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114 Heidelberger Forschungsprojekt „Pidgin-Deutsch"
- Bitte hier unterschreiben
- Kassa zahlen
- zur Kasse
- Finito
Verbale Kommunikation während der Interaktion tritt auf, wenn der SB Rückfragen
hat oder wenn Schwierigkeiten auftreten, die der Ausländer durch Erläuterungen
aus dem Weg schaffen möchte. In wenigen Fällen kommt es zu einer parallelen
freien Interaktion:
P = ein Portugiese, seit 9 Jahren in Deutschland, er spricht den regionalen Dialekt
SB: Wollen Sie fünf Jahre? (d. h. ich kann Ihnen die Erlaubnis für fünf Jahre verlängern)
P: Des isch prima
SB: Waren Sie schon auf dem Volksfest?
P: Ja
SB und P sehen zusammen in den Paß
P: Alt worden!
SB: Ja, man wird älter
P: Niemand helfen (niemand kann das Altern aufhalten)
SB: So, jetzt gehen Sie bitte zur Kasse
P: Was für eine Nummer?
Diese parallele Kommunikation ist nur dem Schein nach symmetrisch. P registriert
den wohlwollenden Charakter der Eingangsfrage und bekundet mit seiner Antwort
freudige Dankbarkeit, worauf sich SB zu einer freien Kommunikation herabläßt, allerdings
nur solange wie die parallele Handlung (das Durchseiren des Formulars)
dauert.
In den meisten Interaktionen ist die Kommunikation maximal reduziert:
SB: Passeport
der Italiener gibt den Paß
SB: Doktor?
der Italiener gibt ihm die Bescheinigung
SB deutet auf die Stelle, wo unterschrieben werden soll
SB: Finito
Es gibt allerdings auch Fälle, wo der Ausländer die Rolle des Bittstellers nicht akzeptiert
und sich sogar auf einen verbalen Konflikt einläßt. Der registrierte Fall bezog
sich typischerweise auf zwei arabische Studenten, die finanziell gut situiert waren.
Wegen der Abhängigkeit des ausländischen Arbeiters von dieser Behörde, die
im eingangs zitierten § 2 deutlich zum Ausdruck kommt, ist die Rollenverteilung
„Bittsteller - Herr" sehr stabil. Gute Sprachkenntnisse haben, wenn sie mit subalternem
Verhalten kombiniert sind, nur den Effekt, wohlwollende Herablassung zu
erzeugen. Auf der Ausländerbehörde ist die Identität des ausländischen Arbeiters
nie unklar, eine Manipulation des Images ist deshalb auch nicht möglich. Wegen der
Kürze der Interaktion ist natürlich auch jede Beeinflussung der Einstellung des
Sachbearbeiters unmöglich. Im günstigen Fall verhält sich der SB neutral. Im ungünstigen
Fall läßt er jeden spüren, daß er der Herr ist.
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