Leben hier und jetzt - Landeskirche
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Thema<br />
Das Evangelium zum Lachen<br />
Aus all dem, was uns von Jesus überliefert ist, können<br />
wir annehmen, dass er kein Kind von Traurigkeit war!<br />
Vielmehr ein sinnlicher, gelassener <strong>und</strong> humorvoller<br />
Mensch: er genoss die Geselligkeit, Essen, Trinken <strong>und</strong><br />
Feiern, er berührte Menschen <strong>und</strong> liess sich berühren<br />
– vermutlich hat er gerne gelacht – in seiner ganzen<br />
Ernsthaftigkeit. Umso mehr ist es ein Jammer, wenn<br />
die Kirche häufig so humorlos <strong>und</strong> lustfeindlich daherkommt.<br />
Rührt das Unbehagen vieler Menschen in<br />
kirchlichen Angelegenheiten etwa von diesem spartanischen<br />
Umgang mit Freude <strong>und</strong> Lachen her? Vielleicht<br />
wäre die Kirchen- <strong>und</strong> Weltgeschichte anders<br />
verlaufen, wenn das Lachen <strong>und</strong> der Frohsinn mehr<br />
Raum gehabt hätten!<br />
Zum Glück gab <strong>und</strong> gibt es immer wieder leidenschaftliche<br />
Gottesmenschen, die sich mit Schalk auf die<br />
Suche nach aufrichtigem Humor <strong>und</strong> heilsamer Fröhlichkeit<br />
gemacht haben.<br />
MAGNET Nr.4/2010 6<br />
❋<br />
Christliche Mystiker etwa vereinten schmerzlichen Realitätsbezug<br />
mit heiterer Gelassenheit: die lebensfrohe<br />
<strong>und</strong> bodenständige, dennoch kontemplative Mystikerin<br />
Teresa von Avila (1515–1582) etwa soll alle Widerstände<br />
mit Humor überw<strong>und</strong>en haben. Als sie während<br />
eines Klosterbesuchs mit sichtlichem Appetit ihr<br />
Leibgericht verspeiste, machte eine Dienstmagd eine<br />
abfällige Bemerkung, worauf sie barsch erwiderte:<br />
«Merke dir: Wenn Rebhuhn, dann Rebhuhn – wenn<br />
Busse, dann Busse.» Auch Martin Luther soll einen ausgeprägten<br />
Sinn für Humor gehabt haben 1<br />
❋<br />
So möchte ich der Fröhlichkeit, dem Lachen <strong>und</strong> der<br />
<strong>Leben</strong>sfreude in unserer religiösen Tradition nachspüren<br />
<strong>und</strong> prüfen, ob «man nicht auch lachend sehr<br />
ernsthaft sein kann?» wie der Dichter G.E. Lessing in<br />
seiner heiteren Komödie die kluge Minna von Barnhelm<br />
ihren Verlobten Major von Tellheim fragen lässt.<br />
Und die sodann behauptet, dass «das Lachen vernünftiger<br />
erhalte als der Verdruss».<br />
Und wenn ich schon bei diesem weitherzigen Dichter<br />
bin: auch er bemängelte am Christentum, dass es<br />
zuwenig Humor ausstrahle. So soll er seine allzuernsten<br />
Theologenkollegen gerne provoziert haben, unter<br />
anderem einmal mit dem folgenden Wortspiel: «Darf<br />
ein Prediger Komödien machen? – Hierauf antworte<br />
ich, warum nicht? Wenn er kann. Die zweite: Darf ein<br />
Komödiant Predigten machen? – Und darauf meine<br />
Antwort: Warum nicht? Wenn er will.» 2<br />
Zum Glück … <strong>und</strong> zur Freude!<br />
Der Berner Dichterpfarrer Kurt Marti fabuliert: Als<br />
«die gesellige Gottheit» die Erde schuf, lachte sie <strong>und</strong><br />
sagte: «So sei es!» 3 Das göttliche Lachen lässt laut Marti<br />
kollektiven oder individuellen Grössenwahn leerlaufen.<br />
Die gesellige Gottheit sei das Gegenteil einer lachenden<br />
Zuschauerin, sondern sie mische sich ein,<br />
weine <strong>und</strong> lache mit uns. So mache erst der Schmerz<br />
Gottes auch das Lachen Gottes glaubhaft. Ein Lachen,<br />
in dem keine Solidarität <strong>und</strong> keine Anteilnahme mitschwinge,<br />
sei allerdings alles andere als fröhlich. «Und<br />
wo ist dies Lachen Gottes, das Lachen Jesu hingekommen?»,<br />
fragt Marti <strong>und</strong> antwortet: «Es lebt dort, wo<br />
Menschen im gemeinsamen Kampf, im gemeinsamen<br />
Leiden miteinander solidarisch geworden sind. Erstorben<br />
ist es in der Kirche überall da, wo eine Zuschauerposition<br />
abseits bezogen worden ist. Hier entsteht<br />
keine Solidarität, darum auch kein Lachen mehr.»<br />
❋<br />
Schmerz <strong>und</strong> Lachen seien Zwillingskinder der Liebe<br />
Gottes. Lachend holten wir gleichsam Luft, um im<br />
Elend besser standhalten zu können. Da dies jedoch<br />
nicht so leicht sei, sollten wir beten: «Gib uns heute<br />
unser tägliches Lachen.» Marti nimmt an, dass Jesus,<br />
der so oft mit verschiedensten Leuten zusammen getafelt<br />
hat, ihnen Wein spendiert hat <strong>und</strong> deswegen als<br />
Schlemmer <strong>und</strong> Zecher, als Kumpan der Zöllner <strong>und</strong><br />
Sünder verschrien wurde, auch gerne <strong>und</strong> herzlich gelacht<br />
habe. Jesus gab denjenigen, die in einer Welt <strong>und</strong><br />
unter Umständen leben mussten, wo es wenig zu lachen<br />
gab, einen Gr<strong>und</strong> zum Lachen. Was seien seine<br />
Heilungen denn anderes<br />
gewesen als W<strong>und</strong>er, die<br />
den Menschen das Lachen<br />
<strong>und</strong> den Frohsinn<br />
zurückgegeben hätten?<br />
Jesus sei wohl auf eine<br />
leidenschaftliche Weise<br />
heiter <strong>und</strong> gelassen gewesen.<br />
Weil er das <strong>Leben</strong><br />
geliebt habe, habe<br />
er für das <strong>Leben</strong> gekämpft<br />
<strong>und</strong> gelitten bis<br />
zum bitteren Ende. Auch<br />
Dorothee Sölle weist in<br />
diese Richtung, wenn<br />
sie sagt: «Ich halte Jesus<br />
von Nazareth für den<br />
glücklichsten Menschen,<br />
der je gelebt hat.»