Gartenlust April 2013
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Raublattastern und Äpfel erinnern an ein Lieblingsgedicht aus der Schule.<br />
Was versteht man unter „reaktivem Gärtnern“?<br />
GEORG GRABHERR: Sagen wir einmal so: die<br />
Natur schläft nicht. Ein ständiger Samentransport<br />
aus den Wiesen, aus dem Wald, von<br />
den Straßenrändern und Plätzen schafft es,<br />
dass unsere lieben Kulturpflanzen im Garten<br />
nicht alleine bleiben. Man kann nun dieses<br />
Angebot der Natur vernichten oder man<br />
kann mit ihm leben oder man kann mit ihm<br />
den Garten mitgestalten. In meinem Garten<br />
erscheinen schon im Jänner die ersten Blätt-<br />
Eine kleine Abkühlung im ökologischen<br />
Schwimmteich.<br />
chen des efeublättrigen Ehrenpreis zwischen<br />
Krokus und Schneeglöckchen. Dieser bildet<br />
im <strong>April</strong> eine grüne Decke, die mit den bunten<br />
Frühlingsboten wunderbar kontrastiert. Der<br />
Garten wirkt natürlich und harmonisch.<br />
In einem Interview sagen Sie: „Ich wollte nie<br />
einen Garten, nun habe ich den schönsten,<br />
den ich mir vorstellen kann, und er lehrt<br />
mich, dass alles stimmt, was ich den Studenten<br />
erzähle.“ Was macht Ihren Garten zu etwas<br />
ganz Besonderem?<br />
GEORG GRABHERR: Die Vielfalt an Arten,<br />
wobei Kultursorten und -arten vom Salat bis<br />
zum Löwenmäulchen, von der Rose bis zur<br />
Aster und Wildpflanzen – Gräser, Kräuter,<br />
Stauden und Gehölze – ca. fifty-fifty vorhanden<br />
sind. Insgesamt sind es ca. 300 Arten auf<br />
1200 Quadratmetern. Ein weiteres wichtiges<br />
Element ist die Blumenfülle, aber auch die<br />
Gartenwildnis, die manchmal stärker, manchmal<br />
weniger stark auftritt. Für meinen Garten<br />
ist auch wichtig, dass es keine starren Regeln<br />
gibt. Es gibt kein Muss, es gibt nur ein Gestalten<br />
und ein Darf.<br />
Haben Sie als Gartenbesitzer festgestellt, dass<br />
etwas doch anders ist, als Sie Ihren Studenten<br />
erzählt haben?<br />
GEORG GRABHERR: Eigentlich nichts. Ökologisches<br />
Lehrbuchwissen besagt beispielswei-<br />
wissen & erleben<br />
Die Schönheit der Natur liegt im Detail.<br />
Traumhafte Vielfalt an Farben und Sorten.<br />
kurz gesagt<br />
„In meinem<br />
Garten gibt es<br />
mehrere Gärtner.<br />
Den Professor,<br />
die Frau Doktor<br />
sowie Hund und Katz.“<br />
Georg Grabherr,<br />
Wissenschaftspreisträger<br />
se, dass Pflanzen und Tiere Lebensgemeinschaften<br />
bilden, die vernetzt sind. Das stimmt<br />
tatsächlich. Obwohl der Garten in seiner<br />
Zusammensetzung und Ausprägung primär<br />
durch die gärtnernde Hand bestimmt ist, zeigt<br />
es sich bald, dass gerade auch die Tiere eine<br />
wichtige Rolle spielen. In meinem Garten gibt<br />
es mehrere Gärtner: den Professor und die<br />
Frau Doktor, den Hund Bruno, die beiden<br />
Katzen Gloria und Bole, und wenn man noch<br />
die Vögel dazunimmt, so hat man die wesentlichen<br />
Akteure. Der Mensch gestaltet, pflanzt<br />
und erntet, der Hund setzt seine Duftmarken,<br />
vertreibt die Igel und bringt im Fell Samen von<br />
den Spaziergängen mit, die Katzen fangen die<br />
Mäuse und die Vögel säen mit ihrem Kot die<br />
Samen von Sträuchern – in fünf Jahren wäre<br />
unser Garten ein Gebüsch.<br />
Garten 11