Frauen in den Panchayats - Das Hunger Projekt
Frauen in den Panchayats - Das Hunger Projekt
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„Die Demokratie ist nicht nur das Ziel der Entwicklung,<br />
Amartya Sen, Nobelpreisträger<br />
sie ist das vorrangige Mittel, um Entwicklung voranzutreiben.“<br />
kommunale demokratische Selbstverwaltungsgremien<br />
auf Dorf-, Landkreis- und Bezirksebene<br />
vor, die als <strong>Panchayats</strong> bezeichnet wer<strong>den</strong>.<br />
Die revolutionäre Neuerung ist, dass e<strong>in</strong> Drittel<br />
aller Sitze <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Panchayats</strong> <strong>Frauen</strong> vorbehalten<br />
ist. Damit übernehmen <strong>Frauen</strong>, deren<br />
Leben seit Jahrhunderten von Machtlosigkeit,<br />
Unterernährung und mangelnder Bildung geprägt<br />
ist, bei der Entscheidung über die Zukunft<br />
ihrer Dörfer <strong>in</strong> genau diesen Belangen e<strong>in</strong>e<br />
führende Rolle.<br />
Diese Revolution verläuft nicht ohne<br />
Widerstand. Gesellschaftliche und politische<br />
Eliten unternehmen <strong>in</strong> vielen Bereichen <strong>den</strong><br />
Versuch, die <strong>Panchayats</strong> zu unterm<strong>in</strong>ieren und<br />
kle<strong>in</strong> zu machen, da sie diese als Bedrohung<br />
ihres Machtmonopols und ihrer dom<strong>in</strong>ieren<strong>den</strong><br />
Rolle <strong>in</strong> der Gesellschaft wahrnehmen.<br />
Dem demokratischen Wandel steht e<strong>in</strong>e tief<br />
verwurzelte, patriarchalische und feudale Auffassung<br />
entgegen, dass die <strong>Panchayats</strong> – und<br />
natürlich <strong>Frauen</strong> <strong>in</strong> Führungspositionen –<br />
zum Scheitern verurteilt s<strong>in</strong>d. Die Kräfte, die<br />
sich der Basisdemokratie verweigern, s<strong>in</strong>d<br />
dieselben Kräfte, die dafür sorgen, dass die<br />
Unterdrückung von <strong>Frauen</strong> fortbesteht.<br />
Die wirkungsvollste Strategie für Indiens<br />
Zukunft ist deshalb die Stärkung der e<strong>in</strong>e<br />
Million <strong>Frauen</strong>, die als lokal gewählte Vertreter<strong>in</strong>nen<br />
<strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Panchayats</strong> Führungsaufgaben<br />
übernommen haben. Die dafür notwendigen<br />
Strategien und Maßnahmen wer<strong>den</strong> zur Zeit<br />
von e<strong>in</strong>em Netzwerk engagierter BürgerInnen<br />
und Organisationen aller Gesellschaftsschichten<br />
geplant bzw. bereits durchgeführt.<br />
Grundlegende Fakten über die <strong>Panchayats</strong><br />
• Tradition: <strong>Panchayats</strong> s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e alte Form der kommunalen Selbstverwaltung,<br />
die auf der Vorstellung basieren, dass Gott anwesend<br />
sei, wenn fünf Dorfälteste (panch) zusammen kommen.<br />
• Dörfliche Selbstverwaltung (gram swaraj) war e<strong>in</strong>es der Ziele der<br />
<strong>in</strong>dischen Freiheitsbewegung unter Gandhi, wurde 1951 jedoch<br />
nicht <strong>in</strong> der <strong>in</strong>dischen Verfassung verankert.<br />
• Bis <strong>in</strong> die sechziger Jahre bildeten die <strong>Panchayats</strong> das Fundament<br />
für ländliche Entwicklung <strong>in</strong> <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> ersten Fünfjahresplänen<br />
Indiens. Mit zunehmender Bürokratisierung waren die <strong>Panchayats</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>den</strong> meisten Bundesstaaten zum Sterben verurteilt.<br />
• Der 1992 vom <strong>in</strong>dischen Parlament angenommene 73. Zusatzartikel<br />
zur Verfassung trat im April 1993 nach langen Jahren landesweiter<br />
Diskussionen und Debatten <strong>in</strong> Kraft. Premierm<strong>in</strong>ister Rajiv Ghandi<br />
war e<strong>in</strong> engagierter Verfechter der Wiedere<strong>in</strong>führung der <strong>Panchayats</strong>.<br />
• Umsetzung auf Bundesstaatenebene: Der Zusatzartikel schrieb vor,<br />
dass jeder Bundesstaat bis April 1994 se<strong>in</strong> eigenes Panchayat-Gesetz<br />
verabschie<strong>den</strong> bzw. ändern und bis April 1995 Wahlen abhalten<br />
müsse.<br />
• E<strong>in</strong> 3-Stufen-System: Der Zusatzartikel fordert die E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es<br />
Systems der kommunalen Selbstverwaltung auf drei Ebenen: Dorf-<br />
(gram panchayat), Landkreis- (panchayat samity, unterste Verwaltungsebene,<br />
umfasst 10 – 20 <strong>Panchayats</strong>), und Bezirksebene (zila<br />
panchayat, umfasst 4 – 10 Landkreise).<br />
• Dorfversammlungen (gram sabha): Um im S<strong>in</strong>ne der Basisdemokratie<br />
sicherzustellen, dass alle DorfbewohnerInnen e<strong>in</strong>es Wahlkreises<br />
aktiv mitentschei<strong>den</strong>, müssen die <strong>Panchayats</strong> mehrmals im<br />
Jahr Dorfversammlungen mit e<strong>in</strong>er bestimmten M<strong>in</strong>destzahl von<br />
BürgerInnen abhalten.<br />
• Quotensystem: Die Verfassungsergänzung sieht Quoten für <strong>Frauen</strong>,<br />
Kastenlose und Ure<strong>in</strong>wohner vor, also <strong>den</strong>jenigen Mitgliedern der<br />
Gesellschaft, die über die wenigsten Mitspracherechte verfügen. Auf<br />
Dorf-, Landkreis- und Bezirksebene wer<strong>den</strong> e<strong>in</strong> Drittel aller Sitze –<br />
e<strong>in</strong>schließlich aller Panchayatvorsitze – für <strong>Frauen</strong> vorbehalten.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus wer<strong>den</strong> für Kastenlose und Ure<strong>in</strong>wohner entsprechend<br />
ihrem Bevölkerungsanteil ebenfalls Sitze reserviert.<br />
• Delegation von Macht: Der Zusatzartikel benennt 29 Bereiche, die<br />
Hauptaspekte der Dorfverwaltung betreffen und <strong>in</strong> <strong>den</strong>en die Bundesstaaten<br />
ihre Kompetenzen, sowie ausreichende F<strong>in</strong>anzmittel und<br />
ihre Entscheidungsbefugnis an die <strong>Panchayats</strong> delegieren können.<br />
• Von diesen 29 Tätigkeitsbereichen liegen, unabhängigen Beobachtern<br />
zufolge, mehr als die Hälfte vornehmlich <strong>in</strong> der alltäglichen Verantwortung<br />
von <strong>Frauen</strong>.<br />
• In der Praxis haben die meisten Bundesstaaten bisher kaum Macht<br />
und wenig f<strong>in</strong>anzielle Mittel an die <strong>Panchayats</strong> abgetreten.<br />
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