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Inhaltsverzeichnis<br />

Einleitung S. 1<br />

Liebe S. 2<br />

Gedanken über die Liebe S. 2<br />

Liebe oder Verliebtsein S. 3<br />

Liebe und Sexualität S. 5<br />

Verbotene Liebe S. 7<br />

Liebe ist ein Menschenrecht S. 9<br />

Liebe unter Zwang S. 12<br />

Familie S. 18<br />

Rechte und Pflichten in einer Familie S. 19<br />

Familienmodelle S. 21<br />

Identität S. 24<br />

Individual- versus Kollektivgesellschaft S. 28<br />

Kulturelle Identität S. 29<br />

Glossar S. 31<br />

Kontaktadressen S. 33<br />

Literatur S. 35<br />

Impressum S. 37


Einleitung<br />

Mit „Ayla.Liebe.Hoffnung.“ bringt das ATZE Musiktheater<br />

eine Neuinszenierung der Geschichte von Ayla auf<br />

die Bühne, die bereits unter dem Titel „Ayla, Alis Tochter“<br />

bei uns am Theater zu sehen war. Neu verdichtet<br />

und auf die vier jugendlichen Figuren Ayla, Sarah, Murat<br />

und Hasan fokussiert, werden in sechs Szenen die Themen<br />

Liebe, Selbstbestimmung, Zwangsheirat und Doppelmoral<br />

verarbeitet.<br />

Als sich die 16-jährige Ayla in Jasper verliebt, bestellen<br />

ihre Eltern den großen Bruder Murat als Aufpasser. Die<br />

verbotene Liaison mit ihrem deutschen Mitschüler Jasper<br />

fliegt schnell auf und es kommt zum Eklat. Überstürzt<br />

wird die Hochzeit mit Aylas Cousin Hasan arrangiert.<br />

Murat hat sich seinerseits in Aylas Freundin Sarah<br />

verliebt. Auch Cousin Hasan lässt nichts anbrennen und<br />

versucht sein Glück bei Ayla in diesem Arrangement.<br />

Sein Annäherungsversuch erweist sich jedoch als<br />

zwecklos. Ayla lässt sich nicht bezirzen und wendet<br />

sich hilfesuchend an ihren Bruder. Doch Murat bleibt<br />

erst einmal „in der Spur“, auch wenn er oder gerade weil<br />

er sein eigenes Abenteuer hat. Am Ende bleibt die Geschichte<br />

offen.<br />

Wie alle Jugendlichen muss Ayla ihren Platz in der Gesellschaft<br />

und ihren Lebensweg finden. Stress mit den<br />

Eltern ist in dieser Lebensphase vorprogrammiert. Doch<br />

die Jugendlichen im Theaterstück müssen sich mehr<br />

noch mit einer Lebensform auseinandersetzen, die sich<br />

auf eine feste Tradition beruft, strikte Verhaltensregeln<br />

aufstellt und in der die Erhaltung der „Ehre“ eine<br />

wesentliche Rolle spielt. Ein Ausbruch hat oft tragische<br />

Folgen.<br />

1<br />

Die neue Inszenierung entwirft ein humorvolles bis<br />

ernsthaftes Bild der türkisch-muslimischen Familie. Sie<br />

spielt viel mit Überzeichnungen und Klischees, bringt<br />

damit aber einige Konflikte umso mehr auf den Punkt.<br />

Das Drama der Geschichte tritt an vielen Stellen ein wenig<br />

in den Hintergrund, dafür rücken die Figuren mit ihren<br />

Wünschen, Widersprüchen und Problemen in den<br />

Mittelpunkt. Im Kern stellt sich die Frage, ob der<br />

Mensch durch seine kulturelle und familiäre Sozialisierung<br />

bestimmt wird oder die Möglichkeit einer freien,<br />

individuellen Entscheidung bleibt.<br />

Mit dieser Begleitmappe möchten wir eine weitergehende<br />

Auseinandersetzung mit den Inhalten und Fragen<br />

des Stückes initiieren und unterstützen.<br />

Ziel ist es, miteinander ins Gespräch zu kommen, um<br />

Möglichkeiten und Chancen für ein Besseres Miteinander<br />

auszuloten.<br />

Informationen, Text und Arbeitsmaterial haben wir für<br />

Sie zu folgenden Themenbereichen und Fragen zusammengestellt:<br />

• Liebe – Verbotene Liebe. Kennt Liebe Grenzen?<br />

• Zwangsheirat und Ehrenmord – was ist mit den<br />

Menschenrechten?<br />

• Meine Familie – meine Rolle in der Familie<br />

• Binationales, interkulturelles Zusammenleben<br />

• Identität<br />

Wir wünschen Ihnen und Ihren SchülerInnen eine anregende<br />

Auseinandersetzung.


Liebe<br />

Liebe greift auch in die Ferne, Liebe fesselt ja kein Ort.<br />

(Friedrich Schiller)<br />

Liebe ist das Gefühl, um das es sich in unserem Leben<br />

immer wieder dreht und es ist auch eines der Themen<br />

des ATZE Theaterstückes "Ayla.Liebe.Hoffnung.". Die<br />

wohl meisten Jugendlichen würden sagen, schon einmal<br />

verliebt gewesen zu sein. Viele der Unterhaltungen, z.<br />

B. auf dem Schulhof, drehen sich um die Liebe, das Verliebtsein,<br />

das Scheitern einer Liebesbeziehung etc.<br />

Zahlreiche Gedichte, Lieder und ganze Romane sind ihr<br />

zu Ehren geschrieben worden. Es ist ein universelles<br />

Gefühl, jeder kennt es und jeder erfährt es im Laufe seines<br />

Lebens hoffentlich mehrmals. Was aber macht die<br />

Liebe aus? Wo kann man sie erfahren? Welche Gestalt<br />

nimmt sie an? Hält sich die Liebe an Verbote, an Grenzen,<br />

kennt sie Tabus?<br />

Ursprung der Liebesauffassung<br />

Die abendländische Auffassung von Liebe wird von der<br />

Dreiteilung Platons geprägt, die in der antiken Philosophie<br />

später ausgebaut wurde. Sie basiert auf den folgenden<br />

Konzepten:<br />

Éros – Bezeichnet die sinnlich-erotische Liebe,<br />

das Begehren des geliebten Objekts, der<br />

Wunsch nach Geliebt-Werden, die Leidenschaft<br />

Philía – Bezeichnet die Freundesliebe, Liebe auf<br />

Gegenseitigkeit, die gegenseitige Anerkennung<br />

und das gegenseitige Verstehen<br />

2<br />

Agápe – Bezeichnet die selbstlose und fördernde<br />

Liebe, auch die Nächsten- und „Feindesliebe“,<br />

die das Wohl des Anderen im Blick hat<br />

Gedanken über die Liebe<br />

Eine sehr praktische Definition für die Liebe hat Sullivan,<br />

ein amerikanischer Psychiater, vorgeschlagen. Sie<br />

ist sehr allgemein und lässt daher viel Raum für individuelle<br />

Ausgestaltung:<br />

"Wenn die Zufriedenheit oder die Sicherheit eines anderen<br />

für mich ebenso bedeutsam wird wie meine eigene<br />

Zufriedenheit oder Sicherheit, dann ist dies der<br />

Zustand der Liebe."<br />

Jeder Mensch hat eine Vorstellung davon, was Liebe bedeuten<br />

soll oder ist. Diese Vorstellung hat etwas mit<br />

unserer Einschätzung zu tun.<br />

„Wenn ich denke, daß ich nicht geliebt werde, weil ich<br />

die und die Definition im Kopf habe, ohne daß ich sie<br />

mir klarmache, dann hat dies Auswirkungen auf mein<br />

Verhalten. Ich werde mit der Zeit auch aufhören zu lieben.<br />

Vielleicht werde ich hassen, weil ich mich nicht<br />

geliebt fühle, vielleicht werde ich einen Machtkampf<br />

beginnen, der die Liebesreste der Beziehung völlig zerstört,<br />

und am Ende stehen zwei einander feindlich gesinnte<br />

Menschen gegenüber, die voneinander maßlos<br />

enttäuscht sind und nur noch einen Wunsch haben,<br />

den anderen zu verletzen, ihm weh zu tun, ihn zu vernichten.“<br />

(Rudolf Sponsel: Über Liebe - Materialien zu Partnerschaftsproblemen)<br />

Arten der Liebe<br />

Selbstliebe<br />

Partnerliebe<br />

Familiäre Liebe<br />

Nächstenliebe<br />

Objektliebe<br />

Ideenliebe<br />

Gottesliebe<br />

Objektlose Liebe<br />

usw.


▲ „Wenn er mich liebt, dann...“<br />

Je nachdem, ob man liebt oder nicht - sich geliebt fühlt<br />

oder nicht - hat es Konsequenzen für die eigenen Vorstellungen<br />

oder Handlungen:<br />

● Vervollständige den Satz mit deinen Erwartungen<br />

bzw. Wünschen oder Gemütszuständen:<br />

Wenn er/sie mich liebt, dann …<br />

Wenn ich ihn/sie liebe, dann …<br />

● Fülle die Lücke im Satz mit einem Gedanken und<br />

kreiere eine Annahme über die Liebe:<br />

Wenn er/sie ... macht/sagt/sich verhält,<br />

dann liebt er/sie mich oder nicht.<br />

Wenn ich ... mache/sage/mich verhalte,<br />

dann liebe ich ihn/sie oder nicht.<br />

Ein Mensch, der nicht davon überzeugt ist, dass er Werte<br />

und wertvolle Eigenschaften hat, hat wenig Chancen<br />

in der Liebe. Selbstvertrauen und Selbstbejahung zu<br />

gewinnen ist von entscheidender Bedeutung für die<br />

Liebeserfüllung.Wichtig für die Praxis ist, dass ich einen<br />

Menschen dauerhaft nur dann lieben kann, wenn:<br />

1. ich diesen Menschen begehre, in ihm Werte<br />

sehe, die für mich von Bedeutung sind,<br />

2. ich selbst für diesen Menschen Werte habe, die<br />

für ihn von Bedeutung sind.<br />

D. d. h. auch, dass Liebe auf Dauer nicht eine einseitige<br />

Sache sein kann. Was diese Werte im<br />

einzelnen allerdings sind, hängt von den ganz<br />

unterschiedlichen Wertvorstellungen der Menschen<br />

ab. (nach Rudolf Sponsel)<br />

3<br />

"Liebe" oder "Verliebtsein"<br />

Beide Gefühle sind durch die unverzichtbaren Merkmale<br />

"starke Zuneigung zum Partner", "Freude über das Zusammensein<br />

mit ihm" und "Zärtlichkeit" charakterisiert.<br />

„Gleichzeitig lassen sich aber gravierende Unterschiede<br />

ausmachen: "Verliebtsein" ist wesentlich gekennzeichnet<br />

durch das Verspüren "körperlicher Empfindungen"<br />

(also den berühmten "Schmetterlingen im Bauch", dem<br />

Herzklopfen, Kniezittern usw.) in Anwesenheit der geliebten<br />

Person. Dieses Merkmal ist jedoch bei der "Liebe"<br />

nur gering ausgeprägt. Ferner denken Verliebte<br />

sehr oft an die Person, in die sie sich verliebt haben und<br />

empfinden eine starke Sehnsucht nach ihr. Dagegen<br />

hat ein Verliebter kein "Vertrauen" in die geliebte Person,<br />

ist zu ihr nicht "offen und ehrlich" und will keine<br />

"Verantwortung" für sie übernehmen. Gerade diese<br />

Merkmale sind nun aber zentrale Bestandteile der Liebe.<br />

Zusätzlich ist diese noch gekennzeichnet durch die<br />

unverzichtbaren Merkmale: Wertschätzung des Partners,<br />

Trauer bei Ende der Liebe, Mitfreude, sehr gutes<br />

Verständnis, enge Verbundenheit und Akzeptieren von<br />

Schwächen.“ (nach Prof. Dr. Ulrich Mees: „Liebe oder<br />

Verliebtsein“)<br />

▲ Liebe, Freundschaft und andere „Beziehungen“<br />

Was wir unter Liebe und Freundschaft verstehen, wird<br />

uns vielleicht klarer, wenn wir diese Form der sozialen<br />

Beziehung mit anderen Formen vergleichen. Zu diesen<br />

zählen u. a. Bekanntschaft, Partnerschaft, Sexualpartnerschaft,<br />

Kameradschaft usw.<br />

Wörter: Liebe<br />

mögen<br />

begehren<br />

anbeten<br />

bewundern<br />

wollen<br />

vergöttern<br />

anhimmeln<br />

schwärmen für<br />

hängen an<br />

schätzen<br />

reizvoll finden<br />

wohlgesonnen sein<br />

Nähe suchen<br />

verliebt sein<br />

vergafft sein<br />

verknallt sein<br />

vernarrt sein<br />

bezaubert sein<br />

hörig sein<br />

abhängig sein<br />

Feuer gefangen haben<br />

verfallen sein<br />

geil sein (werden)<br />

zärtlich sein<br />

scharf sein<br />

gern haben<br />

angenehm finden<br />

haben wollen<br />

gehören wollen<br />

zusammen leben wollen<br />

alles tun wollen für<br />

immer bei jemandem sein<br />

mit jemandem glücklich<br />

sein<br />

jemanden glücklich machen<br />

für wertvoll halten<br />

interessant finden<br />

küssen wollen<br />

streicheln wollen<br />

usw.


1. Überlegt euch, welche Beziehungen ihr miteinander<br />

vergleichen wollt.<br />

2. Veranschaulicht eure Einschätzung durch Begriffskreise<br />

in der unten abgebildeten Form:<br />

Wenn ein Begriff ein Teil eines anderen ist, so<br />

liegen die Begriffskreise ineinander. Überschneidungen<br />

der Kreise sollen veranschaulichen,<br />

dass die Begriffe gemeinsame Merkmale<br />

haben, sich aber nicht decken.<br />

4<br />

▲ Und wann ist es Liebe?<br />

Ziel:<br />

Bei dieser Übung geht es darum, dass sich die SchülerInnen<br />

mit der Frage auseinandersetzen, wie sie bestimmte<br />

Verhaltensweisen von Pärchen wahrnehmen<br />

und bewerten.<br />

Eine Möglichkeit ist es, die Arbeit in gleichgeschlechtlichen<br />

Kleingruppen durchzuführen. Jungen und Mädchen<br />

interpretieren bestimmte Verhaltensweisen häufig unterschiedlich.<br />

So kann der geschlechtsbewusste Fokus<br />

in den Vordergrund gestellt werden.<br />

Durchführung:<br />

1. In der Gruppe werden zunächst typische Verhaltensweisen<br />

gesammelt und aufgeschrieben. Es<br />

sollen sowohl Verhaltensweisen von gleichgeschlechtlichen<br />

und gemischtgeschlechtlichen<br />

Paaren verglichen werden.<br />

2. Bildung von Kleingruppen ggf. gleichgeschlechtlich<br />

(4 - 5 Tn.)<br />

3. Aufgabe ist es nun die verschiedenen Verhaltensweisen<br />

in eine Rangfolge zu bringen, so<br />

dass eine Steigerung der Intimität deutlich wird:<br />

von freundschaftlichem bzw. unverbindlichem<br />

Verhalten bis hin zu eindeutig sehr intimem<br />

Verhalten.<br />

4. Anschließend soll mit einem roten Herz gekennzeichnet<br />

werden, an welcher Stelle eindeutig<br />

eine erotische Beziehung bzw. eine Liebesbeziehung<br />

anfängt.<br />

● Zwischen Mädchen und Junge<br />

Verhaltensweisen<br />

Miteinander reden<br />

Nebeneinander sitzen<br />

Sich seine/ihre Sorgen<br />

erzählen<br />

Sich anlächeln<br />

Sich nachmittags treffen<br />

Auf den Mund küssen<br />

Petting<br />

Sich gegenseitig helfen<br />

Sich umarmen<br />

Hand in Hand gehen<br />

Sich streicheln<br />

Auf die Wange küssen<br />

Zusammen ins Kino gehen<br />

Miteinander tanzen<br />

Zusammen in einem<br />

Zimmer schlafen<br />

Arm in Arm gehen<br />

Sich gemeinsam selbst<br />

befriedigen<br />

usw.


● Zwischen Mädchen und Mädchen<br />

● Zwischen Junge und Junge<br />

Für die Auswertung im Plenum sucht sich jede Kleingruppe<br />

ein Liebespaar aus und erklärt die „Rangfolge“<br />

anhand einer Liebesgeschichte.<br />

Die Ergebnisse der Kleingruppen werden im Plenum<br />

vorgestellt und miteinander verglichen. Durch die Liebesgeschichten<br />

bleibt die Vorstellung der einzelnen<br />

Gruppenergebnisse bis zum Schluss spannend, bringt<br />

viel Spaß und es wird auch deutlich, warum sich die<br />

Rangfolge in einigen Punkten unterscheidet.<br />

Liebe und Sexualität<br />

Die Islamische Religion spricht viele sexuelle Themen<br />

differenziert an. Die Sexualität ist im Islam keineswegs<br />

nur das Recht des Mannes, sondern steht auch Frauen<br />

zu. Weder im Koran noch in den Hadithen (Aussagen<br />

des Propheten) wird eine Geschlechterdifferenzierung<br />

vorgenommen. Alle sexuellen Ge- und Verbote gelten<br />

für Gläubige, das heißt für Mann und Frau gleichermaßen.<br />

„zinâ bedeutet „schwerwiegende (sexuelle) Sünde“ und<br />

meint unter anderem den sexuellen Kontakt außerhalb<br />

der Ehe. Sexualität darf im Islam nur zwischen Ehepartnern<br />

gelebt werden. Alle außerehelichen sexuellen Aktivitäten<br />

sind sündhaft und somit verboten. Diese Regel<br />

gilt für Mann und Frau. Im Koran wird ausdrücklich<br />

darauf hingewiesen, dass „der Mann, der zinâ begangen<br />

hat, nur seinesgleichen heiraten soll, die auch zinâ begangen<br />

hat. Die Frau, die zinâ begangen hat, soll nur ih-<br />

5<br />

resgleichen heiraten, der auch zinâ begangen hat“<br />

(Sure 24,4, in: Demircan3, 2002, S. II/135). Hinter diesem<br />

Gebot steht der Gedanke, dass der Mensch von seinem<br />

Gegenüber nur das verlangen soll, was er selber<br />

bieten kann. Weil Allah (c.c.)4 barmherzig ist und die<br />

Schwäche der Menschen kennt, erlaubt er dem Sünder/<br />

der Sünderin, eine unberührte Person zu heiraten, nur<br />

unter der Bedingung, dass „er/sie die Sünde sühnt.“<br />

(aus: Interkultureller Dialog, Islam und Gesellschaft Nr. 7, Religion<br />

und sexuelle Identität in muslimischen Gemeinschaften, Friedrich<br />

Ebert Stiftung)<br />

In Deutschland dürfen Jugendliche ab dem 14. Geburtstag<br />

selbst über ihre Sexualität bestimmen. Sie dürfen<br />

beispielsweise Sex haben, vorausgesetzt, dass beide es<br />

wollen und nicht dazu gedrängt oder gezwungen werden.<br />

Das gilt sowohl für Sex zwischen Jungen und Mädchen<br />

als auch für Sex von Jungen mit Jungen und von<br />

Mädchen mit Mädchen.<br />

Sexualität kann ganz verschieden sein. Dazu gehört<br />

nicht nur Geschlechtsverkehr, sondern auch Kuscheln,<br />

Streicheln, Petting und Selbstbefriedigung.<br />

Info: Deine S e x u a l i t ä t – d e i n e R e c h t e<br />

Sexualität gehört zum Leben aller Menschen, egal wie alt sie<br />

sind. Im Zusammenhang mit Sexualität gibt es Rechte, die<br />

für alle gelten. Außerdem gibt es einige besondere Regelungen<br />

für Jugendliche. Die Rechte sollen dich und deine Sexualität<br />

schützen und dir Sicherheit geben. Du wiederum kannst<br />

diese Rechte schützen, indem du sie bei anderen respektierst.<br />

Als Jugendliche/r hast du das Recht auf selbstbestimmte Sexualität.<br />

Dazu gehören


das Recht, Sexualität zu leben<br />

das Recht, über Verhütungsmittel informiert zu werden<br />

und sie zu nutzen<br />

das Recht, vor sexueller Gewalt geschützt zu werden<br />

das Recht, vertraulich beraten und medizinisch behandelt<br />

zu werden<br />

Rechte für Mädchen im Fall einer (ungewollten)<br />

Schwangerschaft<br />

das Recht, vor Krankheit geschützt zu werden<br />

das Recht, zu heiraten oder nicht zu heiraten<br />

Das Gesetz in Deutschland sagt übrigens, dass junge Menschen<br />

das Recht auf Aufklärung und umfassende Informationen<br />

im Zusammenhang mit Sexualität haben.<br />

(aus: Deine Sexualität – Deine Rechte, Informationen für Jugendliche,<br />

proFamilia)<br />

▲ Scharade zu Sexualität<br />

Kurzbeschreibung:<br />

Pantomimespiel - Zwei Gruppen spielen sich Begriffe<br />

zum Thema „Sexualität“ pantomimisch vor. Die anderen<br />

müssen den dargestellten Begriff erraten.<br />

Ziele:<br />

• Einstieg in das Thema Sexualität<br />

• Spaß<br />

• Gruppenerlebnis<br />

• Reflextion über das Thema Sexualität<br />

• Hemmungen und Tabus überwinden<br />

• Spielerischer Umgang mit dem Thema<br />

6<br />

Durchführung:<br />

Die Gruppe wird in zwei gleich große Gruppen geteilt.<br />

Jede Gruppe überlegt sich eine bestimmte Anzahl von<br />

Wörtern (mindestens so viele wie TeilnehmerInnen in<br />

jeder Gruppe sind) zum Thema Sexualität, Liebe, Verliebtsein.<br />

Diese werden auf kleine Zettel geschrieben<br />

und zusammengefaltet.<br />

Der/die Teamer/in sammelt die Zettel ein. Nun spielt<br />

eine Person pantomimisch einen Begriff, den sich die<br />

andere Gruppe ausgedacht hat, der eigenen Gruppe vor.<br />

Die Gruppe muss den Begriff innerhalb von zwei Minuten<br />

geraten haben. Wenn die Gruppe den Begriff rät,<br />

bekommt sie einen Punkt, wenn nicht, gibt es keinen<br />

Punkt. Wenn der Begriff von der eigenen Gruppe nicht<br />

erraten wurde, kann die andere Gruppe Tipps geben,<br />

aber die gegnerische Mannschaft bekommt beim Erraten<br />

keinen Punkt. Danach ist die andere Gruppe an der<br />

Reihe.<br />

Falls es bei der Darstellung der Begriffe Schwierigkeiten<br />

gibt, darf der/die Teilnehmer/in sich eine zweite<br />

Person aus der Gruppe zu Hilfe holen.<br />

Fragen:<br />

● Welche Begriffe waren schwer oder unangenehm<br />

darzustellen, warum?<br />

● Welche waren am lustigsten, warum?<br />

● Woher kommen bestimmte Tabus oder Hemmungen?


Verbotene Liebe<br />

Zwei Menschen haben sich in einander verliebt. Eine<br />

schöne Vorstellung. Eine schöne Sache. Doch manchmal<br />

beginnen damit die Probleme und wollen gar nicht<br />

mehr aufhören. So geschieht es in unserer „Liebesgeschichte“<br />

mit Ayla und Jasper. Diese Liebe darf nicht<br />

sein, bevor sie richtig anfängt. Wer weiß, ob sie sich<br />

wirklich entwickelt hätte, die Liebe, in einer dauerhaften<br />

Zweierbeziehung zwischen den Beiden. Oder ob sie<br />

nicht, wie die Jugendliebe es oft so an sich hat, alsbald<br />

zerbrochen wäre.<br />

Ayla behält die Sache vorerst für sich. Seinen ersten<br />

Freund vorerst geheim zu halten, ist verständlich und<br />

kann ganz verschiedene Gründe haben. Man will seinen<br />

Eltern nicht gleich alles auf die Nase binden. Man fängt<br />

ein eigenes Leben an, da haben die sich gar nicht einzumischen.<br />

Auch können Eltern eben mal etwas gegen<br />

diesen Freund einzuwenden haben, Eltern können sehr<br />

kreativ sein in dieser Hinsicht und so hält man die Sache<br />

fürs erste „unter der Decke“.<br />

Die Geschichte, die mit einer verheißungsvollen Liebe<br />

beginnt, entwickelt sich zu einer Tragödie, an deren<br />

Ende Mord und Totschlag in der Luft liegen. Die tragische<br />

Geschichte von Ayla, die versucht der Liebe nachzugehen,<br />

ist ein Spiegelbild für die gesellschaftliche<br />

Realität von vielen Mädchen und jungen Frauen in<br />

Deutschland, die mit den traditionellen Sitten und Bräuchen<br />

ihrer Eltern zu kämpfen haben. Und in ihrem konsequenten<br />

Verlauf wird Aylas Geschichte leider noch<br />

von der Realität überholt. So wurde am 29.12.2009 ein<br />

Vater zu lebenslanger Haft verurteilt, weil er den Mord<br />

an seiner Tochter in Auftrag gegeben hatte – ein Bei-<br />

7<br />

spiel: „Gülsüm S. war Anfang März 2009 erschlagen in<br />

einem Waldstück bei Rees aufgefunden worden. Das<br />

Landgericht Kleve sah es nun als erwiesen an, dass der<br />

Vater den Tod seiner Tochter befohlen hat. Sein Motiv<br />

sei gewesen, dass die junge Frau keine Jungfrau mehr<br />

war und heimlich ein Kind hatte abtreiben lassen... Die<br />

20-Jährige pflegte einen westlichen Lebensstil, der ihrer<br />

Familie seit langem zuwider war.“(WDR.de)<br />

Beziehungen zwischen Menschen mit unterschiedlicher<br />

Herkunft können die Basis für ein gesellschaftliches<br />

Zusammenwachen von verschiedenen Kulturen in<br />

Deutschland sein. Dass es dabei zu Konflikten kommt,<br />

ist selbstverständlich. Dass die Liebe zu einem Klima<br />

aus Angst und Schrecken führt, sind persönliche, familiäre<br />

und gesellschaftliche Zustände, die so nicht stehen<br />

bleiben dürfen. Unser Theaterstück versucht eine Seite<br />

von Problemen interkultureller Beziehungen aufzuzeigen<br />

und möchte einen Dialog herstellen – mehr noch<br />

provozieren.<br />

Meine Eltern verbieten mir den Freund oder<br />

die Freundin!<br />

Dass Eltern ihren Kindern etwas verbieten, ist eine Erfahrung,<br />

mit der alle Kinder aufwachsen. Je älter die<br />

Kinder werden, umso mehr verlieren die Eltern in der<br />

Regel an Einfluss und die Jugendlichen und dann Erwachsenen<br />

gehen ihre eigenen Wege.<br />

Die elterlichen Verbote beziehen sich auf sehr unterschiedliche<br />

Dinge und Aspekte. Es kann sich um Kleidung,<br />

Essen, bestimmte Unternehmungen oder auch<br />

den Umgang mit bestimmten anderen Personen drehen.


▲ Das darfst du nicht<br />

Erzählt euch in der Kleingruppe eine Situation, in der<br />

eure Eltern euch in der Vergangenheit etwas verboten<br />

haben. Tauscht euch aus.<br />

Fragen:<br />

● Wie habt ihr euch damals gefühlt?<br />

● Haltet ihr das Verbot aus heutiger Sicht für richtig<br />

oder falsch.<br />

● Habt ihr Verständnis für eure Eltern?<br />

● Habt ihr und mit wem habt ihr damals darüber<br />

gesprochen?<br />

● Würde die Situation heute wieder so stattfinden?<br />

Warum?<br />

Erzählt euch in der Kleingruppe eine Situation, in der<br />

eure Eltern euch heute (eurer Meinung nach) etwas<br />

verbieten würden. Tauscht euch aus.<br />

Fragen:<br />

● Schränkt euch das in euerm Handeln ein?<br />

● Findet ihr das gerecht?<br />

● Wird sich die Situation in Zukunft verändern?<br />

● Einer aus der Gruppe gibt für alle (in der Klasse)<br />

später eine kleine Zusammenfassung wieder.<br />

Gründe, warum Eltern nicht wollen, dass ihre Kinder<br />

einen festen Freund/eine feste Freundin haben, können<br />

sehr unterschiedlich sein: Du bist noch zu jung -<br />

Der ist nicht der Richtige für dich - Du hast später noch<br />

genug Zeit einen Freund/eine Freundin zu haben.<br />

8<br />

Häufig stecken Ängste deiner Eltern hinter einem Verbot.<br />

Eltern machen sich zum Beispiel oft Sorgen, dass<br />

ihre Kinder früh und unüberlegt mit jemandem Geschlechtsverkehr<br />

haben und es zu einer (ungewollten)<br />

Schwangerschaft kommen könnte. Eltern haben manchmal<br />

aber einfach auch Angst, dass ihre Kinder nichts<br />

mehr für die Schule tun, wenn sie eine Beziehung haben.<br />

Wenn Eltern aus kulturellen oder religiösen Gründen<br />

generell gegen eine Beziehung sind, wird es kompliziert.<br />

▲ Streitgespräch<br />

Es werden 4er Gruppen gebildet. Jede Person übernimmt<br />

eine Position zum jeweiligen Thema (siehe Liste<br />

unten) und überlegt sich dafür Argumente, die sie in einem<br />

Streitgespräch vorbringen kann.<br />

Es kann als Kleingruppenarbeit gestritten werden oder<br />

vor der Gesamtgruppe. Nach einer gewissen Zeit können<br />

die Positionen abrupt getauscht werden; dann wird<br />

weiterdiskutiert. Bei einer Diskussion vor der Gesamtgruppe<br />

können einzelne Diskutanten auch ausgetauscht<br />

werden. Das ganze kann auch als Talkshow in<br />

Szene gesetzt werden mit zusätzlicher Moderation.<br />

Positionen: Liebe<br />

1. Liebe entsteht auf den ersten Blick.<br />

2. Liebe entwickelt sich mit der Zeit.<br />

3. Liebe ist Schicksal und zeigt sich im richtigen<br />

Moment.<br />

4. Liebe ist ein Irrglaube.


Positionen: Partnerwahl<br />

1. Jede/r darf sich verlieben in wen sie/er will.<br />

2. Ein Mädchen darf sich immer ihren Freund/Ehemann<br />

aussuchen<br />

3. Ein Junge darf sich immer seine Freundin/Ehefrau<br />

aussuchen.<br />

4. Die Eltern dürfen über den Partner ihrer Kinder<br />

bestimmen.<br />

▲ Rollenspiel: Beziehungsverbot<br />

Erzählt euch in der Kleingruppe eine Situation in der ihr<br />

schon einmal mit euren Eltern einen Konflikt hattet<br />

beim Thema Beziehung oder beim realen Freund/Freundin.<br />

Tauscht euch insbesondere dabei über die Frage<br />

von Gerechtigkeit aus.<br />

Wichtig ist hier die Gruppenzusammensetzung, sie sollte<br />

gerade verschiedene kulturelle Hintergründe in eine<br />

Runde bringen.<br />

Rollenspiel 1:<br />

Stellt eurern Eltern euern Freund vor.<br />

Wie könnte das, wie sollte das ablaufen? Besprecht und<br />

improvisiert eine erfundene Szene zwischen<br />

Freund/Freundin/Eltern, die Realitäten und Wünsche<br />

mit einbezieht.<br />

Die Szene wird der Klasse vorgestellt.<br />

Rollenspiel 2:<br />

Jasper stellt Ayla seinen Eltern vor.<br />

Wie könnte das ablaufen? Besprecht und improvisiert<br />

die Szene, die dann der Klasse vorgestellt wird.<br />

9<br />

Liebe ist ein Menschenrecht<br />

Info: Auszug aus der allgemeinsen Erklärung der Menschenrechte<br />

Artikel 1 Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und<br />

Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt<br />

und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.<br />

Artikel 3 Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit<br />

der Person.<br />

Artikel 4 Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten<br />

werden; Sklaverei und Sklavenhandel in allen ihren<br />

Formen sind verboten.<br />

Artikel 5 Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher<br />

oder erniedrigender Behandlung oder Strafe<br />

unterworfen werden.<br />

Artikel 6 Jeder hat das Recht, überall als rechtsfähig anerkannt<br />

zu werden.<br />

Artikel 7 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und haben<br />

ohne Unterschied Anspruch auf gleichen Schutz durch<br />

das Gesetz.<br />

Artikel 16 1. Heiratsfähige Männer und Frauen haben ohne<br />

jede Beschränkung auf Grund der Rasse, der Staatsangehörigkeit<br />

oder der Religion das Recht, zu heiraten und eine Familie<br />

zu gründen. Sie haben bei der Eheschließung, während<br />

der Ehe und bei deren Auflösung gleiche Rechte. 2. Eine Ehe<br />

darf nur bei freier und uneingeschränkter Willenseinigung<br />

der künftigen Ehegatten geschlossen werden. 3. Die Familie<br />

ist die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft und hat Anspruch<br />

auf Schutz durch Gesellschaft und Staat.<br />

Artikel 18 Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissensund<br />

Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein,<br />

seine Religion oder seine Weltanschauung zu wechseln, sowie<br />

die Freiheit, seine Religion oder seine Weltanschauung<br />

allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder pri-


vat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen<br />

zu bekennen.<br />

Artikel 27 Jeder hat das Recht, am kulturellen Leben der Gemeinschaft<br />

frei teilzunehmen, sich an den Künsten zu erfreuen<br />

und am wissenschaftlichen Fortschritt und dessen Errungenschaften<br />

teilzuhaben…<br />

▲ Welche Menschenrechte kennst du?<br />

Teilen Sie die Klasse in Kleingruppen mit drei bis vier<br />

Personen auf.<br />

Fragen:<br />

Fordern Sie die Kleingruppen dazu auf, alle Menschenrechte<br />

zu sammeln, die sie kennen und<br />

diese in Stichpunkten zu notieren.<br />

Danach sollten die Kleingruppen versuchen, sich<br />

auf drei für sie besonders wichtige Menschenrechte<br />

zu einigen. Die Ergebnisse der Kleingruppen<br />

werden im Anschluss auf der Tafel zusammengetragen.<br />

● Welche Menschenrechte sind den Schülerinnen<br />

und Schüler besonders wichtig?<br />

● Gibt es Unterschiede zwischen den Gruppen?<br />

Welche? Warum?“<br />

10<br />

▲ Menschenrechtsbingo<br />

Jede Person benötigt die Vorlage „Menschenrechtsbingo“<br />

(siehe S. 12) und einen Stift.<br />

Zur Vorbereitung können Sie sich mit der „Allgemeinen<br />

Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen“<br />

vertraut machen.<br />

Anleitung:<br />

Alle Teilnehmenden suchen sich eine/n<br />

Partner/in und stellen ihm/ihr eine der Fragen<br />

auf dem Bogen. Die Antwort wird in dem betreffenden<br />

Feld unten stichwortartig notiert. Dann<br />

trennen sich die Paare und beide suchen sich<br />

eine/n neue/n Partner/in. Es geht nicht nur darum,<br />

für jedes Feld eine Antwort zu finden, sondern<br />

jede Frage von einer anderen Person beantworten<br />

zu lassen. Wer als Erstes alle Felder<br />

ausgefüllt hat, ruft „Bingo!“. Diese Person gewinnt.<br />

Gehen Sie dann zur Diskussion über. Lesen Sie<br />

die Frage im ersten Feld vor und bitten Sie um<br />

die Antworten. Schreiben Sie die Stichworte an<br />

die Tafel. Sie können in dieser Phase kurze Kommentare<br />

zulassen oder die Antworten der Schüler/innen<br />

Feld für Feld ausführlich diskutieren.


Liebe unter Zwang<br />

Info: Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland<br />

Artikel 1 (1):<br />

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und<br />

zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.<br />

Artikel 3:<br />

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.<br />

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert<br />

die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung<br />

von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender<br />

Nachteile hin.<br />

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung,<br />

seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft,<br />

seines Glaubens, seiner religiösen und politischen Anschauung<br />

benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand<br />

darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.<br />

Was verstehen wir unter Gewalt im Namen der<br />

Ehre?<br />

Quelle: Terre des Femmes<br />

Bei Gewalt im Namen der Ehre handelt es sich um Gewalt,<br />

die zur Erhaltung oder Wiederherstellung der vermeintlichen<br />

Familienehre angewendet wird. Die verschiedenen<br />

Formen der Gewalttaten reichen von emotionaler<br />

Erpressung und psychischem Druck bis hin zu<br />

physischer und sexualisierter Gewalt. Dazu gehören<br />

auch Zwangsverheiratungen oder so genannte "Ehrenmorde".<br />

12<br />

Was bedeutet Ehre oder Familienehre?<br />

Ehre oder Familienehre wird in vielen Kulturkreisen und<br />

Ländern unterschiedlich definiert.<br />

In stark patriarchal geprägten Gesellschaften ist die Familienehre<br />

abhängig vom "richtigen" Verhalten der<br />

weiblichen Familienmitglieder, die quasi als Besitz des<br />

Mannes angesehen werden. Verstößt ein weibliches<br />

Familienmitglied gegen die vorherrschenden Normen<br />

und wird dies bekannt, ist die gesamte Familienehre<br />

beschädigt, wenn nicht gar zerstört, und somit auch das<br />

gesellschaftliche Ansehen der gesamten Familie.<br />

Hintergrund ist die Kontrolle der weiblichen Sexualität.<br />

Sexualität wird nur innerhalb der Ehe toleriert. Dabei<br />

reicht in manchen Fällen der Verdacht oder das Gerücht,<br />

ein Mädchen sei mit einem fremden Jungen oder<br />

Mann gesehen worden, um die Familienehre nachhaltig<br />

zu beschädigen. Auch eine Vergewaltigung kann zum<br />

Verlust der Familienehre führen.<br />

Die Aufgabe der Männer ist es, die Familienehre zu bewahren<br />

bzw. das Verhalten der weiblichen Familienangehörigen<br />

daraufhin zu kontrollieren. Gelingt ihnen dies<br />

nicht, besteht die Möglichkeit einer Wiederherstellung<br />

der Familienehre nur durch die Ermordung (Mord im Namen<br />

der Ehre = "Ehrenmord") des Mädchens oder der<br />

Frau, die für den Ehrverlust „verantwortlich“ ist.<br />

Was hat Gewalt im Namen der Ehre mit Religion<br />

zu tun?<br />

In einigen bekannt gewordenen Fällen von Gewalt im<br />

Namen der Ehre haben die Täter ihr Handeln mit ihrer<br />

Quelle:<br />

Deutsches Institut<br />

für Menschenrechte<br />

Unterrichtsmaterialien<br />

zur Menschenrechtsbildung<br />

Ausgabe 1 | Juli 2006


Religion begründet. In vielen Religionen und Weltanschauungen<br />

ist Sexualität nur in der Ehe erlaubt. Außerehelicher<br />

Geschlechtsverkehr kann dann eine Beschädigung<br />

der Familienehre bedeuten, die die Männer<br />

über die Ausübung von Gewalt wiederherzustellen versuchen.<br />

Aber: Gewalt ist immer eine Menschenrechtsverletzung<br />

und darf und kann durch nichts legitimiert<br />

werden!<br />

Wie ist die Situation in Europa?<br />

Auch in Europa gibt es Gewalt im Namen der Ehre. Besonders<br />

häufig betroffen sind Mädchen und Frauen aus<br />

Familien mit Migrationshintergrund. Einerseits stehen<br />

sie sehr unter Druck, dem patriarchalen Rollenverständnis<br />

ihrer Familien gerecht zu werden. Andererseits haben<br />

sie den Wunsch, ein gleichberechtigtes Leben zu<br />

führen.<br />

Es gab in Deutschland vom 1. Januar 1996 bis 18. Juli<br />

2005 insgesamt 123 solcher Morde und Mordversuche<br />

mit über 100 Opfern.<br />

Laut dem VN (Vereinigten Nation)- Weltbevölkerungsbericht<br />

von 2000 werden jährlich 5.000 Frauen Opfer<br />

von „Ehrenmord“. Die Dunkelziffer wird höher geschätzt.<br />

In mindestens 12 Ländern werden Morde zum<br />

Schutz der Familienehre per Gesetz strafmildernd behandelt.<br />

Seit 2005 werden in der Türkei Morde zum<br />

Schutz der Familienehre per Gesetz nicht mehr strafmildernd<br />

behandelt.<br />

Das Konzept Ehre<br />

Quelle: Ahmet Toprak, Das schwache Geschlecht – die türkischen<br />

Männer<br />

Ehre beinhaltet drei voneinander untrennbare Werte.<br />

13<br />

Indem diese – şeref,<br />

namus und saygı – definiert und erläutert<br />

werden, kann der Komplexe türkische Ehrbegriff<br />

besser verstanden werden.<br />

Şeref: Ansehen<br />

Der Werte von „ Şeref“<br />

kann sich gute Taten erhöhen<br />

und durch schlechte verringern. Männer und Frauen ha-<br />

ben gleichermaßen „ şeref“<br />

und dieses steht in Verbindung<br />

zu „namus”.<br />

Namus: Ehre<br />

„Dem Wert der Ehre (namus) unterliegt die Vorstellung<br />

einer klaren Grenze, die innen, den Bereich der Familie,<br />

von außen, der – männlichen – Öffentlichkeit des Dorfes<br />

oder der Stadt, scheidet. Die Ehre eines Mannes ist beschmutzt,<br />

wenn diese Grenze überschritten wird, wenn<br />

jemand von außen einen Angehörigen der Familie, womöglich<br />

eine der Frauen, belästigt oder angreift. Als<br />

ehrlos (namussuz) gilt der Mann, der dann nicht bedingungslos<br />

und entscheidend den Angehörigen verteidigt.“<br />

(Schiffauer, Werner: Die Gewalt der Ehre. Erklärungen zu einem<br />

türkisch-deutschen Sexualkonflikt)<br />

Ehre (namus) regelt nicht nur die Beziehung nach innen<br />

und außen, sondern sie bestimmt auch das Verhältnis<br />

zwischen Mann und Frau. Wenn von „namus“ gesprochen<br />

wird, bedeutet sie für Mann und Frau Unterschiedliches.<br />

„Namus“ bedeutet für die Frau, dass sie bis zur<br />

Ehe ihre Jungfräulichkeit bewahrt und während der Ehe<br />

treu bleibt. Die „namus“ eines Mannes hängt in erster<br />

Linie vom Verhalten seiner Frau ab. Ehre im Sinne von<br />

„namus“ impliziert, dass die Männer die Sexualität ihrer<br />

Frauen (Ehefraueen, Töchter und Schwestern) kontrollieren<br />

und ihre Kontrolle sozial anerkannt und gerechtfertigt<br />

ist.


Saygı: Respekt, Achtung<br />

Ein anderer wichtiger Begriff für die Ehre ist Achtung<br />

( saygı). In der Familienhierarchie werden ältere Brüder<br />

mit “ağabey” (großer Bruder) und ältere Schwester mit<br />

“abla“ (große Schwester) angesprochen.<br />

Fragen:<br />

● Was sind für dich typisch weibliche, was typisch<br />

männliche Begriffe? (Respekt, Ehre, Freundschaft,<br />

Trauer, Freude etc.)<br />

● „ Ein Mann hält sein Wort.“ (Erkek adam sözünü tutar.“)<br />

- Gilt dieses Sprichwort nur für Männer?<br />

Zwangsverheiratung: Eine Form von Gewalt im<br />

Namen der Ehre<br />

Zwangsverheiratungen liegen dann vor, wenn mindestens<br />

einer der Eheleute durch die Ausübung von Gewalt<br />

oder durch Drohungen zum Eingehen einer formellen<br />

oder informellen (also durch eine religiöse oder soziale<br />

Zeremonie geschlossenen) Ehe gezwungen wird. Eine<br />

mögliche Weigerung einer der Ehepartner hat entweder<br />

kein Gehör gefunden oder der/die Betroffene hat es<br />

nicht gewagt, sich zu widersetzen. Auch die Bedrohung<br />

der Betroffenen mit existentiellen finanziellen oder<br />

ausländerrechtlichen Konsequenzen kann zu einer<br />

Zwangsverheiratung führen.<br />

Arrangierte Ehe<br />

Eine klare Abgrenzung der Zwangsheirat zu arrangierten<br />

Ehen ist in der Praxis manchmal schwer. Im Zweifel<br />

orientieren wir uns nach der Perspektive der Betroffe-<br />

14<br />

nen. Danach ergibt sich folgende Definition: Arrangierte<br />

Heiraten liegen dann vor, wenn die Heirat zwar von<br />

Verwandten, Bekannten oder von Ehevermittlern bzw.<br />

-vermittlerinnen initiiert, aber im vollen Einverständnis<br />

der Eheleute geschlossen wird.<br />

Sind auch Männer von Zwangsverheiratung<br />

betroffen?<br />

Männer sind von Zwangsverheiratungen ebenso betroffen<br />

wie Frauen. Allerdings sind sie zum Zeitpunkt<br />

der Verheiratung in der Regel älter. Auch ergeben sich<br />

für sie andere soziale Konsequenzen: Männer haben in<br />

einer Zwangsehe oftmals mehr Freiheiten als betroffene<br />

Mädchen und Frauen.<br />

Welche Gründe gibt es für eine Zwangsverheiratung?<br />

Die Motive, die einer Zwangsverheiratung zu Grunde<br />

liegen, sind vielfältig. Ein Grund kann sein, dass die Familie<br />

der Betroffenen sicherstellen will, dass die Tochter<br />

einen Mann aus demselben kulturellen, sozialen, religiösen<br />

und/oder ethnischen Umfeld heiratet, aus dem<br />

die Familie stammt. Manche Familien begründen die<br />

Heirat ihrer Söhne auch mit dem Versuch, sie zu "disziplinieren".<br />

Zum anderen spielen in einigen Fällen finanzielle<br />

Gründe eine Rolle, vor allem dann, wenn es in einer<br />

Kultur üblich ist, einen Brautpreis zu zahlen. Das<br />

Motiv für eine Zwangsverheiratung kann außerdem in<br />

der Erlangung eines Aufenthaltstitels in Deutschland<br />

für den nachziehenden Ehemann bzw. die nachziehende<br />

Ehefrau liegen. Die Mädchen und jungen Frauen, die<br />

als so genannte "Importbräute" nach Deutschland kommen,<br />

gelten bei patriarchalen Familien oftmals als we-


niger "westlich" und somit besser geeignet für eine Ehe<br />

nach ihren Vorstellungen.<br />

Ist eine Zwangsverheiratung verboten und<br />

wie ist die Situation in Deutschland?<br />

In fast allen Ländern der Welt ist eine Zwangsverheiratung<br />

gegen das Gesetz. Eine Zwangsheirat gilt in<br />

Deutschland seit Februar 2005 als besonders schwerer<br />

Fall der Nötigung und wird mit einer Freiheitsstrafe<br />

zwischen sechs Monaten und fünf Jahren bestraft<br />

(§240 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StGB). Zwangsverheiratungen<br />

werden allerdings selten vor Gericht gebracht, da die<br />

Betroffenen sich scheuen, ihre Familien anzuzeigen.<br />

Bisher gibt es keine repräsentativen Studien zu der Anzahl<br />

von Betroffenen von Zwangsverheiratungen in<br />

Deutschland. Allerdings haben einige Bundesländer<br />

Umfragen bei verschiedenen Institutionen z. B. Beratungsstellen<br />

durchgeführt. Nach einer Umfrage in Einrichtungen<br />

aus dem Jugendhilfe- und Migrationsbereich<br />

in Berlin gab es im Jahr 2007 allein 378 Fälle, in denen<br />

ein Mädchen oder eine junge Frau Beratung wegen einer<br />

drohenden oder bereits vollzogenen Zwangsheirat<br />

gesucht hat. Auch in Hamburg und Baden-Württemberg<br />

wurden solche Befragungen durchgeführt. Derzeit wird<br />

eine wissenschaftliche Untersuchung zum Umfang und<br />

Ausmaß von Zwangsverheiratungen in Deutschland im<br />

Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend erstellt. Sie wird von der Lawaetz-<br />

Stiftung in Hamburg in Zusammenarbeit mit TERRE DES<br />

FEMMES - Menschenrechte für die Frau e. V. und Torsten<br />

Schaak - Büro für Sozialpolitische Beratung in Bremen<br />

durchgeführt und von einem Beirat begleitet. Die<br />

Ergebnisse sollen im Herbst 2010 vorliegen.<br />

15<br />

Zwangsverheiratungen mit Auslandsbezug<br />

Bestimmte Formen von Zwangsverheiratungen weisen<br />

einen Auslandsbezug auf, der für die Betroffenen erhebliche<br />

rechtliche Risiken bergen kann. Wie schon weiter<br />

oben ausgeführt, werden in Deutschland lebende<br />

Männer und Frauen mit im Ausland lebenden Landsleuten<br />

verheiratet, die dann im Rahmen des Ehegattennachzugs<br />

nach Deutschland einreisen. Ihr Aufenthaltstitel<br />

ist für zwei Jahre an ihre Ehe geknüpft. In Härtefällen<br />

kann auch schon vor Ablauf dieser Frist ein Aufenthaltstitel<br />

erteilt werden z.B. in Fällen von häuslicher<br />

Gewalt. Die Anerkennung einer Zwangsheirat als Härtefall<br />

wurde bisher aber nur sehr selten erreicht.<br />

Anders verhält es sich in Fällen der so genannten "Heiratsverschleppung".<br />

Bei dieser Form der Zwangsverheiratung<br />

werden Mädchen und Jungen in ihrem Herkunftsland<br />

oder dem Herkunftsland ihrer Eltern, wo sie<br />

üblicherweise die Ferien verbringen, gegen ihren Willen<br />

verlobt oder verheiratet und müssen oftmals im Ausland<br />

verbleiben. Insbesondere bei dieser Form bestehen<br />

derzeit noch Rechtslücken, die für die Betroffenen<br />

sehr negative Konsequenzen haben können. Personen,<br />

die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben und<br />

sich im Ausland befinden, verlieren innerhalb von sechs<br />

Monaten ihr bestehendes Aufenthaltsrecht (§ 51 Abs. 1<br />

Nr. 7 AufenthG). Für viele Betroffene von Zwangsverheiratung<br />

ist die Frist zu kurz. Sie benötigen meist länger,<br />

um sich aus der Situation zu befreien. Grundsätzlich<br />

gibt es zwar ein Recht auf Wiederkehr (§ 37 Abs.1<br />

AufenthG), d.h. dass eine neue Aufenthaltserlaubnis<br />

beantragt werden kann. Voraussetzung dafür ist aber<br />

die Sicherung des Lebensunterhalts in Deutschland. Für<br />

viele Betroffenen ist es fast unmöglich, diese Voraus-


setzung zu erfüllen, da sie meist finanziell von ihren Eltern<br />

abhängig sind und diese vorerst nicht erfahren<br />

dürfen, dass sie aus der Zwangsehe ausbrechen und<br />

nach Deutschland zurückkehren möchten.<br />

Material: Bis das der Tod euch scheidet<br />

16<br />

Fragen:<br />

● Beschreibt die Bilder<br />

(Fotos: MaDonna Mädchenkult.Ur e. V.)<br />

● Was wollen die Bilder uns sagen?


Material: Serap<br />

»Ich wurde vor 16 Jahren in der Türkei geboren und wanderte<br />

mit meiner Familie nach meinem 5. Lebensjahr nach<br />

Deutschland aus, da wir wegen unserer Religion politisch<br />

verfolgt wurden.<br />

Wir sind Christen. Als ich auf die Oberschule kam, konnte ich<br />

nicht ahnen, dass meine Eltern alles daran setzen würden,<br />

um mich nicht mehr zur Schule zu schicken. Ihr Argument<br />

war, dass ich ein Mädchen bin und keine Bildung bräuchte, da<br />

ich ja sowieso Hausfrau werden würde. Sie hielten mich davon<br />

ab, in die Schule zu gehen, indem sie mir Aufträge wie<br />

Rechnungen bezahlen und vieles mehr aufgaben. Es war klar,<br />

dass ich, nachdem ich so viele Fehlzeiten in der Schule hatte,<br />

auf die Hauptschule wechseln musste. Erst später merkte<br />

ich, warum meine Eltern nicht vorhatten, mich weiterbilden<br />

zu lassen: Sie hatten (haben) vor, mich mit meinem Cousin zu<br />

verheiraten. Sie beschlossen das, als ich acht Jahre alt war,<br />

und das, ohne mich davor zu fragen. Sie haben mich erst davon<br />

in Kenntnis gesetzt, als ich 16 Jahre alt war. Für mich<br />

brach die Welt zusammen. Einen Jungen zu heiraten, den ich<br />

nicht liebte, war unvorstellbar für mich. Bis jetzt konnte ich<br />

nie über mein Leben entscheiden, immer wurde mir vorgeschrieben,<br />

was ich zu tun hatte. Aber ich dachte, mir würde<br />

wenigstens die Freiheit zugesagt werden, meinen zukünftigen<br />

Ehegatten selbst auszusuchen. Aber ich hatte mich leider<br />

getäuscht. Ich war verzweifelt und niedergeschlagen. Es<br />

war nicht so wie mit den Gefühlen, die ich hatte, weil ich<br />

nicht mit meinen Freundinnen ausgehen durfte. Ich musste<br />

etwas dagegen unternehmen, denn ich wollte nicht das Leben<br />

versäumen und unglücklicher sein, als ich ohnehin schon<br />

bin. Ich beschloss, von zu Hause wegzugehen. Ich war ca. drei<br />

Wochen in einer Kriseneinrichtung. In der Zeit gab es zwei<br />

Gespräche mit meinen Eltern. Ich ging wieder nach Hause,<br />

nachdem mein Vater versprochen und unterzeichnet hatte,<br />

die Verlobung aufzulösen. Weiterhin hatte er versprochen,<br />

mir zu erlauben, die Schule zu besuchen. Ungefähr einen Mo-<br />

17<br />

nat hielt mein Vater seine Versprechen: Ich durfte zur Schule<br />

gehen und Freundinnen besuchen. Nach kurzer Zeit kam aber<br />

schon mein Onkel (der Vater meines Cousins) und versuchte<br />

mich wieder zur Heirat zu überreden. Obwohl ich Respekt vor<br />

ihm habe, habe ich wieder Nein gesagt. Ich bemerkte, dass<br />

mein Vater die Hochzeit vorbereitete. Ich habe meine Mutter<br />

um Hilfe gebeten, sie hat gesagt, dass sie nichts machen<br />

kann. Meine verzweifelten Versuche, meinem Vater begreiflich<br />

zu machen, dass ich meinen Cousin nicht heiraten wolle,<br />

misslangen mir. Er schlug auf mich ein mit Fäusten. Er schlug<br />

und zog meine Haare und zerrte mich durch die Gegend. Er<br />

schlug mir auch ins Gesicht und auf den Rücken und trat immer<br />

wieder auf mich ein. Anschließend kam er mit einem<br />

Messer auf mich zu, er versuchte mich zu treffen, da kam<br />

meine Mutter dazwischen. Dann sagte er zu meiner Mutter:<br />

»Hol ein Strick, heute wird sie nicht mehr leben, wir werden<br />

sie aufhängen«. Er schlug so hart, dass ich überall blaue Flecken<br />

hatte und man mein Gesicht nicht mehr erkennen konnte.<br />

Es kam soweit, dass ich zwei Wochen vor der offiziellen<br />

Hochzeit in der Wohnung meines Bruders eingeschlossen<br />

wurde. Weiterhin wurde ich gewarnt, abzuhauen. Mein Vater<br />

brächte mich sonst um. Er drohte mir auch, alle, die mir helfen<br />

würden, zu töten, z. B. auch den Sozialarbeiter vom Jugendamt.<br />

Ich versuchte, aus der geschlossenen Wohnung herauszukommen,<br />

aber es war immer jemand da, der auf mich aufpasste.<br />

Nach drei Tagen hatte ich die Gelegenheit, telefonisch<br />

Hilfe zu holen. Ich wurde von der Kripo abgeholt und sicher<br />

untergebracht. Ich möchte nicht mehr nach Hause zurück<br />

gehen. Ich habe keine Hoffnung, dass meine Eltern sich<br />

ändern werden. Ich habe auch Angst, dass mein Vater seine<br />

Drohung wahr macht.«<br />

(Quelle: Zwangsverheiratung, Informationen des Berliner Arbeitskreises<br />

gegen Zwangsverheiratung)


Familie<br />

„Freunde kann man sich aussuchen, die Familie nicht“<br />

Die Familie ist bei den von uns befragten Jugendlichen<br />

kulturübergreifend als sehr wichtig eingestuft worden.<br />

Es lohnt sich also, genauer hinzusehen.<br />

Was aber ist eine Familie, welche Geschichte hat sie,<br />

welchen Anforderungen muss sie sich stellen, und welche<br />

Forderungen stellt sie an ihre Mitglieder?<br />

??? Fragen zur Familie<br />

● Was stellt ihr euch unter einer (guten) Familie<br />

vor?<br />

● Familie, eine lebenslange Verpflichtung?<br />

● Familie als Keimzelle der Gesellschaft?<br />

● Steht Familie für Geborgenheit, Sicherheit,<br />

Ruhe?<br />

● Möchtet ihr später einmal heiraten?<br />

Definition „Familie“<br />

Das Wort „Familie“ (von lat. Famulus: Haussklave) bezeichnete<br />

ursprünglich eine Gruppe von Sklaven, die einem<br />

Mann gehörten. In Erweiterung des Begriffs waren<br />

dann später alle Personen gemeint, die von einem<br />

Mann abstammten oder abhängig waren, schließlich<br />

alle Personen, die im Haushalt eines Mannes lebten,<br />

wie Sklaven, Frauen, Kinder, Eltern, Großeltern, andere<br />

nahe und entfernte Verwandte, Freunde und Gäste.<br />

Diese Bedeutungen waren z. B. im Englischen des Mittelalters<br />

noch sehr lebendig. Bis weit in die Re-<br />

18<br />

naissance hinein benutzte man das Wort „family“ noch,<br />

um sowohl die Dienerschaft oder das Gefolge eines<br />

Adeligen als auch eine Gruppe Blutsverwandter oder<br />

eine Gruppe zusammenlebender Menschen zu bezeichnen.<br />

Erst im 16. und 17. Jahrhundert wurden die zwei<br />

letztgenannten Bedeutungen zusammengefasst, um<br />

damit ein neues soziales Phänomen zu beschreiben:<br />

Eine geringe Anzahl naher Verwandter, die zusammen<br />

unter einem Dach wohnten und die eine enge emotionale<br />

Beziehung zueinander hatten.<br />

Im frühen 19. Jh. hatte diese Bedeutung alle anderen<br />

verdrängt. Seither bezieht sich das Wort „Familie“ meist<br />

auf eine enge Hausgemeinschaft aus Eltern und ihren<br />

Kindern.<br />

Wir stellen fest, dass die Bedeutung des Wortes „Familie“<br />

ambivalent ist und nicht einfach auf andere Kulturen,<br />

nicht einmal auf unsere eigene Vergangenheit<br />

übertragbar ist. Zum richtigen Verständnis müssen zumindest<br />

drei Erscheinungsformen unterschieden werden:<br />

1. Die Sippe, also Menschen, die verwandt sind,<br />

auch wenn sie nicht zusammen wohnen.<br />

2. Der Haushalt, also Menschen, die zusammen<br />

wohnen, auch wenn sie nicht verwandt sind<br />

3. Die Familie, also Menschen, die verwandt sind<br />

und zusammen wohnen.<br />

Die Familie wird zwar im Artikel 6 des Grundgesetzes<br />

unter den „Schutz der staatlichen Ordnung gestellt, es<br />

gibt aber keine allgemeingültige gesetzliche Definition<br />

des Begriffs.


Info: Aus dem Grundgesetz – Artikel 6:<br />

1. Ehe und Familie stehen unter besonderem Schutz<br />

der staatlichen Ordnung<br />

2. Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche<br />

Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende<br />

Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche<br />

Gemeinschaft.<br />

3. Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen<br />

Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie<br />

getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten<br />

versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen<br />

zu verwahrlosen drohen.<br />

4. Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die<br />

Fürsorge der Gemeinschaft.<br />

5. Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung<br />

die gleichen Bedingungen für ihre leibliche<br />

und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der<br />

Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.<br />

Der Begriff „Verwandtschaft“ ist dagegen innerhalb des<br />

Bürgerlichen Gesetzbuches definiert in seinem § 1589<br />

anhand der Abstammung.<br />

Rechte und Pflichten in einer Familie.<br />

Nach § 323c des Strafgesetzbuches ist man bei körperlicher<br />

Gefahr allen Menschen gegenüber, Freunden wie<br />

Fremden, zur Hilfe verpflichtet. Man kann sie ungestraft<br />

nur unterlassen, wenn „erhebliche eigene Gefahr“<br />

droht oder wenn andere Pflichten wichtiger sind.<br />

Dies gilt natürlich auch für Verwandte. Bei in gerader<br />

Linie Verwandten gilt die Pflicht zur Hilfe jedoch nicht<br />

19<br />

nur bei körperlicher Gefahr, sondern auch in materieller<br />

Not.<br />

In gerader Linie verwandt sind Großeltern, Eltern, Kinder<br />

und Enkel. Einer stammt vom anderen in direkter Linie<br />

ab. Bruder und Schwester sind miteinander in der<br />

Seitenlinie verwandt, genauso Vettern und Basen, die<br />

Kinder der Geschwister der Eltern. Neffen und Nichten<br />

und die Enkel der Geschwister der Eltern bilden die Seitenlinie<br />

zweiten und dritten Grades. Der Onkel ist eine<br />

Verwandter ersten Grades. Der Sohn des Onkels, der<br />

Cousin oder Vetter ist ein Verwandter zweiten Grades,<br />

sein Sohn wiederum, der Groß-Cousin, ist ein Verwandter<br />

dritten Grades. In gerader Linie Verwandte müssen<br />

auch dann füreinander Unterhalt zahlen, wenn sie erwachsen<br />

sind und eigentlich jeder für sich selbst sorgt.<br />

Sind sie jedoch aus irgendeinem Grund in eine Situation<br />

geraten, in der sie nicht mehr für sich sorgen können,<br />

dann müssen die Verwandten einspringen. Bei der Bedürftigkeitsprüfung<br />

für die Arbeitslosenhilfe wird nach<br />

in gerader Linie Verwandten und ihren Einkommensverhältnissen<br />

gefragt. Überschreitet deren Einkommen<br />

eine gewisse Grenze, werden sie bis zur vollen Höhe<br />

der staatlichen Hilfeleistungen herangezogen. Ob sich<br />

die Beteiligten gut verstehen, ist völlig unerheblich.<br />

Auch Kinder, die im Streit das Elternhaus verlassen und<br />

keinen Kontakt mehr zu den Eltern pflegen, müssen irgendwann<br />

für Pflege und Unterhalt der Eltern aufkommen.<br />

Liebespaare und Geschlechtspartner sind nicht miteinander<br />

verwandt. Im Gegenteil. Bei Verwandtschaft hört<br />

in den meisten Kulturen der Spaß auf. Da gibt es strenge<br />

Regeln, wer mit wem darf und wer nicht. Gerade Linie<br />

und erste Seitenlinie dürfen einander nicht heiraten.<br />

Erst ab der Seitenlinie zweiten Grades (Cousin und


Cousine) darf geheiratet werden.<br />

Liebespaare haben keinerlei Rechte und Pflichten gegeneinander,<br />

so erhät der Liebespartner im Krankenhaus<br />

nur schwer eine Auskunft. Sie erben nichts, wenn<br />

kein Testament vorliegt. Es besteht kein Anspruch auf<br />

Übernahme des Mietvertrages der gemeinsamen Wohnung,<br />

wenn der Partner stirbt, auf den der Vertrag lautet.<br />

Wenn Liebespaare auseinandergehen, hat das für<br />

sie selbst und für ihre Familien keine rechtlichen Folgen<br />

(außer es existiert ein gemeinsames Kind).<br />

Heiraten die Verliebten, wird ihre Verbindung zur Ehe.<br />

Dann sind sie einander weit stärker verpflichtet, als<br />

wenn sie bloß verwandt wären.<br />

Beispiele: Unterhaltszahlungen. Erbrecht/Pflichanteil<br />

etc.<br />

Die Heirat macht das Paar zum Bindeglied zweier Familien,<br />

es entsteht nicht nur eine neue Familie sondern<br />

ein neues Familiensystem. Ab dem Zeitpunkt der Heirat<br />

sind die beiden Verwandtschaftssysteme miteinander<br />

verschwägert – für immer, auch wenn die Ehe aufgelöst<br />

wird. (BGB § 1590)<br />

Wer gehört zu einer Familie?<br />

Familiensysteme variieren in ihrem Umfang. Je nach<br />

dem, was geregelt werden soll, gibt es unterschiedliche<br />

Bestimmungen darüber, wer „Angehöriger“ ist und wer<br />

nicht.<br />

Beispiel für besonders enge Definition der Familienzugehörigkeit:<br />

Nachzugsrecht für ausländische Familienangehörige<br />

(Ehegatten und die Verwandten in absteigender<br />

Linie (Kinder unter 21 Jahren)<br />

20<br />

Beispiel für eine besonders weite Definition der Familienangehörigkeit:<br />

Befangenheit bei Gerichtsverfahren<br />

(Verlobte, Ehegatten der Geschwister, Kinder der Geschwister,<br />

Pflegeeltern, -kinder etc.)<br />

Nicht nur bzgl. verschiedener Gesetze sondern auch im<br />

Alltag gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber,<br />

wer zur Familie gehört und wer Anspruch auf materielle<br />

Unterstützung hat. Auf dem Land werden häufig noch<br />

entfernte Verwandte und Verschwägerte zur Familie<br />

gezählt. In der Großstadt kennt man oft seine eigenen<br />

Cousins und Cousinen nicht mehr, dafür werden Mitbewohner<br />

und Lebensabschnittspartner wie Familienangehörige<br />

behandelt.<br />

Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt beispielsweise werden<br />

die Lebensabschnittspartner als Angehörige zur<br />

Kasse gebeten (eheähnliche Verhältnisse).<br />

In Kulturen, in denen es keine Sozialversicherung, keine<br />

Kindergärten, Altersheime etc. gibt, sind Familiensysteme<br />

meist viel umfangreicher und vielfältiger.<br />

Denn dort muss das verwandtschaftliche Netzwerk, das<br />

Familiensystem, mit seinen wechselseitigen lebenslangen<br />

Verpflichtungen die ganze Breite der gesellschaftlichen<br />

Aufgaben erfüllen.


Familienmodelle<br />

Im westlichen Kulturkreis wird heute unter „Familie“<br />

meist die so genannte Kernfamilie verstanden, d. h. Vater,<br />

Mutter und deren Kinder. Begrifflich darf die Kernfamilie<br />

nicht mit der Kleinfamilie verwechselt werden,<br />

die wenige Mitglieder umfasst; eine „Kernfamilie“ mit<br />

zwölf ehelichen Kindern ist keine Kleinfamilie.<br />

Großfamilie<br />

Eine Großfamilie besteht aus einer größeren Gruppe<br />

von über mehrere Generationen hinweg verwandten<br />

Personen.<br />

Dies können die Eltern mit ihren Kindern und Kindeskindern<br />

sein, sowie Onkel, Tanten oder andere Verwandte.<br />

Früher wurde vielfach auch das Gesinde dazu gerechnet.<br />

Die Familien-Mitglieder lebten meist gemeinsam in<br />

einem Haus oder einer Siedlung und bildeten eine wirtschaftliche<br />

Einheit, die z.B. in gemeinsamer Landwirtschaft<br />

oder einem Handwerk besteht.<br />

Zum „Verschwinden“ der kinderreichen Familien trug in<br />

den Industrieländern vor allem die Familienplanung<br />

durch die Anti-Baby-Pille seit den 1970er Jahren bei.<br />

Dies ist dort in der Bevölkerungsstatistik klar durch den<br />

Pillenknick genannten Einschnitt in der Geburtenkurve<br />

sichtbar. In weniger entwickelten Gesellschaften sind<br />

Großfamilien zum Überleben der meisten Mitglieder unerlässlich,<br />

wenn Frauen/Mütter bei der Geburt eines<br />

Kindes sterben.<br />

In den Industrieländern gibt es in allen Schichten durchaus<br />

noch Großfamilien, obgleich eine deutliche Anhäufung<br />

in der prozentual gering vertretenen Oberschicht<br />

21<br />

und unter Personen ohne Schulabschluss festzustellen<br />

ist.<br />

Die Kleinfamilie ist keine neue Erscheinung, sondern<br />

hat in vielen Kulturen im Laufe der Menschheitsgeschichte<br />

existiert. Tatsächlich findet sich der aus mehreren<br />

Generationen bestehende Typ der Großfamilie<br />

meist in fortgeschrittenen, stabilen und begüterten,<br />

noch nicht industrialisierten Gesellschaften. Das Modell<br />

der Kleinfamilie kommt eher in sehr primitiven und in<br />

sehr hoch entwickelten Gesellschaften vor.<br />

Eine Patchworkfamilie (von engl. Patchwork – Flickenteppich)<br />

auch Flickenfamilie genannt, ist im Sinne des<br />

Wortes ein Flickenteppich aus mehreren verschiedenen<br />

Familien. Dieser relativ neue Begriff bezeichnet Familien,<br />

bei denen die Eltern ihre jeweiligen Kinder aus<br />

vorhergehenden Ehen oder Lebenspartnerschaften in<br />

die neue Beziehung eingebracht haben.<br />

Als Ein-Elternfamilie oder auch Alleinerziehende bezeichnet<br />

man Elternteile, die Minderjährige, d. h. unter<br />

18 Jahren, alleine betreuen und erziehen.<br />

Fast alle Familienvarianten sind heute denkbar und erlaubt:<br />

z. B. Frauen wollen ein Kind, aber keinen Ehemann,<br />

Paare die auf dem normalen biologischen Weg<br />

keine Kinder bekommen können, bemühen sich um eine<br />

künstliche Befruchtung; Adoption, Patchwork, Homoehe<br />

etc. (...)<br />

Traditionelle Familiensysteme haben feste Regeln. Je<br />

nach Alter, Geschlecht und Position weiß man in jeder<br />

Situation, wie man sich zu verhalten und wie man das


Verhalten der anderen zu bewerten hat. Die Jugend lebt<br />

in zuverlässigen Beziehungen und ist umgeben von<br />

verlässlichen, eindeutigen Regeln. Die Pubertät ist ein<br />

Hineinwachsen in eine klare Erwachsenenrolle, die man<br />

in der eigenen Familie eindeutig vorgelebt bekommt. Es<br />

gibt wenig Spielraum, wenig Freiheit, aber große Sicherheit.“<br />

Diskussion: Familien und Familienformen<br />

„Richtige oder falsche oder gar optimale Familienformen<br />

gibt es nicht. Alle haben Vor- und Nachteile.“<br />

(Wolf Wagner)<br />

Fragen:<br />

● Diskutiert über das letzte Statement. Sammelt<br />

Vor- und Nachteile.<br />

● Welche Familienformen kennt ihr? (z. B. Kommune,<br />

Wohngemeinschaft, Mehrgenerationen –<br />

Wohneprojekte)<br />

● Ist die Familie für euch wichtig? Warum?<br />

● Wer gehört bei euch zur Familie?<br />

● Wie oft trifft sich die Familie im Jahr?<br />

● Welche Feste feiert ihr in der Familie?<br />

● Welchem Familienmodell fühlt ihr euch zugehörig?<br />

● Was schätzt ihr an eurer Familie?<br />

● Was nervt euch in eurer Familie?<br />

● Welche Aufgaben habt ihr innerhalb eurer Familie?<br />

● Sprecht ihr mit eurer Familie über Probleme, mit<br />

22<br />

welchem Familienmitglied?<br />

● Wie stellt ihr euch eine typische deutsche bzw.<br />

türkische Familie vor?<br />

Familienfeste<br />

Familie und Feste gehören eng zusammen, sowohl in<br />

der christlichen, als auch in der muslimischen Kultur.<br />

Nahezu alle unsere Feiertage, um die sich Ferien und<br />

Urlaub säumen, sind christliche Feiertage (Weihnachten,<br />

Ostern, Pfingsten).<br />

Viele religiöse Feste sind in Erinnerung an Ereignisse<br />

ihres Ursprungs entstanden. Die Muslime halten in ihren<br />

Festen die Erinnerung an Mohammed wach und erfahren<br />

feiernd die Nähe Gottes und der Gemeinschaft<br />

des Islam.<br />

Beschneidungsfest<br />

Die Beschneidung ist ein gesellschaftliches Ereignis,<br />

das im Grundschulalter stattfindet. Nach der Beschneidung<br />

gehört das Kind zur Gemeinschaft der Männer. Damit<br />

ist eine muslimische Pflicht erfüllt worden. In den<br />

islamischen Ländern feiert man das Beschneidungsfest.<br />

Fest des Fastenbrechens<br />

steht am Ende des Ramadan (Fastenmonats). Die Muslime<br />

schicken sich Karten mit Glückwünschen, man trägt,<br />

wenn möglich, neue Kleider und besucht und beschenkt<br />

sich gegenseitig. Alte Auseinandersetzungen werden<br />

beendet (Neuanfang) und auch die Armen werden beschenkt.


Das Opferfest<br />

dauert zwei bis drei Tage und wird zur selben Zeit begangen,<br />

in der die Pilger in Mekka das große Opfer vollziehen.<br />

Das Fest erinnert an Abraham, der bereit war<br />

seinen Sohn zu opfern. An diesem Tag wird ein Schaf,<br />

Rind oder Kamel geopfert, wobei man ein Drittel des<br />

Fleisches für sich behält und den Rest den Armen<br />

schenkt.<br />

Hochzeit<br />

Mit der Hochzeit feiert die Familie der Brautleute den<br />

Abschluss des Ehevertrages, nicht aber den Beginn einer<br />

unauflöslichen Ehe.<br />

„Das Ansehen der Familie wird daran gemessen, wie<br />

viele Gäste zur Hochzeitsfeier eingeladen sind...“<br />

(A. Toprak, S. 85)<br />

Der Hochzeit geht die Brautwerbung voraus. Hierfür<br />

kommt die Familie des Bräutigams zu der Familie der<br />

Braut. Der Vater des Bräutigams hält beim Vater der<br />

Braut um deren Hand für seinen Sohn an: „Wir wollen<br />

für unseren Sohn im Auftrag Gottes und mit der Zustimmung<br />

des Propheten um die Hand eures Mädchens<br />

anhalten - „Allahın emri peygamberin kavliyle“.<br />

Die Braut ist nicht permanent anwesend. Ihre Aufgabe<br />

ist es, die Gäste zu begrüßen, Ihnen Gebäck und Kaffee<br />

zu reichen. Stimmt der Vater der Braut dem Antrag zu,<br />

wird über die Bedingungen verhandelt (Hochzeitfeier,<br />

Brautgeld etc.).<br />

Erst mit der Heirat werden die Männer im sozialen Bezugsraum<br />

als volle und anerkannte Gesprächspartner<br />

der Erwachsenen wahrgenommen, bis dahin werden sie<br />

23<br />

altersunabhängig als „Kind“ bezeichnet.<br />

??? Fragen rund ums Heiraten<br />

● Möchtest Du später einmal heiraten?<br />

● Warum? Warum nicht?<br />

● Warst Du schon mal auf einer Hochzeit?<br />

● Wie sollte Deine Hochzeit aussehen?<br />

● Was müsste Dein zukünftiger Ehemann/Deine<br />

zukünftige Ehefrau für Eigenschaften mitbringen?<br />

● Was wäre ein Scheidungsgrund für Dich?<br />

„Heiraten ist wichtig, ne. Also nicht nur, um Kinder zu bekommen.<br />

Der Mann kann das ja nicht, halt kochen, putzen,<br />

auf die Kinder aufpassen und so. Das hat halt vorher meine<br />

Mutter gemacht. Einige Frauen machen das nicht mehr. Die<br />

sagen, der Mann muss das auch machen. Hausarbeit ist<br />

schon Frauensache, würde ich sagen (...) Es gibt schon Männer,<br />

türkische Männer, die machen auch Hausarbeit,ne. Aber<br />

das finde ich nicht in Ordnung, ne. Der Mann hat auch Ehre.<br />

Die Frau muss schon machen, was eine Frau machen muss.<br />

Also, jeder soll seine eigene Aufgabe machen, ne. (Ibrahim)“<br />

(aus: Ahmet Toprak, Das schwache Geschlecht – die türkischen<br />

Männer; S.92)


Identität<br />

Identität (von lat. idem: der Selbe, der Gleiche)<br />

Der Begriff der Identität wird im heutigen Sprachgebrauch<br />

eher inflationär verwendet - man spricht von<br />

Identitätskrise, Identitätsverlust, „corporate identity“<br />

und nicht zuletzt der „identity card“.<br />

Im allgemeinen Sinne beschreibt der Begriff der Identität<br />

die einzigartige Kombination von persönlichen und<br />

damit unverwechselbaren Eigenschaften des Individuums<br />

und umfasst dabei beispielsweise den Namen, das<br />

Geschlecht und den Beruf. Durch diese Charakteristika<br />

lässt sich die Person von anderen Individuen unterscheiden.<br />

In einer deutlich engeren und psychologischen Sicht<br />

beschreibt Identität eine einzigartige Persönlichkeitsstruktur<br />

und schließt das Bild ein, welches andere von<br />

derselben haben. Nicht nur in der Jugend – in der die<br />

Entwicklung einer eigenen Identität nach Erikson<br />

(1973) als Entwicklungsaufgabe zu verstehen ist – ist<br />

aber auch die Sicht, die das Individuum selbst auf die<br />

eigene Identität hat, von entscheidender Bedeutung.<br />

Damit kann man Identität auch als das Selbst verstehen.<br />

Wer die eigene Identität entdeckt hat und sie durchsetzen<br />

will, stößt in einem Umfeld selten auf Begeisterung.<br />

Die Menschen der näheren Umgebung klatschen<br />

meist nur Beifall, wenn man eine Norm oder ein Ideal<br />

erfüllt bzw. verkörpert - oder wenn man so ist wie sie,<br />

wenn sie sich reproduziert sehen. So mancher ist nur<br />

dann hocherfreut, wenn er sieht, dass der andere genauso<br />

fühlt, denkt und handelt wie er, dass der andere<br />

die selben Vorlieben hat, die selben Hobbies, die selben<br />

24<br />

Sportarten bevorzugt und den selben Geschmack hat<br />

wie er.<br />

Wer jedoch seine eigene Identität findet und zu verwirklichen<br />

vermag, der weicht von der Norm ab und unterscheidet<br />

sich oft gravierend von seinen Mitmenschen.<br />

Diese Abweichung wird als Schmerz empfunden<br />

und oft heftig bekämpft.<br />

▲ „Warum bin ich der, der ich bin“ - Ein Fragespiel zum Lebenslauf<br />

Wir sind zu dem geworden oder auch dort hin gewachsen,<br />

wo wir sind, weil wir verschiedene Geschichten haben,<br />

die uns gebildet, geformt und erzogen haben.<br />

Ich habe das Bild der drei Häuser gewählt, weil man<br />

sich diese ineinander verschachtelt vorstellen, oder<br />

auch getrennt betrachten kann und jedes für sich einen<br />

Extra-Raum, eine Extra-Geschichte meint.<br />

Schließlich können wir überlegen wie, wann, wo, warum<br />

sich diese Bereiche gegenseitig beeinflussen, was<br />

schwerer wiegt, was leichter, was uns unterscheidet<br />

und wie und ob wir zusammen im dritten Haus leben<br />

können oder uns in andere Häuser zurückziehen wollen.<br />

Das erste Haus: Elternhaus, das Privateste, das Herz:<br />

1. Wer hat mich geboren? Wer ist meine Mutter?<br />

2. Wo? Wo stand das Babybett?<br />

3. Wann? Morgens? Abends? Nachts?<br />

4. Wie haben sich die Eltern gefühlt? Haben sie<br />

sich gefreut? Hatten sie Angst, Not? Passte ich<br />

ihnen in den Kram?


5. Haben meine Eltern mit mir Orte gewechselt?<br />

(Umzüge, Wohnungen, Zimmer)<br />

6. Habe ich Geschwister? Wie viele? Jungen? Mädchen?<br />

7. War der Vater für mich da?<br />

8. War die Mutter für mich da?<br />

9. Was habe ich zu Hause gelernt? Wer war viel um<br />

mich herum?<br />

10. In welchen Sprachen wurde mit mir gesprochen?<br />

11. Welches Essen gab es? Was erinnere ich als Erstes?<br />

12. Welche Musik habe ich zuerst gehört?<br />

13. Was habe ich von meinen Geschwistern gelernt?<br />

14. Was habe ich als Kind gesehen? Welche Landschaften,<br />

Straßen?<br />

15. Wen habe ich zuerst geliebt?<br />

16. Wohin geht die Liebe heute? Wen will ich, wohin<br />

sehne ich mich?<br />

Das zweite Haus<br />

.. ist das Haus, in dem wir uns das erste Mal getrennt<br />

von der eigenen Familie erfahren.<br />

1. War ich im Kindergarten? Wo, ab wann, wie lange?<br />

2. Habe ich Ausflüge mit anderen gemacht?<br />

3. Wen habe ich als ersten Fremden in Erinnerung?<br />

Eine Erzieherin, einen Lehrer?<br />

4. Was habe ich als erstes außerhalb meines Elternhauses<br />

(kennen-)gelernt? Eine Sprache, ein<br />

25<br />

Musikinstrument, eine andere Landschaft?<br />

5. Was möchte ich lernen?<br />

6. Wo geht es mit mir hin? Welche Chance habe<br />

ich?<br />

7. Was kann ich selbst organisieren? Wofür<br />

bräuchte ich Hilfe?<br />

Das dritte Haus<br />

... ist das Haus in dem wir alle leben, unsere Welt, unsere<br />

Erde, der Planet.<br />

1. Wo auf der Welt lebe ich? Finger auf die Stelle<br />

des Globus!<br />

2. Wo auf der Welt war ich schon einmal?<br />

3. Wo möchte ich demnächst hin? Reiseziele?<br />

4. Welche Orte könnten Heimat für mich sein?<br />

Könnte die ganze Welt Heimat sein?<br />

5. Mit wem kann ich mir das Zusammenleben gut<br />

vorstellen und wer sollte lieber weit weg sein?<br />

Volksgruppen?<br />

Hinweis:<br />

Natürlich sind hier nach Belieben und Gruppe Fragen zu<br />

ergänzen oder weg zu lassen!<br />

(Quelle: Christian-0.Hille)


▲ Sonnenrad<br />

Von Inge R. Marcus (hier bearbeitet und gekürzt)<br />

Arbeitsblatt S. 35<br />

Ziel der Arbeit mit dieser Übung ist es, Zugehörigkeiten<br />

im sozialen Bezugsnetz des eigenen Lebensumfeldes<br />

zu identifizieren. Dabei geht es um ein Bewusstmachen<br />

und Bewusstwerden der eigenen Verhältnisse zu<br />

Personen und Gruppen bzw. der sozialen Bezüge für<br />

das individuelle und kollektive Leben, Lernen und Arbeiten.<br />

Im weiteren Verlauf werden die eigenen Bedürfnisse,<br />

Wünsche, Erwartungen etc. an diese Personen<br />

und Gruppen präzisiert und auch umgekehrt der anderen<br />

Seite an die eigene Person reflektiert. Zum Ende<br />

hin geht es um eine Motivierung der TeilnehmerInnen<br />

zu eigenständiger und selbstverantwortlicher Gestaltung<br />

der eigenen Beziehungen.<br />

Es kann durchaus sinnvoll sein, ein Anleitungsblatt zur<br />

Übung für die TeilnehmerInnen zu erstellen.<br />

Durchführung:<br />

In der Einführung sollte geklärt werden, was unter „Zugehörigkeiten“,<br />

„sich fühlen als“ und „Bezugsgruppen<br />

und -rahmen“ zu verstehen ist, wie: Tochter, Schwester,<br />

Freundin, Sportverein, Kiez, Nation. Die einzelnen<br />

Schritte sind flexibel zu handhaben:<br />

1. Jede/r füllt für sich (5 - 10) „Strahlen“ in ihrem<br />

Sonnerad aus.<br />

2. Die Resultate werden vorgetragen, wobei jeder<br />

beim Zuhören sein Sonnenrad und vergessene<br />

Bezüge mit einer anderen Farbe ergänzen kann.<br />

3. Austausch von allgemeinen Eindrücken zu dem<br />

entstandenen Bild und davon, wie die einzelnen<br />

26<br />

Bezüge das eigene Leben (Wohlbefinden, Lernen,<br />

Arbeiten etc.) beeinflussen.<br />

4. Ausfüllen des Randes, Ankreuzen der Symbole<br />

und Zeichen in Bezug auf die persönliche „Eintragung“<br />

im Sonnenrad: A gefühlte Bedeutung<br />

(viel – mittel – wenig), B Gefühl zur Beziehung<br />

(positiv – neutral – negativ). Auch mehrfaches<br />

Ankreuzen ist möglich und klärt sich im Gespräch.<br />

5. Austausch über die diesbezüglichen Erfahrungen.<br />

Je nach Gruppe in Partner- oder Gruppenarbeit.<br />

– Gegebenenfalls: Decken sich die „vergessenen“<br />

Strahlen mit einer negativen<br />

Bewertung?<br />

6. Austausch über Veränderungsmöglichkeiten:<br />

Welche „Einträge“ bzw. „Strahlen“ des Sonnenrades<br />

würde ich gern ändern/verbessern? Wie hätte<br />

ich die Beziehungen gern? Warum? Was<br />

müsste ich tun, um das zu erreichen?<br />

Gesamtauswertung<br />

1. Was hat mir die Arbeit am Sonnenrad gebracht?<br />

2. Wie ging es der Gruppe damit und was hat es<br />

der Gruppe gebracht?<br />

3. Austausch über die allgemeine Bedeutung unseres<br />

sozialen Bezugsnetzes für unsere Lebensgestaltung<br />

und -qualität und die der anderen in<br />

unserem Lebensumfeld.


Individual- versus Kollektivgesellschaft<br />

Ayla ist 16 Jahre alt und möchte an ein Happy End für<br />

ihre Liebe glauben. Sie sieht kein Hindernis darin, dass<br />

sie und Jaspers verschiedenen Kulturen angehören.<br />

Tatsächlich können in Berlin zwei fremde Welten existieren,<br />

die sich überhaupt nicht verstehen können und<br />

auch nicht wollen. Sie überschreitet mit ihrer Liebe viele<br />

Grenzen. Schließlich „beschmutzt“ sie mit ihrem Verhalten<br />

die Ehre ihrer Familie und muss dafür zahlen. Ein<br />

16jähriges Mädchen wird mit dem ambivalenten Begriff<br />

„Ehre“ (türk.: „namus“) konfrontiert. Bei der Erfüllung ihrer<br />

persönlichen Wünsche muss sie lernen, sich mit den<br />

zwei Welten zu arrangieren. Sie muss einen Kompromiss<br />

zwischen der Individualgesellschaft und der<br />

Kollektivgesellschaft finden.<br />

??? In was für einer Gesellschaft wollen wir leben?<br />

● Was bedeutet individuelle Gesellschaft?<br />

● Was bedeutet kollektive Gesellschaft?<br />

● Welche Unterschiede gibt es zwischen der individuellen<br />

Gesellschaft und der kollektiven Gesellschaft?<br />

● Was ist uns wichtig?<br />

● Welche politischen Konzepte, Prinzipien und<br />

Werte sollen auch in Zukunft eine wichtige Rolle<br />

in unserem Zusammenleben spielen?<br />

● An welchen Visionen sollten sich politische Entscheidungen<br />

orientieren?<br />

● Ist Gesellschaft nicht mehr als das Gleiche zu<br />

tun?<br />

● Wer bestimmt eigentlich die Richtung unserer<br />

28<br />

Gesellschaft?<br />

● Was braucht eine zufriedene Gesellschaft?<br />

Einige Antworten:<br />

● Ich möchte in einer Gesellschaft leben, in der<br />

niemand ausgegrenzt wird, sondern in der jeder<br />

in Würde seinen Platz zum Leben hat.<br />

● Ich möchte in einer Gesellschaft entschieden<br />

selbstbewusster, einander achtender Menschen<br />

aus allen Kulturen leben. Alle diese Menschen<br />

haben die gleichen Rechte. Ein Asylrecht, wie es<br />

das Grundgesetz anfangs vorsah, gilt. Schon<br />

wenn politisch Gestaltende laut darüber nachdenken,<br />

dass ein Stück mehr Überwachungsstaat<br />

nötig sei oder wenn durch die Sozialgesetzgebung<br />

Menschen in die Armut geführt<br />

werden, setzen Massenproteste ein. Die Menschen<br />

sind furchtlos und wachsam, sie wissen,<br />

dass das Leben Gefahren birgt, sie handeln danach<br />

und akzeptieren diesen Umstand.<br />

● in einer Gesellschaft, die sich nicht selbst durch<br />

Gedankenschranken einschränkt.<br />

● … in der man nicht frieren und hungern muss.<br />

● In einer, in der die Politiker auch zu ihrem Wort<br />

stehen!<br />

● In einer Gesellschaft , in der Menschen wissen,<br />

spüren und ahnen, wo unser kultureller Reichtum<br />

her kommt. Der Salat bspw. – wunderbar<br />

durch die Vielfalt seiner Zutaten – ist ein Sinnbild.<br />

● in einer Gesellschaft, die nicht nur aufs Äußere<br />

achtet, wo die inneren Werte mehr zählen als


das Aussehen, wo man sich gegenseitig respektiert<br />

und akzeptiert, wo es keinen Hass und keinen<br />

Krieg gibt.<br />

(Ein Projekt vom „Aktion Mensch“)<br />

Kulturelle Identität<br />

Unter Kultureller Identität versteht man das Zugehörigkeitsgefühl<br />

eines Individuums oder einer sozialen Gruppe<br />

zu einem bestimmten kulturellen Kollektiv. Dies<br />

kann eine Gesellschaft, ein bestimmtes kulturelles Milieu<br />

oder auch eine Subkultur sein. Identität stiftend ist<br />

dabei die Vorstellung, sich von anderen Individuen oder<br />

Gruppen kulturell zu unterscheiden, das heißt in einer<br />

bestimmten Anzahl gesellschaftlich oder geschichtlich<br />

erworbener Aspekte wie Sprache, Religion, Nation,<br />

Wertvorstellungen, Sitten und Gebräuche oder in sonstigen<br />

Aspekten der Lebenswelt. Die Gesichtspunkte,<br />

die eine kulturelle Identität prägen, sind heterogen und<br />

können auch zueinander im Widerspruch stehen.<br />

Kulturelle Identität entsteht also aus der diskursiven<br />

Konstruktion des „Eigenen“, die durch den Gegensatz<br />

zu einem wirklichen oder bloß vorgestellten „Anderen“<br />

hervorgerufen wird. Dieser Vorgang ist stark von Gefühlen<br />

geprägt, wobei das Eigene ein Sicherheits-, Geborgenheits-<br />

und Heimatgefühl vermittelt. Gegenüber<br />

dem „Anderen“ oder dem „Fremden“, das oft erst im<br />

Prozess der Bildung von Identität als solches definiert<br />

wird, kann sich Nichtwahrnehmung, Verunsicherung,<br />

Abneigung und sogar Hass entwickeln. Wenn eine<br />

Gruppe Unterdrückung, Ausbeutung, Ausgrenzung oder<br />

Diskriminierung erleidet, kann ihr die kollektive Identität<br />

ein Potenzial zur Selbstbehauptung verschaffen.<br />

29<br />

Dagegen drückt sich vor allem in traditionalen Gesellschaften<br />

die kulturelle Identität in einer unhinterfragten<br />

Identifikation mit der bestehenden Ordnung aus.<br />

Kulturelle Prozesse<br />

Das Leben bzw. das Aufwachsen im bikulturellen Kontext<br />

prägt in erster Linie die Mentalität des Heranwachsenden.<br />

Migrantenjugendliche nehmen kulturelle Differenzen<br />

früh wahr. Die Konfrontationen verlaufen zwar<br />

unterschiedlich, je nach Lebens-, und Familiengeschichte,<br />

aber die Vertrautheit mit der Differenz wirkt kontinuierlich.<br />

Es kann eine bikulturelle offene Lebenshaltung<br />

entstehen.<br />

Kultur ist kein statischer Begriff und eben das leben<br />

uns Immigrantenjugendliche vor. Sie zeigen uns, dass<br />

es Kultur als abstrakte Größe an sich nicht gibt, sondern<br />

nur kulturelle Prozesse.<br />

Die Ressourcen bikulturell Heranwachsender sind vielseitig.<br />

Beispiele:<br />

● Zweisprachigkeit<br />

● Zugehörigkeit zu mind. zwei Kulturwelten<br />

● Wahrnehmung der Koexistenz von zwei objektiv<br />

trennbaren Kulturwelten<br />

● Switchen in Sprache und Handeln<br />

● Relativierte, offene Sichtweise über kulturelle<br />

Vorgaben etc.<br />

Immigrantenjugendliche haben vor allem in der aktuellen<br />

Phase des gesellschaftlichen Wandels erst eine reelle<br />

Chance auf die Vermittlung des Reichtums ihrer bikulturellen<br />

Lebenswelten, wenn sie als einzelne Per-


sönlichkeiten an einem dialogischen Verhältnis wahrgenommen<br />

und anerkannt werden. Im Moment spiegelt<br />

ihnen die Gesellschaft dagegen vor, dass sie trotz deutscher<br />

Staatsangehörigkeit keine „echten“ Deutschen<br />

sein können. Jugendliche aus Migrantenfamilien merken<br />

in ihrem Alltag, wie ihnen durch strukturelle Benachteiligung<br />

und noch stärker durch resistente Vorurteile Einstiegs-<br />

und Aufstiegschancen in der Gesellschaft verwehrt<br />

werden.<br />

(vgl.:Tarek Badawia:, „zweiheimisch“ eine innovative Integrationsformel;<br />

in: Cornelia Spohn (Hrsg.), zweiheimisch. Bikulturell leben in<br />

Deutschland)<br />

Text: Zerissenheit<br />

„Ich wanderte täglich zwischen zwei Welten und wurde<br />

von meinen Gefühlen und Gedanken zerrissen. Zu Hause<br />

musste ich die Türkin sein, die traditionell leben und<br />

denken sollte. In der Schule war ich mit der deutschen<br />

Kultur konfrontiert, in der mir mehr Freiraum geboten<br />

wurde. Hier durfte ich eine eigene Persönlichkeit entwickeln,<br />

während mir zu Hause ständig Vorschriften gemacht<br />

wurden, wie ich als Türkin zu sein hätte. In meiner<br />

Familie wurde ich in erster Linie darauf vorbereitet,<br />

irgendwann zu heiraten und meinem Ehemann und meinen<br />

Gästen das Leben angenehm zu gestalten. In der<br />

Schule wurde mir hingegen vermittelt, dass ich viel lernen<br />

und eine Berufsausbildung machen sollte, um<br />

selbstständig und selbstbestimmt zu leben.“<br />

(Seyran Ates: Große Reise ins Feuer. Die Geschichte einer deutschen<br />

Türkin, S.79ff.)<br />

30<br />

Text: Bikulturalität als Reichtum<br />

„Als ich mit dem Studium fertig war, wurde ich gefragt,<br />

ob ich mir vorstellen könnte, in die Türkei zurückzukehren.(...)<br />

Ich habe mich lange auf Gespräche zu dieser<br />

Frage eingelassen. Bis ich festgestellt habe, dass ich<br />

dahin gehöre, wo ich gerade bin. Ich entscheide mich,<br />

meinen Lebensumständen entsprechend jeweils neu,<br />

wo ich gerade im Leben hingehöre und stehe. Meine Bikulturalität<br />

empfinde ich inzwischen als Reichtum und<br />

nicht als latente Schizophrenie. Ich spreche, empfinde,<br />

denke und träume in zwei Sprachen und bin geprägt<br />

von zwei Kulturen, die sich ergänzen, ähneln, aber auch<br />

widersprechen. Das macht mich vielfältiger und offener<br />

für andere Kulturen. Mir ist die Möglichkeit gegeben,<br />

Verbindungen zwischen den Kulturen herzustellen, die<br />

etwas Neues ergeben, etwas, was andere in meiner Situation<br />

ähnlich erleben, aber auch Verbindungen, die<br />

nur mich betreffen.<br />

Die berühmten zwei Stühle, zwischen denen wir angeblich<br />

sitzen sollen, existieren nicht. Sie existieren nur in<br />

den Köpfen von Menschen, denen es schwer fällt, sich<br />

außerhalb ihrer festgefahrenen Strukturen zu bewegen<br />

oder, besser gesagt, sich zu setzen. (...) Als Migrantin<br />

habe ich gelernt, mich auf vielen Stühlen wohl zu fühlen.<br />

Wir setzen uns mal dort- und mal da hin. Das Hin<br />

und Her zwischen den Kulturen ist keine Zerissenheit,<br />

es bringt uns nicht in ständige Konflikte, sondern bereichert<br />

unser Leben.“<br />

(Seyran Ates: Große Reise ins Feuer. Die Geschichte einer deutschen<br />

Türkin, S.249f.)


Glossar<br />

5 Säulen des Islam<br />

1. sahada: Annahme des Islam als Religion<br />

2. salat: 5 x tägliches Ritualgebet<br />

3. saum: Fasten im Monat Ramadan<br />

4. zakat: Abgabe der Almosensteuer<br />

5. mekka: Eine Reise nach Mekka<br />

Islamisch und muslimisch<br />

„Islamisch“ nennt man Dinge, die zum Islam gehören, wie der<br />

Koran und die Sunna, „muslimisch“ nennt man Dinge, die von<br />

den Muslimen stammen, Muslimen gehören oder auf die Praxis<br />

von Muslimen zurückgeht.<br />

Es gibt im Islam unterschiedliche Glaubensrichtungen, zum<br />

Beispiel Sunnismus, Alevitismus, Schiismus. Diese unterscheiden<br />

sich in den Werten, Normen und in der Kultur. Sie<br />

haben ihren Ursprung in der Geschichte der Stammesführer,<br />

die ihrem Volk von der Ursprungsreligion Islam, die der Prophet<br />

offenbarte, voneinander abweichende Interpretationen<br />

mitteilten.<br />

Klischee<br />

Ein Klischee ist eigentlich eine Druckvorlage aus Metall zum<br />

Drucken von Büchern. Auf deutsch sagt man auch „Abklatsch“<br />

dazu. In der Umgangssprache entstand daraus die<br />

Bedeutung eines starren Denkbildes, eines Vorurteils. Klischees<br />

sind also starre und verallgemeindernde Bilder über<br />

Personen oder Gruppen. Einerseits brauchen wir solche Bilder,<br />

um unsere Umwelt zu verstehen und einen Sinn in der<br />

Welt zu entdecken, andererseits bergen sie die Gefahr, dass<br />

wir einzelne Situationen falsch einschätzen und Menschen<br />

damit Unrecht tun.<br />

31<br />

Kultur<br />

Kultur ist ein für eine größere Gruppe von Menschen gültiges<br />

Sinnsystem oder – aus anderer Perspektive betrachtet – die<br />

Gesamtheit der miteinander geteilten verhaltensbestimmenden<br />

Bedeutungen. Wissenssoziologisch könnte man Kultur<br />

auch als das einem Kollektiv gemeinsame „Wissen“ kennzeichnen,<br />

d. h. Als die im Bewusstsein seiner Mitglieder verankerten<br />

Erwartungen hinsichtlich üblicher Verhaltensweisen,<br />

Werthaltungen, sozialer Deutungsmuster und Weltbilder.<br />

Solche Erwartungen werden im Verkehr der Gesellschaftsmitglieder<br />

untereinander als selbstverständlich vorausgesetzt.<br />

Migration<br />

Migration bedeutet wörtlich „Wanderung“. Wenn man selbst<br />

oder die Eltern, Großeltern aus einem andern Land eingewandert<br />

sind, dann spricht man von einem Migrationshintergrund.<br />

Parallelgesellschaft<br />

Von einer Parallelgesellschaft kann gesprochen werden,<br />

wenn sich z. B. eine Subkultur von den Grundsätzen der übergeordneten<br />

Kultur entfernt oder sogar im Widerspruch zu<br />

dieser steht, wenn z. B. In Deutschland das Rechtssystem<br />

nicht mehr anerkannt wird. Bei den sogenannten Ehrenmorden<br />

und der Zwangsheirat, wer den die Menschenrechte und<br />

auch das deutsche Recht nicht akzeptiert, sondern man beruft<br />

sich auf die Scharia)<br />

Scharia<br />

Der Begriff „Scharia“ wird heute meistens in der Bedeutung<br />

von „islamisches Recht“ verwendet. Die Besonderheit dieses<br />

Rechts ist, dass es sich direkt auf Gott beruft. Nicht die Menschen<br />

schaffen das Recht in dieser Vorstellung, sondern


Gott. Die Menschen müssen es allerdings erkennen, was gar<br />

nicht so leicht ist, denn die Scharia ist kein Buch. Die erste<br />

Quelle der Rechtsfindung im Islam ist der Koran, im Verständnis<br />

der Muslime das Wort Gottes. Das Schwierige ist, dass der<br />

Koran zwar rechtliche Vorschriften enthält, aber kein vollständiges<br />

Gesetzbuch ist und nicht alle menschlichen Belange<br />

abdeckt. Die zweite Quelle der Scharia ist die sogenannte<br />

Sunna, die Worte und Taten des islamischen Propheten<br />

Mohammed.<br />

Subkultur<br />

Subkulturen sind Unterkulturen, die sich innerhalb einer größeren<br />

Kultur ausbilden. Sie haben häufig eine eigene Sprache,<br />

eigene Kleidungsstücke und Vorbilder. Sie treffen sich<br />

und pflegen ihre Kultur: Taubenzüchter, Grufties, Punks etc.<br />

Sie sind oft komplex und nicht einheitlich.<br />

Sunna<br />

Worte, Taten und Bräuche des islamischen Proheten Mohammed<br />

32


Kontaktadressen<br />

AKARSU e.V.<br />

Oranienstr. 25<br />

10999 Berlin<br />

Tel: 030/61 67 6930 und 030/61 67 69 33<br />

E-Mail: info@akarsu-ev.de<br />

www.akarsu-ev.de<br />

Beraberce e.V.<br />

Wilhelmshavener Straße 61<br />

10551 Berlin<br />

Telefon: 030/3967561<br />

Fax: 030/38975110<br />

maedchenverein@beraberce.de<br />

www.beraberce.de<br />

Beratungsstelle für Mädchen und junge Frauen<br />

Gutzkowstraße 7<br />

10827 Berlin-Schöneberg<br />

Telefon: 030/7842687<br />

lebenlernenberatung@t-online.de<br />

www.lebenlernenberlin.de<br />

BIG Hotline<br />

Postfach 304105<br />

10756 Berlin<br />

Telefon: 030/6110300<br />

Frauenberatung Tara<br />

Ebersstraße 58<br />

10827 Berlin-Schöneberg<br />

Telefon: 030/78718340<br />

FrauenKrisenTelefon e.V.<br />

Telefon: 030/6154243<br />

Telefon: 030/6157596 (muttersprachliche Beratung)<br />

www.das-beratungsnetz.de<br />

33<br />

Frauenberatungsstelle Bora<br />

Berliner Allee 130<br />

13088 Berlin<br />

Tel. (Beratung): 030/927 47 07<br />

Tel. (Büro): 030/925 37 73<br />

E-Mail: beratungsstelle@frauenprojekte-bora.de<br />

www.frauenprojekte-bora.de<br />

Gleichstellungsbeauftragte des Bezirkes Friedrichshain-Kreuzberg<br />

Petra Koch-Knöbel<br />

Telefon: 030/90298-4111/-4109<br />

petra.koch-knoebel@ba-fk.verwalt-berlin.de<br />

INTERKULTURELLE INITIATIVE<br />

Beratungsstelle:<br />

Interkulturelle Initiative e.V.<br />

Martin-Buber-Str.12<br />

14135 Berlin<br />

Tel: 030/801 959 80 oder 030/801 959 81<br />

E-Mail:info@interkulturellesfrauenhaus.de<br />

www.interkulturellesfrauenhaus.de<br />

Wohnprojekt:<br />

Interkulturelles Wohnprojekt<br />

Postfach 37 05 42<br />

Tel: 030/80 10 80 10<br />

14135 Berlin<br />

Frauenhaus:<br />

Interkulturelles Frauenhaus<br />

Postfach 37 02 32<br />

Tel: 030/80 10 80 50<br />

14135 Berlin<br />

JugendNotDienst/Mädchennotdienst<br />

Mindener Straße 14<br />

10589 Berlin-Charlottenburg<br />

Telefon: 030/610062 oder 610063 (Mädchen)<br />

jndberlin@t-online.de


MÄDCHENNOTDIENST Wildwasser e.V.<br />

Mädchennotdienst Wildwasser e.V.<br />

Bornemannstr. 12<br />

13359 Berlin<br />

Tel: 030/21003990<br />

E-Mail: maedchennotdienst@wildwasser-berlin.de<br />

www.wildwasser-berlin.de<br />

MaDonnaMädchenkult.Ur e.V.<br />

Falkstr. 26<br />

12053 Berlin<br />

Telefon: 030/621 20 43<br />

Fax: 030/621 20 48<br />

Madonnamaedchenpower@web.de<br />

www.madonnamaedchenpower.de<br />

Papatya<br />

E-Mail (für Beratung): beratung@papatya.org<br />

E-Mail (allgemein): info@papatya.org<br />

www.papatya.org<br />

SOLWODI Berlin<br />

Postfach 440645<br />

12006 Berlin<br />

Tel.: 030/81 00 11 70, Fax: 810011719<br />

E-Mail: berlin@solwodi.de<br />

www.solwodi.de<br />

TIO e.V.<br />

TIO – Beratungsstelle für Migrantinnen<br />

Köpenicker Str. 9b<br />

10997 Berlin<br />

Tel: 030/612 2050 und 030/610 76 361<br />

E-Mail: tio-ev@gmx.de<br />

www.tio-berlin.de<br />

Türkischer Frauenverein Berlin e.V.<br />

Jahnstraße 3<br />

10967 Berlin-Kreuzberg<br />

Telefon: 030/6923956<br />

tuerkischer.frauenverein@gmx.net<br />

www.tuerkischerfrauenverein-berlin.de<br />

34


Literaturverzeichnis<br />

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Ate ş,<br />

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Ate ş,<br />

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Eine Streitschrift. Ullstein, Berlin 2009<br />

Bielefeldt, Heiner: Zwangsheirat und multikulturelle Gesellschaft,<br />

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Faridi, Ben: Aber Aisha ist doch nicht euer Eigentum! Verlag<br />

an der Ruhr 2005<br />

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Freunde haben, Freunde sein, Didaktische Anregungen und<br />

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und Weiterbildung, Druck Verlag Kettler GmbH<br />

Fromm, Erich: Die Kunst des Liebens, Ullstein 2005<br />

Gemeinsam erwachsen werden, Selbstfindung – Freundschaft<br />

– Glück, Ethik, Sek 1, Verlag Militzke, Berlin 2009<br />

Gewalt im Namen der Ehre, Leitfaden zum Schutz junger<br />

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sind: www.netzwerk-gegen-gewalt.de<br />

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Herzflattern, Buchtipps für Jugendliche, Hg: proFamilia 2006<br />

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Interkultureller Dialog, Islam und Gesellschaft Nr. 7, Religion<br />

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Kelek, Necla: Die Fremde Braut. Ein Bericht aus dem Inneren<br />

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Kultus, Eva: Der Preis der Freiheit, 10 Jahre in Leben einer<br />

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Kunz, Daniel: Integration von Jugendlichen aus Zuwanderungsfamilien<br />

– eine Aufgabe der pro familia-Sexualpädagogik,<br />

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Losche, Helga: Interkulturelle Kommunikation, Sammlung<br />

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Mees, Ulrich, Psychologe am Institut zur Erforschung von<br />

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Spohn, Cornelia (Hrsg.): zweiheimisch – Bikulturell leben in<br />

Deutschland, bpb 2006<br />

Sponsel, Rudolf (DAS): Über Liebe - Materialien zu Partnerschaftsproblemen.<br />

Aus unserer Abteilung Sozialpsychologie,<br />

Bereich Psychologie der Beziehungen. IP-GIPT. Erlangen:<br />

http://www.sgipt.org/gipt/sozpsy/bez/m_liebe0.htm<br />

Toprak, Ahmet: „Auf Gottes Befehl und mit dem Worte des<br />

Propheten“ Auswirkungen des Erziehungsstil auf die Partner-<br />

36<br />

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Toprak, Ahmet: Jungen und Gewalt. Die Anwendung der konfrontativen<br />

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Toprak, Ahmet: Das schwache Geschlecht – die türkischen<br />

Männer, Zwangsheirat, häusliche Gewalt, Doppelmoral der<br />

Ehre, Lambertus 2007<br />

Trutwin, Werner: Die Weltreligionen, Islam, PATMOS<br />

Wagner, Wolf: Familienkultur, EVA 2003<br />

Zwangsverheiratung. Hg: Berliner AK gegen Zwangsverheiratung,<br />

Berlin 2007<br />

Zwangsverheiratung bekämpfen – Betroffene wirksam schützen.<br />

Hg: Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen<br />

und Jugend 2009<br />

Zwangsverheiratung in Deutschland, Deutsches Institut für<br />

Menschenrechte Band 1, Forschungsreihe des Bundesministeriums<br />

für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Nomos Verlag<br />

Zwangsverheiratung: Risikofaktoren und Ansatzpunkte zur<br />

Intervention, Rainer Strobl<br />

und Olaf Lobermeier, Hg: Bundesministeriums für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend


37<br />

Impressum<br />

Herausgeber: ATZE Musiktheater<br />

– Theaterpädagogik –<br />

Luxemburger Straße 20<br />

13353 Berlin<br />

Telefon: (030) 69 56 93 87<br />

paedagogen@atzeberlin.de<br />

www.atzeberlin.de<br />

Redaktion: Tanja Pfefferlein<br />

Texte: Hülya Karci<br />

Tanja Pfefferlein<br />

Torsten Böhm<br />

Christian-O. Hille

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