Testbesprechung - Testzentrale
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Sonderdruck aus: Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 37 (2), 110–112<br />
110 <strong>Testbesprechung</strong><br />
© Hogrefe Verlag Göttingen 2005<br />
Krajewski, K., Liehm, S. & Schneider, W. (2004).<br />
DEMAT 2+. Deutscher Mathematiktest für zweite Klassen.<br />
Göttingen: Beltz (Preis: 49,80).<br />
Roick, T., Gölitz, D. & Hasselhorn, M. (2004). DEMAT<br />
3+. Deutscher Mathematiktest für dritte Klassen. Göttingen:<br />
Beltz (Preis: 59.80).<br />
Mit der Veröffentlichung des Deutschen Mathematiktests<br />
für erste Klassen (DEMAT 1+, Krajewski, Küspert &<br />
Schneider, 2002) wurde eine Testreihe begonnen mit dem<br />
Ziel, die mathematischen Fähigkeiten deutscher Schulkinder<br />
über die Grundschulzeit hinweg lehrplanvalide zu<br />
erfassen. Die nun veröffentlichten Deutschen Mathematiktests<br />
für zweite und für dritte Klassen (DEMAT 2+,<br />
DEMAT 3+) setzen diese Reihe fort. Beide Verfahren sollen<br />
die Erstellung von Förderdiagnosen, insbesondere die<br />
Diagnostik einer individuellen Rechenschwäche, ebenso<br />
ermöglichen wie die Erfassung von Leistungsstärken in<br />
Grundschulklassen. Darüber hinaus strebt der DEMAT<br />
3+ die Erfassung von Leistungsmerkmalen ganzer Schulklassen<br />
an.<br />
Theoretischer Hintergrund<br />
Sowohl der DEMAT 2+ als auch der DEMAT 3+ wollen<br />
die Mathematikleistungen von SchülerInnen der zweiten<br />
bzw. dritten Schulstufe curricular valide erfassen. Den<br />
Testverfahren liegen daher keine psychologischen Theorien<br />
zur Entwicklung mathematischer Fähigkeiten zu Grunde,<br />
sie entstanden vielmehr aus einer Inhaltsanalyse der<br />
Mathematiklehrpläne aller 16 deutschen Bundesländer.<br />
Die Schnittmenge von curricularen Anforderungen im<br />
Fach Mathematik soll garantieren, dass die Testverfahren<br />
„alltagspraktische Relevanz für Schulen in der gesamten<br />
Bundesrepublik“ aufweisen (Krajewski et al., 2004,<br />
S. 9).<br />
Während Roick et al. (2004) für den DEMAT 3+ als<br />
theoretischen Hintergrund die „expliziten oder impliziten<br />
fachdidaktischen Vorstellungen zum Rechenerwerb, die<br />
der Lehrplanerstellung zu Grunde lagen“ (S.12) angeben,<br />
verweisen Krajewski et al. (2004) im DEMAT 2+ auf die<br />
wechselseitige Beeinflussung von Intelligenz, mathematischem<br />
Vorwissen und anspruchsvollem, verständnisfördernden<br />
Mathematikunterricht. „Mit fortschreitender<br />
Schulzeit nimmt so der direkte Einfluss der allgemeinen<br />
intellektuellen Fähigkeit immer mehr zu Gunsten des Vorwissens<br />
(früherer mathematischer Leistungen) ab. Gute<br />
Leistungen in Mathematik kommen demnach in höheren<br />
Klassenstufen immer weniger durch die Intelligenz als viel<br />
mehr durch das in früheren Klassen aufgebaute Vorwissensfundament<br />
zu Stande“ (S. 11).<br />
<strong>Testbesprechung</strong><br />
Testaufbau, Material und Durchführung<br />
Der DEMAT 2+ beinhaltet 36 Aufgaben, die den folgenden<br />
10 Subtests zugeordnet sind:<br />
Zahleneigenschaften besteht aus 2 Items und überprüft<br />
die Kenntnis gerader und ungerader Zahlen. Im Subtest<br />
Längenvergleich (4 Items) sollen jeweils 2 Längenangaben<br />
daraufhin untersucht werden, ob sie größer, kleiner<br />
oder gleich sind. Addition und Subtraktion (jeweils 4<br />
Items) werden gemischt vorgegeben, um die Flexibilität<br />
im Umgang mit den Rechenoperationen im Zahlenraum bis<br />
100 zu erfassen. 3 Items überprüfen das Verdoppeln,<br />
3 weitere Items das Halbieren zweistelliger Zahlen. Der<br />
Subtest Division besteht aus 4 Testaufgaben, die das<br />
Dividieren durch 2, 4 und 8 erfordern. Im Subtest Rechnen<br />
mit Geld wird anhand von 4 Aufgaben die Fähigkeit<br />
erfasst, Euro in Cent umzuwandeln und auf 100 zu ergänzen.<br />
Sachaufgaben besteht aus zwei Vergleichs-, einer<br />
Kombinations- und einer Austauschaufgabe, für die neben<br />
der richtigen Lösung auch der Lösungsweg beschrieben<br />
werden soll. Geometrie enthält 4 Aufgaben zur räumlichen<br />
Vorstellung über geometrische Figuren.<br />
Der DEMAT 3+ setzt sich aus den 3 Subtests Arithmetik,<br />
Sachrechnen und Größen und Geometrie zusammen,<br />
die sich in verschiedenen Aufgabentypen realisieren:<br />
Zahlenstrahlen (3 Items), Additionen (4 Items), Subtraktionen<br />
(4 Items) und Multiplikationen (4 Items) ergeben<br />
den Subtest Arithmetik und überprüfen das Zahlenverständnis<br />
und den flexiblen Umgang mit Rechenoperationen<br />
im Zahlenraum bis 1000. Textverständnis und klassisches<br />
Problemlösen werden im Subtest Sachrechnen und<br />
Größen durch die Aufgabentypen Sachrechnungen<br />
(4 Items) und Längen umrechnen (4 Items) erfasst. Der<br />
Umgang mit geometrischen Formen und Körpern wird im<br />
Subtest Geometrie über die Aufgabentypen Spiegelzeichnungen<br />
(3 Items), Formen legen (3 Items) und Längen<br />
schätzen (2 Items) operationalisiert.<br />
Sowohl für den DEMAT 2+ als auch für den DEMAT<br />
3+ liegen Testhefte mit den Items vor, in die die Lösungen<br />
direkt eingetragen werden. Die TestleiterIn benötigt eine<br />
Stoppuhr und für jedes Kind zwei Bleistifte sowie ein leeres<br />
Blatt zum Abdecken bereits bearbeiteter Seiten. Die<br />
Testmappen enthalten außerdem noch Auswertungsschablonen.<br />
Während für den DEMAT 2+ nur 2 Pseudoparallelformen<br />
vorliegen, besteht der DEMAT 3+ aus zwei<br />
echten parallelen Versionen. Für die Durchführung ist bei<br />
einer Gruppenvorgabe eine Schulstunde zu 45 Minuten<br />
vorgesehen. Jeder Subtest hat eine Zeitbegrenzung. Die<br />
reine Bearbeitungszeit beträgt beim DEMAT 2+ 23:30 Minuten,<br />
beim DEMAT 3+ 28 Minuten, sodass die Durchführung<br />
im Einzeltest auch weniger als 45 Minuten beanspruchen<br />
kann.
Die Auswertung erfolgt mittels Schablonen. Die Items<br />
werden dichotom bewertet mit Ausnahme des Subtests<br />
Sachaufgaben aus dem DEMAT 2+, bei dem für den korrekten<br />
Rechenweg ein halber Punkt vergeben wird.<br />
Die Normentabellen des DEMAT 2+ liefern nach Klassenstufen<br />
und Geschlecht getrennt Prozentränge für jeden<br />
Subtest sowie Prozentränge, Prozentrangbänder,<br />
T-Werte und T-Wertbänder für den Gesamtwert. Das<br />
Handbuch des DEMAT 3+ enthält zusätzlich T-Werte und<br />
T-Wertbänder auch für die Subtests. Darüber hinaus werden<br />
für die Aufgabentypen, die Subtests und den Gesamtwert<br />
Klassennormen (in Prozenträngen) ausgewiesen.<br />
Testanalyse und Normierung<br />
Die wörtlich festgelegten Testinstruktionen, die Auswertung<br />
mittels Schablonen und die Hinweise in den Handbüchern<br />
zur Interpretation der Normwerte gewährleisten<br />
sowohl im DEMAT 2+ als auch im DEMAT 3+ eine ausreichende<br />
Durchführungs-, Auswertungs- und Interpretationsobjektivität.<br />
Die Items des DEMAT 2+ weisen mit Ausnahme des<br />
Subtests Geometrie zufrieden stellende Trennschärfekoeffizienten<br />
von über .30 auf. Im DEMAT 3+ liegen die<br />
Trennschärfen der Subtests Arithmetik und Sachrechnen<br />
ebenfalls großteils über .30, niedrigere Trennschärfen erreichen<br />
in diesen Subtests nur sehr schwierige oder sehr<br />
leichte Items. Unzureichende Trennschärfen sind dagegen<br />
auch hier für die Items des Subtests Geometrie ausgewiesen.<br />
Beide Testverfahren verfügen über gute Reliabilitäten<br />
für den Gesamtscore (DEMAT 2+: .91–.95; DEMAT 3+:<br />
.81–.86). Geringer fallen die Reliabilitäten der Subtests aus.<br />
Die Schätzungen der inneren Konsistenz reichen im<br />
DEMAT 2+ von .51 (Sachaufgaben) bis .87 (Verdoppeln).<br />
Im DEMAT 3+ fällt vor allem der Subtest Geometrie durch<br />
sehr niedrige Reliabilitätskoeffizienten (.48–.57) auf. Die<br />
innere Konsistenz des Subtests Sachrechnen beträgt je<br />
nach Teilstichprobe .57–.67, die des Subtests Arithmetik<br />
.76–.79.<br />
Neben der Überprüfung der klassischen Testkennwerte<br />
legen Roick et al. (2004) dem DEMAT 3+ auch das dichotom-logistische<br />
Testmodell nach Rasch zu Grunde.<br />
Dieses gilt für den Gesamtwert und alle Subtests mit Ausnahme<br />
des Subtests Sachrechnen, für den eine Zweiklassenlösung<br />
angemessener wäre. Da die graphische Modellprüfung<br />
aber keine allzu großen Abweichungen der<br />
Itemparameter ergibt, halten die Testautoren auch für diesen<br />
Subtest „aus Gründen der Einfachheit und der Praktikabilität<br />
des Tests an der Eindimensionalität der drei Subskalen<br />
im Sinne des dichotom-logistischen Testmodells<br />
nach Rasch“ (Roick et al., 2004, S. 33) fest.<br />
Beide Verfahren beanspruchen Lehrplanvalidität. Sie<br />
weisen einen mittleren Zusammenhang mit der Note im<br />
Fach Mathematik auf (DEMAT 2+: .66; DEMAT 3+: .61).<br />
<strong>Testbesprechung</strong><br />
111<br />
Die kriteriumsorientierte Validität wurde darüber hinaus<br />
anhand eines informellen Mathematiktests (Rechenhefte,<br />
Grube et al., 2002) ermittelt: Sie beträgt für den DEMAT 2+<br />
.66, für den DEMAT 3+ .42. Der DEMAT 3+ korreliert mit<br />
einer in Baden-Württemberg landesweit durchgeführten<br />
Vergleichsarbeit in Mathematik zu .71. Zur Schätzung<br />
der prognostischen Validität geben die AutorInnen des<br />
DEMAT 2+ Korrelationen mit der Mathematiknote Ende<br />
der dritten Klasse (.65) und Ende der vierten Klasse (.64),<br />
sowie mit dem DEMAT 3+ (.65) und dem in Vorbereitung<br />
befindlichen DEMAT 4+ (.63) an.<br />
Ähnlich zufrieden stellend sind die Angaben zur prognostischen<br />
Validität des DEMAT 3+: Die Korrelation zur<br />
Schulnote im Fach Mathematik Ende der vierten Klasse<br />
beträgt .68, mit der Empfehlung für die weitere Beschulung<br />
.60 und mit dem DEMAT 4+ .68. Das Handbuch des<br />
DEMAT 3+ beschreibt eine Faktorenanalyse zur Ermittlung<br />
der strukturellen Validität des Verfahrens mit einer<br />
9-Faktorenlösung, die erstaunlich gut die Aufgabentypen<br />
reproduziert.<br />
Die Eichstichprobe des DEMAT 2+ umfasst insgesamt<br />
4014 Kinder aus allen deutschen Bundesländern, darunter<br />
2298 ZweitklässlerInnen und 1716 DrittklässlerInnen.<br />
Während die Verteilung der Kinder auf die einzelnen Bundesländer<br />
im Handbuch ausführlich dargestellt ist, fehlen<br />
Hinweise auf die Geschlechterverteilung. Die Normierungsstichprobe<br />
des DEMAT 3+ enthält Daten von 4209<br />
Kindern, 48,3% davon sind Mädchen. Wiederum ist die<br />
Verteilung der SchülerInnen nach Bundesland und Klassenstufe<br />
aufgeschlüsselt (2012 DrittklässlerInnen, 2197<br />
ViertklässlerInnen). Den Klassennormen liegen Testergebnisse<br />
von 242 Klassen aus dem gesamten Bundesgebiet<br />
zu Grunde.<br />
Plus/Minus<br />
Mit dem DEMAT 2+ und dem DEMAT 3+ liegen zwei profund<br />
konstruierte Ergänzungen zum DEMAT 1+ vor, die<br />
eine ökonomische, objektive, reliable und curricular valide<br />
Diagnose der Mathematikleistungen deutscher SchülerInnen<br />
von der ersten bis zur dritten Schulstufe ermöglichen.<br />
Obwohl die Testverfahren für die einzelnen Schulstufen<br />
von unterschiedlich zusammengesetzten AutorInnenteams<br />
entwickelt wurden, ist es gelungen, eine hohe Kontinuität<br />
beim Testaufbau zu erzielen. Beide Verfahren beeindrucken<br />
vor allem durch die empirischen Belege ihrer<br />
Validität, die zeigen, dass mathematische und nicht generell<br />
intellektuelle Leistungsfähigkeit mit den Testverfahren<br />
überprüft wird. Berücksichtigt man die große Bedeutung<br />
des mathematischen Vorwissens für die Bewältigung<br />
späterer Anforderungen im Fach Mathematik, so kommt<br />
einer möglichst frühen Identifikation von SchülerInnen mit<br />
Rechenschwäche, aber auch Schulklassen mit unzureichendem<br />
Mathematikunterricht eine hohe praktische Bedeutung<br />
zu.<br />
Neben diesen Vorzügen fallen nur einige wenige Punkte<br />
kritisch auf. So ist etwa nicht verständlich, warum der
112 <strong>Testbesprechung</strong><br />
DEMAT 3+ das Testmodell wechselt und ergänzend zur<br />
klassischen Testtheorie auch das dichotom-logistische<br />
Testmodell nach Rasch verwendet. Im Sinne der angestrebten<br />
Kontinuität sollte dieses für alle DEMAT-Versionen<br />
gelten. Vorstellbar wäre etwa ein raschhomogener<br />
curricular-valider Itempool für die gesamte Grundschulzeit.<br />
Die Aufgaben zur Geometrie, die in beiden Testverfahren<br />
wenig zufrieden stellende klassische Testkennwerte<br />
aufweisen, bedürfen einer genaueren Analyse. Möglicherweise<br />
handelt es sich dabei um Inhaltsbereiche, die<br />
im Unterricht in unterschiedlicher Ausführlichkeit behandelt<br />
werden.<br />
Literatur<br />
Grube, D., Barth, U. & Hasselhorn, M. (2002). Rechenhefte –<br />
Tests zur Erfassung von Routinerechnen und basalem arithmetischen<br />
Faktenwissen. Unveröffentlichtes Testverfahren,<br />
Georg-August-Universität Göttingen.<br />
Krajewski, K., Küspert, P. & Schneider, W. (2002). Deutscher<br />
Mathematiktest für erste Klassen (DEMAT 1+). Göttingen:<br />
Beltz.<br />
Pia Deimann und Ursula Kastner-Koller<br />
DOI: 10.1026/0049-8637.37.2.110