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Gefahr für Neulati - Jungschar.biz

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Mit diesen Worten schmiss er die beiden Hälften des durchgebrochenen Bretts in das Büdchen hinauf<br />

und wurde dann von Goggo selber hinterhergestemmt. Nun zogen wir vom Rand der Grube aus - man<br />

konnte sich an Buchenbäumchen halten - auch den Goggo selbst mit einer dicken Kordel an das<br />

Tageslicht. Er sah ein bisschen blass aus von dem Schock, aber Reden halten konnte er wie immer.<br />

„Dass Stitz Schlosser uns allein ließ, war ein kapitaler Schnitzer“, stellte er strategisch fest. „Er musste<br />

uns entweder mit Draht fesseln oder einen Posten bei uns lassen. Aber jetzt mal dalli, Leute!“ Und er<br />

legte die beiden Bretterhälften quer über den Spalt, deckte den Zwischenraum provisorisch mit den<br />

Buchenzweigen zu, die Stitz Schlosser abgeschlagen hatte; Knabe aber buddelte in Eile aus dem<br />

Trichterlehm die Hacke aus. Dann stürzten alle sich fanatisch auf die Büdchenwände, rissen sie mit<br />

Hacke, Händen und Taschenmesser ein und trampelten die herunterkollernden Lehmmassen auf der<br />

zugeflickten Büdchensohle fest. Nach drei Minuten lag gewiss ein halber Meter festgestampfter<br />

Lehmschicht über dem ehemaligen Loch, und das Büdchen sah aus wie ein kleiner steiler Krater; die<br />

Baumwurzeln hingen von allen Seiten aus den Wänden.<br />

Wir hatten mit grimmiger Freude geschuftet. Der Chronist darf wohl behaupten, dass die Bauerei des<br />

Büdchens längst nicht soviel Spaß gemacht hat wie seine Zerstörung. Denn wir wussten ja, dass damit<br />

das Geheimnis unseres Büdchens Eigentum <strong>Neulati</strong>s blieb.<br />

Seit Stitz Schlossers Abzug waren kaum 10 Minuten vergangen. „Beeilung, Leute“, keuchte Goggo,<br />

„grabt die Hacke wieder in den Trichter, und dann nichts wie weg von hier! Stitz Schlosser wird sich<br />

niedlich ärgern, wenn er mit den Brennnesseln ankommt, und das Büdchen ist bereits kaputt!“<br />

Fünf Minuten später waren wir auf dem Nachhauseweg, so übermütig und so aufgekratzt wie selten:<br />

<strong>Neulati</strong> kannte ganz alleine einen unterirdischen Gang! Es war ein triumphaler Tag <strong>für</strong> unsern Staat; bloß<br />

der Chronist hatte Zahnweh, und Goggo litt an einer sogenannten leichten Gehirnerschütterung. Aber<br />

übermorgen, wenn's an die Erforschung unsres Stollens geht, ist das garantiert behoben!<br />

28. August<br />

Dem Chronisten tut zwar heute nicht mehr der Mund weh, aber da<strong>für</strong> sind's die Finger seiner<br />

Schreibhand, die seit vorgestern so etwa fünf, sechs Stunden lang das große Abenteuer vom 26.<br />

beschreiben mussten und ein bisschen lahm geworden sind. Trotzdem schreibt er heute weiter, denn es<br />

ist inzwischen allerlei passiert.<br />

Heute gegen drei Uhr nachmittags schlich man nämlich vollzählig aufs Neue in die Schonung.<br />

Selbstverständlich drangen wir von oben her ein und nicht von der Teichstraße aus. Dass die Sippschaft<br />

von Stitz Schlosser noch an dem kaputten Büdchen herumspukte, war kaum zu erwarten.<br />

Goggo hatte trotz der Hitze seine Trainingsjacke angezogen. „Ich hab' gemerkt, wie kalt das unten in<br />

dem Gang war“, sagte er. Und darunter trug er einen Lasso um den Bauch gewickelt, „falls es unten drin<br />

so Schächte oder so was gibt“.<br />

Marabu zog blinzelnd seine Spritzpistole aus der Tasche: Sie war voll Milch! Man sah sie weiß und<br />

deutlich durch die dünne Hülle aus rosa Kunststoff hindurchschimmern. „Ich habe diesmal schon zu<br />

Hause getankt“, erklärte er. „Wenn von euch vielleicht mal einer Durst kriegt und er will was frische<br />

Milch, so kann er sich ja melden.“ Und er spritzte sich genießerisch den weißen und vermutlich schon<br />

lauwarmen Strahl auf die Zunge. Knabe aber schoss aus einem neugebastelten Holunderblasrohr seine<br />

Salven in die Gegend.<br />

Ferner waren wir natürlich alle ausgerüstet mit Beleuchtungsapparaten: Goggo hatte eine Kerze und<br />

Zündhölzer, Knabe und der Geschichtsschreiber ebenfalls, Marabu besaß sogar eine mit frischer Batterie<br />

bestückte Taschenlampe; und wir alle waren lustig vor Erwartung.<br />

Knabe holte unterwegs zum Beispiel ein kleines, sorgfältig gesägtes Ordenskreuz aus Sperrholz aus der<br />

Tasche, säuberlich geschmirgelt und mit einer weißen Schlinge zum Aufhängen versehen. Er hatte auf<br />

das Holz nicht das Geringste draufgemalt, aber das Kreuzchen wirkte dadurch besser, als hätte er weiß<br />

Gott was <strong>für</strong> Verzierungen drauf angebracht.<br />

„Das ist der Orden <strong>für</strong> besondere Verdienste um den Staat <strong>Neulati</strong>“, sagte er und lächelte sein leises<br />

Knabenlächeln, „ich hab' ihn gestern ausgesägt. Den woll'n wir heute dem Chronisten feierlich verleihen<br />

<strong>für</strong> das aufopfernde Zerbeißen meiner Stricke.“<br />

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