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Heft 5 2009, 60. Jahrgang<br />

Nachrichten aus der<br />

<strong>Ärztliche</strong>n <strong>Mission</strong><br />

Gesundheit in<br />

der Einen Welt<br />

Schwerpunktthema:<br />

Geschlechtergerechtigkeit und Aids:<br />

Handlungsfelder <strong>für</strong> Kirchen<br />

Papua-Neuguinea:<br />

Frauen tragen schwer<br />

Äthiopien:<br />

50 Grad und mehr –<br />

Gesundheitsversorgung ist möglich


i N h a l t<br />

anstöße 3<br />

„Mensch ist Menschen“<br />

schwerpunktthema 4<br />

Geschlechtergerechtigkeit und Aids:<br />

Handlungsfelder <strong>für</strong> Kirchen<br />

taifun trifft Menschen in Kambodscha 6<br />

Menschen brauchen unsere hilfe 7<br />

Kenia: Medizin hilft nichts, wenn Menschen hungern<br />

Malawi: pharmazeutische Ausbildung gefördert<br />

frauen tragen schwer 8<br />

Geschlechtergerechtigkeit wichtig <strong>für</strong> Prävention<br />

von HIV und Aids<br />

Äthiopien 10<br />

50 Grad und mehr:<br />

Gesundheitsversorgung ist möglich<br />

Veranstaltungen 11<br />

publikationen und termine 12<br />

Namen und Nachrichten 12<br />

Herausgeberin: Dr. Gisela Schneider, Direktorin<br />

Redaktion: Dr. Ramona Gresch-Bruder, ViSdP (rgb)<br />

Regina Seitz (rs)<br />

Verlag Difäm e.V.<br />

(<strong>Deutsches</strong> <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Ärztliche</strong> <strong>Mission</strong> e.V.)<br />

Paul-Lechler-Straße 24 · 72076 Tübingen<br />

Telefon (07071) 206512 · Telefax (07071) 206510<br />

Internet: www.difaem.de · E-Mail: info@difaem.de<br />

Spendenkonto:<br />

Ev. Kreditgenossenschaft Stuttgart<br />

406660 (BLZ 520 604 10)<br />

Gestaltung und Satz: Werbeatelier Waiblinger, Tübingen<br />

Druck: BruderhausDiakonie, Reutlingen<br />

Nachdruck gegen Beleg und Quellenangabe frei<br />

Titelbild: Difäm, Seite 2, 3, 4, 7-9,11: Difäm<br />

Seite 5: Weber, Seite 6: Freund,<br />

Seite 10: Ulrich Metz/Schwäbisches Tagblatt<br />

Erscheinungsdatum: November 2009<br />

i M p r E s s u M<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

D i f Ä M • G E s u N D h E i t i N D E r E i N E N W E l t • 5 / 0 9<br />

E D i t o r i a l<br />

wir feiern Advent – eine besondere Zeit des Jahres.<br />

„Es wird nicht dunkel bleiben über denen,<br />

die in Angst leben“, sagte schon der Prophet<br />

Jesaja viele Jahre vor der Geburt Jesu. Und dann<br />

kam dieser besondere Moment, als Gott zu einer<br />

jungen Frau sprach und sie erwählte, damit das<br />

Wunder von Weihnachten Wirklichkeit werden<br />

konnte. Gott kommt mitten in unsere Welt hinein,<br />

verwundbar und klein, als Kind in der Krippe. Und es ist eine Frau, die<br />

bereit ist, sich in dieses Geheimnis hineinnehmen zu lassen.<br />

Frauen stehen heute im Mittelpunkt der HIV/Aids-Epidemie. Viele leben<br />

in Situationen, in denen sie sich nicht schützen können und keine Rechte<br />

haben. Zwei unserer Artikel beschäftigen sich mit dieser Problematik und<br />

zeigen uns auf, was getan werden kann und muss.<br />

Am 1. Dezember ist Weltaidstag. Es ist noch ein Jahr, bis im Dezember 2010<br />

weltweit alle bedürftigen Menschen Zugang zu Behandlung, Prävention,<br />

Pflege und Unterstützung haben sollten. Dies hatten die Mitgliedsländer<br />

der Vereinten Nationen im Jahr 2001 beschlossen. Auch wenn heute bereits<br />

vier Millionen Menschen Zugang zu lebensrettender Therapie haben, bleibt<br />

noch viel zu tun – deshalb werden wir uns auch in Zukunft sehr um dieses<br />

Anliegen kümmern.<br />

Die Bilder der Erdbebenopfer in Sumatra, der Opfer des Wirbelsturmes in<br />

Südostasien sowie der schweren Dürre und Nahrungsmittelkrise in Ostafrika<br />

führen uns eindringlich vor Augen, wie dunkel es an vielen Stellen dieser<br />

Welt ist. Auch dort wird Weihnachten gefeiert. Das Difäm hat Partner vor<br />

Ort, die helfen, die Not zu lindern. Valerie Browning ist eine von ihnen.<br />

Sie hat uns besucht und ich bin tief beeindruckt von dem, was sie unter<br />

unglaublich schwierigen Bedingungen geleistet hat.<br />

In diesem Jahr haben wir unser 50-jähriges Jubiläum der Arzneimittelhilfe<br />

begangen. Wir freuen uns über alle, die mitgefeiert haben und unser Anliegen<br />

unterstützen, einheimische Mitarbeitende pharmazeutisch auszubilden.<br />

Lesen Sie in diesem Heft über Annie Tsokalida aus Tansania, die dank dieser<br />

Unterstützung ihre Ausbildung abschließen kann.<br />

Wir wünschen Ihnen nun allen eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit<br />

und danken Ihnen, dass Sie die Arbeit des Difäm so treu unterstützen.<br />

Ihre<br />

Dr. Gisela Schneider, Direktorin des Difäm


„Mensch ist Menschen“<br />

„Mtu ni Watu“ – „Mensch ist Menschen“.<br />

Dieses Sprichwort der Swahili-Sprache<br />

kann nur schwer übersetzt<br />

werden und wird auch wiedergegeben<br />

mit: „Ein Mensch ist ein<br />

Volk.“ Es bringt den Gemeinschaftsgedanken<br />

zum Ausdruck, der in den<br />

afrikanischen Kulturen tief verwurzelt<br />

ist. Dahinter steht die grundlegende<br />

Erfahrung: Gemeinschaft „tut<br />

gut“, sie ist geradezu lebenswichtig,<br />

ein Leben in sozialer Isolation dagegen<br />

kann krank machen. Und das<br />

individuelle Verhalten hat immer<br />

Auswirkungen auf die Gemeinschaft,<br />

es dient oder schadet ihr.<br />

In den großen Städten Afrikas leben<br />

heute zwar viele Frauen und Männer<br />

ohne den Rückhalt einer Gemeinschaft,<br />

aber in der Begegnung mit<br />

Menschen in den ländlichen Gebieten<br />

wird mir immer mehr bewusst,<br />

welch großer Schatz die Einbindung<br />

in eine tragende Gemeinschaft ist,<br />

gerade heute. Von der Krankheit<br />

eines Einzelnen zum Beispiel ist<br />

immer die ganze Familie, ja das<br />

ganze Dorf betroffen und nimmt<br />

daran Anteil. Und so schlimm die<br />

Bedrohung durch HIV und Aids <strong>für</strong><br />

die Länder im südlichen Afrika ist<br />

– eines wird deutlich: Das soziale<br />

Netz trägt die Menschen, so lange<br />

es irgendwie geht. Aidskranke und<br />

sterbende Menschen werden in der<br />

Regel in den Familien gepflegt, meist<br />

von Frauen, die Tag und Nacht – bis<br />

an die Grenzen ihrer Belastbarkeit<br />

– <strong>für</strong> die Kranken sorgen. Der Waisen<br />

nehmen sich Verwandte, oft die<br />

Großmütter, oder auch Pflegefamilien<br />

an, und nur selten leben sie in<br />

Waisenhäusern.<br />

Das Bewusstsein <strong>für</strong> den Wert<br />

und die Wichtigkeit des Lebens in<br />

Gemeinschaft zieht sich wie ein<br />

roter Faden durch die Bibel. „Es ist<br />

nicht gut, dass der Mensch allein<br />

bleibt“, sagt Gott und erschafft den<br />

Menschen als Mann und als Frau.<br />

So stiftet er die erste und kleinste<br />

Gemeinschaft. Zur großen Gemeinschaft<br />

des Volkes Gottes zu gehö-<br />

a N s t ö s s E<br />

ren, ist <strong>für</strong> die Menschen wesentlich<br />

und begründet ihre Identität. Und<br />

gerecht im biblischen Sinne ist, wer<br />

in der Gemeinschaft in guten Beziehungen<br />

lebt.<br />

Jesus ist durchdrungen vom Auftrag<br />

und vom Wunsch, die Gemeinschaft<br />

des Volkes Gottes wieder herzustellen.<br />

Deshalb wendet er sich ganz<br />

besonders denjenigen Menschen<br />

zu, die ausgeschlossen sind, sowohl<br />

aus der menschlichen wie auch aus<br />

der religiösen Gemeinschaft. Jesus<br />

sagt jedem und jeder die Liebe und<br />

die Nähe Gottes zu, er berührt die<br />

Menschen, mit denen niemand Kontakt<br />

haben will, und dadurch heilt er<br />

sie. Dies gilt in besonderer Weise <strong>für</strong><br />

die Frauen, denen er begegnet: Jesus<br />

bringt ihnen Wertschätzung entgegen<br />

und macht deutlich, dass sie<br />

– und nicht nur die Männer – einen<br />

wichtigen Platz in der Gesellschaft<br />

haben.<br />

In den Ländern des Nordens sind wir<br />

uns der Lebensnotwendigkeit von<br />

Beziehungen nicht immer bewusst<br />

– Individualität und Unabhängigkeit<br />

sind uns hohe Werte. Dabei wird<br />

aber zunehmend deutlich, dass dies<br />

eine „ungesunde“ Entwicklung ist.<br />

Erstaunlicherweise ist es bei uns die<br />

naturwissenschaftliche Forschung,<br />

die den Gemeinschaftsgedanken<br />

heute wieder betont. Eine ihrer zentralen<br />

Botschaften lautet: Zwischenmenschliche<br />

Beziehungen wirken<br />

sich – im Guten wie im Schlechten<br />

– auf das psychische und das körperliche<br />

Befinden aus. In der Medizin<br />

wird der Zusammenhang bzw. das<br />

Wechselspiel zwischen Gesundheit<br />

und Gemeinschaft deshalb zunehmend<br />

beachtet und in therapeutische<br />

Überlegungen einbezogen.<br />

Dies sollte uns in den Gemeinden<br />

Mut machen und uns den Blick<br />

öffnen <strong>für</strong> manche heilenden Möglichkeiten,<br />

die wir haben. Wenn<br />

Menschen erfahren, in der Gemeinde<br />

wertgeschätzt, angenommen und<br />

getragen zu sein, und wenn jede<br />

und jeder wissen darf, dass er und<br />

sie selbst <strong>für</strong> die Gemeinde wichtig<br />

ist, dann sind wir heilende Gemeinschaften,<br />

die Jesu heilendes Handeln<br />

fortführen.<br />

Lassen wir uns darin vom afrikanischen<br />

Gemeinschaftsgedanken<br />

bestärken und hören wir auf die<br />

Weisheiten dieses Kontinents:<br />

„Mensch ist Menschen“, so sagt man<br />

in Ostafrika. In Südafrika lautet ein<br />

Sprichwort: „Ich bin, weil du bist“,<br />

und in Kamerun wird die Erfahrung<br />

weitergegeben: „Der Mensch ist die<br />

Medizin des Menschen.“<br />

Dr. Beate Jakob<br />

D i f Ä M • G E s u N D h E i t i N D E r E i N E N W E l t • 5 / 0 9<br />

© Difäm


© Difäm<br />

Geschlechtergerechtigkeit und aids:<br />

handlungsfelder <strong>für</strong> Kirchen<br />

Eine „Wunderwaffe“ gegen die Ausbreitung von HIV und Aids gibt es leider (noch) nicht. In der<br />

Anfangszeit der Pandemie hofften viele, die Menschen vor der Infektion mit dem lebensbedrohenden<br />

Virus schützen zu können, indem umfassend aufgeklärt, an die individuelle Verantwortlichkeit appelliert<br />

und bzw. oder der Gebrauch von Kondomen be<strong>für</strong>wortet wurde. So wichtig diese Maßnahmen<br />

in der HIV-Prävention sind – sie konnten das Virus nicht aufhalten. Immer mehr wird klar: Die Ausbreitung<br />

der HIV-Infektion wird gefördert durch ein Netz von miteinander verwobenen ursächlichen<br />

Faktoren. Und es zeigt sich, dass Geschlechtergerechtigkeit ein Schlüsselfaktor in der HIV-Prävention<br />

ist. Um HIV-Prävention und Geschlechtergerechtigkeit ging es bei einer Tagung, zu der das Evangelische<br />

<strong>Mission</strong>swerk in Südwestdeutschland (EMS) Delegierte ihrer Mitgliedskirchen nach Matatiele,<br />

Südafrika, einlud. Die Teilnehmenden kamen aus der Kirchenleitung, der Gemeindearbeit, der kirchlichen<br />

Frauenarbeit und aus dem medizinischen Bereich. Difäm-Mitarbeiterin Beate Jakob war als<br />

Referentin dabei.<br />

Die Ebenen der HIV-Prävention<br />

Die Tagungsteilnehmenden waren<br />

sich bewusst, dass viele Christen eine<br />

wirksame HIV-Prävention immer<br />

noch in erster Linie mit Maßnahmen<br />

zur Verminderung des Infektionsrisikos<br />

von Einzelnen und Gemeinschaften<br />

verbinden. Dies umso eher,<br />

je mehr wir vom direkten Zusammenhang<br />

zwischen HIV, Aids und<br />

persönlicher Verantwortung ausgehen.<br />

Die Maßnahmen zur Reduktion<br />

des Risikos einer HIV-Infektion<br />

gehen davon aus, dass alle Menschen<br />

frei über ihr Verhalten entscheiden<br />

können. Dementsprechend wird<br />

versucht, einzelne und Gemeinschaften<br />

über Infektionsrisiken zu<br />

informieren und ihnen zu helfen, ihr<br />

Risiko einer Infektion mit dem HIV-<br />

Virus zu minimieren. Dies bedeutet<br />

zum Beispiel: sexuelle Abstinenz,<br />

späterer Beginn sexueller Aktivität,<br />

eheliche Treue, Durchführung von<br />

HIV-Tests, auf HIV getestete Bluttransfusionen,<br />

Verwendung steriler<br />

Injektionsnadeln, Verwendung von<br />

Kondomen.<br />

Diese Maßnahmen sind ungemein<br />

wichtig, können aber nur wirken,<br />

wenn weitere Ebenen in die Präventionsarbeit<br />

einbezogen werden.<br />

Dies ist zum einen die Verminderung<br />

der Verletzlichkeit gegenüber<br />

HIV. Es gibt zahlreiche Faktoren,<br />

die auf das Verhalten von Individuen<br />

und Gemeinschaften einwirken<br />

und möglicherweise die Verletzlichkeit<br />

gegenüber HIV vergrößern. Am<br />

Beispiel von Frauen: Das biologisch<br />

gegebene, nicht beeinflussbare größere<br />

Infektionsrisiko von Frauen<br />

wird durch gesellschaftliche, ökonomische,<br />

kulturelle und auch religiöse<br />

Faktoren noch erhöht. In vielen<br />

Kulturen haben Mädchen und Frauen<br />

immer noch eine den Männern<br />

untergeordnete Stellung. Auf Frauen<br />

lastet oft der Druck, das Überleben<br />

der Familie sichern zu müssen, was<br />

sie in wirtschaftlich schwierigen<br />

Situationen manchmal geradezu in<br />

die Prostitution treibt. Die Praxis<br />

der Kinderheirat, die Abhängigkeit<br />

der Frauen von ihren Ehemännern<br />

und häusliche Gewalt sind weitere<br />

Faktoren, die die Entscheidungsfreiheit<br />

von Frauen beeinträchtigen<br />

und ihre Verletzlichkeit gegenüber<br />

einer HIV-Infektion erhöhen.<br />

Jegliche Benachteiligung von Frauen<br />

fördert die Ausbreitung von HIV.<br />

Und jede Maßnahme zur Stärkung<br />

der Frauen setzt auf der Ebene der<br />

eigentlichen Wurzeln <strong>für</strong> die Pandemie<br />

an.<br />

D i f Ä M • G E s u N D h E i t i N D E r E i N E N W E l t • 5 / 0 9<br />

Im Sinne eines ganzheitlichen An-<br />

satzes der HIV-Prävention ist es da-<br />

rüber hinaus wichtig, die Auswirkungen<br />

von HIV und Aids abzuschwächen.<br />

Die Folgen der Infektion<br />

halten die betroffenen Menschen<br />

gefangen in einem Kreislauf von<br />

Krankheit, Armut und den sozialen<br />

Folgen von HIV und Aids. Auch hier<br />

sind Mädchen und Frauen überdurchschnittlich<br />

betroffen: Durch<br />

die Verarmung von Familien erhalten<br />

noch weniger Mädchen Zugang<br />

zu Schulbildung und damit zu Informationen.<br />

Meist sind es die Frauen,<br />

die kranke Angehörige pflegen und<br />

dadurch immer weniger die Chance<br />

haben, wirtschaftlich unabhängig<br />

zu sein. Und HIV-infizierte bzw.<br />

aidskranke Frauen werden in der<br />

Familie und in der Gesellschaft<br />

immer noch ausgegrenzt.<br />

Alle Anstrengungen, diesen Kreislauf<br />

zu durchbrechen, sind wichtige<br />

präventive Maßnahmen.<br />

HIV-Prävention ist auf allen drei<br />

aufgezeigten Ebenen wichtig und<br />

die Initiativen ergänzen und durchdringen<br />

sich in einem Präventionszyklus:<br />

Durch Verminderung der<br />

Verletzlichkeit wird das Risiko einer<br />

HIV-Infektion reduziert, wodurch


die Auswirkungen abgeschwächt<br />

werden, was seinerseits wieder die<br />

Verletzlichkeit mindert. Wird Prävention<br />

nur auf der Ebene der Risikovermeidung<br />

angesetzt – wozu<br />

wir tendieren, wenn wir eine HIV-<br />

Infektion ausschließlich mit der<br />

Entscheidungsfreiheit der Betroffenen<br />

assoziieren – ist sie langfristig<br />

nicht effektiv. 1<br />

Handlungsfelder <strong>für</strong> Christen<br />

und Kirchen<br />

Was bedeutet dieses umfassende<br />

Konzept der HIV-Prävention und<br />

insbesondere die Forderung nach Geschlechtergerechtigkeit<br />

<strong>für</strong> Christen<br />

und Kirchen? Die Teilnehmenden<br />

der Tagung in Matatiele gingen dieser<br />

Frage in Bibelarbeiten und in Gruppengesprächen<br />

nach.<br />

Die theologischen Grundlagen<br />

eines christliches Engagements <strong>für</strong><br />

Geschlechtergerechtigkeit wurden<br />

nicht in Frage gestellt: Die biblische<br />

Lehre von der Gottebenbildlichkeit<br />

von Mann und Frau und Jesu<br />

Zuwendung zu den Frauen 2 verbieten,<br />

Frauen als den Männern<br />

nicht gleichwertig zu betrachten<br />

und zu behandeln. Ebenso steht<br />

das biblische Konzept der Gerechtigkeit,<br />

das „gerechte“ Beziehungen<br />

zwischen allen Menschen einfordert,<br />

jeglicher Benachteiligung von<br />

Frauen entgegen.<br />

Auf dieser Basis identifizierten die<br />

Delegierten der EMS-Mitgliedskirchen<br />

verschiedene Handlungsfelder<br />

<strong>für</strong> Christen und Kirchen:<br />

Auf nationaler Ebene ist es Aufgabe<br />

der Kirchen, Regierungen anzuhalten,<br />

gegen die Unterdrückung von<br />

Frauen und gegen alle Formen von<br />

Gewalt gegen Frauen aktiv vorzugehen.<br />

Denn obwohl allgemein anerkannt<br />

ist, wie wichtig diese Maßnahmen<br />

in der HIV-Prävention sind,<br />

bleibt es bei Politikern und Politikerinnen<br />

oft bei Lippenbekenntnissen<br />

zur Geschlechtergerechtigkeit<br />

– ohne praktische Konsequenzen.<br />

Für Rev. Brian Abrahams, den Leiter<br />

des theologischen Seminars der<br />

Moravian Church in Südafrika,<br />

sind Fragen der Geschlechtergerechtigkeit<br />

wesentlicher Bestandteil<br />

der theologischen Ausbildung.<br />

Er sagte: „Kein zukünftiger Pastor<br />

und keine zukünftige Pastorin<br />

darf unser Seminar verlassen ohne<br />

eine gründliche Schulung in den<br />

biblisch-theologischen Grundlagen<br />

der Geschlechtergerechtigkeit.“<br />

Auch auf der Gemeindeebene gibt<br />

es noch viel zu tun:<br />

Tagungsteilnehmende aus Asien<br />

und Afrika räumten ein, dass in der<br />

Verkündigung und im Leben der<br />

Kirchengemeinden oftmals noch<br />

auf Bibelstellen Bezug genommen<br />

wird, welche die Unterordnung der<br />

Frauen unter ihre Männer fordern. 3<br />

Darüber hinaus beobachtet Rev.<br />

Daniel Opong von der Presbyterian<br />

Church of Ghana aber auch immer<br />

wieder, dass Frauen die ihnen angebotenen<br />

Verantwortungen in den<br />

Gemeinden nicht wahrnehmen und<br />

bei Wahlen <strong>für</strong> männliche Kandidaten<br />

stimmen. Dies kommt seiner<br />

Meinung nach daher, dass Frauen<br />

die ihnen von der Gesellschaft, Kultur<br />

und auch von der Religion zugeschriebene<br />

untergeordnete Stellung<br />

tief verinnerlicht haben. Deshalb<br />

bedarf es eines langen Prozesses,<br />

um das Selbstbewusstsein von Frauen<br />

zu stärken. Es wurde angeregt,<br />

in der Predigt, in Frauengruppen<br />

und auch in der Arbeit mit Männern<br />

einen Schwerpunkt zu setzen<br />

auf biblische Texte, die zeigen,<br />

dass Jesus Frauen wertschätzte und<br />

ihnen „auf Augenhöhe“ begegnete.<br />

Es kam der Wunsch auf, Materialien<br />

zu partizipatorischen Methoden <strong>für</strong><br />

Bibelarbeiten zu entwickeln bzw.<br />

zu sammeln und diese in den EMS-<br />

Mitgliedskirchen zu praktizieren.<br />

Traditionelle Rollenvorstellungen<br />

zwischen Mann und Frau behindern<br />

oft die Gesundheitsarbeit im<br />

Bereich von HIV und Aids. Unter<br />

den Tagungsteilnehmenden waren<br />

Mitarbeitende des kirchlichen Aidsprojekts<br />

„Masangane“. Nomhle<br />

Xulubana ist eine der Koordinatorinnen<br />

des Programms. Sie arbeitet<br />

in der Aidsaufklärung und berät<br />

Frauen und Männer vor und nach<br />

der Durchführung eines HIV-Tests.<br />

Nomhle berichtet: „85-90 Prozent<br />

unserer Klienten sind Frauen. Nur<br />

wenige Männer sind bereit, sich<br />

auf HIV testen zu lassen. Wir klären<br />

schon seit bald zehn Jahren<br />

auf, konnten aber die Männer nicht<br />

wirklich erreichen. Da viele Männer<br />

das Thema HIV und Aids tabuisieren,<br />

ist es <strong>für</strong> Frauen, die HIVpositiv<br />

getestet werden, extrem<br />

schwierig, mit ihren Ehemännern<br />

darüber zu sprechen. Sie haben<br />

die – oft berechtigte – Angst, von<br />

ihnen verstoßen zu werden. Und<br />

<strong>für</strong> die meisten Frauen ist es nach<br />

wie vor ganz selten möglich, mit<br />

ihren Männern über die Verwendung<br />

von Kondomen zu reden.“<br />

Nomhle ist sehr dankbar, dass die<br />

Tagung in Matatiele den Zusammenhang<br />

zwischen der Ausbreitung von<br />

HIV und Geschlechterungerechtigkeit<br />

behandelt hat, und dass sich<br />

hier Teilnehmende aus der medizinischen<br />

Praxis und aus den Kirchen<br />

in großer Offenheit mit einem Konzept<br />

der HIV-Prävention beschäftigt<br />

haben, in dem Geschlechtergerechtigkeit<br />

ein wesentlicher Faktor ist.<br />

Männer verstärkt einbeziehen<br />

Die Tagungsteilnehmenden nahmen<br />

Impulse <strong>für</strong> ihre Arbeit mit und sie<br />

waren sich einig: Wir sind erst am<br />

Anfang eines langen Weges – es gibt<br />

noch viel zu tun auf dem Weg zur<br />

Geschlechtergerechtigkeit und in<br />

der HIV-Prävention!<br />

Dr. Beate Jakob<br />

D i f Ä M • G E s u N D h E i t i N D E r E i N E N W E l t • 5 / 0 9<br />

© Weber<br />

1 Zu diesem ganzheitlichen<br />

Präventionsansatz vgl. z.B. A.M.<br />

Smith, J Maher, J. Simmons, M.<br />

Dolan: HIV Prevention From<br />

the Perspective of A Faith-Based<br />

Development Agency, London,<br />

CAFOD, 2004<br />

2 Vgl. hierzu z.B.:<br />

im Alten Testament Genesis 1,27,<br />

im Neuen Testament 9, 18-22;<br />

Johannes 4, 4-30;<br />

3 Vgl. Epheser 5, 21-24


© Freund<br />

Menschen brauchen unsere hilfe<br />

Die überflutete<br />

Gesundheitsstation<br />

im Taveng Distrikt,<br />

Kambodscha.<br />

© Difäm<br />

W a s s p E N D E N b E W i r K E N<br />

taifun trifft Menschen in ratanakiri,<br />

Kambodscha<br />

Ungefähr zeitgleich zu dem großen Erdbeben in Indonesien<br />

wütete in Südostasien der Taifun „Ketsana“ mit<br />

verheerenden Folgen <strong>für</strong> viele Menschen. In der Nacht<br />

zum 30. September richtete er in der Provinz Ratanakiri<br />

im Nordosten von Kambodscha schwere Schäden<br />

an.<br />

Dabei wurden entlang der großen Flüsse Sesan und Srepok<br />

zahlreiche Dörfer überschwemmt. Viele Einwohner<br />

mussten ihr gesamtes Hab und Gut zurücklassen. Die<br />

W a s s p E N D E N b E W i r K E N<br />

Difäm-arzneimittelhilfe fördert<br />

pharmazeutische ausbildung in Malawi<br />

Die 25jährige Annie Tsokalida aus Malawi war im<br />

zweiten Jahr ihrer Pharmazieausbildung, als ihr plötzlich<br />

das zugesagte Stipendium entzogen wurde. Nach<br />

einem Personalwechsel bei der malawischen Bischofskonferenz<br />

wurde ihr erklärt, dass es keine ordentliche<br />

Übergabe der Dokumente gegeben habe und deshalb<br />

die Förderung eingestellt worden sei. Die junge Frau<br />

wollte sich damit nicht abfinden und wandte sich an den<br />

Dachverband Christlicher Gesundheitsdienste in Malawi<br />

(CHAM). Von dort erreichte die Difäm-Arzneimittelhilfe<br />

die dringende Bitte, hier finanziell einzuspringen.<br />

Da es in Malawi einen großen Mangel an pharmazeu-<br />

D i f Ä M • G E s u N D h E i t i N D E r E i N E N W E l t • 5 / 0 9<br />

Difäm-Partnerorganisation „VOR ORT“, eine deutsche<br />

Nichtregierungsorganisation, die medizinische Hilfe in<br />

Kambodscha leistet, bat das Difäm um Unterstützung.<br />

Gemeinsam mit dem Nothilfekomitee der Provinzregierung<br />

leistete sie Soforthilfe <strong>für</strong> die rund 34.000<br />

Menschen, die in dieser Region von der Flut betroffen<br />

sind. Das Difäm hat Geld bereitgestellt, um 145 Haushalten<br />

ein Nothilfeset mit Reis, Öl, Salz, Fischkonserven,<br />

Geschirr, einer Lampe und einer Plastikplane, die<br />

als Notunterkunft dient, zur Verfügung zu stellen. 35<br />

Euro kostete diese Erstversorgung pro Familie.<br />

Ratanakiri ist eine Provinz im Nordosten Kambodschas<br />

an der Grenze zu Laos und Vietnam. Die Region ist<br />

eine der am wenigsten entwickelten Regionen Kambodschas,<br />

was mit der schlechten Zugänglichkeit zusammenhängt.<br />

In dem weitläufigen, hügeligen und bewaldeten<br />

Gebiet leben rund 120.000 Menschen in kleinen<br />

Dörfern und Städten. Einfache, unbefestigte Straßen<br />

und Pfade führen von den Dörfern in die Städte und von<br />

dort noch Ban Lung, der Provinzhauptstadt. Die verschiedenen<br />

Volksgruppen, die hier ansässig sind, leben<br />

in kleinen, abgeschiedenen Dörfern vom Brandrodungsackerbau,<br />

vom Wanderfeldbau und von der Jagd. Häufig<br />

sprechen sie eigene Sprachen und können nicht in der<br />

Landessprache Khmer kommunizieren. Das Difäm hat<br />

dort bisher ein Programm zur Tuberkulosebekämpfung<br />

unterstützt, weil diese Krankheit eines der dringendsten<br />

Gesundheitsprobleme darstellt.<br />

tischen Fachkräften gibt, fanden wir es sehr wichtig,<br />

Annie Tsokalida die Weiterführung ihrer Ausbildung<br />

zu ermöglichen. Sie bedankt sich und schreibt:<br />

„Ich bin wirklich sehr dankbar <strong>für</strong> Ihre Hilfe. Wenn ich<br />

die Schule hätte verlassen müssen, wäre meine Zukunft<br />

zerstört gewesen. Ich hätte auch nicht gewusst, wohin<br />

ich gehen sollte. (…)Ich verspreche, zukünftig in einer<br />

Gesundheitseinrichtung von CHAM zu arbeiten und<br />

bin bereit, die gewünschte Spezialisierung zu erwerben.<br />

Danke im Voraus <strong>für</strong> Ihre Unterstützung, Ihre<br />

Annie Tsokalida“


Menschen brauchen unsere hilfe<br />

Medizin hilft nichts, wenn<br />

Menschen hungern<br />

Der Tisch ist leer, das Feuer erloschen. In der ärmlichen<br />

Hütte findet sich fast nichts zu essen <strong>für</strong> die<br />

Familie. Bereits das sechste Mal in Folge hat die<br />

Dürre in Kenia zu Missernten geführt. Die Armen<br />

und Schwachen trifft das besonders hart, denn sie<br />

haben kaum Geld, um sich ausreichend Lebensmittel<br />

auf dem Markt zu kaufen – zumal die Preise<br />

auch aufgrund der Finanzkrise fast täglich in die<br />

Höhe gehen.<br />

Wie dramatisch die Situation in Maua ist, schreibt uns<br />

Stephen Gitonga, Krankenpfleger auf der Palliativstation<br />

des Krankenhauses: „Die Patienten kommen nicht<br />

mehr zur Sprechstunde, weil sie um das tägliche Überleben<br />

kämpfen. Es gibt Familien, deren Mitglieder alle<br />

mit HIV infiziert sind und in denen nicht nur der Vater<br />

zu schwach ist, um die Familie zu ernähren. Die Frauen<br />

müssen lange Wege zurücklegen, um Wasser und etwas<br />

Essbares <strong>für</strong> die Familie zu besorgen. Kinder werden<br />

zu miserabel bezahlten Gelegenheitsarbeiten geschickt<br />

und bessern so das Familieneinkommen ein klein<br />

wenig auf. Unser Personal kommt niedergeschlagen<br />

von der Arbeit aus den Dörfern zurück, weil sie so viele<br />

Menschen Hunger leiden sehen und nichts zu geben<br />

haben. Wir haben 1416 Patienten in Aidstherapie und<br />

2400 in häuslicher Pflege. Davon brauchen mindestens<br />

1000 ganz dringend Nahrungsmittelhilfen, sonst ist die<br />

ganze medizinische Behandlung umsonst.“<br />

Heute leben etwa 33 Millionen Menschen mit HIV. 9,5<br />

Millionen davon brauchen eine Behandlung mit speziellen<br />

Aids-Medikamenten. Vor fünf Jahren hat nur jede/r<br />

zehnte Erkrankte diese Spezialmedikamente erhalten,<br />

heute sind es bereits 42 Prozent. Dies ist ein sehr großer<br />

Anstieg, vor allem in Afrika. Dennoch führt die große<br />

Zahl an Neuinfektionen zu einer ständig wachsenden<br />

Zahl an Therapiebedürftigen. Deshalb muss neben der<br />

Therapie auch die Prävention in einer umfassenden<br />

Weise gestärkt werden, um die HIV-Epidemie weltweit<br />

unter Kontrolle zu bringen.<br />

a K t u E l l E s p r o j E K t<br />

Das Difäm hat Stephen Gitonga neben der Unterstützung<br />

seiner Aidsarbeit umgehend finanzielle Mittel <strong>für</strong><br />

die Versorgung der Familien mit Lebensmitteln bereitgestellt.<br />

Bitte fördern auch Sie diese lebenswichtige<br />

Hilfe mit einer Spende! Die Menschen in Maua danken<br />

es Ihnen!<br />

Eingang des Maua Methodist Hospital, Kenia.<br />

hiV und aids: weiterhin eine große<br />

herausforderung<br />

Daten zur globalen HIV/AIDS Epidemie <strong>für</strong> das Jahr 2007/2008<br />

Global<br />

Menschen, die weltweit mit HIV/AIDS leben: 33 Millionen<br />

Erwachsene: 30,8 Millionen<br />

Frauen: 15,5 Millionen<br />

Männer: 15,5 Millionen<br />

Kinder unter 15 Jahren: 2 Millionen<br />

HIV-Neuinfektionen im Jahr 2007<br />

Neuinfektionen insgesamt: 2,7 Millionen<br />

Neuinfektionen bei Erwachsenen: 2,3 Millionen<br />

Neuinfektionen bei Kindern unter 15 Jahren: 370.000<br />

AIDS-Todesfälle:<br />

Menschen, die 2007 an AIDS gestorben sind: rund 2,1 Millionen<br />

Erwachsene: 1,8 Millionen<br />

Kinder unter 15 Jahren: 270.000<br />

Quelle: UNAIDS (2008). AIDS Epidemic Update<br />

D i f Ä M • G E s u N D h E i t i N D E r E i N E N W E l t • 5 / 0 9<br />

© Difäm<br />

Kenia<br />

Spenden unter<br />

dem Stichwort:<br />

Maua<br />

Spendenkonto<br />

406 660<br />

BLZ 520 604 10<br />

Evangelische<br />

Kreditgenossenschaft<br />

Stuttgart


© Difäm © Difäm<br />

papua Neuguinea<br />

Eingangstafel einer<br />

Aidsberatungsstelle in<br />

Papua-Neuguinea.<br />

Jungen und Männer<br />

müssen in der<br />

Aidsarbeit in<br />

Papua-Neuguinea<br />

noch verstärkt erreicht<br />

werden.<br />

frauen tragen schwer<br />

Welche Rolle spielt das Verhältnis zwischen Männern und Frauen <strong>für</strong> die Verbreitung von HIV und<br />

Aids? Im Juli 2009 reiste Difäm-Referentin Dr. Elisabeth Schüle nach Papua-Neuguinea, um verschiedene<br />

kirchliche Gesundheitsprojekte zum Thema HIV und Aids zu beraten. Im Gespräch mit ihr<br />

erfuhr Regina Seitz, warum es heute so wichtig ist, die Beziehungen zwischen den Geschlechtern<br />

enger in den Blick zu nehmen.<br />

In den letzten Jahren hat sich die<br />

Anzahl der Frauen, die HIV-positiv<br />

getestet werden, deutlich erhöht.<br />

Geschätzt wird, dass der Anteil der<br />

Frauen gegenüber den Männern<br />

noch wachsen wird. Woran liegt<br />

das? <strong>Zum</strong> einen haben Frauen biologisch<br />

ein höheres Risiko, sich bei<br />

einem infizierten Mann anzustecken,<br />

als umgekehrt. Dazu kommen<br />

weitere Gründe, die das Risiko<br />

<strong>für</strong> Frauen erhöhen. Ins Zentrum der<br />

Betrachtung rücken dabei die Beziehungen<br />

zwischen Eheleuten oder<br />

Paaren: Wie gehen sie miteinander<br />

um? Wer verfügt über Geld? Wer<br />

trifft Entscheidungen? Wird dem<br />

jeweils anderen Respekt entgegengebracht?<br />

Welchen Einfluss haben<br />

die gesellschaftlichen Normen und<br />

Werte auf die Beziehungen? Studien<br />

zeigen, dass es eine enge Beziehung<br />

zwischen HIV-Infektion und ungleichen<br />

Machtverhältnissen zwischen<br />

Männern und Frauen gibt.<br />

„Es klopft an der Tür unseres Büros.<br />

Die Tür öffnet sich und eine Frau tritt<br />

ein. Ein kleiner Junge klammert sich<br />

an ihren Rock. Sie sieht verzweifelt<br />

aus und der Junge beginnt zu weinen,<br />

als sie sich hinsetzt. Ich warte<br />

eine Weile, ehe ich sie anspreche und<br />

begrüße. Als nächstes beruhige ich<br />

den Jungen und biete ihm ein Sandwich<br />

an. Nach einem kleinen Vorgespräch<br />

wird die Frau ruhiger und<br />

fängt an, unterbrochen von Schluchzern,<br />

ihre Geschichte zu erzählen:<br />

‚Mein Mann hat begonnen, Alkohol<br />

zu trinken, er vertrinkt fast sein ganzes<br />

Gehalt. Wir leiden oft Hunger und<br />

meine zwei Kinder weinen die ganze<br />

Zeit. Ich glaube, er hat Affären mit<br />

anderen Frauen, und ich habe solche<br />

Angst, mich mit HIV zu infizieren.<br />

Er denkt, ich sei sein Eigentum, und<br />

ganz selten sitzen wir zusammen und<br />

sprechen über unsere Probleme. Wir<br />

können gar nicht richtig miteinander<br />

sprechen. Ich habe solche Angst, was<br />

kann ich tun?’“<br />

Wir sind in Papua-Neuguinea, dem<br />

Land mit der höchsten HIV-Infektionsrate<br />

im pazifischen Raum. Aus<br />

den wenigen Sätzen der verzweifelten<br />

Frau wird deutlich, dass ihre<br />

Ehe <strong>für</strong> sie zu einem erheblichen<br />

HIV-Infektionsrisiko geworden ist.<br />

So wie ihr geht es sehr vielen Frauen<br />

in Papua-Neuguinea. Vertreter kirchlicher<br />

Gesundheitsprojekte beschreiben,<br />

welche Gründe sie <strong>für</strong> diese<br />

Situation sehen: „Die Gesellschaft<br />

akzeptiert, dass Männer außereheliche<br />

Beziehungen haben. In der<br />

Regel sind die Frauen bei der Heirat<br />

sehr jung. Die Eheleute haben nicht<br />

gelernt, über Probleme zu reden<br />

- schon gar nicht über Sex, das ist<br />

auch gesellschaftlich ein Tabuthema.<br />

Entscheidungen werden in der<br />

Regel von Männern getroffen, die oft<br />

das Einkommen erwirtschaften und<br />

darüber verfügen. Männer sehen<br />

Frauen als ihr Eigentum an. Ihr Bild<br />

von Männlichkeit führt dazu, dass<br />

sie den Gebrauch von Kondomen<br />

eher ablehnen. Insbesondere in der<br />

eigenen Ehe ist es zudem ein offenes<br />

Zeichen von Misstrauen, wenn einer<br />

der Partner Kondome einfordert.<br />

Der übermäßige Konsum von Alko-<br />

D i f Ä M • G E s u N D h E i t i N D E r E i N E N W E l t • 5 / 0 9<br />

hol oder Drogen führt häufig auch<br />

noch zu häuslicher Gewalt gegenüber<br />

Frauen.“ Um jedoch die Schuld<br />

nicht einseitig nur den Männern<br />

zuzuschreiben, betonen sie, dass<br />

auch Frauen nicht nur passiv oder<br />

Opfer sind, sondern ebenso außereheliche<br />

Beziehungen eingehen, um<br />

der familiären Situation zu entfliehen<br />

oder um ein Zusatzeinkommen<br />

zu erlangen. Auf diese Weise tragen<br />

auch sie zum Infektionsrisiko bei.<br />

Veränderung ist möglich<br />

In der Beratungsstelle hat man schon<br />

einiges erreicht: Durch die Beratungs-<br />

und Seelsorgearbeit gelingt es<br />

immer öfter, dass Frauen und Männer<br />

über ihre Konflikte miteinander<br />

ins Gespräch kommen. Und obwohl<br />

bisher nur Frauen in der Beratung<br />

tätig sind, kommen zunehmend<br />

auch Männer und suchen Rat. Die<br />

Integration von Jungen und Männern<br />

in HIV-Präventionsprogramme<br />

vor Ort gelinge weltweit noch viel<br />

zu selten, hebt Elisabeth Schüle<br />

hervor. Denn es gelte, die psychosozialen<br />

Fähigkeiten aller Menschen<br />

zu fördern: „Jungen und Mädchen,<br />

Männer und Frauen müssen lernen,<br />

miteinander zu reden, aufeinander<br />

zu hören, einander zu achten und<br />

zu respektieren. Auch dies kann<br />

man üben, und es gibt hier<strong>für</strong> sehr<br />

gute Anleitungen, die den Organisationen<br />

vor Ort zur Verfügung stehen<br />

sollten. HIV-Präventionsprogramme<br />

sollten nicht nur aufklären, wie das<br />

HI-Virus übertragen wird und man<br />

sich schützen kann. Sondern es gilt,<br />

sich über die eigene Rolle als Frau<br />

oder Mann klar zu werden und auf<br />

Veränderungen hinzuwirken. Für<br />

Männer bedeutet das zum Beispiel,<br />

respektvoller mit Frauen umzugehen<br />

und ihre Macht nicht zu missbrau-


chen. Für Frauen ist es wichtig, dass<br />

sie Mut und Kraft finden, Männern<br />

selbstbewusst entgegenzutreten und<br />

‚Nein’ zu sagen.“<br />

Angst vor Scham und Schande<br />

Um besser zu verstehen, warum<br />

das Reden über Tabuthemen <strong>für</strong> die<br />

Menschen in Papua-Neuguinea so<br />

schwer ist, hilft ein vertiefter Blick<br />

auf ihre kulturellen Wurzeln: In<br />

vielen asiatischen und pazifischen<br />

Gesellschaften wird großer Wert<br />

auf Rang und Status gelegt. Wenn<br />

eine Person beschuldigt wird, vom<br />

normalen „anständigen“ Verhalten<br />

abgewichen zu sein, bringt sie Scham<br />

und Schande über sich, ihre Familie<br />

und die Gemeinschaft. Um das<br />

Ansehen nicht zu gefährden, werden<br />

viele Dinge nicht angesprochen. Im<br />

Zusammenhang mit HIV und Aids<br />

spielt diese so genannte „Schamkultur“<br />

eine bedeutende Rolle. Denn<br />

wenn bekannt wird, dass jemand<br />

HIV-positiv ist, ist das soziale Ansehen<br />

bedroht oder zerstört. Dies führt<br />

dazu, dass HIV-positive Menschen<br />

ihre Krankheit oft verheimlichen –<br />

bis zum letzten Stadium der Krankheit<br />

oder bis zum Tod.<br />

Für HIV-infizierte Frauen stellen<br />

diese kulturellen Faktoren eine besondere<br />

Belastung dar. Denn egal,<br />

wie sie sich angesteckt haben, werden<br />

sie nun als „unehrenhaft“ angesehen.<br />

Sie werden beschuldigt, die<br />

Familienehre nicht aufrechterhalten<br />

zu haben. Die Folgen dieses Ehrverlustes<br />

sind dann <strong>für</strong> alle sehr schwer,<br />

denn HIV wird vor allem mit Prostitution<br />

in Verbindung gebracht. Aber<br />

viele Frauen wurden infiziert, ohne<br />

als Prostituierte tätig gewesen zu<br />

sein. Das Risikoverhalten der Männer<br />

wird nicht thematisiert. Riskant<br />

ist auch, dass Männer meinen, sie<br />

bräuchten bei „normalen“ Frauen<br />

keine Kondome zu benutzen, weil<br />

sie ja „ehrenhaft“ seien. Auf diese<br />

Weise wird das HIV-Risiko außerhalb<br />

der eigenen Gemeinschaft angesiedelt,<br />

was der Realität in keiner<br />

Weise entspricht.<br />

Viele Menschen haben auch Angst<br />

vor Stigmatisierung und Diskrimi-<br />

nierung, wenn bekannt wird, dass<br />

sie HIV-positiv sind. Dies hält sowohl<br />

Frauen wie auch Männer davon ab,<br />

Gesundheitsdienste aufzusuchen.<br />

Dazu kommt, dass Männer mit<br />

ihrem Selbstbild, „stark“ sein zu<br />

müssen, die Gesundheitsstationen<br />

oft extrem spät aufsuchen, um eine<br />

Aidstherapie zu beginnen. Frauen<br />

wiederum haben (berechtigte) Angst<br />

vor gewalttätigen Reaktionen ihrer<br />

Männer: Nicht selten werden sie<br />

schwer misshandelt, wenn sie sagen,<br />

dass sie HIV-infiziert sind. Deshalb<br />

suchen auch sie erst bei fortgeschrittener<br />

Krankheit Hilfe oder holen<br />

ihre Testergebnisse nicht ab.<br />

Was bedeuten die Erkenntnisse<br />

<strong>für</strong> die HIV- und Aidsarbeit?<br />

Sie sollten mit allen Mitarbeitenden<br />

einer Organisation intensiv diskutiert<br />

werden. Denn vermutlich spiegelt<br />

sich das, was in der Gesellschaft<br />

üblich ist, auch in den Werten und<br />

Verhaltensweisen der mitarbeitenden<br />

Männer und Frauen wider.<br />

Elisabeth Schüle hat viele Fragen entwickelt,<br />

die einen Diskussionsprozess<br />

einleiten können, zum Beispiel:<br />

Was wissen die Mitarbeitenden über<br />

HIV, Aids und Gewalt gegen Frauen?<br />

Welche Einstellungen haben<br />

sie dazu? Wie spricht man darüber?<br />

Wie sind die Beziehungen zwischen<br />

Männern und Frauen innerhalb der<br />

Organisation? Gibt es sexuelle Übergriffe?<br />

Gibt es HIV-Infizierte? Wie<br />

kann ihnen geholfen werden? Was<br />

kann gegen Stigma und Diskriminierung<br />

getan werden? Sich diesen<br />

Fragen zu stellen, ist eine große Herausforderung.<br />

Gefühle, kulturelle<br />

Verhaltensweisen wie auch Machtverhältnisse<br />

sollen reflektiert werden<br />

- Dr. Schüle erläutert, warum<br />

diese Selbstreflexion so wichtig ist:<br />

„Gott hat Menschen, Männer und<br />

Frauen, nach seinem Ebenbild geschaffen.<br />

Deshalb geht es um grundlegenden<br />

Respekt, Würde und um<br />

Gerechtigkeit zwischen Männern<br />

und Frauen. Geschlechtergerechtigkeit<br />

bedeutet, dass Männer und Frauen<br />

respektvoll miteinander umgehen,<br />

dass sie gleichberechtigte und<br />

gleichermaßen verantwortliche Part-<br />

D i f Ä M • G E s u N D h E i t i N D E r E i N E N W E l t • 5 / 0 9<br />

© Difäm<br />

papua-Neuguinea<br />

ner in ihrer Beziehung und in ihrer<br />

Gemeinschaft sind. Die Verwirklichung<br />

dieser Vision kann erheblich<br />

dazu beitragen, das HIV-Risiko<br />

zu senken, die Folgen zu lindern,<br />

Gesundheit zu fördern und friedlichere,<br />

gewaltfreie Beziehungen zu<br />

ermöglichen. Dies wirkt sich langfristig<br />

positiv auf alle Bereiche einer<br />

Gesellschaft aus. Dieses große Ziel<br />

kann nur erreicht werden, wenn<br />

auch die Mitarbeitenden in der<br />

Präventions- und Beratungsarbeit<br />

die grundlegenden Werte und Einstellungen<br />

dieser Vision teilen. Nur<br />

dann können sie glaubhaft und wirkungsvoll<br />

arbeiten.“<br />

Die Reise nach Papua-Neuguinea hat<br />

die Bedeutung der Geschlechterbeziehungen<br />

<strong>für</strong> die Übertragung von<br />

HIV erneut unterstrichen. Elisabeth<br />

Schüle legt großen Wert darauf, dass<br />

der Zusammenhang von HIV und<br />

Geschlechterbeziehungen in der<br />

internationalen HIV-Beratung regelmäßig<br />

bedacht wird.<br />

Regina Seitz<br />

Mit kleinen Geschäften<br />

soll das Haushaltseinkommen<br />

verbessert<br />

werden.


Äthiopien<br />

Gemeinsam mit<br />

der einheimischen<br />

Nichtregierungsorganisation<br />

APDA will<br />

Valerie Browning die<br />

Not in der äthiopischen<br />

Provinz Afar<br />

lindern. APDA führt<br />

Impfungen durch,<br />

sorgt <strong>für</strong> Wasser- und<br />

Nahrungsmittelhilfe,<br />

<strong>für</strong> Gesundheitsversorgung<br />

und Medikamente.<br />

Das Difäm<br />

unterstützt die Arbeit<br />

mit Arzneimitteln<br />

und Geräten und förderte<br />

die Ausbildung<br />

von Gesundheitspersonal.<br />

Im September<br />

besuchte Valerie<br />

Browning das Difäm<br />

und führte uns die<br />

riesigen Herausforderungen<br />

eindrücklich<br />

vor Augen.<br />

© Ulrich Metz<br />

50 Grad und mehr – Gesundheitsversorgung<br />

ist möglich<br />

„Vielleicht wird Valerie Browning irgendwann so bekannt wie Mutter Theresa, und dann wirst du<br />

sagen können: Bei ihrem ersten Besuch in Deutschland 2009 hat sie bei uns gewohnt“, sagte ich zu<br />

meinem Sohn Valentin, nachdem Valerie abgereist war. Der kleinen schmalen Frau (59) sind die Folgen<br />

eines harten Lebens in tiefen Falten ins Gesicht geschrieben. Seit ihrem 22. Lebensjahr arbeitet<br />

Valerie Browning als Krankenschwester und Hebamme <strong>für</strong> Hungernde, Flüchtlinge und besonders<br />

Benachteiligte auf dem afrikanischen Kontinent – seit den neunziger Jahren unter den Afar-Nomaden<br />

in der Danakilwüste, der heißesten bewohnten Region der Erde.<br />

Mit einer <strong>Mission</strong>sgesellschaft kam<br />

die englischstämmige Australierin<br />

in den 70er Jahren während der<br />

großen Hungersnot nach Äthiopien.<br />

Als sehr junge Frau wurde sie dort<br />

mit unvorstellbarem Leid und Tod<br />

konfrontiert. Das ließ sie nicht mehr<br />

los. Sie sieht es als ihre Pflicht, dazu<br />

beizutragen, dass die Afar durch<br />

eine angemessene Gesundheitsversorgung<br />

und Schulbildung eine Perspektive<br />

bekommen, um in ihrem<br />

Lebensraum und ihrer Hirtenkultur<br />

zu überleben. Sie möchte das Volk<br />

der Afar vor dem Schicksal bewahren,<br />

das andere (Nomaden-)völker,<br />

wie die Aboriginies oder die Indianer,<br />

erlitten haben.<br />

Menschen zu Not wendender<br />

Arbeit befähigen<br />

Das Leben der Hirten in der Danakil-Wüste<br />

in Äthiopien dreht sich<br />

vor allem um Wasser, Vieh und die<br />

Beschaffung der nötigsten Grundnahrungsmittel.<br />

So ist die Existenz<br />

der Familien durch das Viehsterben<br />

während der Dürren der<br />

vergangenen Jahre bedroht. Bleibt<br />

die Milch der Kühe, Ziegen oder<br />

Kamele aus, so leiden Mütter und<br />

Kleinkinder am meisten. Es mangelt<br />

an Basisgesundheitsversorgung und<br />

sanitären Einrichtungen. Die Kindersterblichkeit<br />

liegt bei fast einem<br />

Drittel. Masern, Malaria, Durchfallerkrankungen<br />

und Unterernährung<br />

setzen den Kindern am meisten zu.<br />

„Vor 15 Jahren konnten 98 Prozent<br />

der Bevölkerung weder schreiben<br />

noch lesen. Wie sollten wir da eine<br />

gute Gesundheitsversorgung auf-<br />

bauen? Wir begannen also mit der<br />

Alphabetisierung in einer Kultur,<br />

deren Sprache erst in den 60er Jahren<br />

von einer englischen Professorin<br />

erforscht und verschriftlicht wurde.<br />

Für die Versorgung der Nomaden<br />

war es unabdingbar, Menschen aus<br />

den eigenen Reihen auszubilden und<br />

zur Basisgesundheitsarbeit zu befähigen,<br />

weil die Äthiopier aus dem<br />

Hochland nicht bereit waren, unter<br />

den extremen Lebensbedingungen<br />

zu arbeiten. Es wurden zwar einige<br />

staatliche Gesundheitszentren<br />

gebaut, diese standen aber meist<br />

leer, weil sich kein Personal fand“,<br />

erklärt Browning die Ausgangslage.<br />

Es dauerte nicht lange, da waren<br />

die ersten 20 Helfer im Einsatz.<br />

APDA rekrutierte Mittel von Kirchen,<br />

Hilfswerken und Botschaften<br />

<strong>für</strong> die Not wendende Arbeit und<br />

baute die Schulbildung ebenso aus<br />

wie die Gesundheitsarbeit. Wichtig<br />

war es dabei, die Clanältesten ins<br />

Boot zu holen. Standen manche den<br />

Plänen anfangs skeptisch gegenüber,<br />

so änderten sie schon bald ihre<br />

Meinung. Sie erlebten, wie Bildung<br />

und Basisversorgung in anderen<br />

Dörfern geleistet wurde und merkten,<br />

dass die Menschen in den eigenen<br />

Dörfern sich nichts sehnlicher<br />

wünschten, als dass auch dort Unterricht<br />

stattfinde: Unterricht, der das<br />

Ziel hat, fähige und motivierte Afar<br />

zu Gesundheitshelfern auszubilden,<br />

ihnen eine Chance zu geben, ihr<br />

Vieh auf dem Markt zu einem guten<br />

Preis zu verkaufen und letztendlich<br />

ihre Lebenserwartung – vor allem<br />

die der Kinder – zu erhöhen.<br />

10 D i f Ä M • G E s u N D h E i t i N D E r E i N E N W E l t • 5 / 0 9<br />

Zu hohe Arbeitsbelastung<br />

der Frauen<br />

In den letzten Jahren wurden Aufklärungskampagnen<br />

zu Frauenrechten<br />

oder Aids initiiert. Ein eindrucksvoller<br />

Film über die hohe Arbeitsbelastung<br />

der Frauen, die nicht selten zu<br />

Früh- oder Fehlgeburten führt, wurde<br />

gedreht. „Die Aufführung im Dorf öffnete<br />

den Männern die Augen“, resümiert<br />

Browning. „So verlangte ein<br />

Zuschauer nach dem Film, dass die<br />

Männer ihren Frauen nur noch Mehl<br />

vom Markt in der Stadt mitbringen<br />

sollten und kein ungemahlenes Korn<br />

mehr. Es sei jeder zu bestrafen, der<br />

das nicht tue. Es kommen nun auch<br />

Männer zu mir, die mir stolz verkünden:<br />

‚Ich habe heute das Wasser<br />

geholt!’ Wir haben zudem bewirkt,<br />

dass die meisten traditionellen Hebammen<br />

keine Beschneidungen mehr<br />

durchführen.“<br />

Auf gutem Weg<br />

Rückblickend wurde viel erreicht.<br />

Es sind mittlerweile insgesamt<br />

mehr als 500 Lehrer, Gesundheitshelfer<br />

und Familienhelferinnen im<br />

Einsatz. Die Kindersterblichkeit<br />

konnte gesenkt werden, obwohl<br />

sie noch deutlich über dem Landesdurchschnitt<br />

liegt. Es bleibt zu hoffen,<br />

dass der Klimawandel oder die<br />

Wirtschaftskrise die Erfolge der vielen<br />

engagierten Helfer/-innen nicht<br />

zunichte machen und die Afar ihr<br />

spezifisches Wissen um das (Über-)<br />

Leben an diesem heißen Ort der<br />

Erde bewahren.<br />

Dr. Ramona Gresch-Bruder


Studientag „Gesundheit“ im Difäm<br />

Worauf sollten <strong>Mission</strong>swerke und Entwicklungsorganisationen<br />

achten, wenn sie Gesundheitspersonal in<br />

wirtschaftlich arme Länder senden? Gemeinsam mit<br />

dem Evangelischen Entwicklungsdienst und einigen<br />

<strong>Mission</strong>swerken hat das Difäm Richtlinien und Empfehlungen<br />

hierzu erstellt. In einer vorhergehenden<br />

Evaluation wurde bestätigt, dass es weiterhin nötig ist,<br />

medizinisches Personal sowohl an große Krankenhäuser<br />

wie auch an ländliche Distriktkrankenhäuser zu<br />

entsenden. Die Fachkräfte leisten vor Ort einen wichtigen<br />

Beitrag dazu, Patienten/-innen gut zu versorgen,<br />

die Qualität der Gesundheitsdienste zu verbessern und<br />

das einheimische Personal weiterzubilden. Beim Studientag<br />

„Gesundheit“ gab es Gelegenheit, diese Thematik<br />

weiter zu vertiefen.<br />

Anhand von Fallbeispielen wurde verdeutlicht, welche<br />

Probleme entstehen können, wenn die Rahmenbedingungen<br />

vor Ort nicht ausreichend geklärt sind und die<br />

Fachkräfte Aufgaben übernehmen müssen, auf die sie<br />

nicht vorbereitet wurden. So schreibt eine Ärztin am<br />

Ende ihrer vierjährigen Entsendung: „Aufgrund eines<br />

vermeintlichen Ärztemangels wurden wir ohne weitere<br />

landesspezifische Vorbereitungen und ohne Sprachkurs<br />

direkt an das Hospital entsandt, und ich habe noch in<br />

derselben Woche meine Arbeit dort aufgenommen.<br />

Abend der Begegnung<br />

Rund 40 Gäste folgten der Einladung, Aktuelles aus den<br />

Difäm-Projekten im Tschad und Kongo zu hören. Bei<br />

der anschließenden Diskussion wurden auch übergreifende<br />

Themen angesprochen, wie zum Beispiel: Wie<br />

kann man die Abwanderung von medizinischen Fach-<br />

Lisa schluckt und schluckt<br />

Das 20-minütige Straßentheater der BUKO-Pharmakampagne<br />

fand in Tübingen auf dem Holzmarkt reges<br />

Interesse. Kernbotschaft der fantasievollen Darstellung<br />

war die Aufforderung an die Verbraucher/ -innen, der<br />

Arzneimittelwerbung kritisch gegenüberzustehen.<br />

© Difäm<br />

Die ungenaue Arbeitsplatzbeschreibung (‘Entsendung<br />

als Ärztin’) erwies sich als immenser Nachteil bei der<br />

Schwerpunktsetzung der eigenen Arbeit, und so habe<br />

ich diese selbst aus den nationalen und krankenhauseigenen<br />

Leitlinien abgeleitet. (…) Ein großes und nicht<br />

einfach zu lösendes Problem ist sicherlich die Ämterhäufung<br />

der überseeischen Ärztin. Es liegt in der Natur<br />

der Sache, dass Ärzte, die sich vorher nie mit Management,<br />

Personalführung, Rechnungswesen oder Entwicklungspolitik<br />

auseinandersetzen mussten, in ihrer<br />

neuen Verantwortung auf diesen Feldern nicht ausreichend<br />

bewandert sein können.“<br />

Die teilnehmenden Vertreter/-innen kirchlicher Werke<br />

stellten am Ende des Studientages fest, dass bei der<br />

Entsendung von medizinischem Personal viele Faktoren<br />

noch intensiver betrachtet werden müssen, zum<br />

Beispiel: Die Aufgaben der Entsendeten müssen sehr<br />

klar benannt werden. Das Difäm oder andere Fachstellen<br />

<strong>für</strong> internationale Gesundheit sollten frühzeitig in<br />

den Planungs- und Auswahlprozess einbezogen werden.<br />

Die Fachkräfte müssen während ihrer Dienstzeit<br />

vor Ort enger begleitet werden, wozu fachliche Fortbildungen<br />

ebenso notwendig sind wie der Austausch<br />

über die Arbeit im interkulturellen Kontext und über<br />

die Kommunikation in einer fremden Kultur.<br />

Dr. Jochen Bitzer<br />

kräften in die Industrieländer verhindern? Wie können<br />

junge Menschen auf die Arbeit des Difäm aufmerksam<br />

gemacht werden? Diese Fragen führten zu einem guten<br />

und intensiven Austausch zwischen den Gästen und<br />

den Difäm-Mitarbeitenden.<br />

Aidsaufklärung mit Musik und Tanz<br />

Mit Gesang, Trommeln, Theater- und Tanzeinlagen<br />

begeisterte die Gruppe SUMASESU aus Tansania die<br />

Besucher in der Jakobuskirche in Tübingen. Das Programm,<br />

das sonst in Dörfern und Städten Tansanias zur<br />

Aufklärung über Aids aufgeführt wird, hat in Deutschland<br />

eine andere Zielsetzung: in einem anderen Teil der<br />

Welt auf die Aidsproblematik aufmerksam zu machen.<br />

© Difäm<br />

D i f Ä M • G E s u N D h E i t i N D E r E i N E N W E l t • 5 / 0 9<br />

Veranstaltungen<br />

11<br />

Jochen Bitzer leitet<br />

das Team Gesundheitsdienste<br />

des Difäm


publikationen und termine<br />

Spiel: „Gesundheit als Ziel – Weg mit Hindernissen“<br />

Brettspiel <strong>für</strong> Jugendliche ab der 7. Klasse mit didaktischem Begleitmaterial <strong>für</strong> Gruppen von 6 - 36 Spieler/-innen. Dauer: 90 Minuten<br />

inklusive Einführung und Auswertung mit weiterführenden Informationen. Themen: Malaria, Bürgerkrieg im Ostkongo, Zugang der<br />

Bevölkerung zu Gesundheitsversorgung, weltweite Gesundheitsarbeit des Difäm. Ab Januar 2010 im Difäm erhältlich.<br />

Weihnachtskarte 2007<br />

„Das wahre Licht erscheint jetzt“<br />

Jean Marie und Etienne, D. R. Kongo<br />

Studium Generale in Tübingen<br />

„Damit Medizin wirkt – über Zusammenhänge, Wirkungen und<br />

Nebenwirkungen von Arzneimitteln und Gesundheitssystemen“<br />

Programmauswahl:<br />

• Rückstände, Resistenzen und ökonomische<br />

Zwänge – Rationaler Umgang mit Medikamenten –<br />

in Afrika und bei uns: Albert Petersen - 8. Dez. 2009<br />

• 28 Jahre HIV/Aids – Eine Krankheit verändert den<br />

Zugang zu Medikamenten: Dr. Gisela Schneider –<br />

2. Febr. 2010<br />

• Podiumsdiskussion: Brauchen wir eine deutsche/<br />

europäische/globale Arzneimittelpolitik? Wer ist <strong>für</strong> die<br />

Spielregeln im Gesundheitssystem verantwortlich?:<br />

Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin, Dr. Gisela Schneider, Prof. Dr.<br />

Stefan A. Laufer, Prof. Dr. Peter G. Kremsner, Dr. Michael<br />

Rabbow - 9. Febr. 2010<br />

Dienstags um 18:15 Uhr im Kupferbau, HS 21, der Universität<br />

Tübingen. Vollständiges Programm unter: www.difaem.de<br />

Welt-Aids-Tag am 1. Dezember 2009<br />

Tausende Luftballons in Kapselform werden in Berlin freigelassen<br />

und die gesammelten Unterschriften den Pharmakonzernen<br />

– Abbott, Bristol-Meyer-Squibb und Gilead – übergeben. Haben<br />

Sie schon unterschrieben? Online können Sie dies noch tun unter<br />

www.aids-kampagne.de<br />

Neue Mitarbeiterin im Difäm<br />

Ursula Kohler ist Krankenschwester und Hebamme. Elf Jahre hat<br />

sie im Gesundheitswesen in Burkina Faso gearbeitet und auch Projekte<br />

im Bildungsbereich und <strong>für</strong> ländliche Entwicklung aufgebaut.<br />

Danach war sie <strong>für</strong> Christliche Fachkräfte International im Projektmanagement<br />

und in der Projektbegleitung tätig. Im Difäm arbeitet<br />

sie in der Beratung und Begleitung von Gesundheitsprojekten im<br />

französischsprachigen Raum.<br />

Vorstandswahlen des EMW<br />

In den kommenden sechs Jahren wird das Evangelische <strong>Mission</strong>swerk<br />

in Deutschland (EMW) von einem neuen Vorstand geleitet.<br />

Vorsitzende des Gremiums ist Bischöfin Maria Jepsen (Kirchenkonferenz<br />

der EKD), ihre Stellvertreter sind Pastorin Martina Helmer-<br />

Pham Xuan (Evangelisches <strong>Mission</strong>swerk in Niedersachen – ELM)<br />

und Pastor Thomas Kemper (Evangelisch-methodistische Kirche).<br />

Ebenfalls in den Vorstand gewählt wurde Dr. Gisela Schneider,<br />

Direktorin des Difäm.<br />

Weihnachtskarte 2005<br />

„Siehe, ich verkündige euch große Freude“<br />

Alemayehu Bizuneh, Äthiopien<br />

V E r a N s t a l t u N G E N<br />

N a M E N u N D N a c h r i c h t E N<br />

Kalender 2010 „Märkte“<br />

Marktszenen aus Afrika, Asien,<br />

Lateinamerika und Europa<br />

Tel: 07071-206-535<br />

Fax: 07071-206-510<br />

bestellung@difaem.de<br />

Seminartermine Frühjahr 2010<br />

Palliative Praxis – Fortbildung zur Begleitung von Menschen in<br />

der letzten Lebensphase <strong>für</strong> pflegende Angehörige und Mitarbeitende<br />

in stationären oder ambulanten Einrichtungen: 1.2. – 5.2.2010<br />

Infos: fortbildung-palliativ@tropenklinik.de<br />

Public Health und Tropenmedizin: 15.2. – 12.3.2010<br />

Labordiagnostik in der Tropenmedizin: 15.3. – 17.3.2010<br />

Monitoring und Evaluation von Gesundheitsprojekten:<br />

15.4. – 17.4.2010<br />

HIV und Aids – <strong>für</strong> Fachkräfte in der Entwicklungszusammenarbeit:<br />

19.+ 20.4.2010 Veranstaltungsort: Würzburg, Unterrichtssprache:<br />

Englisch<br />

HIV und Aids – <strong>für</strong> medizinisches Personal in Gesundheitsprojekten<br />

der Entwicklungszusammenarbeit: 21.4.-23.4.2010<br />

Veranstaltungsort: Würzburg, Unterrichtssprache: Englisch<br />

Gottesdienst zum Welt-Aids-Tag<br />

Am Dienstag, dem 1. Dezember findet um 18 Uhr ein<br />

Gottesdienst zum Welt-Aids-Tag in der Friedenskirche,<br />

Rümelinstraße 10 in Tübingen statt.<br />

Neuer Generalsekretär des Weltkirchenrates<br />

<strong>Zum</strong> neuen Generalsekretär des Weltkirchenrates wurde Olav Fykse<br />

Tveit am 27. August in Genf gewählt. Der promovierte Pastor der<br />

lutherischen Kirche von Norwegen war seit 2002 Generalsekretär<br />

des Rats der Norwegischen Kirche <strong>für</strong> ökumenische und internationale<br />

Beziehungen. Im Weltkirchenrat nahm er bereits verschiedene<br />

Aufgaben wahr. Der 48-jährige ist der jüngste Generalsekretär seit<br />

über 60 Jahren – seine Wahl wird als Chance <strong>für</strong> einen Generationenwechsel<br />

auf der Leitungsebene des Weltkirchenrates bewertet.<br />

EED-Büro in Berlin<br />

Tim Kuschnerus wird neuer Leiter des EED-Büros in Berlin und<br />

gleichzeitig Geschäftsführer der Gemeinsamen Konferenz Kirche<br />

und Entwicklung. Seine bisherige Funktion im EED als Leiter der<br />

Abteilung Weltweite Programme, Mittlerer Osten und Osteuropa<br />

übernimmt Oliver Märtin.

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