Zum Download - Deutsches Institut für Ärztliche Mission eV
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© Difäm © Difäm<br />
papua Neuguinea<br />
Eingangstafel einer<br />
Aidsberatungsstelle in<br />
Papua-Neuguinea.<br />
Jungen und Männer<br />
müssen in der<br />
Aidsarbeit in<br />
Papua-Neuguinea<br />
noch verstärkt erreicht<br />
werden.<br />
frauen tragen schwer<br />
Welche Rolle spielt das Verhältnis zwischen Männern und Frauen <strong>für</strong> die Verbreitung von HIV und<br />
Aids? Im Juli 2009 reiste Difäm-Referentin Dr. Elisabeth Schüle nach Papua-Neuguinea, um verschiedene<br />
kirchliche Gesundheitsprojekte zum Thema HIV und Aids zu beraten. Im Gespräch mit ihr<br />
erfuhr Regina Seitz, warum es heute so wichtig ist, die Beziehungen zwischen den Geschlechtern<br />
enger in den Blick zu nehmen.<br />
In den letzten Jahren hat sich die<br />
Anzahl der Frauen, die HIV-positiv<br />
getestet werden, deutlich erhöht.<br />
Geschätzt wird, dass der Anteil der<br />
Frauen gegenüber den Männern<br />
noch wachsen wird. Woran liegt<br />
das? <strong>Zum</strong> einen haben Frauen biologisch<br />
ein höheres Risiko, sich bei<br />
einem infizierten Mann anzustecken,<br />
als umgekehrt. Dazu kommen<br />
weitere Gründe, die das Risiko<br />
<strong>für</strong> Frauen erhöhen. Ins Zentrum der<br />
Betrachtung rücken dabei die Beziehungen<br />
zwischen Eheleuten oder<br />
Paaren: Wie gehen sie miteinander<br />
um? Wer verfügt über Geld? Wer<br />
trifft Entscheidungen? Wird dem<br />
jeweils anderen Respekt entgegengebracht?<br />
Welchen Einfluss haben<br />
die gesellschaftlichen Normen und<br />
Werte auf die Beziehungen? Studien<br />
zeigen, dass es eine enge Beziehung<br />
zwischen HIV-Infektion und ungleichen<br />
Machtverhältnissen zwischen<br />
Männern und Frauen gibt.<br />
„Es klopft an der Tür unseres Büros.<br />
Die Tür öffnet sich und eine Frau tritt<br />
ein. Ein kleiner Junge klammert sich<br />
an ihren Rock. Sie sieht verzweifelt<br />
aus und der Junge beginnt zu weinen,<br />
als sie sich hinsetzt. Ich warte<br />
eine Weile, ehe ich sie anspreche und<br />
begrüße. Als nächstes beruhige ich<br />
den Jungen und biete ihm ein Sandwich<br />
an. Nach einem kleinen Vorgespräch<br />
wird die Frau ruhiger und<br />
fängt an, unterbrochen von Schluchzern,<br />
ihre Geschichte zu erzählen:<br />
‚Mein Mann hat begonnen, Alkohol<br />
zu trinken, er vertrinkt fast sein ganzes<br />
Gehalt. Wir leiden oft Hunger und<br />
meine zwei Kinder weinen die ganze<br />
Zeit. Ich glaube, er hat Affären mit<br />
anderen Frauen, und ich habe solche<br />
Angst, mich mit HIV zu infizieren.<br />
Er denkt, ich sei sein Eigentum, und<br />
ganz selten sitzen wir zusammen und<br />
sprechen über unsere Probleme. Wir<br />
können gar nicht richtig miteinander<br />
sprechen. Ich habe solche Angst, was<br />
kann ich tun?’“<br />
Wir sind in Papua-Neuguinea, dem<br />
Land mit der höchsten HIV-Infektionsrate<br />
im pazifischen Raum. Aus<br />
den wenigen Sätzen der verzweifelten<br />
Frau wird deutlich, dass ihre<br />
Ehe <strong>für</strong> sie zu einem erheblichen<br />
HIV-Infektionsrisiko geworden ist.<br />
So wie ihr geht es sehr vielen Frauen<br />
in Papua-Neuguinea. Vertreter kirchlicher<br />
Gesundheitsprojekte beschreiben,<br />
welche Gründe sie <strong>für</strong> diese<br />
Situation sehen: „Die Gesellschaft<br />
akzeptiert, dass Männer außereheliche<br />
Beziehungen haben. In der<br />
Regel sind die Frauen bei der Heirat<br />
sehr jung. Die Eheleute haben nicht<br />
gelernt, über Probleme zu reden<br />
- schon gar nicht über Sex, das ist<br />
auch gesellschaftlich ein Tabuthema.<br />
Entscheidungen werden in der<br />
Regel von Männern getroffen, die oft<br />
das Einkommen erwirtschaften und<br />
darüber verfügen. Männer sehen<br />
Frauen als ihr Eigentum an. Ihr Bild<br />
von Männlichkeit führt dazu, dass<br />
sie den Gebrauch von Kondomen<br />
eher ablehnen. Insbesondere in der<br />
eigenen Ehe ist es zudem ein offenes<br />
Zeichen von Misstrauen, wenn einer<br />
der Partner Kondome einfordert.<br />
Der übermäßige Konsum von Alko-<br />
D i f Ä M • G E s u N D h E i t i N D E r E i N E N W E l t • 5 / 0 9<br />
hol oder Drogen führt häufig auch<br />
noch zu häuslicher Gewalt gegenüber<br />
Frauen.“ Um jedoch die Schuld<br />
nicht einseitig nur den Männern<br />
zuzuschreiben, betonen sie, dass<br />
auch Frauen nicht nur passiv oder<br />
Opfer sind, sondern ebenso außereheliche<br />
Beziehungen eingehen, um<br />
der familiären Situation zu entfliehen<br />
oder um ein Zusatzeinkommen<br />
zu erlangen. Auf diese Weise tragen<br />
auch sie zum Infektionsrisiko bei.<br />
Veränderung ist möglich<br />
In der Beratungsstelle hat man schon<br />
einiges erreicht: Durch die Beratungs-<br />
und Seelsorgearbeit gelingt es<br />
immer öfter, dass Frauen und Männer<br />
über ihre Konflikte miteinander<br />
ins Gespräch kommen. Und obwohl<br />
bisher nur Frauen in der Beratung<br />
tätig sind, kommen zunehmend<br />
auch Männer und suchen Rat. Die<br />
Integration von Jungen und Männern<br />
in HIV-Präventionsprogramme<br />
vor Ort gelinge weltweit noch viel<br />
zu selten, hebt Elisabeth Schüle<br />
hervor. Denn es gelte, die psychosozialen<br />
Fähigkeiten aller Menschen<br />
zu fördern: „Jungen und Mädchen,<br />
Männer und Frauen müssen lernen,<br />
miteinander zu reden, aufeinander<br />
zu hören, einander zu achten und<br />
zu respektieren. Auch dies kann<br />
man üben, und es gibt hier<strong>für</strong> sehr<br />
gute Anleitungen, die den Organisationen<br />
vor Ort zur Verfügung stehen<br />
sollten. HIV-Präventionsprogramme<br />
sollten nicht nur aufklären, wie das<br />
HI-Virus übertragen wird und man<br />
sich schützen kann. Sondern es gilt,<br />
sich über die eigene Rolle als Frau<br />
oder Mann klar zu werden und auf<br />
Veränderungen hinzuwirken. Für<br />
Männer bedeutet das zum Beispiel,<br />
respektvoller mit Frauen umzugehen<br />
und ihre Macht nicht zu missbrau-