eigene Agentur, interne Agentur haben,
gleichgestellt werden können, erhalten sie entweder die Beraterkommission, für
Zeitungen in der Regel 5 % oder sie erhalten die Jahresumsatzprämie direkt. (…). Mit
dem Werbetreibenden, wie gesagt, wenn er nicht über eine Agentur disponiert, dann
läuft der Kontakt direkt. Vor allem bei Rubrikanzeigen, da haben wir das Programm
MyPublicitas. Da kann er selber eingeben etc., das wäre dann für Grosskunden wie
Livit oder Wincasa“ (GVC, Publicitas).
8.3. Kategorie Medien
8.3.1 Vorteile der exklusiven Vermarktung
Grundsätzlich wird argumentiert, sowohl von Seiten der Werbevermarkter, wie auch der
Medien, dass das Engagement, die Glaubwürdigkeit, die Kompetenz, sowie die
Seriosität bei einer exklusiven Vermarktung im Werbemarkt höher ist. Durch
Exklusivverträge und dementsprechend höheren Margen engagiert sich der Vermarkter
aktiv für sein Medium und weist ein grösseres Know-How über seine Produkte
beziehungsweise Formate auf. Weiter ist durch diese engere Zusammenarbeit der
Informationsfluss zwischen den beiden Parteien viel ausgeprägter, wodurch besser
gemeinsame Aktionen im Werbemarkt durchgeführt werden können.
106

„Man ist viel näher dran. Man hat viel mehr Herzblut. Man ist glaubwürdiger im Markt.
Und die Glaubwürdigkeit wird immer wichtiger“ (TÖ, Belcom). „Ich glaube man kann
dadurch, eine höhere Kompetenz am Markt unter Beweis stellen. Es spielt sich nicht
alles nur über den Preis ab, sondern es sind andere Elemente, die dann auch noch eine
wichtige Rolle spielen“ (US, Publisuisse). Die vermarkteten Medien haben wiederum
auch Einfluss auf das Image des Werbevermarkters: „(…) dass wir schon Interesse
haben, die Sender zu vermarkten, auch weil sie eigentlich, gemäss der Produktstrategie,
das sind Premiummarken im Portfolio. Auch durch die Vermarktung attraktiv wird,
wenn man Brands wie RTL, Pro7, ganz ein starker Brand, im Portfolio haben und nicht
nur vermitteln. Das färbt natürlich imagemässig schon auch auf die Firma ab“ (SF, IP).
Entscheidend ist aber schon der verkaufstechnische Aspekt auf dem Werbemarkt:
„Also, wenn wir jetzt Radiotele nehmen, haben wir Exklusivverträge. Dann ist die
Beziehung sehr eng. Da hat man auch Steuerungsaufgaben, Steuerungsfunktionen. Es
gibt dann aber natürlich auch nicht Exklusivverträge, da hat man Mittler. (…). Also, ein
Sender der keinen Exklusivvertrag anstrebt, macht einen entscheidenden strategischen
Fehler. Grundsätzlich hat er dann im Markt keine Vermarktungsstrategie. Wenn drei
Leute ein Produkt verkaufen, sind drei verschiedene Verkaufsstrategien im Markt. Es
gibt, auf der Seite des Einkäufers des Mediums, also des Kunden, gibt es einen völlig
falschen Eindruck. (…).Dann haben wir das Problem, dass verschiedene Know-hows da
sind. (…) Und wenn man eine Exklusivität hat, dann weiss man, man hat eine
Marketingstrategie mit dem Sender zusammen, man hat eine Verkaufsstrategie, man hat
Produktkenntnisse, weil man entwickelt die Produkte ja mit. Wenn sie Vermittler sind,
sind sie nie im Produktentwicklungsprozess. (…). Sie haben nie in irgendeiner Form die
Chance an einem Produktmanagement- oder Marketingmeeting teilzunehmen. Sie
kriegen eine Preisliste und das dürfen sie dann anbieten. Wie wollen sie die Philosophie
ihres Produktes kennen? Wie wollen sie wissen, wie gearbeitet wird? Wo sind die
Schnittstellen vom Angebot des Marktes zum Sender. Das geht nur über Exklusivität.
Das ist wirklich ein ganz wichtiger Punkt“ (HSP, Radiotele).
Neben diesen Faktoren werden natürlich auch wieder ökonomische Gründe aufgeführt:
„(…) im Moment wo ich das nicht mehr bei einem Partner habe, sondern bei mehreren,
dann habe ich praktisch null Einsparungen, weil ich brauche die ganze Infrastruktur bei
mir im Sender auch noch mal. Ich müsste dann wirklich am Schluss, müsste ich
irgendwo ein Handling haben, dass die Spots zusammenzieht, die
107

Ausstrahlungskontrolle macht, dass die Rechnungen an die einzelnen Partner stellt… So
wie wir das jetzt praktizieren, ist dieser ganze Bereich outgesourced. Am Schluss des
Monats, des Jahres, was auch immer vereinbart ist, kriegt der Sender eine Abrechnung
und das war es. Wenn er das bei mehreren Partnern hätte, dann müsste er am Schluss
irgendwo doch wieder eine zentrale Stelle schaffen, die die Koordination dann
übernehmen würde. Insofern wäre die Einspaarung an einem kleinen Ort. Auf der
anderen Seite wäre natürlich auch die Marge für einen Vermarkter, der dass nicht
exklusiv hätte, wäre natürlich nicht gleich spannend, wie wenn er das exklusiv hat. Also
würde der Sender vermutlich dann eben auch weniger verdienen und er würde auch
nicht mit diesem Nachdruck im Markt auch dann vertreten. Bei uns ist es klar, wir
haben das zu verkaufen, das ist unser Angebot. Wir laufen nicht Gefahr, dass wenn wir
die Türe schliessen beim Kunden, dass dann der andere Werbevermarkter kommt und
das gleiche Angebot noch in einer neuen Form bringt. Entsprechend ist das Engagement
natürlich ein anderes. Ich denke, dass macht kaum Sinn, das so zu handeln. Was man
natürlich wieder diskutieren kann, ist, braucht es einen Zwischenhändler zwischen
Sender und Agentur oder Kunde? Das ist eine Frage, die sich ja auch immer wieder
stellt. Hängt auch ein Stückweit von der Marktgrösse ab. (…). Den Markt Schweiz
beurteile ich als zu klein, um als Sender in unserer Grössenordnung dann das Angebot
selber in den Markt zu stellen“ (JCB, Cinecom). „(…) eigentlich Einnahmen, sprich
wieder eine Transaktionskostenverringerung, (einer) der wiederum das ganze Handling
auf sich nimmt, auch die Marketingaufgaben. Man darf nicht vergessen, wir haben sehr
grosse Marketingkosten für die Medien, die wir exklusiv vermarkten. Wir haben keine
Marketingkosten für Medien, die wir nur vermitteln. Wir machen keine Imagekampagne
für Radio24, (…), weil wir nur vermitteln. Wir machen aber Imagekampagnen für
RTL, Sachen für Energy. Die Marktforschung machen wir nur bei Medien die wir
exklusiv vermarkten. Das sind auch Kosten. Von 6 Millionen Umsatz gehen X
Millionen wieder in die Forschung (…)“ (SF, IP).
Im Printbereich kommt neben den Kosten auch wieder das mehrmals angesprochene
Verkaufsnetz der Publicitas zur Sprache: „wenn ich eine eigene Organisation aufbaue,
wie viel kostet das? Und hat das einen Einfluss auf die Einnahmen? (…) aber da muss
er sich dann die Frage stellen, was passiert, wenn sie kein Netz mehr haben. So etwa, im
Schweizer Schnitt, die Hälfte des Umsatzes kommt aus dem Netz, das Publicitasnetz
und die Hälfte kommt aus dem lokalen Bereich. Für eine kleinere Zeitung ist es dann
vielleicht 70 % lokal und 30 % ausserlokal. Aber auch wenn es nur 30 % sind, kann
108

man darauf nicht verzichten“. So weist derselbe Experte auch auf die
Wichtigkeit des aktiven Verkaufs der exklusiven Titel hin: „Dann gibt es keinen aktiven
Verkauf mehr. Dann nehmen wir das (nur) entgegen. (…). Dann gibt es kein push
mehr, dann gibt es nur das, was kommt. Und das kann ein Verleger in etwa schätzen,
wenn kein aktiver Verkauf mehr passiert, dass etwa 20, 25% seines Umsatzes nicht
mehr kommen wird. Und das ist einfach zuviel“ (GVC, Publicitas).
Die Vermarktung im Onlinewerbemarkt unterscheidet sich in gewissen Belangen, vor
allem aber durch mediumspezifische Zwänge, von den anderen Mediengattungen. Diese
werden von einem Experten angesprochen: „(…) diese Vermarktungsverträge im
Online sind nicht so in den Stein gemeisselt, wie das beim Fernsehen oder Radio ist.
Man kann im Online sagen, es gibt das Paradebeispiel Ticketcorner.ch, die wechselt im
Zweijahresrhythmus von Publimedia wieder zu uns und wieder retour. Es gibt einfach
Sachen, da sagt man, man ist mit dem Leistungspaket zufrieden. Tamedia hat in den
letzten fünf Jahren ihren Vermarkter nicht mehr gewechselt. Andere Titel, Websites
wechseln häufiger“. Vor allem aber unterscheidet sich die technische Abwicklung: „Es
ist vom technischen her schon einmal nicht möglich, bei mehreren Vermarktern zu sein.
Ein Vermarkter muss das Admanagementsystem auf der Website implementiert haben.
Die einzige Möglichkeit wäre, es gäbe zwei Bannerflächen, zwei Skyscraperflächen.
Das würde aber auch bedeuten, dass dann eventuell auch einfach zwei Pop-Ups
aufgehen, das ist für den Werbeauftraggeber nicht möglich. (…)“. Zentral ist die
Standardisierung verschiedener Formate, was beispielsweise auch beim Plakat schon
angesprochen wurde: „Ich denke, dass wir die Werbevolumen im Online generieren
können, müssen wir die Standards festlegen. (…). Wenn wir einen Standard einführen,
können wir sagen, wir führen ihn gleichzeitig auf 140 Plattformen ein. Wenn wir uns
mit der Publimedia einigen können, sind es 150. Wenn wir noch zwei, drei grosse
dazunehmen, dann haben wir eigentlich den Werbemarkt Schweiz abgedeckt. Wenn
sich von diesen 150 Websites 15 selber vermarkten müssten und wir müssten ein
Meeting machen; wir möchten ein neues Skyscraperformat in der Schweiz einführen
oder auf das europäische Format wechseln, weil wir haben in der Schweiz noch
verschiedene Formate, dann müssten wir einen Tisch zusammen setzen mit etwa 20
Personen und wir könnten uns nie einigen“ (SS, Adlink).
109

Diese verschiedene Faktoren, welche durch die Vermarkter angesprochen wurden,
werden auch aus Sicht der Medien aufgeführt: „Also ich glaube, das ist sicher auch
historisch gewachsen (…). Als die Printmedien aufkamen waren die Verleger eher
Drucker als, ich sage jetzt einmal, Anzeigenverkäufer, respektive nicht in der Lage
ihren Verkauf so zu gestalten, dass sie preistreu blieben. (…). Dass es heute noch so
ist… Ich glaube eben, dass Regional- oder Lokalzeitungen schon von dem Netzwerk,
das die Publicitas anbietet, profitieren, weil sie können es sich wirklich aus
Kostengründen nicht leisten, so viele Verkäufer zu haben, dass sie sie überall, wo sie
sein sollten, einsetzen könnten“ (X19, Ringier). „Ich denke, das Engagement des
exklusiven Vermarkters, der sich total identifizieren kann, ist grösser, als wenn man
sagt, du darfst vermarkten, aber du bist nicht alleine. Ich persönlich finde die
Identifikation mit dem Produkt stärker. Ich hätte auch keine Lust, dieselben
Informationen an zu viele Vermarkter herauszugeben, die dann mit meinem Titel
hausieren. (…). Und die sind gross, die Publicitas, flächendeckend, da braucht man
nicht unbedingt einen zweiten. (…). Und dann gibt es natürlich noch die ganze Frage
der digitalen Anzeigenübermittlung, ein wichtiger Punkt. Heute hat Publicitas
Partnerschaften und kann ihnen die Anzeigen in einem Kanal direkt in die Vorstufe
senden. Da gibt es nicht mehr so viele Schnittstellen. Das wird hier digital hergestellt,
geht durch den Strang direkt auf die Platte. Nicht einmal mehr auf Film, Computer to
Plate und das kann natürlich eine Gruppe wie die Publicitas, da kann man Geld sparen“
(DS, Baz). „(…) die Vorteile für uns sind, dass Cinecom keinen Interessenkonflikt hat,
weil sie ja nur einen Sender, nur ein Produkt verkaufen und voll und ganz für uns
einstehen. Und sie sind der Monopolist im Kino und das gibt nochmals einen anderen
Bereich von Kundschaft, an die wir sonst nicht kommen könnten“ (X4, Y4).
8.3.2 Gegenseitige Ansprüche zwischen Vermarkter und Medium
Die Werbevermarkter und die Medien wissen beide ziemlich genau, was ihr
Marktpartner von ihnen erwartet. Damit der Vermarkter ein Medienangebot erfolgreich
im Werbemarkt absetzen kann, sollte es qualitativ hochwertig sein, über gute
Mediadaten beziehungsweise Leser verfügen, das richtige Image besitzen,
Planungssicherheit bieten und eine saubere technische Abwicklung der Werbung
gewährleisten. Umgekehrt erwartet das Medium vom Werbevermarkter hauptsächlich
einen möglichst hohen Umsatz, also die Maximierung der Werbeeinnahmen. Daneben
110

wird aber auch angesprochen, dass der Werbevermarkter sich völlig mit dem Produkt
identifizieren und sich auch dafür interessieren muss, damit nicht bloss die Werbezeit
beziehungsweise der Werberaum verkauft wird. Weiter wird Professionalität und
Flexibilität, sowie Planungssicherheit und die Bereitstellung von Dienstleistungen und
Marktforschung verlangt.
Aus der Sicht der Vermarkter, wird folgendes von ihren Medien erwartet: „Wir
erwarten natürlich die bestmöglichen Medienzahlen. Das ist ganz klar, wir verkaufen
den Leser, wenn die Leserzahlen zurückgehen, oder wenn die Auflage zurückgeht, ist
das nicht gut. (…) Der Kunde drückt dann und sagt, die Zeitung ist nicht mehr so viel
wert, sie ist zu teuer, etc. und die Zeitung lässt sich dann nicht mehr so gut vermarkten.
Das andere was ganz wichtig ist, aber weniger greifbar, ist die Qualität des
redaktionellen Inhalts. Das lässt sich nicht so vermarkten wie die Anzahl Leser oder die
Verbreitungsdaten (…), aber das ist ganz, ganz wichtig. (…) wenn die Qualität der
Zeitung zurückgeht, die Zeitung nur drei Mal erscheint anstatt sechs, (…), das Angebot
ist nicht mehr so gut im Druckbereich, im Farbbereich, die Qualität etc“ (GVC,
Publicitas). „(…) wir stehen für eine gewisse Kontinuität, für eine gewisse Sicherheit,
auch für ein Image. Der Punkt ist eigentlich, dass wir als Unternehmen unsere Position
auch haben. Also wenn Cinecom im Markt etwas lanciert, dann muss man sich darauf
verlassen können, dass das Bestand hat, dass das ein seriöses Angebot ist, dass das auch
gehandled wird. Entsprechend genau diese Forderungen stellen wir natürlich auch an
unsere Partner. Es kann nicht sein, dass dann Verträge die wir schliessen, dann nicht
eingehalten werden könnten. Ich sage dies deutlich, weil dies auch nicht der Fall ist.
Aber wenn Sachen dann nicht mehr ausgestrahlt werden könnten, wenn das Angebot
nicht mehr stimmen würde. Also hier sind wir sehr daran interessiert, dass die
Kontinuität gegeben ist, das ein gutes, qualitativ hoch stehendes Angebot im Markt ist,
das uns dann letztlich auch wieder gegenüber unseren Partnern als verlässliche
Vermarkterfirma darstellt“ (JCB, Cinecom). „Dass sie uns Informationen liefern. Wir
sind davon abhängig, dass wir wissen, wenn Pro7 neue Sendungen eingekauft hat. Was
haben wir für Ansprüche? Dass die Spots die wir z. B. hereingeholt haben, das heisst,
wenn unser Verkauf rausgeht, irgendwie die Migros überzeugen kann, mach Werbung
auf RTL, dass RTL auch die technische Abwicklung sauber macht, weil wir dann
wieder gegenüber der Migros gerade stehen müssen, nein, dann Spot wurde nicht
111

ausgestrahlt, weil… Wir haben da gegenseitig gewisse Qualitätsansprüche, die erfüllt
sein müssen“ (SF, IP).
Umgekehrt glauben die Werbevermarkter, dass die Medien hauptsächlich einen
Anspruch an sie haben: „Was sie erwarten ist Umsatz und wenn es nicht stimmt, dann
kracht es“ (GVC, Publicitas). „Bringt mehr Werbegelder. Am liebsten aus den
langweiligsten oder klassischsten Werbeformen. Schlussendlich wir werden gemessen
wie viel Werbegelder wir bringen, das ist das was zählt“ (SS, Adlink). „Da gibt es
Umsatzerwartungen und die haben wir zu erfüllen. Das ist eigentlich, was die Medien
von uns verlangen in erster Linie. Nein, natürlich haben sie auch gewisse
Dienstleistungen, die sie wünschen, die wir auch erbringen. Aber in erster Linie ist es
klar, es ist ein Geschäft“ (JCB, Cinecom). „Da gibt es viele Ansprüche. Monetäre zum
Beispiel, dann gibt es Imagemässige. (…). Dass wir das Medium auch über die
Preisgestaltung passend positionieren“ (SF, IP).
Es zeigt sich aber, dass die Medien ihrerseits differenziertere Erwartungen an ihren
Vermarkter haben, als die blosse Erfüllung der finanziellen Vorgaben: „Dass er die
totale Identifikation mit meinem Produkt hat. Dass er eine personelle und
organisatorische Infrastruktur hat, die mindestens so gut ist, wie wenn ich sie selbst
aufbauen würde. Die besten Leute, die modernste Organisation, flexibel, schnell,
professionell, identifiziert. Das ist der Anspruch. Das ist noch stressig für den Partner“
(DS, Baz). „Dass sie sich für unser Programm interessieren und nicht einfach Minuten
oder Blöcke verkaufen. Für sie sollte auch das, was zwischen den Werbeblöcken läuft,
ein Thema sein. Die Publisuisse ist diesbezüglich wirklich sehr gut” (X5, Y5). „Die
Hauptaufgabe ist ganz sicher das Verkaufen und auch dass er den Kundenkontakt pflegt
und die Kundenakquisition übernimmt. Dann ein wichtiger Teil ist die Marktforschung.
Er sollte nicht nur die Telekontrolldaten aufbereiten, sondern auch einfach up to date
sein dort. Dann natürlich auch, dass er marktgerecht ist mit seinen Konditionen, und
dass er eine hohe Planungssicherheit für die Mediaagenturen und die werbetreibenden
Unternehmen bietet. Dass er den Sender so gut einschätzen kann, was der als Leistung
bringt, dass der Deal von Anfang an hält“ (X4, Y4). „(…) möglichst aktive Vermittlung,
möglichst aktive Berücksichtigung unseres Mediums, TeleZüri, das ist klar. Wir
erwarten aber auch, dass er uns sagt, was aus seiner Sicht die Kundenbedürfnisse sind.
Wenn die Kunden spezifische Werbeformen beispielsweise nachfragen oder sie fragen
112

eispielsweise Programme nach, (…) oder Formate oder Programmgefässe nach, um
ihre Werbung in diesem Umfeld plazieren zu können“ (X6, Y7).
Wie mögliche Spannungen zwischen den beiden Parteien aussehen können, wird hier
beschrieben: „Es kann die geben, wenn der Medienanbieter oder das
Medienunternehmen den Eindruck hat, dass der Vermarkter nicht das tut, was der
Medienanbieter eigentlich möchte. Oder, das gibt es viel in den Medienhäusern, dass
man das Gefühl hat, es werde nicht in jedem Fall so professionell gearbeitet, wie man
das erwarten dürfte. Das gibt es schon. Aber das wäre bei eigenen Mitarbeitern auch so,
aber den Vermarktern kann man noch ein bisschen mehr stressen, weil man einen
Vertrag hat mit ihm und dort steht, was er zu tun hat und was er dafür erhält.
Verlagshäuser haben immer den Eindruck, dass der Vermarkter immer noch mehr Leute
abstellen könnte, nur für den einen Titel, nur exklusiv arbeiten, die nichts anderes tun.
Auf der anderen Seite beim Vermarkter ist es so, dass die auch rechnen müssen, wenn
es weniger Inserate hat, dann fällt auch das Ergebnis bei ihnen zusammen, also haben
auch sie Sparprogramme. Für Sparprogramme eines Vermarkters hat das Medienhaus
selten Verständnis, nur für die eigenen. Dort kann es Spannungen geben“ (DS, Baz).
8.3.3 Gegenargumente zur exklusiven Vermarktung
Im Gegensatz zu den vielen Argumentationen, die für eine exklusive Vermarktung
sprechen, sollen an dieser Stelle auch abschliessend gewisse Gründe dargestellt werden,
weshalb ein Medienunternehmen selber die Werbezeit beziehungsweise den Werberaum
verkaufen möchte. Wie verschiedentlich erwähnt, ist ein Hauptpunkt sicherlich der
ökonomische Aspekt. Dies hat mit der eigenen Unternehmensgrösse zu tun, hängt aber
auch stark mit den produzierten Medien und deshalb auch mit dem zu bearbeitenden
Markt zusammen, sowie von gewissen strategischen Entscheidungen. So ist es ein
bedeutender Unterschied ob diese Medien nun im elektronischen Bereich anzusiedeln
sind, oder sich im Printbereich befinden. Und auch im Printmarkt selber gibt es
gewichtige Differenzen. So ist beispielsweise eine Tageszeitung aufgrund lokaler und
nationaler Werbekunden viel mehr auf das Netzwerk der Publicitas angewiesen, als dies
bei einer schweizweit erscheinenden General Interest Zeitschrift der Fall ist, die
überwiegend nationale Grosskunden oder Markenartikelwerbung beinhaltet. Weiter
muss auch angemerkt werden, dass sich der konzerngebundene Werbevermarkter und
die Eigenvermarktung durch das Medienunternehmen selber, von der Funktion her am
113

ähnlichsten sind. Ob ein Medienunternehmen diese Vermarktung in ein eigenes
Unternehmen auslagert, hängt nicht zuletzt auch von den angebotenen Medien und ob
diese nur in einer, oder in mehreren Mediengattungen anzusiedeln sind. So können als
Beispiele etwa Tamedia und Ringier aufgeführt werden, welche beide Direktbuchungen
anbieten. Bei Tamedia wird der Printbereich direkt vermarktet, kann aber natürlich auch
über die Publicitas als Vermittler gebucht werden, während gewisse Websites über
Adlink gehen, was auf eine frühere Beteiligung zurückzuführen ist. Radio24 und Tele
Züri mitsamt ihrer Websites sind aber zum konzerngebunden Werbevermarkter Belcom
ausgelagert. Ringier seinerseits besitzt oder bietet eigentlich keine elektronischen
Medien an, abgesehen von gewissen Beteiligungen oder ihren eigenen Websites,
wodurch der Schwerpunkt im Printbereich, und hier weiter bei den Zeitschriften zu
finden ist. Die Printwerbung wird direkt vermarktet, natürlich wiederum mit der
Publicitas als möglichen Vermittler, während die Websites durch Publicitas
Webservices betreut werden. Weshalb Ringier keinen Regievertrag mit der Publicitas
hat, wird anhand den Aussagen der Expertin von Ringier erläutert:
„Also der Anzeigenerlös ist ein wichtiges Standbein für den Verlag. Je nach Titel macht
er 50 oder 60 Prozent aus des Erlöses, das andere Standbein ist ja der Lesermarkt, der
Einzelverkauf. Ich kann es jetzt von mir sagen, (…), auch hier im Hause selbst, aber
wenn man so grosse Titel hat, also auflagenstarke, bedeutungsvolle Titel, von Blick
über Schweizer illustrierte und so weiter, wenn man diesen Markt, nicht mehr spüren
würde, im Sinne nicht selber bearbeiten und realisieren was abgeht im Markt, keine
direkten Kundenkontakte pflegen würde, dann wären wir überzeugt, dass der Umsatz
nicht so gut beeinflusst werden kann für unsere Titel, wie das heute geschieht. Und auch
kostenmässig wäre es für uns nicht günstiger, wenn wir es an einen, ich sage jetzt
einmal an einen Vermittler geben würde. Ein grosser Teil kommt ja eh über Vermittler
trotzdem je nach Titel. Aber wir informieren die Kunden einfach auch immer direkt und
die Agenturen ebenso“. Dieser Anteil ist mit der Publicitas als wichtigster Player im
Printmarkt aber trotzdem beachtlich und unverzichtbar: „Das ist bei den Zeitungen
anders als bei den Zeitschriften. Zeitungen haben logischerweise mehr über die
Publicitas, weil Publicitas eher zeitungsorientiert arbeitet, oder die Basis Zeitungen
sind. Das liegt so zwischen 40, 50 bis 60 Prozent bei Zeitungen (…). Und bei den
Zeitschriften ist es etwas drunter, zwischen 30 bis 40 Prozent“.
114

Die Expertin zählt nun weitere Vorteile auf, die sich, ihrer Meinung nach, durch die
verlagsinterne Vermarktung ergeben: „Ja, den Markt, die Kundenbeeinflussung, eben
das Kennen der Kunden auch, das persönlich kennen, Kontakte pflegen. Das sind sicher
die Vorteile. Also nicht einfach blind auf diesem Auge zu sein, was diesen
Erlösstandbein bedeutet. Und das andere, jetzt im konkreten Sinn der Publicitas, die
vermarkten einfach, wo sie mehr Provision erhalten. Das, was sich leichter verkaufen
lässt, verkaufen sie und wir schauen, eher uns dort besonders anzustrengen, wo es
schwieriger wird. Also wir können unseren Verkäufern direkter noch Zielvorgaben
machen“. Hierauf wurde meinerseits argumentiert, dass etwa im Falle der Basler
Zeitung oder der NZZ die Zusammenarbeit ja auch integral verläuft: „Nur da haben sie
jeweils praktisch nur einen Titel, bei uns sind es schon mehrere. Auch vom Rechnen
her, sieht es bei uns wieder anders aus, als für einen einzelnen Titel“. Somit ist hier
wieder ein sehr wichtiges Argument, dass aufgrund der Unternehmensgrösse und den
angeboten Medien, hier vor allem Zeitschriften, für Ringier es ökonomisch gesehen,
vorteilhafter ist, sich selber zu vermarkten.
Weiter argumentiert die Expertin, dass gerade in konjunkturell schlechteren Phasen,
eine Eigenvermarktung förderlich sein kann: „Aber ich glaube, gerade in schlechten
Jahren ist es wichtig, einen Eigenverkauf zu haben, weil dann können sie wirklich noch
stärker forcieren auf den einzelnen Titel und ich sage jetzt einmal Aktivitäten,
Massnahmen zu ergreifen, die dann vom Verkauf dann ganz speziell umgesetzt werden
beim Kunden. Specials zum Beispiel, auch so Line Extension machen, realisieren von
Titeln, Schwerpunktthemen und so fort. Dass die dann besonders kräftig verkauft
werden, oder spezifisch verkauft werden. (…). Ich meine, der Verkäufer erhält auch
weniger Lohn, wenn er weniger Umsatz bringt. Nicht ganz so direkt, aber ich sage
einmal, der Fixlohn ist, hat er dann, aber der variable Anteil wird dann ein bisschen
kleiner werden“. Bestätigt wird auch, dass das Publicitasverkaufsnetzwerk für die
Ringier Titel nicht wichtig ist, was wiederum die Eigenvermarktung lukrativer macht:
„Nein, für uns absolut nicht, weil unsere Titel alle national gestreut sind, ganze
Deutschschweiz abgedeckt oder ganze französische Schweiz. Wir sind nicht auf das
lokale oder regionale Geschäft angewiesen. Also da haben unsere Titel gar keine
Bedeutung“ (X19, Ringier).
115

8.3.4 Abrechnungsmodelle und Beteiligungen
Es existieren eine Reihe von verschiedenen Abrechnungsmodellen zwischen den
Vermarktern und ihren Medien, die aber keine der Experten wirklich offen legen
wollten oder durften. Genannt wurden verschiedene Formen von Provisionen,
umsatzabhängige Auszahlungen, Gewinnbeteiligungen, Pauschalbeträge und lineare
Kommissionierungsmodelle. Diese verschiedenen Möglichkeiten unterscheiden sich je
nach Medium, den erbrachten Dienstleistungen, aber natürlich auch zwischen einer
exklusiven Vermarktung und einer blossen Vermittlung.
„Ja, es gibt Vermittlerverträge, sowie exklusive Verträge“ (HPS, Radiotele). „Die sind
in diesen beiden Tresoren. Ist bei uns Geschäftsgeheimnis. (…). Das einzige, was ich
sagen kann, es gibt ganz verschiedene Modelle. Aus der klassischen
Wirtschaftswissenschaft. Schwellenmodelle, dass man ab einer gewissen Schwelle mehr
Provision hat. Es gibt garantierte Fixsummen. Es gibt Gewinnbeteiligungen. Aber die
detaillierten…“ (SF, IP). „Eigentlich zwei, also die Provisionierung auf den Umsatz und
die Flat fee, einen Pauschalbetrag pro Monat für alle anderen Leistungen die er erbringt,
wie Marktforschung zum Beispiel. Aber oft ist das auch in die Provision eingerechnet“
(X4, Y4). Hier gleich ihr Vermarkter: „Also in aller Regel sind das umsatzabhängige
Geschichten. Kino läuft zum Teil etwas anders als Fernsehen, das ist klar, rein auch
vom Handling her, oder von den Dienstleistungen die wir da erbringen müssen. Bis zur
Einführung der digitalen Kinowerbung sind wir immer noch diejenigen, die das
Werbeband pro Kino konfektioniert. Also wir schneiden die Spots zusammen und
liefern dem Kino ein pfannenfertiges Band, dass er nur noch einspannen muss. Das ist
natürlich ein anderer Aufwand, als wenn wir einen Film, ein Beta zu irgendeinem
Sender schicken. Das ist rein von System her eine andere Geschichte. Aber da man
davon ausgeht, dass alles umsatzabhängig honoriert wird“ (JCB, Cinecom).
Beim Internet werden erstmals auch konkrete Summen genannt, sowie ein bis jetzt nicht
genanntes Risiko angesprochen: „Der Vermarkter behält zwischen 30 und 50 Prozent
der Werbeumsätze bei sich. Das ist für die Vermittlung, das Auftreiben der
Werbegelder, das Handling, das Inkasso und der Debitorenrisiken. Das heisst, das del
credere trägt der Vermarkter. Wenn er einen Kunden akzeptiert und dieser nicht bezahlt,
ist er selber Schuld“ (SS, Adlink).
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Im Schweizer Printmarkt kann von folgenden vagen Kommissionen für eine exklusive
Vermarktung ausgegangen werden: „Wir haben ein sehr einfaches Modell, ein lineares
Modell mit einer Vermittlungskommission, mit gewissen Bereichen, die man
gemeinsam bestreitet, zum Beispiel gewisse Promotionsanstrengungen bei dem beide
Partner Geld einschiessen oder Forschung, man macht einen Forschungsfond, da kommt
Geld von beiden Seiten rein. Aber was die Inserate anbelangt, haben wir ein ganz
normales Kommissionierungsmodell. (…) Garantien sind nicht üblich. Es gibt
Möglichkeiten, dass man strukturiert oder dass man gewisse Teile zusammenlegt und
gemeinsam finanziert oder so. Aber momentan haben wir ein ganz einfaches Modell,
das ich auch als gut bewerte. Wenn ich die Höhe nicht nenne, dass liegt auf der Hand…
Aber gehen sie einmal davon aus, dass es nicht unter 10 und nicht über 30 ist“ (DS,
Baz).
Die Plakatwerbung funktioniert nach einem etwas anderen Prinzip, da hier noch
zwischen öffentlichem und privatem Grund unterschieden werden muss: „Wir haben
prozentuale Abgaben über den Umsatz, den wir generieren. (…) auf der einzelnen
Fläche oder im Gesamten. Wir haben 8000 Flächen in Zürich und bezahlen irgendwo 4
Millionen Franken pauschal. Ob wir die verkaufen oder nicht, dass interessiert die Stadt
nicht. Diese Art gibt es auch. Oder sie haben vom Umsatz, den sie in Zürich generieren,
irgendwo 30 % Prozent vom Umsatz haben sie Abgaben. Es gibt verschiedene Modelle,
es ist sehr unterschiedlich. Aber unser Partner wird immer partizipiert. Das ist der
öffentliche Grund. Dann gibt es noch den Privatgrund. Und dort sind die Abgaben sehr,
sehr unterschiedlich je nach Standort. Der Günstigste, den ich kenne, ist noch 4,30
Franken im Jahr im Urnerland von 1932, der nie angepasst wurde. Der teuerste ist,
glaube ich, irgendwo bei 7000 Franken pro Fläche…“ (SH, APG).
Neben den verschiedenen Abrechnungsmodellen interessierte auch, inwieweit
Werbevermarkter direkt an ihren Medien beteiligt sind. Interessanterweise waren alle
Experten der elektronischen Medien vehement gegen solche Beteiligungen und gaben
an, dass dies auch nie angestrebt werde, damit die völlige Unabhängigkeit gewährleistet
bleibe. Wie bereits in Kapitel 4.7 erwähnt, gibt es aber durch die Publicitas
beziehungsweise Publigroupe im Printbereich sehr viele solche Beteiligungen an
Zeitungen und Verlagen. Anders sehen natürlich in entgegengesetzter Richtung die
Verhältnisse der konzerngebunden Werbevermarkter aus, die immer zum jeweiligen
117

Medienunternehmen gehören, oder solchen die in eine Holding integriert sind, die
ihrerseits wiederum Medien besitzen kann.
So antworteten die Experten auf die Frage nach Beteiligungen an ihren Medien wie
folgt: „Gar nicht. Nein. Hier haben wir eine klare, unabhängige Position, dass soll auch
so sein“ (JCB, Cinecom). „Adlink Schweiz nicht… Nein, ich glaube europäisch nicht“
(SS, Adlink). „Nie (…). Keine Vermischung. Gute Verträge machen gute Partner“
(HPS, Radiotele).
Die grosse Ausnahme bildet hier, wie schon erwähnt, die Publigroupe. Hierzu eine
längere Ausführungen: „Wir haben Minderheitsbeteiligungen links und rechts…“. Hier
sprach ich nun die 40 Zeitungen an: „Nein, ja…Ja, im Jahresbericht haben sie sie alle.
Aber gewichtige Beteiligungen sind vielleicht 10, Basler Zeitung, St. Galler Tagblatt,
Bund… Und im Raum Zürich das haben sie gelesen. Es war sicher nicht die Absicht
und das hat die Weko auch klar gesagt, sie will nicht eine Vermischung von Verleger
Aktivitäten und Regie Aktivitäten. Wir haben uns damals dazu verpflichtet, keine
Mehrheitsbeteiligungen bei Zeitungen zu erwerben. (…). Machen wir auch nicht,
wollen wir auch nicht… Wir sind keine Verleger. Wir haben es nie mehr gemacht,
seitdem wir uns dazu verpflichtet haben. Und es ist sicher nicht ein Schwerpunkt…“.
Meinerseits wurde nun nachgefragt, ob es aber nicht trotzdem eine Strategie der
Publigroupe sein könnte, vermehrt solche Beteiligungen in Pachtverträge umzuwandeln,
wie dies bei der NZZ geschah: „(…) es kann nicht die Rede sein, dass wir eine
Beteiligung in einer Zeitung anstreben, und das wir nicht die Macht haben, das macht
keinen Sinn, dass wir Beteiligungen, ich weiss nicht wo haben und nicht die Macht…
Aber meistens ist das ganz historisch gewachsen. Meistens war es so, dass ein Verleger
Schwierigkeiten hatte und ist zu Publicitas gekommen und hat gesagt, ich muss eine
neue Druckmaschine kaufen, die Banken wollen nicht (…). Meistens ist es über ein
Darlehen gekommen. Und als die Zeit kam, um das Darlehen zurückzuzahlen, hatte der
Verleger wieder aus verschiedensten Gründen kein Geld oder wollte nicht, OK, das
Darlehen wird umgewandelt. So ist es passiert bei allen klassischen Beteiligungen. Ein
Darlehen gibt es nur, wir sind keine Bank, wir bieten, wenn es ein Darlehen braucht, ein
Darlehen nur an Pachtverleger. Das beantwortet dann die Frage… Wenn unsere
Pachtblätter dann zu uns kommen und sagen, ich brauche ein Darlehen, ja bon, geh zu
deiner Bank oder zu deiner Versicherungsgesellschaft, sonst…“ (GVC, Publicitas).
118

Somit wird bei Zeitungen an denen die Publigroupe beteiligt ist, klar eine exklusive
Vermarktung angestrebt, welche für den Verleger Vorteile in Form von finanziellen
Dienstleistungen bringen kann.
8.4 Kategorie Programmgestaltung
8.4.1 Einflussnahme auf Programmgestaltung und Meinungsvielfalt
Grundsätzlich sieht die grosse Mehrheit der Experten keine direkten Möglichkeiten der
Werbevermarkter auf die Programmgestaltung und Meinungsvielfalt einzuwirken,
weshalb an dieser Stelle auch wieder die inhaltliche und redaktionelle Autonomie der
Medien betont wird. Dass aber die Vermarkter durch den Verkauf von Werberaum oder
Werbezeit das Medienangebot finanzieren, wird nicht bestritten, weshalb hier der
indirekte Einfluss zum tragen kommt. Das Medienunternehmen kann zwar selber
entscheiden, welche Sendungen oder Titel es herausgeben will, ob es dass aber auch
ohne hinreichendes Interesse der Werbewirtschaft tun wird, dürfte dahingestellt sein.
„(…) angenommen, der Markt würde zusammenbrechen, dann würde wahrscheinlich
von den privaten TV-Stationen nicht mehr viel übrig bleiben. Weil wir wie gesagt,
keine anderen Einnahmequellen haben, der Sender hat die nicht. Entsprechend (…) ist
da schon ein Gewicht vorhanden, aber eigentlich ist ja nicht das… Sondern wir
beschränken uns darauf, dass wir sagen, gut, wir könnten uns… Konkretes Beispiel:
eine People-Sendung, eine Lifestyle-Sendung, die hat aus unserer Sicht Potential.
Entsprechend werden wir die Analysen dazu liefern. Und wir können durchaus beim
Sender vorstellig werden und sagen, dass wäre ein mögliches Gefäss. Das wäre eine
Einflussmöglichkeit, wie sie tagtäglich vorkommt. Das war es dann auch. Die
Entscheidung letztlich machen wir das, machen wir es nicht, liegt beim Sender.
Genauso, wenn der Sender sagt, ja wir brauchen einen Sponsor, um dieses Gefäss
realisieren zu können. Wenn der Vermarkter dann dieses Gefäss nicht verkaufen kann,
bleibt die Entscheidung nach wie vor beim Sender, ob er es trotzdem macht, (…) oder
ob er dann sagt, nein, wenn das nicht verkaufbar ist, dann lancieren wir es nicht. Hier ist
auch der Austausch natürlich schon vorhanden“ (JCB, Cinecom).
Diese, aber vor allem auch die folgende Aussage zeigt exemplarisch die
charakteristischen Widersprüche, welche sich in unterschiedlicher Ausprägung in vielen
119

Antworten der Experten wieder finden. Der Einfluss wird verneint, aber die Redaktion
müsste schon bereit sein auf die Bedürfnisse des Werbemarktes einzugehen, damit der
Vermarkter wiederum das Angebot verkaufen kann.
„Auf die Meinungsvielfalt nein. Weil schlussendlich eine Redaktion und wir stützen
uns vor allem auf News und Information aus der Region, wir wollen das Fenster zum
Hof sein. Aber sie sehen schon, ich sage wir. D. h., wir sehen uns als Vermarkter im
Prinzip als Kolporteure des Inhaltes in die Wirtschaft. Wir sind Entre-Mediaire
zwischen Redaktion oder Inhalten und der kommerziellen Leistung, d. h., den
Werbeblöcken. Ich muss aber ganz klar natürlich in dem Sinne versuchen, soweit das
möglich ist, Einfluss zu nehmen bei der Programmleistung, wenn ich sehe, dass jetzt
einfach wirklich völlig am Bedürfnis des Marktes vorbeiproduziert wird. Dann müsste
die Möglichkeit bestehen zu eine Gespräch, wo ein Konsens gefunden werden muss. Da
geht es einfach wieder um eine Konsensfindung und nichts anderes. Und die
Möglichkeit aber, die Diskussion mit der Chefredaktion zu suchen, wenn die nicht da
ist, dann ist der Erfolg auch von Anfang an nicht gegeben. Daher haben wir die
Problematik auch bei den Deutschen Privaten, weil eine IP wie auch eine Cinecom,
können keinen Einfluss nehmen, können kein Gespräch haben. Sind also wirklich
angewiesen auf irgendwelche Inhalte die geliefert werden“ (TÖ, Belcom).
Dies wird auch vom ersteren der beiden genannten Unternehmen bestätigt: „Also bei
uns ist es klar, die deutschen oder die französischen Sender kümmern sich einen Dreck
darum, um es kurz zu sagen. Wenn wir sagen (…) z. B. Traumjob auf Pro7, das läuft
überhaupt nicht in der Schweiz, bringt doch ein besseres Format, dann sagen sie, ja, wir
schauen auf den deutschen Markt. Wir haben gar keinen Einfluss. (…) das merkt man
dann halt auch, in Deutschland geht es um Milliarden, bei uns geht es um ein paar
Millionen. Wir können froh sein, wenn wir frühzeitig erfahren, wenn ein neues
Programm kommt. Bei Radio Energy haben wir auch eigentlich gar keinen Einfluss,
dadurch dass die Vermarktung und der Sender getrennt sind. Also der Sender ist völlig
autonom in der Programmgestaltung. Wie man auch in der Tagespresse, vor allem auch
20 Minuten immer wieder sehen kann, gibt es da gewisse Moderatoren, die sich nicht zu
schade sind, über Sponsoren oder Werbekunden Witze zu machen. Dass ist das gleiche
wie SF DRS Kassensturz bringt ja auch manchmal etwas, was gewissen Werbekunden
nicht passen kann. Von dem her ist da die Autonomie gewährleistet“.
120

Anders stellt sich die Situation im Bereich der Plasmascreens dar: „Adscreen ist aus
publizistischer Sicht wahrscheinlich kein wichtiges, meinungsbildendes Medium. Dort
ist es schon so, dass wir… Es ist ja ein Mischprogramm aus Information, Wetter,
Kurznews, vielleicht Trickfilme oder so und Werbung (…). Dass wird da sicher
Einfluss nehmen könnten, ich weiss es nicht. Es macht eine externe Firma und stellt das
Ganze dann zusammen. Wir buchen einfach die Werbung rein. Wir haben aber da kein
Interesse. Wir haben ja schon genug Werbung drin, wir haben mehr Interesse, dass da
publizistische Inhalte, informative Inhalte reinkommen, die die Leute soweit
interessieren, dass sie die Screens als Ablenkung, als Wartezeitverkürzung
wahrnehmen. Von dem her haben wir da eher das Interesse, dass die Werbung schön
und gut auffällt neben attraktiven Inhalten“.
Von mir wurde an dieser Stelle nachgefragt, ob denn IP Deutschland einen Einfluss auf
das Programm haben könnte: „Das hat man, glaube ich, als externer häufig das Gefühl.
Als ich noch bei TV3 gearbeitet habe, dort war die Vermarktung ja im Sender und nicht
extern bei einem Vermarkter. Und das würde man ja grundsätzlich als das grösste
Gefahrenpotential anschauen, weil man ja auch rein geographisch näher beieinander ist.
De facto war das so, dass die Redaktion für die Inhalte zuständig war. Logischerweise
wenn man dann einmal einen Sponsor oder so für eine Sendung gefunden hat, hat man
gefragt, ja, wäre es nicht möglich… Dass die Journalisten, die Redaktoren in sich auch
ein genug starkes Selbstvertrauen haben um zu sagen, nein, dass können wir nicht, weil
die Sendung funktioniert nicht, wenn sie als Werbung wahrgenommen wird, nicht
einmal dort… Man hätte vielleicht dort als Werbeverkäufer sehr grosses Interesse, dass
da mehr Einfluss genommen werden könnte. De facto ist der Einfluss aber sehr klein“
(SF, IP).
Diese Autonomie der Redaktion wird auch mit folgender Aussage wiederholt, es wird
aber auch auf eine gewisse Scheinheiligkeit hingewiesen: „Eine Zeitung lässt sich nicht
in den redaktionellen Teil eingreifen, wenn sie nicht von ihnen aus die Idee gebracht
haben. Wenn es nachher schlussendlich gleich aussieht und man hört, der Vermarkter
hat die Idee gebracht, dann ist es, die haben sich in unseren Bereich eingemischt, aber
wenn es von ihnen kommt, dann ist es natürlich viel besser. Sonderwerbeformen,
Sponsoring, längerfristige Partnerschaften, ein Vermarkter verkauft in der Regel, sei
dies im Fernsehen, Radio, Online eine Kampagne die dauert 2 Wochen, 4 Wochen.
Wenn es aber eine Partnerschaft gibt, wer sponsert das Meteo im Schweizer Fernsehen,
121

dann ist das möglich für drei Monate, sechs Monate, weil es rechnet sich sonst nicht.
Das sind Werbeformen die laufen meisten nicht über einen Vermarkter“ (SS, Adlink).
Deshalb sieht ein Experte eine mögliche Einflussnahme vor allem bei
Sonderwerbeformen wie Sponsoring oder Product Placement: „Ja, logischerweise. Bei
der SRG, eine Sendung von Betty Bossi, da spricht Coop mit den verantwortlichen
Redaktoren. Klar hat man dann immer diese journalistische Kompetenz, die wird dann
hochgehalten. Aber schlussendlich ist der Kunde der zahlt. Die Sendung entsteht nach
einem Konzept, den der Kunde abgibt, da spricht der Kunde mit. Jede Sonderwerbeform
ist auch Kundenmitsprache. Wenn sie das nicht machen, hat der Kunde kein Interesse
mit ihnen zu arbeiten“.
Der Einfluss resultiert dann in der Zusammenarbeit des Mediums, des Vermarkters und
des Kunden: „Der Kunde kann… Zusammen mit dem Vermarkter. Es ist ein Dreieck.
Wenn wir das Dreieck nicht spielen, dann müssten wir gar nicht antreten. Es hat keinen
Sinn da, wie soll ich sagen, den Kunden zu bevormunden. Der Kunde soll mitbeteiligt
sein. (…). Er ist dann auch motivierter, wenn er mitsprechen kann. Das Involvement
steigt dann auch. (…). Da ist es auf der privaten Seite wieder etwas anders als bei der
SRG, da wir natürlich das Interesse haben, dass der Kunde eine bessere Präsenz hat,
dann kann man auch mehr verlangen im Preis, oder man kann den Preis besser
argumentieren als im klassischen Bereich. Es ist so, dass auch diese Trailers auch
entsprechend mit dem Kunden entwickelt werden. Und das verwischt dann quasi ein
bisschen im Programm Werbung, dass wird dann so vermischt, so dass man nicht mehr
richtig unterscheiden kann. (…) und die Akzeptanz sag ich jetzt mal auch von den
Kunden für diese Formen, ist entscheidend grösser, weil sie innerhalb des Programms
stattfinden und nicht mehr in einem abgetrennten Bereich, den Werbeblock (…).Es gibt
dann eben ganz andere Möglichkeiten für diesen potentiellen Kunden etwas zu tun. Das
geht dann viel weiter, es geht einfach vom Bildschirm weg in andere Bereiche“.
Mögliche Zielgruppen oder Produkte die so beworben werden könnten, werden hier
angesprochen: „Bei mir ist es ein Spartensender, Jugend, ich muss mich auf Jugendliche
konzentrieren, jugendliche Produkte fokussieren. Ich war früher bei der SRG, ich hätte
hunderte Sendungen gehabt, die ich mit den entsprechenden Kunden hätte bedienen
können. Wenn man jetzt Arena nicht als Nachrichtensendung betrachten würde, würde
ich jetzt eben da z. B. eine Partnerschaft suchen. Wenn ich jetzt einen
Saabflugzeughersteller wäre und die Schweiz muss jetzt neue Flugzeuge beschaffen,
würde ich eben in dieses Umfeld hineingehen, ins politische motivierte Umfeld. Das
122

sind dann diese Strategien, die man heraussuchen muss. Saab war vielleicht ein krasses
Beispiel“ (HSP, Radiotele).
Beim Vermarkter der SRG sieht man aber den potentiellen Einfluss wie folgt: „Also,
innerhalb der SRG nur sehr, sehr, sehr beschränkt. Zum Glück muss ich sagen,
rückwirkend betrachtet. In früheren Jahren hätte ich mir sehr gewünscht, dass wir mehr
Einfluss hätten. Aber ich bin froh, dass wir dort diese Rahmenbedingungen hatten, dass
sich die SRG immer in erster Linie auf Erfolg beim Publikum ausgerichtet hat und nur
in zweiter Linie Erfolg bei der Werbewirtschaft. Und solange die Gebühren den
Löwenanteil der Einnahmen der SRG ausmachen, ist zur Zeit 2/3, wird hoffentlich so
bleiben, solange wird das so sein. Natürlich haben wir schon ein Mitspracherecht. Vor
allem bei Neuentwicklungen von Sendungen, vor allem beim Ausbau von Programmen
ausserhalb der Prime Time, die nicht unbedingt im Leistungsauftrag der SRG liegen,
müssen sie schon aus den kommerziellen Erträgen dann grösstenteils finanziert werden
können. Und dort haben wir schon auch ein Mitspracherecht aber das ist sehr
beschränkt. Es ist eine gute Kooperation, würde ich sagen. Mit vielen gegenseitigen
Ansichten und ein guter Disput zwischen Kommerz und Redaktion“ (US, Publisuisse).
Der Onlinebereich bietet im Vergleich zu den klassischen Medien eine Vielzahl von
Möglichkeiten, Werbung in hybridisierter Form direkt in den Content einzubauen,
welche von der normalen Bannerwerbung abweicht. Deshalb wird dieses gerade
erwähnte Aushandeln zwischen dem Werbevermarkter, der verschiedene Optionen zur
Finanzierung vorschlagen kann, und der Redaktion, welche dem Rezipienten möglichst
wenige oder nicht störende Werbung zumuten will, durch die Aussage des folgenden
Experten besonders detailliert ausgeführt:
„Wir sehen uns oft ein bisschen im Clinch, dass die Websites Ende Monat uns anrufen,
sie haben die Websitegutschrift bekommen und sagen, ja warum, ich will viel mehr und
warum bekomme ich nicht mehr Geld. Und dann schaut man das Ganze an und sagt, du
hast diesen Monat sechs Kampagnen abgelehnt, sei jetzt dass die Werbeform war zu
aufdringlich, zu gross. Die ganzen redaktionellen Inhalte auf einer Zeitungsplattform,
sind das Höchste für einen Verlag. Wenn wir da irgendwo ein Sponsoring einsetzen
würden, könnten wir viel Geld verdienen, dass aber wird dann wieder vom Verlag
abgesagt. Es ist dann irgendwo der Clinch, dass wir sagen, fliegende Werbemittel sind
123

das Teuerste, das es gibt. Da gibt es Websites die sagen, wir wollen keine fliegenden
Werbemittel auf der Plattform. (…). So genannte Floating-Ads die über den Screen
fliegend. Sind sehr, sehr benutzerstörend je nach dem… Bei einer Wirtschaftsplattform
unterschreib ich das sofort. Da muss keines hin. Aber auf einer Partyplattform auf der
Ebene, wo Partypictures angezeigt werden, kann ich mir auch einmal vorstellen, dass es
da nicht so störend wirkt“.
Weiter beschreibt der Experte auch den Anspruch der Websites an den Vermarkter, dass
dieser möglichst viel Werbeinnahmen generieren soll, sie aber gleichzeitig nicht gewillt
sind neuartige Werbeformen zuzulassen: „Ich denke wir wollen auch manchmal von
den Websites ein bisschen das Verständnis, dass wir sagen, der Onlinemarkt ist im
Moment noch klein, wenn ich sage, es sind 29 Mio. umgesetzt worden letztes Jahr
Brutto, (…) habt noch ein bisschen Geduld, duldet mehr Werbemittel. Dass sind so ein
bisschen die Sachen die wir eigentlich von den Websites verlangen. (…) Ich glaube, es
gibt ganz klar Punkte, wo wir sagen können, wenn du diesen Reisechannel in diesem
Bereich etwas umstellen würdest, könnten wir mehr Auftraggeber auf diese Plattform
bringen. Wenn dann die Frage retour kommt, wie viel mehr ist es, dann haben wir ein
bisschen Einfluss ob er es dann macht oder nicht. Wenn der Betrag höher ist, dann stellt
er es um, wenn er tiefer ist, dann sagt er, es lohnt sich nicht. Aber sonst haben wir schon
einmal inhaltlich, redaktionell keine Chance. Kommen wir nicht hin. (…) Es gibt
Sachen, wenn wir jetzt auf einer Newsplattform einen zusätzlichen Navigationspunkt
einbauen können, dann würden wir das vermutlich machen. Dass wir da den Content
hintendran verkaufen würden“.
Gleichzeitig wird aber auch darauf hin, dass eine bewusste Irreführung des Users
unweigerlich zu einem Rezeptionsverzicht seinerseits führen würde: „Aber auch da,
dass wissen wir auch, wenn der User einmal auf den Navigationspunkt geht und
dahinter etwas anderes erwartet hat, dann kommt er nicht mehr zurück. Für den
Werbeauftraggeber der Ende Monat seine Statistik bekommt, der merkt, dass die
Userzahlen abnehmen, weil sie wissen noch, dass sie vor zwei Wochen auf diesem
Navigationspunkt, nicht das bekommen haben, was sie gewünscht haben, sie kommen
nie mehr, die Userzahlen fallen und Ende Monat stimmt eigentlich, wie viel muss ich
denn dafür bezahlen, nicht mehr. Im ersten Monat sind es 100'000, im zweiten kommen
nur noch 80'000, dann irgendwann sind es 5000… Ist es nichts mehr Wert. Von dem her
müssen wir auch schauen, was würden wir denn in den Content rein tun, es muss einen
Mehrwert bieten. Tagesanzeiger, wenn es einen Navigationspunkt Währungsumrechner
124

gibt und dahinter sponsert die ZKB den Währungsumrechner, der Währungsumrechner
ist in Hellblau gestaltet, hat unten rechts ein Logo gesponsert von der ZKB, der User
kommt wieder, weil nur das ZKB-Logo an und für sich stört vielleicht einen UBS
Mitarbeiter, aber der normale User der die Währung umrechnen wollte, der wird es
wieder tun. Dass ist ein Bereich, wo wir sagen würden, doch, es macht Sinn. Wenn wir
auf Tagesanzeigerrubriken Reisen einen Navigationspunkt Ferienwohnungen haben und
dahinter ist ein Werbeauftraggeber geschaltet, der die ausführlichste
Ferienwohnungdatenbank in Europa hat, dann macht es Sinn. Wenn dahinter aber eine
Person ist, die in Chur drei Wohnungen vermietet, macht das keinen Sinn“ (SS, Adlink).
Nur ein Experte der interviewten Vermarkter antwortet mit einem expliziten ja, auf die
Frage nach einer möglichen Einflussnahme: „Also bei den elektronischen Medien ganz
klar, dort schon. Plakat weniger. Wir haben natürlich auch Plakatkampagnen die
polarisieren, lösen eine PR-Aktion aus, dann wird darüber gestritten… Aber das legt
sich dann ziemlich schnell wieder. Aber als Kommunikationsträger glaube ich schon,
also Print sicher, wie der redaktionelle Teil aussieht. Fernsehen sehen wir ganz klar, mit
Musicstar… Aber das liegt wahrscheinlich an meinem Alter, ich kann viele Sachen
heute nicht mehr nachvollziehen. (…) Aber das ist klar. Das sind die Erzeugnisse
daraus, das ist so. Ich glaube schon“. Hier wurde meinerseits der Einwand angebracht,
dass gerade für politischen Kampagnen oder Wahlen, das Medium Plakat stark genutzt
wird, weshalb sein Unternehmen als Quasimonopolist einen beachtlichen Einfluss
haben könnte: „Nein, es ist so. Das haben wir sehr gut immer im Griff gehabt. Wir
haben etwa z.B. bei Wahlen, Personenwahlen, haben wir von jedem Kandidaten
anzahlmässig gleichviel Plakate im Aushang. Und das wird ja teilweise von Juristen,
wird das kontrolliert. (…) Das ist eine Regel, ja. Das haben wir auch so mit den
Bundesbehörden und den Wahlbehörden so abgemacht. Inhaltlich bei Sachvorlagen, wir
sind einfach der Träger, den wir zur Verfügung stellen, ob pro oder contra. Was wir
nicht dürfen, ist irgendjemandem eine Zusatz-, Gratisleistung geben, da halten wir uns
draussen. (…) Unser oberster Chef war früher FDP Generalsekretär und wir werden uns
hüten der FDP ein Plakat zu viel gratis zu geben. Da verbrennen wir uns die Finger
nicht. (…).Ja, es ist auch, wenn sie den Print als Träger betrachten, er hat einen
redaktionellen Teil. Er kann über einen Politiker schreiben wie er will, solange er
anständig bleibt, zwischen den Zeilen kann jeder Mensch lesen. Das können wir im
Plakat alles nicht, weil wir sind nur ein Träger für Werbung. Wir sind alleine. Hingegen
125

eine Zeitung… Eine NZZ ist das beste Beispiel, die ist ja immer schön auf dem Glatteis,
ist noch nie gestürzt. Die macht das wunderschön elegant. Ein Tagesanzeiger, eher
Links…“ (SH, APG)
Beim einzigen Werbevermarkter der selber direkt an vielen seiner Medien beteiligt ist,
sieht man die potentielle Einflussnahme wie folgt: „Bei uns, ich kann für die anderen
nicht reden, für uns ist das wirklich eine „chinese wall“. (…) Nein, nein, auf keinen
Fall“. Hier wandte ich ein, man könnte doch der Redaktion vorschlagen einen
bestimmten Artikel zu verfassen, damit nebenan eine passende Werbung plaziert
werden könnte: „Bei Gratiszeitungen kann man solche Artikel einbauen… Bei
Zeitungen die in diese Richtung gehen. Aber dass es Druckversuche gibt… Wir haben
immer wieder solche… Bei Denner um ein Beispiel zu nennen, die haben unter
Schwerin immer wieder versucht, PR-Artikel in den Zeitungen zu… Bei Autotest und
so, Restauranttest… Aber sonst, nein, der Kunde, der das macht, der schiesst sich ein
Eigentor. Publisuisse, Service Public und so, APG kann das nicht, kein Medium. Nein.
Bei Gratiszeitungen, da passieren solche Sachen. Die haben keine Redaktoren mehr, da
gibt es schon Artikel, geschrieben vom Kunden. Dann sagt der Kunde, kannst du mir
noch ein Inserat, Farbe zahle ich nicht. Das passiert“ (GVC, Publicitas).
Aber auch aus Sicht der Printmedien wird die Einflussnahme des Vermarkters nur als
indirekt beschrieben: „Direkt nicht, nein. So wie dies der Verlag auch nicht kann. Ich
als Verlagsleiter habe keinen direkten Einfluss auf den Inhalt. Ich kann Mitarbeitern,
wenn das Produkt gestaltet wird, wenn wir sagen, welche Art von Inhalten wir den
Lesern anbieten wollen, aber auf den täglichen (Inhalt habe ich) keinen Einfluss. Die
Publicitas auch nicht. Ich denke, die einzige Form ist informieren, wenn Marktpartner
ein Problem mit dem Inhalt haben, eine Redaktion sensibilisieren. Beispielsweise, wenn
eine grosse Autofirma mit einer Zeitung Probleme hat, weil sie 3-Mal hintereinander
negative Schlagzeilen geliefert hat, dann ist es die Aufgabe unseres Vermarkters, uns
darauf hinzuweisen, aber die Redaktion behält ihre totale redaktionelle Freiheit. Das
funktioniert bei uns sehr gut. (…). Die einzige Form wie ein Vermarkter Einfluss haben
kann, aber das ist nicht ein eigentlicher Einfluss auf den redaktionellen Inhalt, aber in
Form von Werbegefässen wie Publireportagen. Wenn wir für einen Inserenten eine
Publireportage machen, dann engagieren wir einen Journalisten, der im Normalfall nicht
ein Journalist unserer Redaktion ist. Dem geben wir ein Thema vor, der macht den
126

Textteil, der wird immer in einer Schrift geschrieben, die nicht die Zeitungsschrift ist
(…). Ich denke, dass ist die einzige Form von direkter Einflussnahme auf den Inhalt in
Anführungszeichen. Aber das ist nicht redaktionell, sondern rein werblich. (…)
entscheiden, was für Inserate in die Zeitung kommen, tut der Verlag. Der Verlag hat
rechtlich die Möglichkeit, auch in den allgemeinen Geschäftsbedingungen, darf ohne
einen Grund nennen zu müssen, ein Inserat ablehnen, egal was er denkt und meint. Er
kann ihnen sagen, das Inserat nehmen wir nicht. Also liegt die Entscheidung über das
Pricing, die Preise der Zeitung über was in der Zeitung erscheint, was es für
Inseratgefässe gibt, alle diese Entscheidungen sind immer beim Verlagshaus. Der
Vermarkter hat darauf Einfluss im Sinne von beratendem, macht Vorschläge, aber
entscheiden tut immer der Verlag, egal was es ist, muss er“ (DS, Baz).
Beim Interview mit einem Verlag, welcher den Anzeigenraum selber vermarktet, stellte
sich nun die Frage, wie in diesem Zusammenspiel zwischen Redaktion und
Anzeigenverkauf eine mögliche Einflussnahme aussehen könnte: „ Die Frage ist,
welche sie jetzt meinen. Ich denke die Zusammenarbeit zwischen Redaktion, jetzt in
unserem Fall im Verlag, ist sicher enger als früher, in dem Sinn, dass man sich auch
abspricht, welche Möglichkeiten, Werbemöglichkeiten da sind, die man dann
gemeinsam diskutiert. In diese Richtung. Wenn sie sagen, dass man auf Inhalte direkt
Einfluss nimmt, das nach wie vor nicht. Das würde sich keine Redaktion bieten lassen,
absolut nicht. Nicht einmal was Public Relation anbelangt. Weil unsere Philosophie ist
von den Redaktionen, dass wenn, ich sage jetzt einmal, Informationen über neue
Artikel, Produkte usw. reinkommen, dann kommen ja massenweise diese Wünsche, der
Anfragen, dann wird nur von der Redaktion ausgewählt, was sie glauben, interessant
sein könnte für den Leser als solches und was zum Titel passt etc. Und sonst null
Einfluss. (…) Wir besprechen Möglichkeiten, also zum Beispiel was Platzierungen
anbelangt oder spezielle Werbeformen, dass vielleicht einmal auf dem Titelblatt etwas
sein dürfte oder ja, einfach von der Platzierung her, was redaktionelle Seiten sind. Ob da
etwas reingesetzt werden darf oder nicht, das bestimmt aber immer noch die Redaktion“
(X19, Ringier).
Eine weitere Form der möglichen Einflussnahme eines Vermarkters auf das Medium,
welche aber bisher nicht thematisiert wurde, könnte sich über den Verwaltungsrat
äussern. Hier weist beispielsweise gerade die Publigroupe intensive Verbindungen zu
Medienunternehmen auf, in dem etwa sowohl ihr CEO Hans-Peter Rohner sowie Fritz
127

Schumacher im Verwaltungsrat der Basler Zeitung sind, wobei Letzterer in beiden der
Vize-Präsident ist. Auf potentielle Interessenskonflikte oder Beeinflussungen
angesprochen, wurde wie folgt geantwortet:
„Da müssen sie schon unseren Verwaltungsratspräsidenten fragen. Ich bin nicht im
Verwaltungsrat. Ausgeschlossen, dass es gewisse Interessensabwägungen gibt, da muss
man nicht Hellseher sein. Ich kann mir schon vorstellen, dass wenn man in Kenntnis ist
der Strategie der einen Seite und der anderen, da muss man irgendwo ja den Weg
finden. Dass das nicht einfach ist, dass würde ich sofort unterschreiben. Ob es gut ist,
das liegt an unserem Verwaltungsrat. Da mach ich mich nicht… Aber es ist klar. (…).
Wir haben ja einen zweiten Verwaltungsrat bei uns des Vermarkters, nämlich den CEO
der Gruppe. Das ist Hans-Peter Rohner. (…). Aber Hans-Peter Rohner ist ein grosser
Kenner der Medienszene seit vielen, vielen Jahren und das Know-how das er hat, ist für
unseren Verlag sehr wertvoll. Weil er die ganze Inserateseite hineinbringt. Er hat diese
Verknüpfungen oder Verstrickungen nicht. Herr Rohner, er ist bei uns im
Verwaltungsrat, ist aber nicht im Verwaltungsrat… Oder ist er Delegierter bei
Publicitas? Das weiss ich jetzt nicht (…). Herr Schumacher ist effektiv Verwaltungsrat
da, da und da. (…) Auch in der Entstehung der neunen Baz im letzten Herbst, war kein
Einfluss des Vermarkters im Verwaltungsrat zu spüren, bei der Gestaltung und Inhalt
der Zeitung. Höchstens beratend im Sinne von, finden wir gut, finden wir interessant,
haben wir an einem anderen Ort auch gesehen, können wir empfehlen. Aber nicht
Einflussnahme, nein… Unterstützung, sehr“ (DS, Baz).
Auch die andere Expertin aus dem Printbereich sieht hier nicht eine allzu grosse Gefahr:
„Ich sage jetzt einmal, der Markt Schweiz ist so klein und es gibt im Mediatrend Journal
eine Übersicht, wer mit wem und welche Verbindungen wohin… Ich glaube, es gibt
keinen Verlag oder kein Medium, kein Vermarkter, der nicht irgendwo mit allen
anderen irgendwo Verbindungen hat. Der Markt ist einfach zu klein und da setzen sich
natürlich schon die Interessen durch und man versucht, sich da irgendwie gegenseitig
die Pfründe zu wahren. (…) ich sage jetzt einmal, solange es ja positiv bleibt für die
redaktionelle Unabhängigkeit, wenn die gewährleistet ist, dann ist die wirtschaftliche
Seite nicht so das Problem, wenn es da zu Zusammenschlüssen, Kombination oder
Interessensgruppen kommt, ist das weniger schlimm, wenn es auf der wirtschaftlichen
Seite bleibt. Weil das dient ja nur dem Medium selber, das die Überlebenschancen
gewährleistet sind“ (X19, Ringier).
128

Bei diesen möglichen Zusammenschlüssen und Kooperationen der Verlage- oder ihrer
Redaktionen um Kosteinspaarungen zu realisieren, kommt wiederum der Publicitas als
Vermittler im ganzen Printbereich oder Vermarkter einzelner Zeitungen eine grössere
strategische Bedeutung zu Teil, weil sie hier potentielle Inseratekooperationen und auch
technische Abwicklungen vereinfachen kann.
„Die Kosten für eine Redaktion und für die Produktion sind nicht gesunken. Das hat
dann dazugeführt, dass die Rechnung für viele mittelgrosse und kleinere Verleger nicht
mehr aufging, Kooperationen wurden gesucht. Die Vielfalt ist zwar immer noch sehr
gross, aber nicht mehr so gross, wie sie auch schon war. Alle suchen Zeitungssysteme,
um redaktionell zusammenzuarbeiten, um den Druckstandort möglichst nicht überall
aufbauen zu müssen. Da ist Publicitas ein sehr wichtiger Marktpartner, weil Publicitas
den Zugang zu ganz vielen Zeitungen hat durch ihre Vermittlungs- und
Vermarktungstätigkeit und darum die Verleger sehr gut kennt und natürlich auch diese
Verleger beraten kann auf mögliche Inseratekooperationen. Und es gibt kaum einen
grösseren Zusammenschluss von Verlagshäusern, die nicht mindestens einmal auch das
Thema Publicitas und Inserate… Logisch“.
Hier sieht die Strategie der Basler Zeitung Medien wie folgt aus: „Wir denken, dass die
Nordwestschweiz noch viele Möglichkeiten bietet. Unser Ziel, und das wurde auch
schon so kommuniziert von Mathias Hagemann, ist, dass es irgendwann ein
Zeitungssystem Nordwestschweiz geben könnte in unterschiedlich enger
Zusammenarbeit. Mit verschiedenen Verlegern unterschiedlich intensiv
zusammenarbeiten, wo es Sinn macht und wo es eine Win-Win Situation gibt. (…).
Eine kleinere Zeitung kann es sich ja nicht leisten, eine internationale Redaktion
aufzubauen, hat keine Korrespondenten, ist schon in der Schweiz beschränkt, arbeitet
praktisch nur mit Agenturen, Agenturmeldungen die sie noch ein bisschen redigiert.
Eine grössere Zeitung hat 90 Festangestellte Mitarbeiter, zum Teil in der Schweiz zum
Teil im Ausland, kann Leistungen erbringen. Die regionale, kleinere Zeitung ist dafür in
der Region verankert und hat dort wieder ein plus. Da kann Austausch entstehen, ich
denke vor allem ein technischer. Ein grosses Druckzentrum muss in der Lage sein, auch
Zeitungen von anderen Partnern in der Region zu drucken. Die Vertragung, das ist ein
solches Thema. Es ist nicht mehr zeitgemäss, die Zeitung per Post zu erhalten. Ja, wir
hatten Frühvertragung, die Basellandschaftliche hatte das nicht, wir haben ihnen
129

angeboten ihre Zeitung früher, machen wir und so. Zeitungssystem Nordwestschweiz in
unterschiedlich ausgestalteter Form. Das sind Ziele… Es müssen aber immer
gleichzeitig zwei Verleger ja sagen“ (DS, Baz).
Dies birgt für das wirtschaftliche Überleben der verschiedenen Verlage sicherlich grosse
Vorteile, auf inhaltlicher Ebene ergeben sich aber natürlich Nachteile: „Ja, es kommt
einfach zu einer grösseren Vereinheitlichung, weniger Meinungsvielfalt in dem Sinne.
Das ist sicher der grosse Nachteil, ja“ (X19, Ringier).
Beim elektronischen Medium Fernsehen beurteilten die Experten, welche im Rahmen
des Bakom-Projektes interviewt wurden, den Einfluss der Werbevermarkter ziemlich
analog zu den am Anfang des Kapitels aufgeführten Aussagen als einen Indirekten.
Angesprochen wurde wiederum die Vermarktbarkeit des Programms bei den
Werbekunden:
„Nein. Es kommt schon mal vor, dass er mit einem Kunden kommt und sagt, der hat
dieses Produkt und wollte schon immer mal eine Sendung mit der und der Zielgruppe
machen. Und dann kann es vorkommen, dass das dann für uns einen Auslöser ist, um
wirklich so eine Sendung zu machen. Weil es zu unserem Sender passen würde und
weil es sich finanzieren lässt, dann kann es so entstehen. Aber nimmt sonst keinen
direkten Einfluss“ (X4, Y4). „Ja, also der darf nicht gross sein, aber wie gesagt man
kann diese beiden Märkte, Werbemarkt und Zusehermarkt nicht vollkommen
voneinander losgelöst betrachten, da gibt es einfach zu viele Verbindungen und es
macht auch keinen Sinn, am Schluss ein Programm zu machen, das sich dann nicht
einigermassen sinnvoll vermarkten lässt, weil, wie gesagt, wir kriegen ja auch keine
Subventionen und sind von daher auf eine reelle Finanzierung aus dem Werbemarkt
einfach angewiesen. Von daher gilt es diese Bedürfnisse schon auch zu
berücksichtigen“ (X6, Y6). Nur der öffentlich-rechtliche Sender selber distanzierte sich
von solchen Aussagen: „Nein, das darf nicht sein“ (X5, X5).
Aus der Sicht der Werbeagenturen wird der Einfluss der Werbevermarkter auf die
Programmgestaltung und Meinungsvielfalt ähnlich beurteilt, jedoch im Gegensatz zur
letzten, oben transkribierten Aussage der Publisuisse eine wichtigere Stellung
zugesprochen:
130

„Ja, ja das glaube ich. Und zwar, ich glaube nicht direkt. Die können ja nicht sagen, wir
wollen jetzt das und so. Aber ich glaube beim Schweizer Fernsehen jetzt z.B. die
Publisuisse, da besteht immer irgendwie das Problem mit den jungen Leuten. (…) also
für die Werber wäre es aber wichtig irgendwie mit Fernsehen Junge erreichen zu
können. Und da überlegen die sich natürlich schon immer, wie erreichen wir jetzt die.
Aber ob jetzt das die Publisuisse direkt ist oder das Fernsehen, man muss sich einfach
überlegen: wie erreichen wir die Jungen?“ (X3, Y3). „(…) Natürlich haben sie einen
Einfluss, je nachdem, wie viel Geld sie an einen Sender abliefern, kann der mehr oder
weniger Eigenproduktionen machen. Der andere Faktor kann aber auch sein, dass, nicht
wegen dem Geld, sondern dass gewisse Fremdproduktionen einfach mehr
Zuschauerquote bringen und ein Werbevermarkter da Einfluss nehmen kann auf die
Programmgestaltung. Also (…) wenn ich jetzt Werbevermarkter wäre, würde ich sehr
wohl auf der Welt mich umgucken und schauen, was gibt es da für neue Sendungen, die
sehr viele Zuschauerquoten bringen. Also ich würde dann Sex and the City möglichst
von Anfang an schon aufmerksam verfolgen, ab der ersten Sendung und merken:
olalala, da bildet sich eine interessante Community heran, erfolgreiche, erwerbstätige,
gelangweilte Frauen (…) und würde damit dann schon zum Schweizer Fernsehen
gehen, wenn ich jetzt Publisuisse wäre und sagen: „Kauft diese Sendung ein, das ist ein
Riesen-Hit und kauft das früh ein, da kann ich sehr viel Werbevolumen platzieren. Und
ich nehme an, die machen das auch. Ich weiss aber nicht, ob das Schweizer Fernsehen
die Publisuisse fragen muss, also sagt „wir würden eigentlich gerne jeden Dienstag
Abend von 8-9 eine Tiersendung bringen“. Dann könnte es aber sein, dass dann
Publisuisse sagt: „Pouh, lässt sich nichts machen, da bekomme ich keinen Spot, kann
ich nichts plazieren und einen Sponsor finde ich auch nicht. (…) Also da, wenn ich
Werbevermarkter wäre, würde ich das durchaus steuern. Interessante Sendung, die aber
keiner guckt, (…) wie eine weniger wertvolle Sendung, die aber sehr viel
Einschaltquoten bringt. Ja. Auf der anderen Seite bin ich auch froh, wenn der Einfluss
nicht zu gross ist, denn sonst laufen wir in dasselbe rein wie in Deutschland mit diesen
Privatsendern. Wenn man guckt, welche Sendungen Quote bringen, diese Talkshows
und diese Serien...ist ja grauenhaft, grauenhaft, aber offenbar funktioniert es, leider“
(X7, Y7). Dies sieht auch der letzte Experte so: „Ich glaube eher beim Privatfernsehen
als beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen“ (X2, Y2).
131

Die Mediaagenturen weisen ihrerseits auch wieder auf den unterschiedlich starken
Zwang zur Finanzierung des Programms bei den privaten und öffentlich-rechtlichen
Sendern hin, sowie auf eine personelle Veränderung innerhalb der SRG:
„Ich sage jetzt einmal so, bei den Deutschen Fernsehsendern bin ich sicher, dass es so
ist. Weil die sind ja alle werbefinanziert, das heisst die Werbung muss das Programm
finanzieren, wenn das Programm nicht läuft, dann wird das dann abgesetzt, auch
Angebot und Nachfrage. Was hohe Quoten hat, bringt auch viel Geld in der
Werbevermarktung ein. Also dort glaube ich schon. Beim Schweizerfernsehen ist es
etwas ganz anderes, dort haben wir unsere Gebühren, die den grössten Teil des Budgets
ausmachen und ich denke nicht unbedingt, dass man dort als Werbetreibender oder als
Vermarkter Einfluss hat oder sogar nehmen will. Also das die Publisuisse auf die SRG
Druck macht, dass sie das Programm verjüngen müssen, ist der Frau Deltenere selber
auch klar, deswegen hat sie auch die richtigen Schritte in diese Richtung genommen.
Ich denke, dass ist jetzt hier, wo man sagen könnte, dass es indirekt so passiert ist, weil
es zu erwarten war. (…). Der Vermarkter kann ja nur sagen, diese Sendung läuft nicht,
wir können diese Sendung nicht finanzieren. Was natürlich auch wieder nur bei den
Privaten funktioniert, die nicht einen Gesamtauftrag haben. Aber ich denke bei solchen
Sendern ist Vermarktung und Medienunternehmen dann sehr, sehr nahe beieinander.
Und wenn eine Sendung nicht läuft, das hat Herr Schawinski auch merken müssen, dass
man, wenn eine Sendung nicht läuft und sich nicht finanzieren lässt, muss sie aus dem
Programm gekippt werden“ (X1, Y1).
Diese veränderte Situation zwischen SF DRS und der Publisuisse durch die Ablösung
von Herrn Schellenberg wird auch vom nächsten Experten angesprochen: „Seitens IP
glaube ich nicht. Soweit ich informiert bin, hat eigentlich IP Schweiz keinen Einfluss
auf das Programm IP Deutschland. Höchstens eben auf Schweizer Formate die sie
haben… Wobei das ist dann eher auf Sat1. Mit Ran, Joya rennt, Celebrations, Peoples,
dort können sie allenfalls Einfluss nehmen. Aber ansonsten ist das ein marginaler Teil.
Bei der Publisuisse… Ich kann aus meiner früheren Zeit sprechen, als Ingrid Deltenre
die jetzige Direktorin von SF DRS, früher Direktorin einer Publisuisse war, konnte man
nicht gross verhandeln mit einem Schellenberg, dem damaligen Direktor von SF DRS,
weil er auch nicht unbedingt das kommerzielle Denken hatte. Er war halt auch eben X
Jahre im Amt und es liess sich eigentlich nicht gross mit ihm sprechen. Jetzt durch diese
neue Besetzung als Ingrid Deltenre nachnominiert wurde eben als Direktorin von SF
DRS, sie weiss auch wie eine Publisuisse funktioniert, weiss auch was das Ziel, die Idee
132

vom Ganzen ist, oder? Und jetzt natürlich durch das die Zusammenarbeit zwischen SF
DRS und einer Publisuisse natürlich sehr nahe ist. Gut, dass gab natürlich auch der
Publisuisse einen grösseren Einfluss oder mehr berücksichtigt wird, um allenfalls
Sachen ins Programm zu integrieren, als dies noch vor der Zeit oder bei der Zeit von
Herr Schellenberger“ (X20, Y20).
8.4.2 Förderung von Titel- oder Meinungsvielfalt
Mehrheitlich sind die Experten der Meinung, dass durch die Werbevermarkter
Meinungs-, Titel-, oder Programmvielfalt gefördert werde, da diese für die Finanzierung
zuständig sind und deshalb dem Medium, durch ihre generierten Einnahmen,
schlussendlich die eigentlichen Grundlagen bieten, um ein qualitatives und vielfältiges
Angebot bereitzustellen.
„Sie fördern sie auf jeden Fall. Eine externe Betrachtung ist immer besser als alles nur
interne Meinungen“ (US, Publisuisse). „Ich denke auf jeden Fall fördern, weil durch die
Mittel die wir generieren, wird dem Sender die Luft zum atmen gegeben. Entsprechend
mit Geld kann man dann mehrere Sachen ausprobieren, als wenn das eben wie bei
anderen bekannten Beispielen fehlt. Dann bleibt halt das Programm relativ knapp und
eingeschränkt“ (JCB, Cinecom). „Also was Print angeht, fördern sie sie. (…). Das
haben auch viele Agenturen gesagt, solange das System da ist, haben wir mehr choice,
weil Dank dieser Vielfalt, die Vielfalt ist noch immer da trotz Fusion und was passiert
ist, kann man noch zwischen verschiedenen Zeitungen auswählen. Sonst führt das
wirklich zu einigen wenigen Monopolen. Für Print bejahen, für Fernsehen ist es eine
andere Geschichte. Es kann nicht 100 Fernsehstationen in der Schweiz geben, weil es
gibt nur so und so viele Frequenzen“ (GVC, Publicitas).
Dies wird auch durch die beiden Experten aus dem Printbereich bestätigt: „Sie fördern
sie. Das denke ich, ja. Dadurch, dass sie kommerziell die Verlage so unterstützen, dass
sie in der Lage sind, diese Freiheit überhaupt auszuüben. Viel gefährlicher finde ich, die
Übernahme von Zeitungen durch andere Verlagshäuser, die dadurch möglicherweise
verloren gegangene Meinungsvielfalt durch Rationalisierungen, durch Übernahme von
Texten aus der Hauptzeitung in die Regionalzeitungen, das finde ich heikel. Aber nicht
der Vermarkter, nein, dass würde ich gar nicht negativ beurteilen“ (DS, Baz). Auch das
Medienunternehmen mit eigener Vermarktung, schliesst sich dieser Meinung an: „Also
133

einschränken, würde ich sagen nein. Fördern, ja, ich denke in gesundem Masse ja. Eher
Richtung Förderung“ (X19, Ringier). Auch eine Mediaagentur sieht dies so: „Nein, ich
würde sagen, sie fördern sie. Es hat eine markante Steigerung stattgefunden in den
letzten zwei Jahren, würde ich mal sagen. Aber früher war es vielleicht noch so, dass sie
gehindert haben das Ganze. Jetzt habe ich das Gefühl, dass sie das Ganze in den letzten
zwei Jahren fördern“. Hiermit wurde neben der Finanzierung auch ein besseres
Eingehen auf die Agenturen angesprochen: „Genau und auch weil sie sagen, OK,
schlussendlich müssen auch wir auf die Wünsche des Kunden eingehen oder der
Agentur, müssen dies auch berücksichtigen und versuchen, dass eben beim Programm
zu plazieren, das es auch mitberücksichtigt wird. Weil schlussendlich kommt es ja auch
einer Publisuisse, einer IP oder einer Cinecom oder einem Onlinevermarkter zugute,
weil sie sagen, OK, wir konnten die Wünsche, die Bedürfnisse des Kunden, der Agentur
berücksichtigen und anhand von dem investieren wir jetzt mehr hier bei uns“ (X20,
Y20).
Vielfach wird durch die Experten aber keine eindeutige Position bezüglich einer
Förderung des Angebots und der Inhalte eingenommen: „Ja. Sowohl als auch” (HS,
Wirz). „Wir verbreiten bestimmte Meinungen… Ob wir sie dadurch fördern oder
einschränken, ist noch fraglich“ (SS, Adlink). „Ich weiss gar nicht… Im Fernsehbereich
ist ja zumindest so, wir haben jetzt mehr Werbefenster im Portfolio als vor wenigen
Jahren (…). Inhaltlich hat es den Schweizern vielleicht nicht viel gebracht, ausser mehr
verschiedenen Werbespots, wenn sie das als Inhalte anschauen möchten. Ich denke, da
geht es halt auch vor allem um den Printmarkt. Der Fernsehmarkt funktioniert da ganz
anders, weil die Nachfrage nach zusätzlichen, jungen Werbeträgern eigentlich
vorhanden wäre. Das heisst, (…) rein theoretisch wäre die Nachfrage schon da, das
heisst, es gäbe eine Portfolio Erweiterung, es gäbe mehr Inhalte. (…) Das einzige
Beispiel das wir haben, TV M3 als Schweizer Sender, logischerweise ist eine
Vielfaltserweiterung für die Romandie, als erster sprachregionaler Privatsender dort.
Von dem her hätten wir eigentlich schon ein Interesse, dass dieser Sender stärker wird,
dass der mehr Zuschauer anspricht etc. Von dem her sind wir schon, also in der
Romandie, interessiert, dass sich das Titelangebot eigentlich vergrössert. Grundsätzlich
kann ich mir aber schon vorstellen, dass da gewisse Konzentrationsbewegungen durch
die Vermarkter zum tragen kommen. Auf der anderen Seite ist es so, dass die
Fernsehnutzung fragmentiert sich ja immer mehr, Spartenprogramme, Randprogramme
134

werden immer mehr genutzt. Sendergruppen reagieren darauf, in dem sie
Senderfamilien gründen. RTL2, Super RTL, Vox, NTV… Um die verschiedenen
Bedürfnisse der Zuschauer trotzdem innerhalb der Gruppe abbilden zu können. Ich
denke von dem her, gibt es eigentlich eher eine Bewegung in Richtung Fragmentierung,
das heisst, mehr verschiedene Angebote“ (SF, IP). „Ja, also… Beides eigentlich. Wenn
sie gut arbeiten, machen sie den Markt attraktiver für Neueinsteiger. Es ist natürlich
wieder eine Frage, was aus einem Markt an den Start geht, um diesen neuen Sender
entsprechend hochzufahren, umsatzmässig, oder? Das bedarf einer extremen
Marktkenntnis. Da muss man dann sehr stark Zahlen anschauen und auch diese Zahlen
dann richtig interpretieren. TV3 ist nur an falsch interpretierten Daten gescheitert. Wenn
man Bruttowerte als Cashwerte genommen hat, wahrscheinlich (Lachen). Gute
Vermarkter helfen dem Markt, weil schlussendlich von anderen Medien Gelder geholt
werden. Also, wir konkurrenzieren heute gegen Print, gegen Kino, gegen Plakat. (…).
Wir sind in einer freien Marktwirtschaft und jeder muss sich beweisen. Wenn ein
Medium gut ist, gute Zuschauer hat, hat es eine Daseinsberechtigung. Und wenn es das
nicht hat, dann… Hat es eben keine mehr“ (HSP, Radiotele).
Abgesehen von den bereits dargestellten indifferenten Antworten, zweifeln gewisse
Werbevermarkter eine bewusste Förderung der Vielfalt durch ihre Arbeit an, sondern
betonen hier eher ihre eigentliche Funktion und den Einfluss der Werbewirtschaft:
„Nein, ein Werbevermarkter, der kann keine Meinungsvielfalt fördern. Ein
Werbevermarkter kann nichts anderes tun, als ein bestehendes Gefäss professionell zu
verkaufen. Wir sind Verkäufer und weiter nichts. Was wir aber machen müssen, wir
müssen die Bedürfnisse der Wirtschaft in eine Redaktion einfliessen lassen“ (TÖ,
Belcom). „Eher einschränken. Ganz klar. (…). Der Konflikt in der Medialeistung. Heute
ist ja die WEMF, die beglaubigt die Auflagen und die Werbeagenturen arbeiten nur mit
Affinitäten von Auflage zur Zielgruppe. Ja, und redaktionell, das kommt dann
irgendwann… Das ist ganz klar. Das Hauptmotiv ist, die Inserate, die Kunden, damit
überhaupt diese Titel existieren können. Das sind Rieseninvestitionen so ein Verlag...
Wenn sie es über den Stückpreis, dann müssen sie 20 Franken für eine Zeitung haben,
damit es irgendwo… Das ist ganz klar, die sind dort ganz klar ausgerichtet“ (SH, APG).
Die Bedeutung der werbetreibenden Wirtschaft wird auch von den weiteren Experten
aus dem Werbesystem aufgeführt, weshalb die Vermarkter sowohl zu einer Förderung
135

der Vielfalt beitragen, diese aber genauso gut einschränken können: „Ja wie die
vergangene Zeit ja gezeigt hat, hat es sie eher eingeschränkt und nicht vermehrt. Also es
gibt eher einen Einheitsbrei, was ja auch immer wieder eine Gegenreaktion auslöst oder
auslösen kann. Dass auch wieder neue Sachen entstehen“ (X2, Y2). „Ja, also weder
noch. (…) Man könnte an sich sagen eher nein, weil sie vor allem marketingbezogene
oder marktbezogene Gefässe haben möchten und deshalb vielleicht so Formate wie
Music Star oder weiss ich was, im Massenunterhaltungsbereich eher dann gefördert
werden, weil diese dann sich gut und breit vermarkten lassen. Wenn alle das machen,
würde das vielleicht zu einer Verarmung der Meinungs- und Angebotsvielfalt vielleicht
führen und zu einem gewissen Einheitsbrei (…) werden. Auf der anderen Seite muss
man sagen, wenn wir gute Vermarktungsorganisationen, gute Vermarkter haben, (…)
die wirklich etwas machen für die ganze Gattung Fernsehen, dann stärken die wiederum
die Finanzierungskraft der einzelnen Sender, und die können dann sich wieder bessere
Programme leisten. Also es ist eben beides, von daher glaube ich, diese zwei Ströme,
die neutralisieren sich“ (X6, Y6).
Abschliessend betont ein Experte wiederum, dass die eigentliche Entscheidung beim
Rezipienten liegt, welche Programme er beispielsweise im Fernsehen anschauen möchte
und betont, dass es für die werbetreibende Wirtschaft theoretisch egal sein müsse, auf
welche Weise sie den potentiellen Konsumenten erreicht: „Schlussendlich entscheidet
der Zuschauer. Das was er sehen will, das hat Erfolg. Was natürlich im Deutschen
Privatfernsehen, was Erfolg hat, wird sofort von den anderen kopiert und so wird die
Vielfalt vielleicht etwas eingeschränkt. Wo dann Nachfolgeformate nicht so erfolgreich
sind, werden sie auch rascher wieder abgesetzt, als dies vor etwa fünf Jahren der Fall
war zum Beispiel. In Deutschland ist ja diese Diskussion auch gelaufen, dass die
Unternehmen Sturm gelaufen sind, dass auf allen Sendern wirklich nur noch dasselbe
läuft. Da muss ich die Haltung der Deutschen Agenturen einnehmen: ein GRP ist ein
GRP gleich in welchem Umfeld drin. Wir können mit unseren Zahlen belegen, dass das
so gewollt ist vom Zuschauer und das wir die Vielfalt immer noch, beim Zuschauer auf
jeden Fall, gewährleisten können. Und das eine Boulevardisierung stattfindet, dass
können wir nicht aufhalten, dass können wir nicht mit besseren Fernsehprogrammen…
Wir haben 3Sat, wir haben Arte, die sehr schöne Fernsehsendungen machen, die
definitiv nicht abhängig sind von solchen Sachen. Aber die haben einen Marktanteil von
Null Komma irgendetwas. Da muss ich mich dann fragen, ist das überhaupt gewünscht?
Das ist für mich eine kleine Schicht, eine dünne Schicht, eine Zielgruppe, die werden
136

wahrscheinlich nur Arte, 3Sat und die SRG Sender schauen, aber die grosse Masse ist
das nicht. Die grosse Masse funktioniert anders… Und ich sage mal, von einer geistigen
Elite ausgehen und nur für die Fernsehen machen… Hotel B hat ja das gezeigt“ (X1,
Y1).
8.4.3 Gesetzliche Rahmenbedingungen
Auf die Frage nach speziellen Gesetzen, welche für die Werbevermarkter oder ihre
Branche gelten, antworteten die Experten mit den üblichen wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen und Aufsichtbehörden. Genannt wurden an dieser Stelle die
Wettbewerbskommission, das Kartellgesetz, das Obligationenrecht, die
Lauterkeitskommission und die verschiedenen Werbeverbote je nach Medium.
Besondere Aufmerksamkeit auf eine potentielle Machtansammlung eines
Werbevermarkters durch seine vermarkteten Medien wird seitens der Behörden selten
verfolgt, es sei denn es handelt sich um eine marktbeherrschende Stellung, wodurch
Ermittlungen seitens der Wettbewerbskommission eingeleitet oder von anderen
Marktteilnehmern Klagen eingereicht werden können. Dies betrifft vielfach die
Publicitas, welche aufgrund ihrer Bedeutung im schweizerischen Werbesystem oder
ihren verschiedenen Beteiligungen an Medienunternehmen, des Öfteren im Bezug auf
eine marktbeherrschende Stellung angeklagt wurde.
„Also es gelten die üblichen Wettbewerbsregeln wie unlauterer Wettbewerb… Nein, es
gibt eigentlich Branchenabkommen über die Interessensgemeinschaft elektronische
Medien, wo man sich auch einfach auf gewisse Branchenstandards einigt. Aber rein für
die wirtschaftliche Tätigkeit der Vermarktung gelten eigentlich die normalen
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“ (SF, IP). „We have all strings attached. Was
wollen wir machen? Wir haben 12 Minuten Werbung. In der Schweiz kann man also
nichts machen“ (TÖ, Belcom). „Die einzigen Einschränkungen die wir haben, sind im
Bezug auf das Werberecht, die Geschichten. Nein, das ist eine absolute
Marktgeschichte“ (JCB, Cinecom). „Nein, es gibt keine Regelungen. Ich weiss nicht,
Irgendwann würde wahrscheinlich die Wettbewerbskommission kommen, wenn wir
jetzt da das Monopol hätten. Aber das ist nicht denkbar. Nein, ich glaube nicht, dass wir
eine Einschränkung befürchten müssen“ (US, Publisuisse). „Die Rahmenbedingungen
heissen Obligationenrecht“ (HSP, Radiotele). „Es gibt keine gesetzlichen, speziellen
137

Rahmenbedingungen. Wir müssen uns an die normalen Bedingungen halten natürlich.
Es gibt Richtlinien, die die Onlinevermarkter aufgestellt haben, aber die haben keinen
gesetzlichen Charakter, insofern dass es AGB’s sind, die uns gesetzlich helfen würden
in einem Streitfall. Aber es ist nicht so, dass es übergreifend eine Gesetzgebung für
Online gibt“. Diese besonderen Richtlinien im Onlinebereich sehen dann wie folgt aus:
„Eins beinhaltet bestimmt Vorlaufzeit und Annulationsfristen. Wir garantieren dem
Aufraggeber schlussendlich, der nicht die ganze Seite anschauen kann, dass es da keine
Inhalte hat, die illegal sind usw. Ford würde nie in einem Umfeld von
Kinderpornographie schalten wollen, das ist unsere Aufgabe zu schauen, dass das nicht
passiert. Da haften wir auch dafür“ (SS, Adlink).
Im Bereich der Plakatwerbung gibt es neben den erwähnten Vorschriften für Wahlen
und Kampagnen auch noch andere, kantonale Besonderheiten: „Ja, es gibt noch
sprachliche Vorschriften. Im Tessin gibt es noch ein Gesetz aus den 30er Jahren, dass
sagt, es muss italienischer Text darauf sein. Aber wir habe auf der Strecke Cadenazzo -
Locarno alles deutsche Plakate und wir haben bis heute noch nie einen Prozess gehabt
deswegen. Und in Genf gibt es noch eine Einschränkung, Plakate schwarz / weiss
dürfen nur von Behörden benutzt werden. Das kommt aus der Affichage von früher,
dass war den Behörden vorenthalten, durfte werblich nicht genutzt werden. Ist glaube
ich auch aus den 20er Jahren, besteht heute noch. Nein, aber sonst haben wir eher
behördliche Auflagen vom Aufstellen der Plakatträger, vom Strassenverkehrsgesetz und
von der Fahrtgebung. Man darf keine reflektierende Plakate, keine Leuchtplakate, also
Leuchtfarbe, dass sind alles Einschränkungen, aber das steht halt alles dann im Bezug
zum Strassenverkehrsgesetz. (…). Es ist auch immer die Frage von 3D-Plakaten, wir
haben schon Fahrräder aufgeschraubt, ist auf Privatgrund möglich, auf öffentlichem
Grund ist alles verboten. Weil die Konzession läuft so, wir dürfen ein Plakat (…)
anbringen. Und dann ist der Text schon fertig, dann steht nichts mehr. Und nichts von
CDs oder Radios die man aufhängen kann. Jetzt kürzlich am Bahnhof haben wir so
Transistorradios aufgehängt, die Leute wollten das mitnehmen“ (SH, APG).
Zu der Situation im Printbereich und der speziellen Position der Publicitas folgen zwei
abschliessende Ausführungen: „Ich denke, alles was im Zusammenhang mit der Weko
zu erwähnen ist, könnte in diese Richtung gehen. Aber da denke ich, geht es mehr um
das Problem der möglichen Absprachen, die Verlagshäuser miteinander treffen können,
zum gleichen Zeitpunkt irgendetwas zu tun, dass dann wettbewerbsverzerrenden
138

Charakter haben könnte. Deshalb sind die Verlagshäuser immer gut beobachtet von der
Weko. Und Publicitas ist in einem anderen Bereich mit der Weko…(…). Das ist wegen
ihrer extrem bedeutenden Position und auf der anderen Seite für kleinere Vermarkter,
die meinen, sie müssten von diesen grossen Kommissionen erhalten und sie nicht
erhalten. Das ist momentan ein Thema“ (DS, Baz).
Der Experte des angesprochenen Unternehmens nimmt bezüglich gesetzlichen
Rahmenbedingungen folgendermassen Stellung: „Weko, das neue Kartellgesetz. Gilt
natürlich nicht nur für Printmedien und so. Das gilt für ein jedes Unternehmen, das
einigermassen stark ist. Früher war es so, es gab im ersten Gesetz im 96’, da gab es
noch eine Meldungspflicht für Medienunternehmen. Jede Fusion und unter Fusion
versteht die Weko auch irgendeine Zusammenarbeit, nicht unbedingt ein Kauf oder eine
Zusammenlegung. Da war die Meldepflicht bei 25 Mio. bei dem einen und 5 Mio. bei
dem anderen. Sobald einer 30 Mio. Umsatz machte und eine Zeitung kaufte mit 6 Mio.,
war das Ganze meldepflichtig und dann ging es los und dass sind mühsame Prozeduren,
die man eigentlich ohne Anwalt nicht, teuer… Jetzt ist die Meldepflicht bei 500
Millionen… Da muss schon Ringier, weiss nicht wen kaufen. Wenn Ringier das
Zofinger Tagblatt kauft, dass wäre nichtmeldepflichtig“.
Der Publigroupe CEO Herr Rohner äusserte in verschiedenen Interviews, dass seinem
Unternehmen nur noch die Radiovermarktung und -vermittlung fehlen würde, weshalb
ich an dieser Stelle einen möglichen Aufkauf von Radiotele ansprach und ob dies
meldepflichtig wäre: „Wäre nicht meldepflichtig, weil es nicht… Auf der einen Seite
Publigroupe, 2 Milliarden. Umsatz sind wir drin… Auf der anderen. Radiotele, ich sage
n’importe quoi, 40 Millionen, ist nicht meldepflichtig. Solange wir nicht als
marktbeherrschend abgestempelt worden sind, es hat schon 22 Versuche gegeben,
vielleicht kommt es einmal, ich weiss nicht. Aber sobald sie marktbeherrschend sind,
müssen sie alles melden. Solange sie es nicht sind, nicht im wirtschaftlichen Sinne, aber
nach rechtlichen Definitionen, sind es 500 und 100 Millionen. Radiotele wäre nicht
meldepflichtig. (…). Nicht für die Weko. Das ist rein, das sind 500 und 100 Millionen.
Aber die Weko kann immer wieder eine Untersuchung eröffnen unter Artikel 7, ist auch
in einer starken Stellung. Aber erst muss sie die starke Stellung belegen, was nicht
immer so einfach ist. Das heisst nicht einfach 50% Marktanteil oder so, sie muss dann
auch beweisen, dass die marktbeherrschende Unternehmung, nicht die Preise bestimmt,
nicht das Produkt bestimmt. Bis jetzt haben wir… Wir sind Vermittler dazwischen, die
Zeitung ist für die Vermarktung tätig, für das Marketing, für den Vertrieb, für die
139

Redaktion und die Tarifhoheit ist nicht bei uns. (…). Deshalb haben wir gesagt, wir
haben eine starke Position, wir sind Leader, aber können uns nicht frei bewegen im
Markt, weil der Verleger für das Gesamtmarketing seines Produktes verantwortlich ist
und weil der Kunde, weil der Grosskunde uns ständig unter Druck setzt, wenn du da
nicht nachgibst, dann mache wir nur noch Direktmailing und Plakat, und bei Plakat eine
Zusatzkommission von weiss nicht wie viel… So läuft es. Da können wir sehr oft nicht
viel machen. Das ist unsere Position. Und da läuft zurzeit eine Untersuchung gegen
uns… Wir sind gespannt. Aber da bin ich pensioniert, wenn der Fall abgeschlossen ist.
Aber dann gibt es andere Rahmenbedingungen. Werbeverbot, Verbot für
Waffenwerbung, Verbot für, im Kontaktbereich, da ist es noch das grösste Problem,
dass es innerhalb gewisser Kontaktanzeigen, und da gibt es verschiedene Regelungen
Aber das ist nur für Print in diesem Bereich, da kann man nicht aufs Fernsehen
ausweichen… Da gibt es die verschiedensten Gesetze, die wir einhalten müssen“ (GVC,
Publicitas)
140

9. Zusammenfassung
Werbevermarkter sind unabhängige Unternehmen oder eigenständige
Tochtergesellschaften eines Medienunternehmens, welche Werbezeit beziehungsweise
Werberaum in mindestens einem Titel, Sender oder Standort eines Mediums exklusiv
anbieten.
Es lassen sich drei verschiedene, nicht trennscharfe Arten von Werbevermarktern
differenzieren: konzerngebundene Werbevermarkter vermarkten nur die Titel
beziehungsweise Sender ihrer Mutterkonzerns, wie etwa Publisuisse (SRG SSR Idée
Suisse) oder IP Multimedia Deutschland (RTL-Gruppe). Mediengattung-
Werbevermarkter vermarkten eine bestimmte Mediengattung, wie etwa Kino (Cinecom)
oder Print (Publicitas). Medientitel-Werbevermarkter vermarkten einen Titel oder
Sender eines Medienunternehmens, wie etwa Basler Zeitung (Publicitas) Viva Schweiz
(Radiotele).
Werbevermarkter sind teilweise auch gleichzeitig Vermittler, in dem in mindestens
einer Mediengattung die Buchung von Werberaum oder Werbezeit auch in nicht
exklusiv vermarkteten Medien angeboten wird. Hierfür erhalten sie dann vom
jeweiligen Medienunternehmen oder zuständigem Vermarkter eine
Vermittlungsprovision. Dieses Vermittlungsgeschäft ist häufig ein wichtiges Standbein
für die Werbevermarkter.
Nach klassischen Mediengattungen unterteilt, sind die wichtigsten Werbevermarkter in
der Schweiz folgende Unternehmen:
Print: Publicitas (NZZ, Baz, St. Galler Tagblatt, Luzerner Zeitung etc.). Radio und
Fernsehen: Publisuisse (SF1, SF2, DRS1, DRS2 etc.), IP Multimedia Schweiz
(Werbefenster auf RTL, RTL2, Pro7, VOX etc.), Cinecom (Sat1 Schweiz), Radiotele
(Viva Schweiz, Tele Ticino) und Belcom (TeleZüri, Radio24). Kino: Cinecom. Internet:
Adlink (tagesanzeiger.ch, msn.ch etc.) und Web2com (gmx.ch, Pro7.ch etc.). Plakat:
Affichage APG, Clear Chanel Plakanda.
Zur Entstehung der Werbevermarkter können drei Faktoren genannt werden: erstens
kann durch die Auslagerung des Verkaufs von Werbezeit oder Werberaum in ein
eigenes Unternehmen, die Unabhängigkeit und redaktionelle Eigenständigkeit
beziehungsweise Autonomie gewährleistet werden. Hierdurch kann sich das Medium
141

auf sein eigentliches Kerngeschäft konzentrieren und das kommerzielle Geschäft der
Finanzierung einem spezialisierten Akteur überlassen. Zweitens führen
Werbevermarkter zu einer Vereinfachung des Abwicklungsprozesses, sowie einer
Minimierung der zu bewältigenden Kontakte für das werbetreibende Unternehmen oder
der Agenturen und ermöglichen weiter zum Teil eine titel-, format-, oder
medienübergreifende Platzierung der Werbebotschaft. Drittens kann durch die
Ausdifferenzierung der Werbeakquisition aus dem Medienunternehmen zu einem
Vermarkter unternehmensintern Kosten gespart, sowie Synergien beim Vermarkter
genutzt werden.
Drei zentrale Leistungen und Funktionen der Werbevermarkter werden durch die
Experten betont: als erstes wird die Vereinfachung des Werbeprozesses für den Kunden
genannt. Von der Beratung, Planung, Buchung, technischem Handling, Kontrolle bis
zur Abrechnung alles über einen Kontakt erledigen, teilweise auch für verschiedene
Medien- oder Mediengattungen. Weiter ist der Werbevermarkter für die bewusste
Promotion seiner exklusiv vermarkteten Medien und damit den aktiven Verkauf des
Werberaumes beziehungsweise der Werbezeit bei den potentiellen Kunden im Werbe-
und Wirtschaftsystem zuständig. Deshalb wird drittens als existentielle Hauptleistung
der Werbevermarkter auf die Finanzierung des Mediums und seiner Angebote
hingewiesen.
Die Bedeutung und Macht der Schweizer Werbevermarkter wird von den Experten
relativiert, da sie aufgrund der Konkurrenz und rückläufigem Werbevolumen diese eher
auf Kundenseite oder bei den Mediaagenturen sehen. Hier wird aber betont, dass ein
ausgewogener Mediaplan verschiedene Titel oder Sender und damit auch in den meisten
Fällen diverse Vermarkter einbeziehen muss. Am wichtigsten für die eigene Stellung im
Werbesystem sei vor allem die Qualität der eigenen, vermarkteten Medien und ihre
Akzeptanz bei den Rezipienten. Trotz diesen Vorbehalten wird im Vermarktungsbereich
vor allem der Publicitas, Publisuisse und IP Multimedia Schweiz eine starke Stellung im
Werbesystem zugeschrieben. Dies deckt sich weitgehend mit der theoretisch ermittelten
Wichtigkeit, wo aufgrund der Schweizer Werbeausgaben pro Medium, sowie durch die
verschiedenen Geschäftsberichte, folgendende Werbevermarkter die Top drei
Positionen belegen: Publicitas, Publisuisse, Affichage APG.
142

Der internationale Vergleich der Werbevermarkter zeigt, dass die Situation in der
Schweiz durchaus speziell ist und vor allem im Printbereich mit der Publicitas weltweit
einmalig ist. Im direkten Vergleich mit Deutschland ergeben sich aber auch in den
anderen Mediengattungen Unterschiede. So sind im Fernsehmarkt die Privatsender im
Gegensatz zur Schweiz die bedeutendsten Akteure und vermarkten sich jeweils auch
durch konzerngebundene Werbevermarkter selber. Im Bereich der Plakatwerbung fehlt
ein nationaler Anbieter und im Onlinemarkt wird kein Vermittlungsgeschäft angeboten.
Weiter ist die Stellung und Funktion der Mediaagenturen anders, wobei diese zum Teil
selber auf eigene Rechnung für den Kunden einkaufen und disponieren und somit
zumindest partiell die Aufgabe der Vermarkter oder auch Vermittler übernehmen.
Bezüglich der Zukunft der Werbevermarkter wurde beschrieben, dass es durch die
zunehmende intermediale Konkurrenz im Werbemarkt immer professionellere
Vermarkter geben müsse und dass die Zusammenarbeit mit den Medienunternehmen
zunehmend enger werden würde. Trotz vorherrschenden Strukturbereinigungen und
Konzentrationsprozessen glaubte keiner der Experten an ein Verschwinden der
Werbevermarkter. Durch digitale Möglichkeiten klassische Werbung auszublenden, und
dem zunehmenden Gebrauch der diversen Sonderwerbeformen, die vielfach durch die
Medien selber vermarktet werden, sind die Vermarkter aber gezwungen selbständig
neue Märkte und Werbeformen erschliessen und gleichzeitig die Werbemöglichkeiten
in den klassischen Medien konvergenter gestalten.
Die Zusammenarbeit der Werbevermarkter mit den Media- und Werbeagenturen
wird von beiden Seiten als überwiegend positiv, eng und sehr professionell beschrieben.
Aufgrund ihrer Leistungen und Funktionen im Werbesystem sind die intensivsten
Geschäftsbeziehungen vor allem zwischen dem Vermarkter und der Mediaagentur,
welche somit praktisch ihre wichtigsten Kunden sind. Öfters angesprochen wurde auch
die zunehmende Machtanballung gewisser Mediaagenturen, die für weniger Geld,
immer mehr Leistung einkaufen möchten, die Werbevermarkter andererseits aber so
viel Profit wie möglich für sich und ihre Medien zu realisieren versuchen. Die
Möglichkeit, Direktbuchungen bei den Medienunternehmen vorzunehmen, wird von
den Agenturen nicht ausdrücklich als Wunsch geäussert, da die Werbevermarkter viele
Dienstleistungen und Zusatzfunktionen bieten, wofür die Media- oder Werbeagenturen
143

Spezialisten einstellen müssten, was wieder zu unternehmensinternen Kosten führen
würde.
Die Werbevermarkter und Mediaagenturen wissen relativ genau, welche gegenseitige
Ansprüche vorherrschen. Die Vermarkter möchten, dass die Mediaagenturen offen und
objektiv sind, nicht nur auf den niedrigsten Preis, sondern auch auf die Qualität achten,
möglichst ihr vermarktetes Medium in den Mediaplan miteinbeziehen und selbständig
die meisten Planungsarbeiten erledigen, damit der Vermarkter sich auf sein
Kerngeschäft konzentrieren kann. Die Mediaagenturen ihrerseits fordern von den
Werbevermarktern konstante, gute Informationen über ihre Medien und
Werbemöglichkeiten, mit dazugehörigem Forschungstools beziehungsweise
Datenbanken, Planungssicherheit, Zuverlässigkeit, Flexibilität, Geschwindigkeit und ein
attraktives Preis-Leistungsverhältnis.
Das werbetreibende Unternehmen steht am Ursprung des Werbeprozesses und
finanziert diesen auch, weshalb dieser Akteur für die meisten Werbevermarkter ganz
klar im Zentrum steht. Auch deshalb, weil der grundlegende, strategische Entscheid
welches Medium oder welche Medien zu belegen sind, durch ihn entschieden oder
beeinflusst wird. Durch die Entstehung der Mediaagenturen und ihrer zunehmenden
Bedeutung im Werbesystem, wurde dieser Direktkontakt aber bei vielen Vermarktern
erheblich geschwächt. Deshalb wird versucht die Abhängigkeit von den
Mediaagenturen zu minimieren und wieder vermehrt den direkten Kontakt zum
Unternehmen herzustellen, nicht zuletzt auch, weil die Agenturen wechseln können, die
werbetreibenden Kunden aber in der Regel dieselben bleiben.
Die Vorteile einer exklusiven Vermarktung sehen die Werbevermarkter sowie auch
die Medien darin, dass das Engagement, die Glaubwürdigkeit, die Kompetenz, sowie
die Seriosität im Werbemarkt höher ist. Durch Exklusivverträge und dementsprechend
höheren Margen engagiert sich der Vermarkter aktiv für sein Medium und weist ein
grösseres Know-How über seine Produkte beziehungsweise Formate auf. Weiter ist
durch diese engere Zusammenarbeit der Informationsfluss zwischen den beiden Parteien
viel ausgeprägter, wodurch besser gemeinsame Aktionen im Werbemarkt durchgeführt
werden können. Zudem wird betont, dass nur bei einer vollständigen Auslagerung des
Werbeverkaufs zu einem exklusiven Vermarkter unternehmensintern wirklich
144

Einsparungen realisiert werden können. Besonderheiten ergeben sich weiter im
Printbereich, wo vor allem Tageszeitungen durch das Netzwerk der Publicitas und
einem exklusiven Vertrag profitieren können, sowie bei den Onlinemedien, bei denen es
aus technischen Gründen unvorteilhaft wäre, bei zwei Vermarktern zu sein.
Auch die gegenseitigen Erwartungen zwischen den Vermarktern und Medien sind
beiden bewusst. Damit der Vermarkter ein Medienangebot erfolgreich im Werbemarkt
absetzen kann, sollte es qualitativ hochwertig sein, über gute Mediadaten
beziehungsweise Leser verfügen, das richtige Image besitzen, Planungssicherheit bieten
und eine saubere technische Abwicklung der Werbung gewährleisten. Umgekehrt
erwartet das Medium vom Werbevermarkter hauptsächlich einen möglichst hohen
Umsatz, also die Maximierung der Werbeeinnahmen. Daneben wird aber auch
angesprochen, dass der Werbevermarkter sich völlig mit dem Produkt identifizieren
und sich auch dafür interessieren muss, damit nicht bloss die Werbezeit
beziehungsweise der Werberaum verkauft wird. Weiter wird Professionalität und
Flexibilität, sowie Planungssicherheit und die Bereitstellung von Dienstleistungen und
Marktforschung verlangt. Zusätzlich wird noch von verschiedenen Experten bemängelt,
dass Ausbildungsmöglichkeiten für Mediafachleute, vor allem im elektronischen
Bereich, bislang in der Schweiz mangelhaft sind und nur in Form einer Zweit- oder
Drittausbildung existieren.
Argumente gegen eine exklusive Vermarktung sind aber auch vorhanden und
berechtigt. Hat ein Medienunternehmen genügend verschiedene Medien im Angebot
oder weist eine bestimmte Unternehmensgrösse auf, kann die Eigenvermarktung
lukrativer sein, als sie an einen Vermarkter auszulagern. In den Interviews wurde immer
wieder betont, dass die Medien sehr genau und regelmässig das Kosten-Nutzen-
Verhältnis überprüfen, um gegebenenfalls ihre Geschäftsbeziehungen mit dem
Vermarkter aufzulösen oder bessere Bedingungen auszuhandeln. Weiter muss auch
konstatiert werden, dass sich der konzerngebundene Werbevermarkter und die
Eigenvermarktung durch das Medienunternehmen selber, von der Funktion her am
ähnlichsten sind. Ob und inwiefern ein Vermarkter sonstige Vorteile bringt, ist dann
zusätzlich stark vom jeweiligen Medium abhängig. So profitiert beispielsweise eine
Tageszeitung aufgrund lokaler und nationaler Werbekunden viel mehr durch das
Publicitasnetzwerk, als eine schweizweit erscheinenden General Interest Zeitschrift,
145

welche überwiegend nationale Grosskunden oder Markenartikelwerbung beinhaltet.
Neben diesen Erwägungen wird ausserdem von einer Expertin betont, dass durch die
Selbstvermarktung der Kundenkontakt enger ist, sowie besser auf Veränderungen im
Werbe- oder Publikumsmarkt reagiert und den Verkäufern spezifischere Zielvorgaben
gemacht werden könne. Dies vor allem auch in konjunkturell schlechteren Phasen, wo
der Verlag zusammen mit dem Verkauf effizienter Specials, Line Extensions oder
Schwerpunkthemen realisieren kann.
Es existiert eine Reihe von verschiedenen Abrechnungsmodellen zwischen den
Vermarktern und ihren Medien, die aber keine der Experten wirklich offen legen
wollten oder durften. Genannt wurden verschiedene Formen von Provisionen,
umsatzabhängige Auszahlungen, Gewinnbeteiligungen, Pauschalbeträge und lineare
Kommissionierungsmodelle. Diese verschiedenen Möglichkeiten unterscheiden sich je
nach Medium, den erbrachten Dienstleistungen, aber natürlich auch zwischen einer
exklusiven Vermarktung und einer blossen Vermittlung. So wurde bei der Interviewten
Tageszeitung ein lineares Modell verwendet, mit einer Komission zwischen 10 und
30%. Bei der Plakatwerbung wird entweder ein Pauschalbetrag abgegeben,
beispielsweise ungefähr 4 Millionen Franken für die öffentlichen Standorte der
gesamten Stadt Zürich, pro Fläche abgerechnet, wo der Preis zwischen etwa vier und
7000 Franken liegen kann, oder aber auch Umsatzbeteiligungen angewendet, die in
Zürich auf Privatgrund auch die 30%-Marke erreichen können.
Bezüglich Beteiligungen der Vermarkter an den Medienunternehmen selber,
antworteten die meisten Experten mit einem kategorischen nein und lehnten solche
Verstrickungen auch grundsätzlich ab, damit die Unabhängigkeit gewährleistet werden
kann. Die grosse Ausnahme bildet hier natürlich die Publigroupe, die an rund 40
Zeitungen beteiligt ist, unter denen auch 10 grössere wie die NZZ, Baz, St. Galler
Tagblatt, Luzerner Zeitung etc. zu finden sind. Vom interviewten Experten derselben
Unternehmensgruppe wurde aber betont, dass keine Vermischung von Verleger- und
Regieaktivitäten angestrebt werde, gleichzeitig wurde aber erwähnt, dass es keinen Sinn
mache, Beteiligungen zu haben, wenn man keinen Einfluss oder kein Mitspracherecht
hätte. Weiter wurde ausgeführt, dass diese Beteiligungen vielfach historisch entstanden
sind, vielfach auch über Kredite und Darlehen der Publicitas an Verleger, welche dann
zu einem späteren Zeitpunkt umgewandelt wurden.
146

Grundsätzlich sieht die grosse Mehrheit der Experten keine direkte Möglichkeit der
Werbevermarkter Einfluss auf die Programmgestaltung und Meinungsvielfalt zu
nehmen, weshalb an dieser Stelle auch wieder die inhaltliche und redaktionelle
Autonomie der Medien betont wird. Dass aber die Vermarkter durch den Verkauf von
Werberaum oder Werbezeit das Medienangebot finanzieren, wird nicht bestritten,
weshalb hier der indirekte Einfluss zum tragen kommt. Das Medienunternehmen kann
zwar selber entscheiden welche Sendungen oder Titel es herausgeben will, ob es dass
aber auch ohne hinreichendes Interesse der Werbewirtschaft tun wird, dürfte
dahingestellt sein. Deshalb ist ein charakteristischer Widerspruch in den Aussagen der
Werbevermarkter, dass der Einfluss zwar verneint wird, aber die Redaktion schon bereit
sein müsste auf die Bedürfnisse des Werbemarktes einzugehen und nicht an diesem
vorbeizuproduzieren, damit das Angebot auch verkauft werden könne. So wird auch
bestätigt, dass der Vermarkter durchaus der Auslöser für beispielsweise eine
Fernsehsendung sein kann. Angesprochen wird auch eine gewisse Scheinheiligkeit der
Medienunternehmen, die eher eine neue Werbeform zulassen, wenn die Idee dazu von
ihnen selber stammt, als von ihrem Werbevermarkter. Deshalb sieht ein Experte eine
mögliche Einflussnahme vor allem bei Sonderwerbeformen wie Sponsoring oder
Product Placement, welche in den meisten Fällen selber vom Medium angeboten
werden.
Gerade im Onlinebereich gibt es im Vergleich zu den klassischen Medien eine Vielzahl
von Möglichkeiten, Werbung in hybridisierter Form direkt in den Content einzubauen,
welche von der normalen Bannerwerbung abweicht. So beschreibt ein Experte auch den
Anspruch der Websites an den Vermarkter, dass dieser möglichst viele Werbeinnahmen
generieren soll, sie aber gleichzeitig nicht gewillt sind, neuartige Werbeformen
zuzulassen. Aber es wird auch erwähnt, dass eine bewusste Irreführung des Users zu
einem unweigerlich Rezeptionsverzicht führen würde.
Beim Medium Plakat, welches zwar nicht über einen redaktionellen Inhalt verfügt,
jedoch vor allem bei Wahlen und politischen Kampagnen stark genutzt wird, wäre ein
Einfluss des Schweizer Monopolisten denkbar. Aber auch hier wird dieser verneint, da
beispielsweise von politischen Kandidaten anzahlmässig gleich viele Plakate vorhanden
sein müssen, was auch juristisch kontrolliert wird.
Bei der Publicitas als einzigen Werbevermarkter, der selber direkt an vielen seiner
Medien beteiligt ist, wird eine potentielle Einflussnahme auf den redaktionellen Inhalt
absolut dementiert, die Situation gar als eine „chinesische Mauer“ beschrieben. Der
147

Experte sieht das Problem jedoch vor allem bei den Gratiszeitungen, bei denen man
durchaus hybride Werbeformen einbauen kann. Dass es Druckversuche der
Werbewirtschaft gibt, wird vom Experten bestätigt, es wird aber angemerkt, dass sich
solche Kunden selber schaden zufügen.
Eine weitere Form der möglichen Einflussnahme eines Vermarkters auf das Medium,
kann sich über die Verwaltungsräte äussern. Hier weist beispielsweise gerade die
Publigroupe intensive Verbindungen zu Medienunternehmen auf, in dem etwa sowohl
ihr CEO Hans-Peter Rohner sowie Fritz Schumacher im Verwaltungsrat der Basler
Zeitung sind, wobei Letzterer in beiden der Vize-Präsident ist. An dieser Stelle wird
beispielsweise vom Verlagsdirektor der genannten Zeitung angemerkt, dass zweifellos
durch die Kenntnis der zukünftigen Strategie beider Seiten gewisse
Interessensabwägungen stattfinden würden. Andererseits wird von den Experten aber
auch auf die kleine Grösse der Schweiz hingewiesen, wo praktisch überall irgendwelche
Verbindungen zwischen den verschiednen Unternehmen des Medien- und
Werbesystems bestehen, und man hierdurch auch sehr gut vom Know-how der diversen
Spezialisten profitieren kann. Es wird hier auch angesprochen, dass es gerade bei der
SRG SSR Idée Suisse als öffentlich-rechtlichen Anbieter zu einem gewissen
Richtungswechsel gekommen ist, seit die ehemalige Direktorin der Publisuisse nun die
Leitung übernommen hat.
Die Mehrheit der Experten ist der Ansicht, dass die Werbevermarkter zu einer
Förderung der Meinungs-, Titel- oder Programmvielfalt führen, da diese für die
Finanzierung zuständig sind und deshalb dem Medium, durch ihre generierten
Einnahmen, schlussendlich die eigentlichen Grundlagen bieten, um ein qualitatives und
vielfältiges Angebot bereitzustellen.
Andererseits nehmen einige Experten auch eine eher indifferente Position ein, mit
Aussagen, die in die Kategorie “sowohl als auch“ eingeordnet werden können. Gewisse
Werbevermarkter betonen zudem, dass die Förderung der Meinungsvielfalt und
Ähnlichem nicht ihre Aufgabe und Funktion sei, sondern dass sie dafür zuständig sind,
ein Medienangebot professionell im Werbemarkt zu verkaufen und erwähnen hier eher
den Einfluss der Werbewirtschaft.
Gefragt nach speziellen rechtlichen Rahmenbedingungen, welche für die
Werbevermarkter als solches oder ihre gesamten Branche gelten würden, antworteten
148

die Experten mit den üblichen wirtschaftlichen Gesetzen und Aufsichtbehörden.
Genannt wurden an dieser Stelle die Wettbewerbskommission, das Kartellgesetz, das
Obligationenrecht, die Lauterkeitskommission und die verschiedenen Werbeverbote je
nach Medium. Besondere Aufmerksamkeit auf eine potentielle Machtansammlung eines
Werbevermarkters durch seine vermarkteten Medien wird seitens der Behörden selten
verfolgt, es sei denn es handelt sich um eine marktbeherrschende Stellung, wodurch
Ermittlungen seitens der Wettbewerbskommission eingeleitet oder von anderen
Marktteilnehmern Klagen eingereicht werden können. Dies betrifft vielfach die
Publicitas, welche aufgrund ihrer Bedeutung im Schweizerischen Werbesystem oder
ihren verschiedenen Beteiligungen an Medienunternehmen, des Öfteren in Bezug auf
eine marktbeherrschende Stellung angeklagt wurde. Hier wird vom betreffenden
Unternehmen erwähnt, dass wirtschaftlich gesehen, die Meldepflicht für
Zusammenschlüsse oder Ähnlichem bei der Weko erst zwingend ist, wenn die
Unternehmen 500 und 100 Millionen Franken Umsatz aufweisen. Weiter konnte der
Publicitas, trotz vieler Versuche, bis jetzt keine marktbeherrschende Stellung
nachgewiesen werden.
Neben der Meldepflicht bei der Wettbewerbskommission, sowie den unterschiedlichen
Werbeverboten je nach Medium, können aber auch weitere Besonderheiten festgestellt
werden. So garantiert etwa der Onlinevermarkter, dass auf seinen Websites keine
illegalen Inhalte vorhanden sind, und haftet dann auch für etwaige Vergehen. Weiter
weist auch der Plakatbereich diverse Eigenheiten auf, wie etwa sprachliche Vorschriften
in gewissen Gebieten, einem Verbot von schwarz-weisser Werbung in Genf,
Einschränkungen durch das Strassenverkehrsgesetz und einem Verbot von 3-D-Plakaten
auf öffentlichem Grund.
149

10. Schlusswort
Die gewonnenen Erkenntnisse durch die theoretische Vorarbeit und den transkribierten
Aussagen der interviewten Experten liefern erstmals spezifische Informationen zu
bisher im Werbesystem eher nebenbei beachteten Akteuren. Die Werbevermarkter
mitsamt ihren erbrachten Funktionen und Leistungen für die Medien, die
werbetreibende Wirtschaft, sowie natürlich auch für die Media- und Werbeagenturen,
sind aber ein äusserst interessantes Gebiet für publizistikwissenschaftliche Forschungen
und verdienen meines Erachtens mehr Aufmerksamkeit.
Dem geneigten Leser dieser Lizentiatsarbeit dürfte nun nach der Durchsicht aufgefallen
sein, dass die Herangehensweise an das Thema Werbevermarkter ausgesprochen
explorativer Natur war. Diese nahm bereits im Wintersemester 2003/2004 seinen
Anfang, als ich bei der Themenvergabe durch Frau Prof. Dr. Gabriele Siegert mehr oder
weniger zufällig die Vorgabe erhielt, meine damalige Seminararbeit über die
Werbevermarkter in der Schweiz zu schreiben. Bis zu diesem Zeitpunkt waren mir diese
Akteure des Werbesystems mehrheitlich unbekannt, ausser vielleicht die Publicitas,
welche in der Basler Innenstadt eine Filiale betreibt und deshalb bereits verschiedentlich
in mein Blickfeld gerückt war. Als ich dann begann Informationen und Literatur über
die Werbevermarkter zu suchen, musste ich bald feststellen, dass das vorhandene
Angebot, bis auf die firmeneigenen Websites, spärlich bis nichtexistent war. Aber die
ersten gewonnen Einblicke schienen sehr interessant und gerade das
Nichtvorhandensein wissenschaftlicher Forschung über die Werbevermarkter verlieh
dem Thema seinen Reiz. Nach der Abgabe der Seminararbeit war mir aber klar, dass
nur die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs zum Vorschein gekommen war. Als es im
Sommer 2004 um die Festlegungen des Lizentiatsthemas ging, war es mir deshalb ein
grosser Wunsch, die Werbevermarkter als solches genauer zu analysieren, zudem ich
bereits meine Mitarbeit für das Bakom-Projekt zugesagt hatte und somit hier eine, aus
forschungstechnischer Sicht äusserst nützliche Verknüpfung hergestellt werden konnte.
Somit beschäftigte ich mit Unterbrüchen seit Herbst 2003 bis Sommer 2005 mit den
Werbvermarktern und erst im Laufe der Zeit kam das nötige Wissen und die Übersicht
zustande. Gerade dieser längere Fokus auf die verschiedenen Unternehmen, zeigte mir
aber auch die enorme Schnelllebigkeit der Branche. Von den 2003 definierten
Vermarkter sind mittlerweile einige verschwunden, beziehungsweise haben miteinander
150

fusioniert und kaum ein Monat verging, ohne das irgendwelche neue Entwicklungen
auftraten. Ohne das Abonnieren der diversen Newsletters der einschlägigen Magazine
und Nachrichtenportale der Werbewirtschaft, wäre vieles unbemerkt geblieben, weshalb
in regelmässigen Abständen die Lizentiatsarbeit bezüglich gewisser Details aktualisiert
und ergänzt werden musste.
Gerade dieser kontinuierlicher Informationsgewinn und die wenigen, bereits zu Beginn
vorhandenen wissenschaftlichen Ergebnisse hatten rückblickend natürlich auch zur
Folge, dass vielfach erst zu einem späteren Zeitpunkt im Forschungsprozess, zum Teil
auch erst nach den Experteninterviews selber, bemerkt wurde, beispielsweise welche
medienökonomische oder betriebswirtschaftliche Theorien noch zusätzlich hätten
einbezogen werden können, die ihrerseits wiederum Einfluss auf das
Erkenntnisinteressse und den Leitfaden gehabt hätten.
Obwohl an verschiedenen Stellen im zweiten Kapitel, sowie bei den Experteninterviews
kurz angesprochen, hätte gerade auf die Transaktionskostentheorie, beziehungsweise
den Transaktionskostenansatz, begründet durch Ronald Coase als Teil der Neuen
Institutionenökonomik, detaillierter eingegangen werden können, um zu überprüfen,
inwiefern durch die exklusive Auslagerung des Werbeverkaufs an einen
Werbevermarkter die verschiedenen Transaktionskosten gesenkt, beziehungsweise
erhöht werden und wie diese sich im Vergleich bei einem blossen Vermittlungsvertrag
gestalten (vgl. hierzu Leschke 2003, Heinrich/Lobigs 2003:245ff, Heinrich 1994:131ff).
Weiter hätte bezüglich der Machtansammlung gewisser Unternehmen theoretisch und
empirisch genauer untersucht werden können, wie und in welchem Ausmass ein
funktionierender Wettbewerb unter den Vermarktern herrscht, auch über die
verschieden Mediengattungen hinweg, um die Marktsituation besser zu beschreiben
und abzugrenzen. Zudem hätten, bei einem nochmaligen bearbeiten der
Werbevermarkter für medienwissenschaftliche Forschungen durch das nun vorhandene
Wissen und den erzielten Ergebnissen, viele der sprachlich erarbeiteten Erkenntnisse
auch graphisch in Form von verschiedenen Modellen umgesetzt werden können,
wodurch in Zukunft eine prägnantere Darstellung des Sachverhalts möglich wäre.
Nichtsdestotrotz kam retrospektiv eine Fülle von Informationen zusammen, welche bei
weitem nicht alle Einfluss in die vorliegende Lizentiatsarbeit gefunden haben.
Besonders die unternehmens- und zum Teil auch mediengattungsspezifischen
151

Antworten konnten, aufgrund der angestrebten Übersicht, der Vergleichbarkeit und dem
ohnehin schon grösserem Umfang der Arbeit, oftmals nicht eingebracht werden.
Stellvertretend kann hier beispielsweise das Interview mit dem Experten der Publicitas
genannt werden, welches zwei Stunden dauerte und auf den schlussendlich
transkribierten 21 Seiten viele detaillierte Angaben zum eigenen Unternehmen, sowie
zum Schweizer Printmarkt im Generellem enthielt. Deshalb könnten die vorhandenen
Experteninterviews vielfach auch nach weiteren Forschungsfragen analysiert werden.
Als besonders interessante Punkte oder aber auch solche, welche sich zum Teil für
weiterführende Nachforschungen eignen würden, sollen hier folgende Feststellungen,
beziehungsweise Äusserungen der Experten abschliessend kurz vorgestellt werden:
- Das Agieren der Publigroupe im Werbemarkt, welche einerseits durch die Publicitas
ihre Pachtblätter vermarktet, andererseits für viele andere, nicht exklusive Titel
vermittelt und zudem mit Publimedia eine Mediaagentur für Key-Account Kunden im
Printbereich anbietet, wodurch eigentlich aus einer Hand alle Seiten des Marktes
bearbeitet werden.
- Die Aussage des Experten von der Basler Zeitung, dass ein weiterer Grund nur einen
Vermarkter und nicht diverse Vermittler zu haben, auch darin liegt, dass er nicht
möchte, dass mehrere Unternehmen mit seinem Produkt, Werbemöglichkeiten und
Preisen im Werbemarkt „hausieren gehen“. In diesem Zusammenhang auch die
Äusserung der Expertin von Ringier, dass sie vor allem für die reinen Vermittler
Schwierigkeiten sieht im Markt zu bestehen, da diese über keine Exklusivität verfügen
und nicht die gleiche Nähe zum Produkt aufweisen können.
- Dass die Werbevermarkter immer mehr sekundäre Funktionen wie etwa die
Mediaplanung übernehmen müssen, welche eigentlich in das Aufgabengebiet einer
Mediaagentur fallen, diese aber des Öfteren aufgrund von Kosteneinspaarungen und
mangelndem Wissensstand ausgelagert werden. Bemängelt wurde in diesem
Zusammenhang auch die fehlenden Ausbildungsmöglichkeiten für Mediafachleute im
elektronischen Bereich in der Schweiz. Weiter fallen auch die im Vergleich zur Schweiz
erweiterten Funktionen und Leistungen der Deutschen Mediaagenturen auf, die
ihrerseits vielfach die Aufgaben von Vermittlern und Vermarktern selber übernehmen.
152

- Der je nach Vermarkter höchst unterschiedliche prozentuale Anteil der
Mediaagenturen am Gesamtumsatz. Während einerseits etwa bei der APG oder der
Publicitas rund 50 Prozent des Umsatzes direkt von den werbetreibenden Unternehmen
kommt, so läuft bei IP Multimedia Schweiz 90-95 und bei der Publisuisse etwa 80
Prozent über die Mediaagenturen. In diesem Zusammenhang auch die Feststellung, dass
sogar bei Zeitungen mit Eigenregie, zwischen 40-60 Prozent der Werbegelder über die
Publicitas kommen. Hier ist auch die Tatsache interessant, dass die zwei bedeutendsten
Werbeauftraggeber in der Schweiz im Bezug auf Printwerbung unterschiedliche
Strategien haben. So wirbt Coop direkt zusammen mit der Publicitas, Migros disponiert
ihrerseits aber zuerst über Mediaagenturen.
- Die je nach Medium verschiedenen Werberichtlinien beziehungsweise Werbeverbote
und den daraus resultierenden Konsequenzen für den Werbevermarkter. Dieser Fakt
wurde zum Teil in den Interviews ausserhalb des Bakom-Projektes angesprochen, wo
gefragt wurde, wie sie diese unterschiedlichen Rahmenbedingungen beurteilen und ob
diese überhaupt noch realistisch seien. Nicht überraschend war der Grundtenor in den
Antworten, dass möglichst wenige Verbote gewünscht werden. Interessanter war hier
eher die Tatsache, dass obwohl etwa das Medium Print seine Vorteile (beispielsweise
im Bereich politische Werbung oder Alkohol) nicht aufgeben möchte, die Experten aus
dieser Mediengattung jedoch selber zugeben, dass die unterschiedliche rechtliche
Behandlung von Print und den elektronischen Medien nicht mehr plausibel erklärt
werden kann.
- Die verschiedenen Vorwürfe innerhalb des Schweizer Fernsehmarktes, wo die
privaten Anbieter und ihre Vermarkter sich über ihre mangelnden finanziellen
Möglichkeiten, die gesetzlichen Vorschriften beziehungsweise politischen Regelungen
und damit über die dominanten Sender der SRG Idée Suisse beklagen, diese ihrerseits
selber aber wiederum auf ihre beachtliche Leistung hinweist, trotz den „beschränkten
finanziellen Mitteln“. Weiter wird dann von den privaten, sowie dem öffentlich-
rechtlichen Anbieter Kritik an IP Multimedia Schweiz geübt, welche ihrer Ansicht nach
den Schweizer Werbemarkt zerstört, keinerlei Leistungen für das landeseigene
Mediensystem erbringt und alle Gewinne nur nach Deutschland transferiert. Ein Experte
würde es hier sogar begrüssen, wenn SevenOne Media Schweiz „endlich“ ihre eigenen
Sender selber vermarkten dürfte. IP Multimedia Schweiz ihrerseits weist all diese
153

Vorwürfe zurück und betont, dass die Werbefenster durch ein Bedürfnis der Schweizer
Wirtschaft nach mehr, besserer und günstigerer Fernsehwerbung entstanden sind, sowie
dass gemäss Studien in Form von Steuern, Arbeitsplätzen und Eigenproduktionen rund
zwei Drittel des erwirtschafteten Umsatzes in der Schweiz bleibt.
- Obwohl die Werbevermarkter realistisch betrachtet keine Kontrolle oder Macht über
die Inhalte der Medien haben oder anstreben, so muss doch eine gewisse Ambivalenz
konstatiert werden, welche sich in den Antworten der Experten auf die Frage nach dem
Einfluss der Vermarkter auf die Programmgestaltung, Vielfalt und Meinungsvielfalt
niederschlägt. Dass im Fernsehen die Nachrichtenberichterstattung unabhängig bleiben
soll, ohne Sponsoring, Product Placement und Ähnlichem, wird von allen befürwortet,
anders sieht es aber bei den weiteren Formaten aus. Während der Einfluss als
Werbevermarkter grundsätzlich dementiert und auf die Autonomie, sowie
Entscheidungsfreiheit der Sender verwiesen wird, erwähnen sie gleichzeitig, dass man
ja eigentlich ein Kolporteur der Werbewirtschaft sei und somit versucht, soweit als
möglich auf die Programmleistung Einfluss zu nehmen und mit der Redaktion einen
Konsens zu finden, um ein positives Werbeumfeld zu schaffen. Auch im Printbereich
wird dies angesprochen, dass wenn beispielsweise öfters negativ über einen
Werbekunden berichtet wurde, es dann die Aufgabe des Vermarkters sei, die Redaktion
darauf „hinzuweisen“. Interessanterweise sieht nur ein Experte einen expliziten Einfluss
der Werbevermarkter auf die Inhalte, jener nämlich, der selber ein Medium vermarktet,
welches ohne solche auskommt.
Aufschlussreich war in diesem Kontext auch die Feststellung gewisser
Werbevermarkter, dass gerade durch die Auslagerung des Werbeverkaufs an einen
hierfür spezialisierten Akteur die publizistische Eigenständigkeit beziehungsweise
redaktionelle Autonomie besser gewährleistet werden könne, als wenn dies vom
Medium oder dem Medienunternehmen selber durchgeführt werde. Eine Äusserung, die
zu überprüfen wäre.
Es wird also ersichtlich, dass die Werbevermarkter durch ihre Funktionen im Werbe-
und Mediensystem, sowie ihrem Zusammenspiel mit den diversen anderen involvierten
Akteuren ein für die medienwissenschaftliche Analyse interessantes Forschungsgebiet
darstellen, welches bis zum jetzigen Zeitpunkt noch ungenügend analysiert wurde.
154

Ziel dieser Lizentiatsarbeit war es grundsätzlich zunächst die Werbevermarkter als
solche erstmals theoretisch zu definieren und von anderen Unternehmen differenziert
abzugrenzen. Weiter sollte ein erster, aber nicht weniger umfassender Überblick ihrer
Aufgaben, sowie ihrer Stellung im Werbemarkt erreicht werden, der zudem ihr
Verhältnis zu den Medienunternehmen selber beleuchtet.
Ich persönlich hoffe, dass mir diese Vorhaben gelungen sind und dass die Lektüre
dieser Lizentiatsarbeit mitsamt ihrer explorativen Art der Informationsfindung dem
Leser auf möglichst ansprechende Weise Erkenntnisse über die Werbevermarkter und
ihren Tätigkeiten vermitteln konnte. Abschliessend kann meinerseits das gewählte
Thema als gelungene Wahl bezeichnet werden, denn je länger ich mich mit den
Werbevermarktern befasste, desto mehr stieg mein Interesse an ihnen, weshalb ich ihre
Entwicklung sicherlich auch in Zukunft aufmerksam verfolgen werde.
Als Letztes möchte ich mich, abgesehen von den bereits erwähnten Experten, noch bei
den verschiedenen weiteren Personen bedanken, welche in unterschiedlicher Form
massgeblich zur Entstehung und dem Gelingen dieser Forschungsarbeit beigetragen
haben: Prof. Dr. Gabriele Siegert für das Hinweisen auf die Werbevermarkter als
Seminar- und Lizentiatsarbeitsthema, lic.phil. Erwin Weibel, welcher mir als
Mitarbeiter der Publicitas in verschiedenen Gesprächen wertvolle Informationen liefern
konnte, lic.phil. Sibylle Eberle und später vor allem Dr. Frank Lobigs für die gute
Betreuung, sowie der konstruktiven Kritik und schlussendlich Beatrix Thomas für das
gewissenhafte Lektorat.
155

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Siegert, Gabriele (2005): Absatzmanagement – Preis, Produkt und Programmpolitik.
In: Scholz, Christian (Hg.): Handbuch zum Management in
Medienunternehmen – eine interdisziplinäre Herangehensweise. Manuskript. S.
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Siegert, Gabriele/ Brecheis, Dieter (2005): Werbung in der Medien- und
Informationsgesellschaft. Eine kommunikationswissenschaftliche Einführung.
Wiesbaden (Manuskript).
Siegert, Gabriele/ Eberle, Sibylle/ Amstutz, Priska/ Thomas, Nathan (2004): Werbung
in der Schweiz aus Sicht der Werbebranche. Ergebnisse einer Expertenbefragung.
In: http://www.ipmz.unizh.ch/news/projektbericht_IV.pdf (01.12.2004).
Siegert, Gabriele (2003a): Medienökonomie I. Reader zur Vorlesung WS 03/04.
Universität Zürich.
160

Siegert, Gabriele (2003b): Im Zentrum des Taifuns: Die Ökonomisierung als treibende
Kraft des medialen Wandels? In: Medien Journal 1/2003, 27. Jg., S. 20-30.
Siegert, Gabriele (2002): Medienökonomie und Systemtheorie. In: Scholl, Armin (Hg.):
Systemtheorie und Konstruktivismus in der Kommunikationswissenschaft.
Konstanz. S.161-177.
SRG (2004): In: http://www.srg.ch/de/fees/betriebsergebnis.html (31.05.05).
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Tropp, Jörg (1997): Die Verfremdung der Werbung. Eine Analyse zum Zustand des
Werbewirtschaftssystems. Opladen. S. 87-146.
Vizjak, Andrej/ Ringlstetter, Max (2001): Content entscheidet über Wachstum und
Profitabilität in der Medienbranche. In: Vizjak, Andrej/ Ringlstetter, Max (Hrsg.):
Medienmanagement: Content gewinnbringend nutzen. Trends, Business-Modelle,
Erfolgsfaktoren. Wiesbaden. S. 9-16.
Weder, Walter (2004): Medien Oscar vergeben. Die Publisuisse und die NZZ gewinnen
den Media Trend Award 2004. In: http://www.mediatrend.ch/archiv/
artikel.php?id=1379 (07.07.05).
Werbefibel (2005): In: http://www.go4media.ch/upload/Werbefibel/
Werbefibel_go4media_CH.pdf (17.05.2005).
Werbewoche (2005a): In: http://www.werbewoche.ch/newsticker/detail.cfm?cfid=
13485530&cftoken=41274521&newsid=16413&start_row=1&index=
1&suche=1&rubrik=News (30.05.2005).
Werbewoche(2005b): In: http://www.werbewoche.ch/newsticker/detail.cfm?
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Wettbewerbskommission (2002): In: http://www.weko.admin.ch/publikationen/
pressemitteilungen/00084/PC-111102-Publigroupe-D.pdf?lang=de (08.09.2004).
Wörni, René (2004): Dicke Fische im Publi-Netz. In: Klartext, Heft 4, 24. Jg., S. 8-13.
162

Links Werbevermarkter (August 2005)
AdLINK Schweiz www.adlink.ch
AdLINK Network www.adlink.net
Adlink (Targeted TV) www.adlink.com
Affichage www.affichage.ch
APG www.apg.ch
ARD-Werbung www.ard-werbung.de
Belcom www.belcom.ch
Clear Channel Plakanda www.plakanda.ch
Clear Channel www.clearchannel.com
Cinecom www.cinecom.ch
El Cartel Media www.elcartelmedia.de
Energy Media www.energy-media.de
IP Multimedia Schweiz www.ipm.ch
IP Multimedia Deutschland www.ip-deutschland.de
Masani www.ambientmedia.ch
Massive Incorporated www.massiveincorporated.com
163

Medag www.medag.ch
MediaboX www.mediabox.ch
Plakatron www.plakatron.ch
Publicitas www.publicitas.ch
Publigroupe www.publigroupe.ch
Publisuisse www.publisuisse.ch
Radiocom www.radiocom.de
Radio Marketing Service www.rms.de
Radiotele www.radiotele.ch
Shop Display www.shopdisplay.ch
SevenOne Media Schweiz www.sevenonemedia.ch
SevenOne Media Deutschland www.sevenone.de
Viacom Outdoor www.viacomoutdoor.com
Web2com www.web2com.ch
164

Beispielleitfaden eines Experteninterviews
Unternehmen: IP Multimedia Schweiz
Datum: 16.02.05
Zeit: 13:00
Ort: Küsnacht
Name der Expertin: Frau Siri Fischer
Funktion der Expertin: Head of Research
Geschlecht: Weiblich
Guten Tag Frau Fischer.
Herzlichen Dank, dass Sie sich Zeit nehmen und mir beim Gelingen meiner
Lizentiatsarbeit über Werbevermarkter unterstützen. Für meine Arbeit bin ich auf Ihr
Erfahrungswissen und Ihre Perspektive angewiesen, sowie auf möglichst ausführliche
Erläuterungen dazu. Ich bitte Sie deshalb, nicht bloss mit Ja und Nein, sondern
möglichst offen, spontan und ausführlich zu antworten. Ich möchte gerne dieses
Gespräch auf Tonband aufzeichnen und auf Schriftdeutsch führen. Dies erleichtert mir
die Auswertung der Befragung und den Vergleich mit den anderen Interviews.
Ich werde mit folgenden Unternehmen (Grafik zeigen) Interviews führen. Diese
Unternehmen nenne ich Akteure. Ihr Unternehmen zähle ich zum Akteur
Werbevermarkter.
Werbetreibende
Unternehmen
Werbeagenturen
Mediaagenturen Werbevermarkter
Medien Medien -
unternehmen
Wenn Sie keine Fragen haben, würde ich nun mit dem Interview beginnen.
165

Ich habe folgende Definition über Werbevermarkter aufgestellt. Was sagen sie dazu?
Werbevermarkter sind unabhängige Unternehmen oder eigenständige
Tochtergesellschaften eines Medienunternehmens, welche Werbezeit beziehungsweise
Werberaum in mindestens einem Titel, Sender oder Standort eines Mediums exklusiv
anbieten.
Aufgrund dieser Definition habe ich in der Schweiz folgende Vermarkter gefunden
(Liste zeigen). Fehlt hier ein Unternehmen?
Publicitas
Publisuisse
Belcom
Radiotele
Medag
IP Mutimedia Schweiz
SevenOne Media Schweiz
Cinecom
Adlink
Web2com
APG
Clear Channel Plakanda
Nun komme ich zu meinen eigentlichen Fragen.
• Welche Funktionen erfüllen Werbevermarkter im Werbe- und Mediensystem?
Wie und warum sind sie entstanden?
• Wer ist alles an IP beteiligt?
• Weshalb vermarktet IP auch die Werbezeit der SevenOne Medien in der
Schweiz?
• Welche Bedeutung und Macht haben die verschiedenen Schweizer
Werbevermarkter? Besteht hier eine Gefahr? Wer ist ihr direkter Konkurrent?
• Was sagen sie zu dem Vorwurf, IP würde nichts für das Schweizer
Mediensystem tun und nur Geld nach Deutschland liefern?
• Wie ist die Situation der Schweizer Werbevermarkter im internationalen
Vergleich?
• Wie sieht die Zukunft der Werbevermarkter aus? Wie wird sich die Branche
verändern?
166

• Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Werbe- und Mediaagenturen?
Arbeiten diese gerne mit Ihnen zusammen oder würden direkte
Anzeigenbuchungen vorgezogen werden? Wo sind potentielle Konflikte
erkennbar?
• Welche Funktionen erwarten Sie von den Werbe- beziehungsweise
Mediaagenturen und umgekehrt? Werden diese Ansprüche erfüllt? Was müsste
sich in Zukunft ändern?
• Wie sieht die Zusammenarbeit mit den werbetreibenden Unternehmen aus?
• Welche Medien vermarkten Sie exklusiv?
• Was sind die Vorteile einer exklusiven Vermarktung? Warum sollte ein Medium
einen Exklusivvertrag mit einem Vermarkter haben, wenn es auch bei mehreren
sein könnte?
• Welche Ansprüche haben Medien an Sie und umgekehrt? Wo ergeben sich hier
Spannungen?
• Sind Sie an Medien beteiligt und umgekehrt?
• Welche Abrechnungsmodelle existieren?
• Welche Einflüsse können Werbevermarkter auf die Programmgestaltung und
Meinungsvielfalt nehmen? Mit welchen Mitteln ist dies möglich?
• Fördern Werbevermarkter Meinungs- und Titelvielfalt oder schränken sie diese
ein?
• Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen existieren im Bereich der
Werbevermarktung?
167