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Religion begründet. In vielen Religionen und Weltanschauungen<br />
ist Sexualität nur in der Ehe erlaubt. Außerehelicher<br />
Geschlechtsverkehr kann dann eine Beschädigung<br />
der Familienehre bedeuten, die die Männer<br />
über die Ausübung von Gewalt wiederherzustellen versuchen.<br />
Aber: Gewalt ist immer eine Menschenrechtsverletzung<br />
und darf und kann durch nichts legitimiert<br />
werden!<br />
Wie ist die Situation in Europa?<br />
Auch in Europa gibt es Gewalt im Namen der Ehre. Besonders<br />
häufig betroffen sind Mädchen und Frauen aus<br />
Familien mit Migrationshintergrund. Einerseits stehen<br />
sie sehr unter Druck, dem patriarchalen Rollenverständnis<br />
ihrer Familien gerecht zu werden. Andererseits haben<br />
sie den Wunsch, ein gleichberechtigtes Leben zu<br />
führen.<br />
Es gab in Deutschland vom 1. Januar 1996 bis 18. Juli<br />
2005 insgesamt 123 solcher Morde und Mordversuche<br />
mit über 100 Opfern.<br />
Laut dem VN (Vereinigten Nation)- Weltbevölkerungsbericht<br />
von 2000 werden jährlich 5.000 Frauen Opfer<br />
von „Ehrenmord“. Die Dunkelziffer wird höher geschätzt.<br />
In mindestens 12 Ländern werden Morde zum<br />
Schutz der Familienehre per Gesetz strafmildernd behandelt.<br />
Seit 2005 werden in der Türkei Morde zum<br />
Schutz der Familienehre per Gesetz nicht mehr strafmildernd<br />
behandelt.<br />
Das Konzept Ehre<br />
Quelle: Ahmet Toprak, Das schwache Geschlecht – die türkischen<br />
Männer<br />
Ehre beinhaltet drei voneinander untrennbare Werte.<br />
13<br />
Indem diese – şeref,<br />
namus und saygı – definiert und erläutert<br />
werden, kann der Komplexe türkische Ehrbegriff<br />
besser verstanden werden.<br />
Şeref: Ansehen<br />
Der Werte von „ Şeref“<br />
kann sich gute Taten erhöhen<br />
und durch schlechte verringern. Männer und Frauen ha-<br />
ben gleichermaßen „ şeref“<br />
und dieses steht in Verbindung<br />
zu „namus”.<br />
Namus: Ehre<br />
„Dem Wert der Ehre (namus) unterliegt die Vorstellung<br />
einer klaren Grenze, die innen, den Bereich der Familie,<br />
von außen, der – männlichen – Öffentlichkeit des Dorfes<br />
oder der Stadt, scheidet. Die Ehre eines Mannes ist beschmutzt,<br />
wenn diese Grenze überschritten wird, wenn<br />
jemand von außen einen Angehörigen der Familie, womöglich<br />
eine der Frauen, belästigt oder angreift. Als<br />
ehrlos (namussuz) gilt der Mann, der dann nicht bedingungslos<br />
und entscheidend den Angehörigen verteidigt.“<br />
(Schiffauer, Werner: Die Gewalt der Ehre. Erklärungen zu einem<br />
türkisch-deutschen Sexualkonflikt)<br />
Ehre (namus) regelt nicht nur die Beziehung nach innen<br />
und außen, sondern sie bestimmt auch das Verhältnis<br />
zwischen Mann und Frau. Wenn von „namus“ gesprochen<br />
wird, bedeutet sie für Mann und Frau Unterschiedliches.<br />
„Namus“ bedeutet für die Frau, dass sie bis zur<br />
Ehe ihre Jungfräulichkeit bewahrt und während der Ehe<br />
treu bleibt. Die „namus“ eines Mannes hängt in erster<br />
Linie vom Verhalten seiner Frau ab. Ehre im Sinne von<br />
„namus“ impliziert, dass die Männer die Sexualität ihrer<br />
Frauen (Ehefraueen, Töchter und Schwestern) kontrollieren<br />
und ihre Kontrolle sozial anerkannt und gerechtfertigt<br />
ist.