Fängt der frühe Vogel den Wurm? - Freie Waldorfschulen in Hessen ...

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Nr. 12 / März 2007 / 4 Ein halber Schritt / von Norbert Handwerk Seit Beginn des Jahres gibt es in Hessen für die freien Schulträger einige Verbesserungen in der Finanzierung. Der Hessische Landtag beschloss am 13. Dezember 2006 eine Novellierung des Ersatzschulfi nanzierungsgesetzes. Damit kommt das Land nun endlich einem Bundesverfassungsgerichtsentscheid von 1994 nach und zahlt eine Investitionspauschale von 110 € pro Schüler und Jahr. Der von den Kreisen und Kommunen zu entrichtende „Gastschulbeitrag“ wird von 50 auf 75 Prozent des normalen Satzes erhöht. Damit erhöhen sich die Zuschüsse für freie Träger um insgesamt etwa 10 Millionen Euro. Dies kann zumindest als Teilerfolg der Kampagne gewertet werden, mit der die hessischen Waldorfschulen im letzten Jahr für eine verbesserte Finanzierung gekämpft hatten. Das einheitliche optische Auftreten durch die Verbreitung von Aktionspostkar- Polen Europa wird größer. Das war auch bemerkbar bei der letzten Versammlung des „European Council for Steiner Waldorf Education (ECS- WE)“, der internationalen Vereinigung aller europäischen Waldorfschulen (ca. 630), vom 19. bis 21. Januar in Krakau (Polen). Außer den Mitgliedern aus zweiundzwanzig europäischen Staaten nahmen erstmals auch Vertreter der baltischen Waldorfschulen als Gäste teil. Im Vordergrund der Beratungen stand die Frage, wie die Interessenvertretung bei der Europäischen Union in Brüssel verbessert werden kann (ein ausführlicher Bericht ist zu fi nden auf der LAG-Webseite unter Informationen). ten, Plakaten und Flugblättern beförderte die Information der Öffentlichkeit. An einzelnen Orten bildeten sich lokale Bündnisse aller freien Schulträger (in Darmstadt, Kassel, Marburg und Wetterau). Neben Aktionen in Darmstadt und Marburg bildete die Demonstration von 1800 Waldorfschülern am 11. Oktober 2006 in der Landeshauptstadt Wiesbaden einen eindrucksvollen Höhepunkt. Die gute Resonanz in den Medien und die häufi gen Zugriffe auf die Sonderseite der LAG-Homepage spiegeln das allgemeine Interesse an der Problematik. Eine grundlegende Reform der Finanzhilfe, die auch von der Landesregierung für erforderlich gehalten wird, wurde allerdings erneut vertagt. Über die Einwände, die in einer Anhörung des Landtags von den freien Schulträgern gemacht wurden, setzte man sich hinweg. Die falsche Berechnung der Schülerkosten sowie die falsche Verteilung der Zuschüsse auf verschiedene Schulformen wurden zwar zugegeben, durch die Gesetzesnovelle jedoch aufs Neue bestätigt. Statt der Kürzungen, die vor allem im Grundschul- und Gymnasialbereich bei einer Neuverteilung erwartet wurden, gibt es nun für alle sogar ein klein wenig mehr. Die unbezweifelte Benachteiligung der Förderschüler wird dadurch allerdings fortgeschrieben. Auch die Belastung der Eltern bleibt unzumutbar hoch. Selbst kostenneutrale Änderungen, wie die Beschränkung der Geltungsdauer auf ein Jahr, eine klarere Terminologie und eine verbesserte Transparenz der Berechnung der Schülerkosten, erfolgten nicht. Die hessischen Waldorfschulen wollen nun erreichen, dass möglichst bald eine Arbeitskommission zustande kommt, in der Ministeriums- und Verbandsvertreter eine grundlegende Reform der Finanzhilfe vorbereiten können, die von allen schon lange gefordert wird. Leipzig. Das Institut für Bildungsrecht und Bildungsforschung (IfBB) sowie die Software AG–Stiftung veranstalteten am 2. Februar in Leipzig ein Symposium zur Blick nach Europa Finanzierung von Schulen in freier Träger- schaft. In mehreren Vorträgen und Expertengesprächen erörterten Richter, Rechtswissenschaftler und Bildungsökonomen die unterschiedlichen Aspekte des Themas. Blick nach Europa / Detlef Hardorp Das European Council (ECSWE) ist Gründungsmitglied der „European Civil Society Platform for LifeLong Learning (EUCIS- LLL)“, die als Plattform leichter als einzelne Nicht-Regierungs-Organisationen bei der EU Gehör fi ndet. Die Mitgliedsorganisationen repräsentieren insgesamt etwa 54.500 Bildungseinrichtungen in 40 europäischen Ländern, in denen über zwei Millionen Menschen mitwirken und dabei etwa 62 Millionen Bürger erreichen. Europa-Qualifi kation Obwohl mangels Zuständigkeit der EU eine europäische Rahmengesetzgebung im Bildungsbereich kaum möglich ist, wirkt sich die Garantie von Freizügigkeit und Gleichbehandlung innerhalb der Europäischen Union auch auf die gegenseitige Anerkennung von Schul- Wiesbaden, 11.Okt.2006: Hessische Waldorfschüler demonstrieren für eine richtige Zuschussberechnung Bildunterschrift Dabei wurde deutlich, dass die grundgesetzliche Garantie zur Errichtung freier Schulen im deutschen Recht große Auslegungsspielräume zulässt. Eine staatliche Pfl icht zur Unterstüt- zung der freien Schulen ist daher nur schwer aus dem Grundgesetz und höchstrichterlichen Entscheidungen abzuleiten. Länderspezifi sche Gutachten zu den tatsächlichen Kosten eines Schülers an staatlichen Schulen, die inzwischen für die meisten Bundeslän- und Berufsabschlüssen aus (vgl. die Einführung von Bachelor- und Master-Studiengängen und den „Europäischen Qualifi kationsrahmen EQF“). Die Anerkennung des Waldorf-Abschlusses und die Zulassung zu einem Hochschulstudium werden derzeit in Europa extrem unterschiedlich gehandhabt. So kann etwa der Absolvent einer schwedischen Waldorfschule nach der 12. Klasse ohne weitere Prüfung in Schweden (und damit auch in den anderen EU-Ländern wie z.B. Deutschland) studieren, während ein deutscher Waldorfschüler ein staatliches Zentralabitur bestanden haben muss. Das European Council will versuchen, in Brüssel bei der Gestaltung einer Qualifi - kation mitzuwirken, die dem Bildungsgang der Waldorfschule angemessenen ist und ein Hochschul-Studium ermöglicht. www.ecswe.org der vorliegen, schaffen transparente und faire Berechnungsgrundlagen für die Finanzhilfe. Auch die verfassungsrechtliche Einschätzung durch Prof. Hufen (Universität Mainz) könnte zu der Formel führen: „Mindestförderung der freien Schulen ist gleich Schülerkosten an staatlichen Schulen minus zulässigem Eigenbetrag der Eltern“. Die Träger der freien Schulen befürworteten diese transparente Formel nachdrücklich. nhw Schützt die Kindheit! Als Netzwerk mit einer erfolgreichen Zusammenarbeit unterschiedlichster Verbände hat sich die „Alliance for Childhood“ erwiesen. Karin Retsetarits, ein österreichisches Mitglied des Europaparlaments, initiierte zusammen mit Christopher Clouder (ECSWE) eine Arbeitsgruppe „Quality of Childhood” im Europaparlament. www.allianceforchildhood.net Österreich In Österreich werden konfessionelle Schulen staatlich unterstützt, andere freie Träger jedoch kaum. Die österreichischen Waldorfschulen haben gegen diese Ungleichbehandlung bei der Europäischen Kommission Beschwerde eingereicht. Sie werden dabei vom European Council und von EFFE-Österreich (European Forum for Freedom in Education) unterstützt. www.effe.at
Hinaus in die Welt! Nr. 12 / März 2007 / 5 Früher gingen die Handwerksgesellen auf Wanderschaft. Nach dreizehn Jahren auf der Schulbank in die weite Welt zu ziehen, um neue Erfahrungen zu sammeln, ist aber auch heute für einen Abiturienten nur natürlich. Umso besser, wenn man dadurch auch noch anderen Menschen helfen kann. Der Zivildienst im Ausland ist dafür eine gute Gelegenheit. Die „Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners“ (www.freunde-waldorf.de ) vermitteln seit über 30 Jahren Patenschaften und Stellen für Zivildienst, ein Freiwilliges Soziales Jahr oder ein Praktikum im Ausland. Mit über 400 Einrichtungen in 70 Ländern weltweit sind sie inzwischen der größte Anbieter. Pro Jahr werden mehr als drei Millionen Euro Spenden zu 100 Prozent an über 200 soziale Projekte weitergeleitet. Matthias König, ehemaliger Darmstädter Waldorfschüler, berichtet über seine Erfahrungen aus Uruguay: Im Land des Candombe / von Matthias König Meinen Zivildienst wollte ich nicht in der gewöhnlichen Weise verbringen. Es zog mich nach Südamerika, in ein Land, wo ich den Menschen helfen und zudem noch Spanisch lernen könnte. Die „Freunde der Erziehungskunst“ vermittelten mich nach Uruguay, dem Land mit den südlichsten Palmenhainen, dem Land des Candombe und des Mate. Meine Einsatzstelle war die einzige Waldorfschule des Landes, das „Colegio Novalis“ in der Hauptstadt Montevideo. Sie wurde 1968 zunächst mit einem Kindergarten und ab 1970 mit der Grundschule durch das deutsche Ehepaar Grams gegründet. In den folgenden Jahren entwickelte sich das Colegio bis zur 6. Klasse (mit dieser Klasse endet in Uruguay die Grundschule). Ich wurde sehr freundlich in der Schulgemeinschaft aufgenommen: Alle Lehrer und Kinder waren sehr geduldig ob meiner zunächst noch sehr dürftigen Sprachkenntnisse . Ich sollte die Kinder in den Pausen begleiten, die Lehrer in einzelnen Stunden vertreten oder die Kindergärtnerinnen unterstützen. Außerdem waren mir einige Reinigungs- und Renovierungsarbeiten zugedacht. Da auch die Geländepfl ege unter meiner Obhut stand, baute ich eine Kompostanlage und legte Die wichtigste Frage für junge Menschen ist heute nicht mehr „Wer bin ich?“, sondern „Warum bin ich?“. Die Suche nach der persönlichen Lebensaufgabe wird zur Hauptaufgabe im Leben von Jugendlichen. Die innere Suche nach einer eigenen Identität geht meistens einher mit dem Wunsch, in der äußeren Welt aktiv zu werden. Wenn ich die Welt mit meinen eigenen Händen verändere, kann ich meinen Platz in ihr, meine Identität fi nden. Tag für Tag verschwinden bis zu 70 Tierarten durch menschliche Eingriffe. Macht es denn etwas aus, ob irgendwo eine Spinnenart mehr oder weniger umherkrabbelt? Das ökologische Gleichgewicht der Erde hat sich doch über Jahrtausende immer wieder neu eingependelt? Aber jeder Verlust bedeutet ein Ungleichgewicht. Es gibt keine „überfl üssigen“ Arten. Die Ausrottung oder Einschleppung einzelner Arten zieht oft unabsehbare Folgen nach sich. „Nur das, was wir kennen, werden wir auch achten und schützen“. Das Magazin GEO veranstaltet daher seit 1999 jährlich im Juni den „Tag der Artenvielfalt“. Experten und interes- mit einigen Schülern einen kleinen Schulgarten an. Dort zogen wir Blumen, Gurken, Süßkartoffeln, Tomaten, Möhren, Kürbisse und Melonen. Der Schulköchin half ich beim Bereiten des Mittagessens und der Pausenverpfl egung. Gleich zu Anfang konnte ich hier auch meine eigene Initiative einbringen. So startete ich ein Projekt: Ich backte Brot und kochte Marmelade, um diese an die Elternschaft zu verkaufen. Bis zum Ende meines Aufenthaltes ergab sich ein Gewinn von rund 1000 €. Damit wurde der Saal der Schule isoliert, und es konnten weitere Instandhaltungsarbeiten am Gebäude fi nanziert werden. Der neue Schulgarten Nach den Weihnachtsferien, in denen ich den Süden des Kontinents bereiste, durfte ich ab Beginn des neuen Schuljahres den Werkunterricht für die 5. und 6. Klasse gestalten und den praktischen Teil der Ackerbauepoche der 3. Klasse Genau dort setzt der Verein „IDEM – Identity through Initiative e. V.“ mit seiner Arbeit an. Er will junge Menschen in ihrer Entwicklung unterstützen, indem er ihre Initiativen fördert. Dies geschieht auf zwei Ebenen: Die erste bietet Jugendlichen die Möglichkeit, unverbindlich einzusteigen und an etwas teilzunehmen, das von anderen schon organisiert ist: Das sind z. B. Workcamps in Tansania (Ostern), Südafrika und Peru (Sommer). sierte Laien sind zu einer „Inventur“ der heimischen Flora und Fauna eingeladen. Neben übernehmen. Diese Zeit hat sowohl mir wie auch den Kindern sehr viel Spaß gemacht. Auch außerhalb der Schule lernte ich die Kultur des Landes kennen. In der Zeit des Carnaval machte ich Bekanntschaft mit dem Candombe, einem Tanz- und Musikstil, dessen Wurzeln über die Sklaven bis nach Afrika zurückreichen. In einem solchen Umzug (urug. „llamada“) ziehen verschiedene Gruppen („Comparsen“) von Tänzern aller Altersklassen zu den Rhythmen von bis zu 80 Tromm- lern je Comparsa durch die Straßen. Der Candombe „schlägt“ mit seinen Trommelrhythmen noch heute im Blut der Uruguayer. Seine Energie hat sich auch auf mich übertragen, so dass ich in den letzten fünf Monaten selbst Candombe spielen lernte. Das Jahr ging schnell vorüber, und es fi el mir schwer, von den Menschen Abschied zu nehmen. Doch ich bleibe mit ihnen in Kontakt und werde bestimmt wieder zurückkehren. www.colegionovalis.edu.uy GEO- Preis beim Tag für Artenvielfalt 2006 / von Cora Klein Wie viele Tiere leben im Teich? Probierphase beim Kochen und Backen den „Experten-Projekten“ gibt es einen Schülerwettbewerb: Schülerinnen und Schüler aller Altersklassen sind aufgerufen, ein „Stück Natur“ vor der eigenen Haustür zu untersuchen und die Ergebnisse zu dokumentieren. Im letzten Schuljahr beteiligte sich die damalige siebte Klasse der Darmstädter Waldorfschule an dem Wettbewerb und erreichte den zweiten Platz. Die Schüler bestimmten und dokumentierten insgesamt 48 Tier- und Pfl anzenarten. Es entstanden dabei schöne Zeichnungen und Texte zu den Lebewesen. Vor allem die Die andere Ebene besteht im Vorbereiten und Unterstützen eigener Projekte, in der Hilfe bei der Projektplanung, beim Fundraising und durch Netzwerke. Der Gedanke von IDEM lebt überall auf der Welt. Inzwischen gibt es IDEM in der Schweiz, in Deutschland, in Schweden, Brasilien und Neuseeland. www.idem-network.org „Eigenständigkeit“ der Schüler wurde von der Jury lobend hervorgehoben. Ein Vertreter von 48 Arten Das Projekt kann auf der Webseite von „GEO“ (www.geo.de) eingesehen werden (unter Schülerwettbewerb/ Projektschau).
Seite 1 und 2: THEMA Naturwissenschaftliche Bildun
Seite 3: Spiel - Experiment - Kunst Gespräc
Seite 7 und 8: Entschulung und Bewährung / von Jo

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