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Jahresbericht 2010 - Kinderschutz-Zentrum Berlin

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<strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong><br />

<strong>Berlin</strong> e.V.<br />

<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2010</strong>


Liebe Freunde und Förderer des <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s,<br />

wir freuen uns, Ihnen unseren <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2010</strong> überreichen<br />

zu können und blicken mit Ihnen zurück auf ein arbeitsreiches<br />

Jahr.<br />

Unsere Angebote wurden wie auch in den letzten Jahren<br />

außerordentlich gut nachgefragt. In beiden Beratungsstellen<br />

konnten wir den präventiven Bereich weiter festigen.<br />

Das Projekt Traumkind, das sich in der Beratungsstelle Neukölln<br />

sehr gut etabliert hat, stand Pate für unser neues Präventionsprojekt<br />

von Anfang an in der Beratungsstelle in Hohenschönhausen.<br />

Darüber können Sie mehr in unserem Bericht<br />

erfahren.<br />

Am Anfang des Jahres mussten wir alle zur Kenntnis nehmen,<br />

dass Kinder über Jahre nicht vor sexuellem Missbrauch in<br />

kirchlichen und reformpädagogischen Einrichtungen geschützt<br />

werden konnten. Nach Jahren des Schweigens und Verharmlosens<br />

sprachen inzwischen ältere Erwachsene über ihre<br />

traumatisierenden Erfahrungen und es wurde ihnen zugehört.<br />

Einige öffentliche Auftritte und Beiträge unserer Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter zum Schutz von Kindern in Familien und<br />

Einrichtungen nahmen diese Entwicklungen auf.<br />

Als Schwerpunkt für den <strong>Jahresbericht</strong> haben wir diesmal die<br />

Perspektive der Kinder gewählt. „Auf die Kinder kommt es an“<br />

formulierte Heinz Buschkowsky, Bezirksbürgermeister von<br />

Neukölln, in einem Interview mit Schülern im Herbst <strong>2010</strong>.<br />

Er fordert, dass alle Anstrengungen darauf gerichtet werden<br />

müssen, sie zu schützen und zu fördern mit oder ohne Beteiligung<br />

der Eltern. Wir sind der Überzeugung, dass Schutz und<br />

Förderung von Kindern am besten im Zusammenwirken mit<br />

den Eltern gelingt; nach diesem Prinzip sind unsere Angebote<br />

ausgerichtet.<br />

Aber wie ist die Situation von Kindern in armen Familien, wie<br />

erleben Kinder eine Familienberatung, wie können sie sich in<br />

einer Kindertherapie entwickeln und welchen Eindruck hinterlässt<br />

ein Aufenthalt in der Kinderwohngruppe bei ihnen? Auf<br />

diese Fragen fi nden sie in diesem Bericht an Beispielen anschaulich<br />

Antworten.<br />

Ihr Engagement für Kinder und Ihre freundliche Begleitung unseres<br />

Konzepts von <strong>Kinderschutz</strong> stärken uns in der täglichen<br />

Arbeit. Sie machen uns Mut, uns immer wieder für Kinder, Jugendliche<br />

und Eltern und die fi nanzielle Absicherung unserer<br />

1


2<br />

Projekte einzusetzen. Viele von Ihnen tragen ganz konkret<br />

zu dieser Absicherung bei. Dafür danken wir Ihnen sehr.<br />

Wir wünschen Ihnen eine interessante, aufschlussreiche<br />

Lektüre und hoffen, dass Sie weiterhin mit uns verbunden<br />

bleiben.<br />

Vielen Dank für Ihre Unterstützung!<br />

Im Namen des Vorstandes<br />

Elisabeth-Charlotte Knoller und Dr. Elke Nowotny


Inhalt<br />

Aufgaben und Angebote 4<br />

Hilfen für Kinder, Jugendliche und Eltern 6<br />

Krisenintervention, Beratung und Therapien im Überblick<br />

Schwerpunkt: Blick auf misshandelte und 10<br />

vernachlässigte Kinder<br />

Kinder in der Familienberatung<br />

Kindertherapie<br />

Alltag in unserer Kinderwohngruppe<br />

Auf der Krankenstation – Therapeutische Erste Hilfe in<br />

der Kinderwohngruppe<br />

Bevor manches zu spät ist: Prävention im 24<br />

<strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong><br />

Traumkind – ein Projekt der Neuköllner Beratungsstelle<br />

Prävention in Lichtenberg – Die Eltern-Kind-Gruppe und<br />

von Anfang an<br />

Angebote für Fachkräfte: Fachberatung und Fortbildung 29<br />

Armut in Familien – Ein Handicap für förderliche 31<br />

Beziehungen<br />

3. Kunstauktion zugunsten des <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s 34<br />

Chronologie <strong>2010</strong> 36<br />

Dank 43<br />

Nachruf 45<br />

Der Verein stellt sich vor 46<br />

Wenn Sie uns unterstützen möchten ... 46<br />

© <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Berlin</strong> e.V., <strong>Berlin</strong> 2011<br />

3


4<br />

Aufgaben und Angebote<br />

Das <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong> ist eine spezialisierte Einrichtung,<br />

die sich an Kinder, Jugendliche, deren Eltern und Bezugspersonen<br />

sowie an die Fachöffentlichkeit wendet. Alle Formen von<br />

Gewalt gegen Kinder sind Gegenstand der Arbeit des <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s.<br />

Aufgabe des <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s ist es, physische, psychische<br />

und sexuelle Kindesmisshandlung und -vernachlässigung<br />

zu vermindern und deren Folgen zu lindern. Dies geschieht durch<br />

konsequente Entwicklung, Anwendung und Weitervermittlung von<br />

spezifi schen, an den Ursachen von Gewalt ansetzenden Hilfen.<br />

Unsere Einrichtung bietet konkrete Hilfe im Einzelfall und wirkt im<br />

gesamtgesellschaftlichen Kontext auf sozialpolitische Verbesserungen<br />

für Kinder und Eltern hin.<br />

Bei Misshandlung und Vernachlässigung von Kindern ist ein<br />

niedrigschwelliges Angebot notwendig. Familien brauchen in<br />

Krisen fachlich gute Unterstützung außerhalb üblicher Öffnungszeiten<br />

von Beratungsstellen und Behörden, insbesondere an<br />

Wochenenden und Feiertagen, dann, wenn Familien zusammen<br />

sind. Das <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong> ist deshalb täglich telefonisch für<br />

Ratsuchende erreichbar. Mobile Einsätze unseres Krisendienstes,<br />

um Familien in Krisen zu Hause aufzusuchen oder Kinder und Jugendliche<br />

dort zu treffen, wo sie gerade sind, sichern die schnelle<br />

Erreichbarkeit unserer Hilfen und verhindern, dass Kinder noch<br />

mehr verletzt oder geschädigt werden.<br />

In den beiden Beratungsstellen des <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s in<br />

Hohenschönhausen und Neukölln können Kinder, Jugendliche,<br />

Eltern und andere Bezugspersonen von Kindern über ein erstes<br />

Krisengespräch hinaus auch eine längerfristige Beratung in Anspruch<br />

nehmen. Ein Angebot, das längere Beratungsprozesse<br />

und mehrere Termine sehr kurzfristig zulässt, ist bei schwierigen<br />

Konfl ikten in Familien, die mit Misshandlung von Kindern einhergehen,<br />

unerlässlich.<br />

Die meisten Eltern und Kinder bzw. Jugendliche suchen uns<br />

auf, wenn es bereits zu Misshandlungen kam. Existentielle Ängste<br />

vor Bestrafung und Trennung der Familie sowie Verstrickungen in<br />

Schuld, Scham und Wut werden im ersten Kontakt mit den Eltern<br />

deutlich. Sie gehen den Weg ins <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong> gegen<br />

viele innere Widerstände und haben ihn geradeso geschafft.<br />

Unsere sofortigen und unbürokratischen Angebote stärken ihr<br />

Vertrauen in umgehende Hilfe und in die Helfer.<br />

Wenn die Konfl ikte in Familien so eskaliert sind, dass Eltern<br />

ihre Kinder nicht mehr selbst schützen können, steht mit der


Kinderwohngruppe in Steglitz eine Einrichtung zur vorübergehenden<br />

Unterbringung von Kindern zur Verfügung. Während<br />

der Zeit der Unterbringung wird mit Eltern und Kindern intensiv<br />

an der Entwicklung einer Perspektive für die gesamte Familie<br />

gearbeitet.<br />

Krisenintervention, Familienberatung, Kinder- und Jugendlichentherapie<br />

und die Möglichkeit des vorübergehenden stationären<br />

Aufenthalts von Kindern in der Kinderwohngruppe wirken<br />

als ein Verbund von Hilfen bei Kindesmisshandlung und -vernachlässigung.<br />

Mit diesem Hilfeverbund unterscheidet sich das<br />

<strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong> von anderen Hilfeeinrichtungen in der<br />

Stadt.<br />

Aufgaben und Angebote des <strong>Kinderschutz</strong>-<br />

<strong>Zentrum</strong>s<br />

Beratung und Therapie für Familien, Elternpaare,<br />

Alleinerziehende, Einzelklienten<br />

Kinder- und Jugendlichentherapie<br />

Therapie mit misshandelnden Erwachsenen<br />

Pädagogisch-therapeu sche Arbeit mit Kindern in<br />

der Kinderwohngruppe und Klärung der Perspek ve<br />

der Kinder in Zusammenarbeit mit den Eltern<br />

Kriseninterven on, Krisengespräche vor Ort, Arbeit<br />

mit Wegläufern<br />

Telefonberatung<br />

Beratung und Supervision von Fachkrä en<br />

Ausbildung ehrenamtlicher Mitarbeiter für<br />

die Krisenhilfe am Telefon<br />

Präven ver <strong>Kinderschutz</strong>: Eltern-Kind-Gruppe,<br />

Projekte Traumkind und von Anfang an<br />

Präven ve Angebote für Lehrer, Erzieher und Eltern<br />

Präven ve Arbeit mit Schulklassen<br />

Au lärung der Öff entlichkeit durch Informa-<br />

onsveranstaltungen mit Eltern, Lehrern,<br />

Schülern, Erziehern, Sozialarbeitern, Ärzten,<br />

Studenten, Auszubildenden<br />

Publika onen<br />

Zusammenarbeit mit Medien<br />

5


6<br />

Hilfen für Kinder, Jugendliche und Eltern:<br />

Krisenintervention, Beratung und Therapien im Überblick<br />

Das <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong> bietet Hilfen an, die für Eltern, Kinder<br />

bzw. Jugendliche und deren Bezugspersonen ohne große Hürden<br />

zu erreichen sind. Dazu gehört unsere Erreichbarkeit an Werktagen<br />

bis 20 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen von 14<br />

bis 18 Uhr. Schnelle Hilfe heißt für uns, dass eine Beratung schon<br />

am Telefon erfolgen kann und ein erstes Gespräch in einer der<br />

Beratungsstellen innerhalb weniger Tage möglich ist. In Krisensituationen<br />

können die Betroffenen auch direkt vor Ort aufgesucht<br />

werden. Vielen Menschen, die unser Krisentelefon anrufen, ist es<br />

wichtig, Hilfe außerhalb des Jugendamts zu erhalten.<br />

Telefonische Beratung und Krisenintervention<br />

So breit wie das Spektrum der Anrufenden sind auch deren<br />

Anliegen:<br />

Besorgte Bürger berichten von Geschrei und Beschimpfungen<br />

aus ihren Nachbarwohnungen und befürchten das Schlimmste.<br />

Familienangehörige machen sich Sorgen um die Kinder ihrer<br />

Verwandten. Sie möchten wissen, wie sie den Kindern helfen können,<br />

auch wenn deren Eltern oft schon den Kontakt zu den Anrufern<br />

abgebrochen haben. Getrennte Eltern vermuten, dass der<br />

jeweils andere Elternteil bei Besuchen dem Kind schaden könnte<br />

oder schon geschadet hat. Mütter oder Väter sind verzweifelt,<br />

weil sie im Streit ihre Kinder geschlagen haben oder die Kinder<br />

nach dem Streit weggelaufen sind. Sie machen sich Sorgen über<br />

Veränderungen im Verhalten ihrer Kinder. Kinder und Jugendliche<br />

beklagen sich über ungerechte Eltern und Lehrer.<br />

Anrufe von Kindern und Jugendlichen<br />

Die Probleme von Kindern und Jugendlichen, die zu einem<br />

Anruf am Krisentelefon führten, sind in den letzten Jahren<br />

nahezu unverändert geblieben.<br />

Der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die über Gewalterfahrungen<br />

in der Familie oder im familiären Umfeld berichteten,<br />

lag wie in den vorhergehenden Jahren bei 10%. Mitunter hatten<br />

Bekannte der Familie oder Eltern von Freunden den telefonischen<br />

Kontakt zu uns hergestellt. Jugendliche berichteten,<br />

dass sie im Streit von ihren Eltern vor die Tür gesetzt wurden<br />

und nun bei einem Kumpel wohnten. Diesen Anrufern wurde<br />

ein sofortiges persönliches Krisengespräch angeboten.<br />

32 Kindern und Jugendlichen, die über physische oder psychische<br />

Gewalterfahrungen innerhalb oder außerhalb der


Familie berichteten, erhielten ein persönliches Gespräch,<br />

das in der Schule, in einer Freizeiteinrichtung oder in einer<br />

der Beratungsstellen stattfand.<br />

43 Kindern und Jugendlichen, die über physische oder psychische<br />

Gewalterfahrungen innerhalb oder außerhalb der<br />

Familie berichteten, erhielten ein persönliches Gespräch, das<br />

in der Schule, in einer Freizeiteinrichtung oder in einer der<br />

Beratungsstellen stattfand.<br />

Anrufe von Eltern und Bezugspersonen von Kindern bzw.<br />

Jugendlichen<br />

Die vorrangigen Problemlagen von Eltern betrafen heftige<br />

Familienkonfl ikte, die zu gewaltsamen Eskalationen geführt<br />

hatten oder zu eskalieren drohten. Mit konkreten Fragen und<br />

praktischen Anweisungen versuchten wir zu deeskalieren<br />

und das Risiko einer erneuten Zuspitzung einzuschätzen.<br />

Vor allem bei Berichten über häusliche Gewalt war es wichtig<br />

zu klären, ob die Wohnung für Mutter und Kinder noch ein<br />

sicherer Ort war. Wenn Kinder nach einem Streit weggelaufen<br />

waren, galt es mit den anrufenden Eltern zu überlegen, wie<br />

die Suche gestaltet werden kann. Schon das Sortieren am<br />

Telefon brachte häufi g Entlastung, so dass die Eltern sich<br />

beruhigten und abwarten konnten, ob das Kind in kürzerer<br />

Zeit wieder nach Hause kommt.<br />

76 Mütter oder Väter meldeten sich, weil es in ihrer Familie<br />

zu körperlicher, seelischer oder sexueller Misshandlung gekommen<br />

war bzw. das Kind von einem Fremdtäter sexuell<br />

misshandelt wurde. 26 Mütter berichteten von häuslicher Gewalt<br />

zwischen den Eltern. Am Krisentelefon schätzten wir ein,<br />

ob das Kind in der Familie genügend vor weiterer Gefährdung<br />

geschützt ist und besprachen erste Hilfsmöglichkeiten.<br />

Des Weiteren meldeten sich 118 Eltern in sehr zugespitzten,<br />

gewaltsam ausgetragenen Konfl iktsituationen nach Trennung<br />

und Scheidung. Unser Krisentelefon wurde vor allem an den<br />

Wochenenden von getrennten Eltern genutzt, die ihre Befürchtungen<br />

mitteilten, weil das Kind sich beim anderen Elternteil<br />

aufhielt und sie keinen Kontakt zum Kind herstellen konnten.<br />

Wir bemühten uns, den telefonischen Kontakt zu halten, um<br />

Gefährdungen für das Wohl des Kindes einzuschätzen.<br />

165 Bezugspersonen aus dem nahen Umfeld von Familien<br />

(Nachbarn/ Bekannte/ Verwandte) wandten sich mit ihren Beobachtungen<br />

und Befürchtungen an unsere Beratungsstelle.<br />

Mit ihnen wurde überlegt, wie sie der Familie eine Brücke zu<br />

uns bauen können.<br />

7


8<br />

Beratung von Familien in unseren Beratungsstellen<br />

Die Begleitung durch die Krisensituation und die Erarbeitung<br />

einer neuen Perspektive für die Familie einschließlich des<br />

Schutzes ihrer Kinder nimmt in der Regel mehrere Monate in<br />

Anspruch. Die Komplexität der Problemlagen, mit denen sich die<br />

Ratsuchenden an das <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong> wenden und das<br />

oft ambivalente Verhältnis der Ratsuchenden zur Hilfe, erfordert<br />

eine große Flexibilität im Setting und die Möglichkeit, immer<br />

wieder neu auf die Familie zugehen zu können. Professionelle<br />

Arbeit nach fachlichen Standards mit Familien, in denen Kinder<br />

gefährdet sind, nimmt viel Zeit in Anspruch, u.a. für Telefonate<br />

zwischen den Terminen in der Beratungsstelle. Nur so kann das<br />

Arbeitsbündnis wieder stabil gestaltet werden.<br />

Wie kommen Familien zum <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>?<br />

258 Familien meldeten sich selbst an. Sie waren hauptsächlich<br />

durch ihre Recherche im Internet auf unser Angebot<br />

gestoßen oder durch Familienangehörige und Bekannte auf<br />

uns aufmerksam geworden.<br />

199 Familien wurden uns von Institution wie Kinderärzten,<br />

Schulen, Kindergärten, dem Jugendamt und anderen Diensten<br />

überwiesen<br />

Besondere Konfl ikte und Problemlagen<br />

Nach wie vor bilden Familien, die mit der Erziehung ihrer<br />

Kinder überfordert sind, so dass eine Gefährdung der Kinder<br />

droht, den Hauptteil unseres Klientels.<br />

Junge Eltern und besonders junge, alleinerziehende Mütter<br />

mit Säuglingen suchten Beratung oft schon in den ersten<br />

Lebenswochen des Kindes. Die Umstellung vom Leben als<br />

Jugendliche zum Leben mit Kindern war misslungen, weil<br />

das Kind die Erwartungen der Eltern enttäuschte.<br />

Eltern, deren Kinder eine Kita besuchen, wandten sich<br />

häufi g auf Empfehlung der Erzieherinnen an uns. Diese Eltern<br />

fühlten sich häufi g unter Druck, weil das Kind in der Kita<br />

andere Kinder traktierte und sie sich auch zu Hause nur noch<br />

mit Schreien durchsetzen konnten. Familien mit Pubertierenden<br />

wünschten Beratung, weil sie fürchteten, die Jugendlichen<br />

könnten auf die schiefe Bahn geraten. Die Konfl ikte<br />

waren oft schon soweit eskaliert, dass die Jugendlichen<br />

nicht mit den Eltern sprechen wollten.<br />

Eine weitere Zunahme verzeichneten wir bei der Beratung<br />

von Familien in Trennungs- und Scheidungskonfl ikten. 161<br />

Eltern(teile) suchten Hilfe, weil sie sich mit dem anderen<br />

Elternteil nicht auf eine dem Kind angemessene Umgangs-


egelung einigen konnten. Einige dieser Eltern waren uns<br />

direkt vom Familiengericht zugewiesen worden. Besonders in<br />

Familien, in denen häusliche Gewalt der entscheidende Trennungsgrund<br />

war, hatten die Kinder starke Loyalitätskonfl ikte.<br />

In 17 Fällen war zusätzlich zur Beratung der Eltern eine Betreuung<br />

des Umgangs zwischen dem getrennten Elternteil<br />

(meist der Vater) und den Kindern notwendig.<br />

Eltern mit Migrationserfahrung wurden uns wie in den Jahren<br />

zuvor überwiesen, weil sie ihre Kinder schwer misshandelt<br />

hatten und nur wenig Zugang zur Schädigung ihrer Kinder fi nden<br />

konnten. Die Eltern fühlten sich von den Fachkräften nicht<br />

verstanden und vermuteten in den Vorwürfen der Kindesmisshandlung<br />

Ausländerfeindlichkeit. Auch für uns war die Gestaltung<br />

eines Arbeitsbündnisses bisweilen schwierig. Aufgrund<br />

von Verständigungsproblemen war manchmal die Hilfe von<br />

Dolmetschern nötig. Für eine erfolgreiche Arbeit ist es oft notwendig,<br />

zunächst die Spezifi k der unterschiedlichen Kulturen<br />

zu klären. Afrikanische Eltern berichteten zum Beispiel davon,<br />

dass Schläge in ihrem Heimatland als Erziehungsmittel üblich<br />

sind. Sie wollten sich zwar an die deutschen Gesetze halten,<br />

konnten sich aber nicht vorstellen, wie sie ihre Kinder ohne<br />

Schläge erziehen sollten. Teilweise hatten die Eltern hohe<br />

Ansprüche an die Leistungsfähigkeit ihrer Kinder und waren<br />

bitter enttäuscht, wenn die schulischen Leistungen der Kinder<br />

nicht ihren Erwartungen entsprachen.<br />

Auszug aus der Sta s k<br />

Beratung und Therapie von Familien<br />

Anzahl der Erstkontakte 958<br />

davon telefonisch 899<br />

persönlich 44<br />

schri lich 15<br />

Über einen Erstkontakt hinaus beratenen Familien 457<br />

Übernahmen aus dem Vorjahr 207<br />

Gesamt 664<br />

Anzahl der abgeschlossenen Fälle 415<br />

Dabei Dauer Einmalige Krisenberatung 233<br />

der Beratung: 2 - 5 Beratungstermine 111<br />

6 - 15 Beratungstermine 50<br />

16 - 30 Beratungstermine 13<br />

31 und mehr Beratungstermine<br />

Eine Weitervermi lung nach der Krisenberatung<br />

erfolgte in 122 Fällen aus inhaltlichen Gründen.<br />

8<br />

Elterngruppen (Zahl der Sitzungen): 17<br />

Eltern-Kind-Gruppe (Zahl der Sitzungen): 45<br />

9


10<br />

Schwerpunkt: Blick auf misshandelte und<br />

vernachlässigte Kinder<br />

Kinder in der Familienberatung<br />

Wenn von Familienberatung gesprochen wird, geht man davon<br />

aus, dass die Kinder in die Beratung mit einbezogen werden.<br />

Das Leitthema jeder Familienberatung ist: Wie können wir gute<br />

Entwicklungsmöglichkeiten für alle Familienmitglieder, Kinder und<br />

Eltern, schaffen. Die Schwierigkeiten der Familie werden aus den<br />

unterschiedlichen Perspektiven der einzelnen Familienmitglieder<br />

betrachtet, wobei Koalitionen und Loyalität sowie Kommunikationsmuster<br />

herauszuarbeiten sind. Kleine Kinder fungieren in den<br />

Beratungsgesprächen häufi g als Seismografen für die emotionalen<br />

Befi ndlichkeiten der Eltern. Die Kinder wenden sich dem<br />

bedürftigen Elternteil zu oder lenken durch eigene Aktionen von<br />

schwierigen Themen ab. Ältere Kinder sind oft in der Lage, eine<br />

exakte Diagnose des Familiensystems zu geben, wenn sie sich in<br />

der Beratungssituation sicher fühlen. Wenn es gelingt, die Eltern<br />

für die Perspektive ihrer Kinder zu sensibilisieren, ist ein großer<br />

Schritt in der Beratung erreicht.<br />

Bei der Beratung von Familien, in denen Kinder in ihrem Wohl gefährdet<br />

sind, zeigen die Kinder häufi g Ängste und Unsicherheiten<br />

in den Sitzungen. Sie befürchten, dass es zu Hause nur schlimmer<br />

wird, wenn sie hier ihre Meinung sagen. Meist sind die Kinder<br />

angespannt, zupfen vor Nervosität an der Kleidung oder konzentrieren<br />

sich voll auf das angebotene Spielzeug. Beraterinnen und<br />

Berater sind gefordert, den Kindern Verständnis zu signalisieren<br />

sowie den Eltern das Verhalten der Kinder zu erklären.<br />

Eine besondere Herausforderung ergibt sich, wenn Familien<br />

aufgrund von Anzeichen einer Kindeswohlgefährdung zu einer<br />

Beratung ins <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong> geschickt werden. Hier<br />

muss bei einer Einbeziehung der Kinder in die Beratung darauf<br />

geachtet werden, ob das Kind im Rahmen der Beratung hinreichend<br />

vor psychischer Misshandlung durch die Eltern geschützt<br />

werden kann. Sicher werden Eltern ihr Kind nicht absichtlich während<br />

der Sitzung demütigen. Aus der Rechtfertigung der Eltern<br />

für das eigene Handeln wird das Kind zum Schuldigen für die<br />

Misshandlung bzw. für alle familiären Probleme gemacht. Treten<br />

diese Beschuldigungen in massiver Form auf, kommt das einer<br />

psychischen Misshandlung des Kindes gleich. Dem Kind wird von<br />

den Eltern signalisiert „Du bist an allem Schuld, wenn du nicht<br />

wärst, hätten wir ein leichteres Leben“. Die Kinder reagieren auf<br />

die Abwertung durch die Eltern entweder mit starrem Dasitzen<br />

oder mit „Weghören“, indem sie sich intensiv mit Malzeug oder<br />

Spielzeug beschäftigen. Beide Verhaltensweisen zeigen, dass


die Kinder stark belastet sind. Sie brauchen in dieser Situation<br />

die Erfahrung, dass sie den Beschuldigungen nicht hilfl os ausgeliefert<br />

sind, so wie es zu Hause der Fall ist. Sie benötigen von der<br />

Beraterin/dem Berater ein Zeichen, dass sie sich für ihre Perspektive<br />

interessieren. Wir Berater sind gefordert, eine Brücke zu bauen<br />

zwischen den Bedürfnissen des Kindes nach Wertschätzung,<br />

Verständnis und Entlastung und dem Bedürfnis der Eltern nach<br />

Anerkennung und Unterstützung in ihrem Elternsein.<br />

Eltern und Kinder sollen mit Hilfe der Beraterin/des Beraters<br />

eine neue Basis entwickeln können. Eltern und Kinder verbindet<br />

in solchen Situationen die Annahme, nicht geliebt und anerkannt<br />

zu werden. Eltern erleben das oben geschilderte Verhalten ihrer<br />

Kinder als Beweis, dass diese nur provokant und ignorant sind.<br />

Kinder haben den Eindruck, sie sind unnütz, voller Fehler und<br />

nicht wert, geliebt zu werden. Solange diese Wahrnehmung nicht<br />

aufgelöst werden kann, ist kein Arbeiten am Konfl ikt zwischen<br />

Eltern und Kindern möglich.<br />

Ein erstes Ziel der Beratung ist daher, den Eltern zu ermöglichen,<br />

die Probleme aus der Perspektive des Kindes wahrzunehmen.<br />

Damit dies gelingen kann, brauchen Eltern und Kinder die<br />

Sicherheit, dass alle von Beratern geschätzt und akzeptiert werden.<br />

Manchmal ist es dafür sinnvoll, dass die Eltern zum ersten<br />

Gespräch allein kommen und auch den Kindern ein Gespräch allein<br />

mit dem Berater angeboten wird. So haben beide die Chance,<br />

unabhängig von einander Vertrauen zu den Beratungspersonen<br />

aufzubauen.<br />

Das nachfolgende Beispiel veranschaulicht die beschriebene<br />

wechselseitige Dynamik.<br />

Fallbeispiel<br />

Der achtjährige Max1 kommt mit seinen Eltern zum ersten<br />

Gespräch in die Beratungsstelle des <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s.<br />

Max ha e in der Schule erzählt, sein Vater habe ihn mit<br />

einem Zollstock geschlagen. Die zuständige Sozialarbeiterin<br />

im Jugendamt, die von der Lehrerin verständigt worden war,<br />

ha e nach einem Krisengespräch mit den Eltern die Familie<br />

zu einer Beratung im <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong> verpfl ichtet.<br />

Während der Vater ausführlich die Schläge rech er gt, sinkt<br />

Max immer mehr in sich zusammen. Es hat den Anschein,<br />

als ob er durch die Worte des Vaters noch mal geschlagen<br />

wird. Der Vater beschreibt seinen Sohn als faul und<br />

schlampig. Dass es zu den he igen Schlägen gekommen sei,<br />

habe sich Max selbst zuzuschreiben, er habe durch seine<br />

Schlamperei eine teure Jacke und Sportschuhe verloren.<br />

1 Name geändert<br />

11


12<br />

Die Mu er nickt zus mmend. Max rührt sich nicht in seinem<br />

Sessel, ein paar Tränen rollen ihm über die Wange. Die Eltern<br />

achten nicht auf ihn. Vater und Mu er haben in ihrer Wut<br />

den Blick auf Max verloren. Sie erleben ihr Kind mäch ger als<br />

sie selbst, da sie durch seine Ak on gezwungen wurden, eine<br />

Beratung aufzusuchen.<br />

Die Beraterin würde nun am liebsten Max verteidigen, weil<br />

sie das „Häufchen Elend“ anrührt. Damit wäre allerdings die<br />

Balance verloren. Damit die Eltern auf Max schauen können,<br />

brauchen sie zunächst selbst Verständnis für ihre Kränkung<br />

und Anerkennung für ihre Bemühungen um Max. Andererseits<br />

muss Max von der Beraterin ein Signal bekommen, dass er<br />

in seiner Traurigkeit wahrgenommen wird. Sie wendet sich<br />

an Max und benennt seine Traurigkeit. Dann spricht sie die<br />

Eltern an, welche Sorgen sie sich um Max machen. Nachdem<br />

die Eltern formulieren konnten, wie groß ihre Angst ist, Max<br />

könne in der Schule versagen und wie sehr sie sich von der<br />

Lehrerin als schlechte Eltern verurteilt fühlen, sind sie bereit,<br />

Max zuzuhören. Dieser antwortet auf die Frage der Beraterin,<br />

was sich in der Familie verändern soll: „Meine Eltern sollen<br />

ne er sein.“ Die Mu er seufzt ef und berichtet, dass sie sich<br />

in letzter Zeit sehr wenig um Max gekümmert habe. Sie habe<br />

durch ihre Schichtarbeit den Kontakt zu ihrem Sohn verloren<br />

und aufgrund der fortwährenden Schlamperei von Max daran<br />

gezweifelt, ob er die Anstrengung der Eltern schätzt. Der Vater<br />

mischt sich ärgerlich ein, er könne zu Max nur ne sein, wenn<br />

dieser sich an Regeln hält. Auch für den Vater ist das Verhalten<br />

von Max eine harte Kränkung. Er bemüht sich, seinem Sohn alle<br />

materiellen Wünsche zu erfüllen und dieser achtet die Sachen<br />

nicht. Ihm fällt es schwer, sich in die Lage von Max zu versetzen.<br />

Auf die Frage der Beraterin, was er an Max gut fi ndet, fällt ihm<br />

nichts ein. Er braucht zunächst selbst Wertschätzung, bevor er<br />

sich auf seinen Sohn einlassen kann. Die Mu er springt ein. Sie<br />

mag an ihrem Sohn, dass er gut bastelt und sie miteinander<br />

über die gleichen Sachen lachen können. Sie erinnert ihren<br />

Mann daran, dass er noch vor einem halben Jahr beeindruckt<br />

war, wie selbständig Max schon ist.<br />

Max, der sich in der Situa on langsam sicher fühlt, richtet sich<br />

mehr und mehr auf. Er wünscht sich, dass der Vater ö er mit<br />

ihm Schach spielt, das könne der Vater sehr gut. Dieser entgegnet,<br />

er werde nur dann mit Max spielen, wenn dieser alle<br />

Hausaufgaben erledigt habe.<br />

Die Eltern können die Sehnsucht von Max nach Zuwendung<br />

sehen, andererseits möchten sie auch eine Gegenleistung. Sie<br />

müssen hart arbeiten, das soll der Sohn ebenso machen. Ihre<br />

Unzufriedenheit mit der eigenen Arbeitssitua on verschiebt<br />

sich auf das Kind, er soll ihnen Freude machen ansta Kummer.<br />

Je mehr sie sich selbst entlastet fühlen, umso mehr können


sie auch die posi ven Eigenscha en von Max wieder in den<br />

Blick nehmen. Sie können Max klarmachen, dass er sich an<br />

die Regeln halten muss, aber sie wollen auch verstehen, was<br />

in ihrem Sohn vorgeht. So beginnt ein gemeinsamer Verständigungsprozess.<br />

Max selbst macht die Erfahrung, dass er nicht<br />

nur von der Beraterin ernst genommen wird, sondern, dass<br />

ihn auch seine Eltern mit anderen Augen sehen. Er gewinnt<br />

zunehmend an Selbstvertrauen und kann seine „Mir-dochegal-Haltung“<br />

aufgeben.<br />

Beratung und Therapie von Kindern und Jugendlichen<br />

72 Kinder und Jugendliche nahmen für sich alleine Gespräche in<br />

Anspruch. Oft hatten die Jugendlichen explizit darum gebeten, Gespräche<br />

ohne ihre Eltern haben zu können. Bei anderen waren diese<br />

Gespräche zusätzlich zur Beratung der Familien angeboten worden,<br />

weil sich die Kinder in der Beratung mit der Familie aufgrund von<br />

Loyalitätskonfl ikten kaum äußern konnten.<br />

Langfristige Kinder- bzw. Jugendlichentherapie erhielten Kinder<br />

bzw. Jugendliche, die durch chronifi zierte Konfl ikte, Misshandlung<br />

und Vernachlässigung traumatisiert sind.<br />

Kindertherapie mit der neunjährigen Maria<br />

„Meine Familie hat ein großes Haus mit Garten, wir haben<br />

viele Tiere: Zwei Hunde, eine Katze, den Papagei …“<br />

„ … und ich habe das Dachgeschoss ganz allein für mich, einen<br />

Riesenpool, und es gibt ein Wohnmobil, … und einen Zoo mit<br />

Elefanten, einem Tiger (aber der ist ganz zahm); im Garten steht<br />

das Indianerzelt für die Kinder zum Spielen, da sind Schaukeln<br />

und die Mu er ist den ganzen Tag zuhause und kocht jeden<br />

Tag Essen …“<br />

Das Puppenhaus wird während des Erzählens immer weiter eingerichtet.<br />

Immer mehr kommt noch dazu, was die neunjährige<br />

Maria sich für ihr Puppenhausmädchen Kay wünscht. Einmal im<br />

Leben rich g reich sein, so dass die Mu er sich keine Sorgen um<br />

Geld machen müsste, das wäre klasse, und schnell packt Maria<br />

die Goldstücke aus dem Piratenschatz in den Kleiderschrank.<br />

Und für den Fall, dass das nicht reicht, werden die Glitzersteine<br />

als Diamanten und Edelsteine dazugekippt.<br />

„Oh, da ist ja ein Tennisschläger: Tennis spiele ich auch – und<br />

auch Keyboard! Ich bin supergut und alle bewundern mich.<br />

Ah, gute Idee! Heute ist mein Geburtstag und alle Freundinnen<br />

kommen zur Party, bringen Geschenke mit … Alle werden<br />

staunen!“ Mir – als die Puppe Lisa – wird von Maria die Rolle<br />

zugedacht, eher arm zu sein, sie zu bewundern, aber auch zu<br />

beneiden. Lisa ist ebenfalls eingeladen zum Geburtstagsfest.<br />

13


14<br />

Für die weitere Spielhandlung gibt mir Maria klare Regieanweisungen.<br />

Solange diese mir nicht widerstreben, folge ich ihnen.<br />

Schon beim Betreten ist Lisa von der Schönheit und der Größe<br />

des Hauses ihrer Freundin sehr beeindruckt und bleibt in der<br />

Tür stehen. Die anderen Puppenkinder sind schon da und Kay<br />

zeigt Lisa das ganze Haus. Lisa ist sehr schüchtern angesichts<br />

der vielen fremden Dinge, was Marias Puppe Kay lus g fi ndet.<br />

Die anderen Puppenkinder lachen. Ich sage Maria, dass meine<br />

Puppe Lisa denkt, sie wird ausgelacht, weil sie vieles nicht<br />

kennt. Sie ärgere sich, dass andere darüber lachen. Maria hört<br />

aufmerksam zu, gibt mir recht: „Klar haben die sie ausgelacht.<br />

Sie tuscheln sogar hinter ihrem Rücken“. Der Kindergeburtstag<br />

nimmt seinen Lauf, immer wieder gibt es ähnliche Situa onen,<br />

bis ich Maria sage, ich weiß jetzt nicht mehr weiter, ich glaube,<br />

das Mädchen Lisa würde jetzt am liebsten nach Hause gehen.<br />

Maria sagt darauf: „Das kann ich gut verstehen“.<br />

Maria und ich arbeiten schon eine ganze Weile zusammen,<br />

und mithilfe ähnlicher Rollenspiele hat sie mir schon viel von<br />

sich erzählt. Sie hat noch nie ein Kind eingeladen in die kleine,<br />

altmodische Wohnung der Großmu er, in der sie seit einer<br />

Weile lebt. Es wäre ihr peinlich und „überhaupt einfach zu


kompliziert“. Wenn sie von der Schule nach Hause kommt, wird<br />

gegessen und Hausaufgaben gemacht. Dann geht die Großmu<br />

er schon bald zu Be , da sie bereits wieder um fünf Uhr<br />

morgens am Bahnhof Zeitungen verkau , um mit der Enkelin<br />

über die Runden zu kommen.<br />

Maria ist froh, dass die Oma sie aufgenommen hat, und nimmt<br />

viel Rücksicht auf sie. Verglichen mit dem harten Leben bei ihrer<br />

drogenabhängigen Mu er geht es Maria bei der Großmu er<br />

prima. Manchmal träumt Maria von den alten Zeiten, wenn<br />

ihre Mu er nicht ansprechbar war und sie bei den Nachbarn<br />

um Essen be elte. Dann wacht sie auf und ist nur schwer zu<br />

beruhigen. Es ist viel Wut, aber auch Sehnsucht und Sorge um<br />

die Mu er da, über die sie mit der Oma nicht sprechen möchte.<br />

Das bringt sie durcheinander. Nach diesen Träumen kann sich<br />

Maria in der Schule nicht konzentrieren, wo sie als unsicheres,<br />

freundliches Kind gilt, das immer etwas abseits steht. Die<br />

Mitschülerinnen vergessen sie meistens, wenn sie sich für den<br />

Nachmi ag verabreden.<br />

Maria fällt auf, dass die Puppenhausfi guren keine warmen<br />

Jacken und Schals haben, und dass es in der Puppenküche nur<br />

leere Teller und Kochtöpfe gibt, wie das früher bei ihrer Mu er<br />

war. Für die kleine Welt des Puppenhauses können wir Abhilfe<br />

schaff en, nähen aus Filz einfache Kleider und basteln aus Fimo<br />

Obst, Gemüse und Brot. Währenddessen erzählt Maria immer<br />

wieder Begebenheiten aus ihrem Leben und wie es damals<br />

für sie war, wenn sie aus Verzweifl ung zu den Nachbarn ging,<br />

obwohl ihr die Mu er das verboten ha e.<br />

Als ich Maria frage, ob es auch etwas gibt, was ihr selbst im<br />

Moment fehlt, verneint sie ganz schnell. Nach und nach fallen<br />

ihr aber doch Dinge ein „die aber sowieso nicht gehen“, wie<br />

sie mir gleich versichert.<br />

15


16<br />

Maria hä e gern ein eigenes abgeschlossenes Zimmer, das<br />

sie selbst nach ihrem Geschmack einrichten darf, möchte<br />

wie die anderen Mädchen allein von der Schule nach Hause<br />

fahren und sich verabreden können. Maria zögert, sich mit<br />

diesen Wünschen an die Großmu er zu wenden. Sie möchte<br />

nicht undankbar erscheinen und fürchtet, dass ihre Anliegen<br />

abgelehnt werden. Wir überlegen, wie sie diese Wünsche mit<br />

der Oma besprechen könnte, und nach einiger Zeit wagt sie<br />

es. Die Oma war sehr off en dafür und ha e sich selbst schon<br />

Gedanken gemacht, wie sie die Lebenssitua on mit der Enkelin<br />

verbessern könnte.<br />

Auch Marias Oma kommt regelmäßig zur Beratung. Sie fühlt<br />

sich manchmal überfordert und unsicher im Umgang mit ihrer<br />

Enkelin. Die Großmu er befürchtet, dass Maria den gleichen<br />

verhängnisvollen Weg wie ihre Mu er gehen könnte und denkt<br />

viel darüber nach, was sie bei Marias Mu er in der Erziehung<br />

falsch gemacht hat. Wir überlegen auch, ob es für Maria hilfreich<br />

sein könnte, wenn sie wieder Kontakt zu ihrer Mu er hä e<br />

und unter welchen Bedingungen dies möglich wäre.<br />

Beim Spielen entwickelt Maria den Wunsch, ein eigenes Puppenhaus<br />

zu haben, und wir basteln in verschiedenen Schuhkartons<br />

ein Zimmer, eine Küche und ein Bad, die Maria dann<br />

nachhause nimmt.<br />

Im weiteren Verlauf der Therapie arbeitet Maria an neuen<br />

Themen, entdeckt Regelspiele, die sie dann teilweise auch<br />

mit ihrer Großmu er zuhause spielt und entwickelt viel Spaß<br />

am We eifern und Gewinnen. Maria wird selbstbewusster und<br />

lernt sich auseinander zu setzen. Dies ist für die Großmu er<br />

nicht immer einfach, und sie fi ndet unsere Beratungsgespräche<br />

sehr hilfreich, um für sich immer wieder Klarheit zu erlangen.<br />

Inzwischen hat Marias Oma nach langem Suchen am Stadtrand<br />

eine bezahlbare kleine Dachwohnung gefunden, in die<br />

sie einziehen, und beide haben viel Spaß daran, die Wohnung<br />

gemeinsam einzurichten. Maria lackiert ihre Möbel selbst in<br />

ihrer Lieblingsfarbe und ist sehr stolz auf das Ergebnis. Entgegen<br />

ihrer Befürchtungen kommt Maria in der neuen Schule


gut an und fi ndet Freundinnen. Gegen Ende der Therapie hat<br />

sich Maria noch einen Verkaufsstand für Süßigkeiten gebaut<br />

mit vielen Zuckerstangen und Lutschern. Sie malte sich in der<br />

Phantasie aus, wie toll das wäre, wenn sie den in Wirklichkeit<br />

besäße – am besten einen ganzen Rummelplatz dazu mit Achterbahn<br />

und Karussell.<br />

Als Maria und ihre Großmu er sich an unserem letzten Termin<br />

verabschieden, versichern sie sich, dass sie wiederkommen<br />

können, wenn neue Schwierigkeiten au reten sollten.<br />

Mar na Kaiser<br />

Alltag in unserer Kinderwohngruppe<br />

Im Jahr <strong>2010</strong> lebten in der Kinderwohngruppe 23 Kinder im Alter von<br />

2 bis 13 Jahren. Alle waren von den Sozialarbeiter/innen des Sozialpädagogischen<br />

Dienstes im Jugendamt in Obhut genommen worden,<br />

weil sie in ihrer Familie Gefährdungen ausgesetzt waren. Die kleinen<br />

Kinder waren meist von ihren Eltern nicht genügend versorgt worden.<br />

Einige der Älteren kamen in die Wohngruppe, weil sie zuhause misshandelt<br />

wurden, andere waren sexuell missbraucht.<br />

Trotz der schwierigen Ausgangslage durch die Inobhutnahme konnten<br />

sich ein Teil der Eltern auf einen Beratungsprozess einlassen, an<br />

dessen Ende die Rückkehr des Kindes in die Familie stand.<br />

Auszug aus der Sta s k<br />

Anzahl der neu aufgenommenen Kinder:<br />

Dauer des<br />

18<br />

Aufenthalts weiblich männlich gesamt<br />

bis 28 Tage 2 0 2<br />

bis 3 Monate 4 3 7<br />

bis 6 Monate 7 2 9<br />

länger 1 4 5<br />

Alter weiblich männlich gesamt<br />

bis 3 3 2 5<br />

4 bis 6 1 2 3<br />

7 bis 10 6 3 9<br />

11 bis 13 4 2 6<br />

Verbleib der Kinder nach dem Aufenthalt<br />

Zu den Eltern 8 | Pfl egefamilie 0 | Heim 7<br />

Acht Kinder blieben über den Jahreswechsel.<br />

17


18<br />

Ein Tag in der Kinderwohngruppe 2<br />

6:00 Uhr<br />

Wecken und Frühstück. Es ist noch dunkel draußen. Noch die<br />

schäumende Zahnbürste im Mundwinkel, hört der Betreuer<br />

tappende Schri e auf dem Flur und vor ihm steht der dreijährige<br />

Micha und reibt sich verschlafen die Augen. „Ist schon<br />

Morgen, kann ich aufstehen?“ murmelt er. Er wird wieder ins<br />

Be begleitet, denn jetzt sind erst einmal die Schulkinder<br />

dran, die versorgt werden müssen. In der Küche stehen<br />

Cornfl akes, Milch und Toast zum Frühstücken schon bereit<br />

und der Betreuer befragt die Kinder nach Ihren Wünschen für<br />

die Schulbrote. Heute ist Salami der unangefochtene Favorit.<br />

7:30 Uhr<br />

Die Schule ru . Die Brotbüchsen sind bestückt und ein Brief<br />

für einen Gesprächstermin mit der Lehrerin von Jonas liegt im<br />

Mi eilungshe , da fällt Jonas plötzlich ein, dass er heute einen<br />

Fußball mitbringen muss. Auch dieser wird bescha und<br />

Jonas wird mit zwei weiteren Kindern samt Schultaschen vom<br />

Zivi ins Auto befördert, angeschnallt und zur Schule gefahren.<br />

Die anderen beiden Schulkinder – zwei Mädchen – sind in<br />

der Küche in Streit über eine Zeitschri geraten, die beide<br />

als die ihre reklamieren. Sie stehen sich unversöhnlich gegenüber<br />

und zischen sich wütend an. Der Betreuer nimmt die<br />

Zeitschri und sagt ruhig aber entschieden: „Ihr müsst jetzt<br />

zur Schule, das klären wir heute Nachmi ag, ich nehme die<br />

Zeitschri erst mal an mich.“ Da ihre Schule nur zwei Straßen<br />

weiter ist, können sie alleine zur Schule laufen.<br />

8:30 Uhr<br />

Frühstück der Kleinen. Nachdem die Schulkinder aus dem<br />

Haus sind, geht der Betreuer wieder in die obere Etage zu<br />

den kleinen Kindern, die jetzt alle schon wach sind und angezogen<br />

werden müssen. Die kleine Paula braucht noch eine<br />

frische Windel und muss, da sie an Neurodermi s leidet, eine<br />

spezielle Salbe aufgetragen bekommen.<br />

Nun geht’s aber endlich runter zum Frühstück für die Kleinen.<br />

Während der Betreuer eine Banane holt, hat der zweijährige<br />

Tom einen Milchbecher ausgekippt. Die Milch tröpfelt der<br />

kleinen Paula über die Hose, so dass sie erschreckt anfängt<br />

zu weinen. Der Betreuer beruhigt Paula und holt eine neue<br />

Hose. Dann kann das Frühstück fortgesetzt werden. Dabei<br />

erzählt Tom, wie seine Mu er ihn immer wieder mit einem<br />

Handtuch schlug, weil er am Tisch Sa verkleckert ha e.<br />

2 Alle Namen geändert


9:00 Uhr<br />

Dienstwechsel. Kurz berichtet der Betreuer, immer wieder von<br />

kleinen Streits der Kinder unterbrochen, seiner Kollegin wie<br />

die Nacht war und was für Termine anstehen. Da sind um 10<br />

Uhr die Ergotherapie von Lukas und die Logopädie bei Paula.<br />

Und um 11 Uhr kommt die Mu er von Simon zu Besuch.<br />

10:00 Uhr<br />

Ententeich. Nachdem die beiden Kleinen zu ihren jeweiligen<br />

Therapieterminen gebracht worden sind, kann die Betreuerin<br />

mit den anderen drei kleinen Kindern zum nahe gelegenen<br />

Ententeich gehen. Darauf haben sie sich schon die ganze<br />

Woche gefreut. „Ente fu ern“ wie der kleine Tom begeistert<br />

ru . Unterwegs stolpert er aber und fällt auf sein Knie, das<br />

etwas blutet. Zum Glück hat die Betreuerin ein Pfl aster mit,<br />

das zusammen mit einem Bonbon Schmerz und Schreck<br />

gleichermaßen vertreibt.<br />

11:00 Uhr<br />

Besuchszeit. Ergotherapie und Logopädie sind vorbei. Alle<br />

Kleinen sind wieder da und die Mu er von Simon ist gekommen.<br />

Sie hat eine ganze Tasche voller Süßigkeiten mitgebracht<br />

und gibt sie ihrem Sohn. Die Betreuerin versucht der Mu er<br />

zu erklären, dass das für ein kleines Kind wie Simon viel zu<br />

viel ist. Simon protes ert lautstark und tri nach der Mu er<br />

als diese etwas von den Süßigkeiten wieder an sich nehmen<br />

will. Diese ist verunsichert und weiß nicht was sie tun soll.<br />

Zuhause hat sie alles gemacht, was ihr kleiner Sohn wollte.<br />

Die Betreuerin unterstützt die Mu er, indem sie sich mit<br />

der Mu er und Simon hinsetzt und zu vermi eln sucht. Die<br />

Mu er wirkt etwas sicherer und kann mit Hilfe der Betreuerin<br />

die Situa on in ein Spiel überführen.<br />

13:00 Uhr<br />

Mi agessen. Die Schulkinder sind eingetroff en und alle stürmen<br />

in die Küche, angetrieben von der Angst zu wenig abzubekommen.<br />

Dabei ist genug da. Die zwei Betreuer die zum<br />

Spätdienst schon mit am Tisch sitzen, ordnen und beruhigen<br />

die Kinder. Sie verteilen das Essen und versuchen besonders<br />

die Kleinen mit dem ungewohnten Gemüse „näher bekannt“<br />

zu machen.<br />

Trotzdem bleibt die Situa on aufgeregt und schön zugleich.<br />

Die Schulkinder berichten von ihren Erlebnissen. Ein Mathetest<br />

wurde geschrieben und die Mathelehrerin von Steven ist<br />

krank. Tom erzählt begeistert von den Enten, die er mit Brot<br />

beworfen hat. Ein Becher fällt wieder um und der kleine Simon<br />

niest so he ig, dass er gleichzei g einen Schluckauf bekommt,<br />

worüber alle lachen müssen.<br />

19


20<br />

14:00 Uhr<br />

Mi agsbesprechung. Nachdem der kleine Tom in den nicht<br />

immer ganz gewollten, dennoch ersehnten Mi agsschlaf gesungen<br />

wurde, versammeln sich die Betreuer des Früh- und<br />

Spätdienstes bei einem Kaff ee in der Küche. Sie besprechen<br />

den Nachmi ag. In dieser Zeit sollen sich die Kinder allein beschä<br />

igen. Eine „Übung“ die den meisten von ihnen sichtlich<br />

schwer fällt, da sie das entweder nicht gewohnt sind oder<br />

schon zu o in ihrem Leben auf sich allein gestellt waren.<br />

15:00 Uhr<br />

Hausaufgaben und Termine. Der Nachmittag ist geplant,<br />

Tom vorsichtig aus dem Mittagsschlaf geweckt und alle<br />

Schulkinder sind im Hausarbeitszimmer versammelt. Auch<br />

wenn Steven wie jeden Tag energisch das Vorhandensein von<br />

Hausaufgaben abstreitet, fi ndet sich in seiner Schultasche ein<br />

Aufgabenbla , das er ausfüllen muss. Verena muss ein Gedicht<br />

lernen, Jerome schreibt morgen ein Diktat und Susanne hat<br />

„vorsichtshalber“ ihr Mathebuch in der Schule „vergessen“.<br />

Eine Freundin muss angerufen werden, die ihr die Aufgaben<br />

durchgibt. Die Kinder tun sich schwer mit dem Lernen. Sie haben<br />

o große Defi zite und sind es nicht gewohnt, regelmäßig<br />

Hausaufgaben zu machen. Da klingelt schon zum vierten Mal<br />

das Telefon und der Betreuer muss ins Büro. Frau Schmi ,<br />

die für Susanne zuständige Sozialarbeiterin des Jugendamts,<br />

möchte ein Termin für eine Hilfekonferenz absprechen.<br />

16:00 Uhr<br />

Spielen, Spielen, Spielen. Endlich ist Zeit zum Spielen. Da die<br />

Sonne scheint, werden alle Kinder angezogen und gehen in<br />

den Garten. Vorher muss Steven noch zum Fußballtraining<br />

gefahren werden. Dann aber gibt’s im Garten großes Versteckspielen,<br />

das allen enormen Spaß macht, auch wenn es wieder<br />

zu etwas Streit kommt. Z.B. weil die kleine Paula immer die<br />

Verstecke der anderen Kinder verrät und Susanne, die das<br />

von ihrer kleinen Schwester von zu Hause kennt, s nksauer<br />

wird und mit einem Stock auf Paula losstürmt, die sich hinter<br />

einen Betreuer fl üchtet. Und da kommt ja endlich Klaus, der<br />

Betreuer von Tom. Gemeinsam gehen sie in den therapeu sch<br />

eingerichteten Spielkeller, in dem sie einmal die Woche eine<br />

Stunde ganz für sich alleine haben. Zum Spielen …<br />

17:30 Uhr<br />

Abendessen. Der vom Fußball zurückgekehrte Steven und<br />

Alex decken den Tisch. Dann wird der Gong geschlagen und<br />

alle Kinder wissen: Jetzt gibt’s Abendbrot. Doch das wird o<br />

sehr dynamisch. Da gibt es „Streitreste“ vom Tag, Konkurrenz<br />

ums Essen und die Aufmerksamkeit der Betreuer und viel zu<br />

erzählen. Die meisten Kinder kennen gemeinsame Abendes-


sen nicht von zu Hause und sind damit am Anfang sichtlich<br />

überfordert. Simon hat gar keinen Hunger und bohrt nur<br />

seinen Finger in die Bu er, so dass für die Betreuer viel zu<br />

tun ist und o wenig Zeit für ein eigenes Brot bleibt.<br />

18:30 Uhr<br />

Baden und Video schauen. Nach dem Abendessen heißt es<br />

Küche aufräumen, was heute Susanne und Janine zusammen<br />

mit dem Betreuer mehr oder minder freiwillig erledigen.<br />

Inzwischen werden oben die ersten Kleinen gebadet. Paula<br />

liebt es ausgiebig zu planschen und mit ihrer Ente zu spielen,<br />

während Tom immer noch große Angst hat vor dem Duschen.<br />

Er wehrt sich mit Händen und Füßen gegen das aus dem<br />

Duschkopf „feindlich“ spritzende Wasser und es bedarf großer<br />

Geduld und Empathie, um ihn zu einem vorsich gen Kontakt<br />

mit dem Wasser zu überreden.<br />

Inzwischen haben die Kinder sich einen Videofi lm herausgesucht.<br />

„Lars – der kleine Eisbär“ Und so kuscheln sich alle<br />

in die Sofas und Sessel und dazu gibt’s noch ein Teller frisch<br />

geschni enes Obst. Nach einer halben Stunde ist Zahnputzpause<br />

und die Kleinen werden ins Be gebracht.<br />

20:00 Uhr<br />

Ins-Be -Bringen und Gute Nacht. Und so bringen die Betreuer<br />

nacheinander die Kinder ins Be . Jedes wird noch zugedeckt,<br />

die Anziehsachen für den nächsten Tag werden zurechtgelegt,<br />

das Nachtlicht und bei Wunsch ein Kasse enrekorder mit Benjamin<br />

Blümchen-Kasse en eingeschaltet. Dann gehen auch<br />

die größeren Kinder ins Be und werden dort ganz schnell zu<br />

kleinen Kindern, die sich vom Betreuer ein Märchen vorlesen<br />

oder ein lus ges Lied vorsingen lassen.<br />

21:00 Uhr<br />

Nachtdienst und Licht aus. Die Betreuer räumen noch die<br />

Wohngruppe ein wenig auf, decken den Frühstücks sch und<br />

schreiben ins Tagebuch die Ereignisse des Tages. Dann tri<br />

der Kollege ein, der Nachtdienst hat. Steven kommt noch mal<br />

aus seinem Zimmer. Ihm ist eingefallen, dass er morgen für<br />

einen Ausfl ug 4 € braucht und Gummis efel.<br />

00:30 Uhr<br />

Schlecht geträumt. Der Nachtdienst hat sich gerade eine Stunde<br />

hingelegt, da ru Susanne laut und weint. Ein Albtraum hat<br />

sie aufgeschreckt und einnässen lassen. Der Betreuer tröstet<br />

Susanne, nimmt sie in den Arm und wechselt anschließend<br />

Be wäsche und Schlafanzug des jetzt wieder müde tapsigen<br />

Mädchens. Er bleibt noch solange im Zimmer bis sie wieder<br />

eingeschlafen ist und geht dann selber zu Be in der Hoff nung,<br />

bis der Wecker klingelt durchschlafen zu können.<br />

21


22<br />

„Auf der Krankensta on“ – Therapeu sche Erste Hilfe<br />

in der Wohngruppe<br />

Jedes Kind verbringt einmal in der Woche eine Einzelstunde<br />

mit seiner besonders geschulten Betreuungsperson, um trauma<br />

sche Folgen von Misshandlung und Vernachlässigung im<br />

Spiel refl ek eren zu können. Dafür haben wir im Souterrain<br />

des Hauses einen therapeu sch eingerichteten Raum, für<br />

den besondere Regeln gelten. Nur zur Einzelstunde kann<br />

man hier herein, immer in dieser Zweiersitua on. Die Spielsachen<br />

bleiben auch immer dort. Dies macht den Raum zu<br />

einem Besonderen, wodurch im Laufe der Zeit dort Prozesse<br />

und Interak onen in Gang kommen, die den Charakter einer<br />

„Therapeu schen Ersten Hilfe“ tragen.<br />

Lena, ein achtjähriges, schmäch ges Mädchen spielt dort<br />

am liebsten mit Playmobil. Mit großer Sorgfalt stellt sie jede<br />

Woche verschiedene Szenarien auf. Meist macht die Vater-<br />

Mu er-Kind-Familie einen Ausfl ug, auf den sich alle freuen.<br />

Nach Badespaß am See oder Toben im Wald, passiert aber<br />

stets ein Unglück. Einmal bricht sich die Mu er ein Bein, als<br />

sie auf dem steilen Weg zurück zum Auto ausrutscht. Die<br />

herbeieilenden Sanitäter kümmern sich aufopferungsvoll um<br />

die Mu er und bringen sie ins Krankenhaus, wo sie von Schwestern<br />

und Ärzten umhegt und gepfl egt wird. Der Bruch ist aber<br />

kompliziert, eine Opera on notwendig. Als es der Mu er besser<br />

geht und sich die Familie schon auf die Entlassung freut,<br />

entpuppt sich eine der Schwestern aber als „Todesengel“,<br />

der der Mu er extra eine falsche Spritze gibt. Das Herz hört<br />

auf zu schlagen. Vater und Kind, die zu Besuch sind, werden<br />

schroff des Raumes verwiesen. Nach einer komplizierten, aber<br />

letztlich erfolgreichen Herztransplanta on, kommt der Arzt<br />

zur Mu er ins Zimmer. Er hat eine herzförmige, geöff nete<br />

Blechdose in den Händen, die er der Mu er mit den Worten<br />

übergibt: „Das ist Ihr altes Herz, das ist zerbrochen“.<br />

Aus der Familiengeschichte wussten wir, dass es kein ähnliches<br />

reales Ereignis gegeben ha e. Da Lena fast jede Woche<br />

solche Szenarien darstellte, vermuteten wir, dass in diesen<br />

Geschichten Mo ve und Gefühle ihres eigenen Erlebens<br />

enthalten sind.<br />

Eindrücklich beim Spielen waren vor allem zwei Dinge: Zum<br />

einen führte Lena nach und nach in jedes Spiel immer mehr<br />

Figuren ein, so dass irgendwann verschwamm, wer wen spielt,<br />

wer wer ist. Des Ö eren wechselte sie während des Spiels die<br />

Figuren aus. Der Betreuer bekam die Figuren, die Lena vorher<br />

ha e, sie nahm die Figuren des Betreuers. Zum anderen war<br />

es typisch, dass eine von ihrem Beruf her als helfend agierende<br />

Figur (z.B. ein Arzt), irgendwann zu einem „Bösen“ wurde.<br />

Unsere Hypothese war, dass Lena mit ihren Inszenierungen in<br />

den Einzelstunden ein für sie (damit verbundenes) grundle-


gendes Gefühl von Angst zum Ausdruck bringt: Sie kann sich<br />

nie darauf verlassen, ob eine schöne Situa on auch gut endet<br />

(ein Familienausfl ug). Und ob nicht jemand, der „es gut mit<br />

ihr meint“, sich nicht unvermi elt auf die andere Seite schlägt<br />

(der „Todesengel“). Ferner ließen die Szenen vermuten, dass<br />

Lena unsicher war, ob sie selbst gut oder böse ist.<br />

Auf der Grundlage dieser Überlegungen führte ich als Betreuer<br />

in kleinen Schri en einige Modifi ka onen in das Spiel ein. Die<br />

Anzahl der Personen, die mitspielten, haben wir auf drei pro<br />

Spieler beschränkt. Dies hat der Rollen- und Iden fi ka onskonfusion<br />

ausreichend Einhalt geboten. Und weiter hat eine<br />

Familienfi gur, wenn sie von mir als Betreuer geführt wurde,<br />

stets die Sorge zum Ausdruck gebracht, dass vielleicht jemand<br />

von den Helfern etwas Böses im Schilde führt. Wenn mir als<br />

Betreuer eine Helferfi gur zugeteilt war, blieb die Figur Helfer<br />

ohne böse Absichten.<br />

Diese Modifi ka onen mögen äußerst gering erscheinen. Als<br />

Veränderungen in einem aber lange Jahre währenden Muster<br />

des Selbsterlebens waren es für Lena entscheidende. Im Alltag<br />

rannte sie in Konfl iktsitua onen o mals auf ihr Zimmer,<br />

warf sich auf ihr Be und wiederholte ohne Unterbrechung<br />

den Satz „Ich bin ein böses Kind!“. Dies war eine der Zuschreibungen<br />

durch ihre Eltern, die alle Probleme der Familie an Lena<br />

festmachten. Die sogar, um ihr „Schlimmes“ nachweisen zu<br />

können, eine Videokamera im Kinderzimmer mon ert ha en.<br />

In der Einzelstunde wie im Gruppenalltag konnte Lena in<br />

der Zeit ihres Aufenthaltes die Erfahrung machen, dass es<br />

Menschen gibt, auf deren Wort sie sich verlassen kann und<br />

die zu ihr stehen. Sie widersprechen auch ihrem Satz „Ich bin<br />

ein böses Kind!“ und meinen das ernst.<br />

Lenas Eltern haben parallel eine Beratung in unserer Beratungsstelle<br />

Hohenschönhausen angenommen. Hier konnten<br />

Sie gemeinsam mit der Beraterin erarbeiten, dass für Lena<br />

eine längerfris ge sta onäre Hilfe am hilfreichsten ist. In<br />

Koopera on mit dem zuständigen Jugendamt haben wir für<br />

Lena eine Erziehungswohngruppe mit sechs Plätzen in guter<br />

Erreichbarkeit für die Eltern gesucht und gefunden.<br />

Thorsten Bloedhorn<br />

Diese „Therapeutische Erste Hilfe“ gibt den Kindern die Möglichkeit,<br />

ihre Verwirrung der Gefühle von Wut, Angst und Schuld nach<br />

Misshandlung und Vernachlässigung darzustellen und im Spiel<br />

neue Erfahrungen zu machen. Sie sind für alle Kinder in ihrer<br />

Krisensituation ein Ort der Sicherheit, Ruhe und Verlässlichkeit.<br />

Wir danken allen Unterstützern herzlich, die mit ihrer Spende<br />

oder dem Erwerb eines Bildes auf unserer dritten Kunstauktion<br />

diese Einzelstunden für eine bestimmte Zeit ermöglichten.<br />

23


24<br />

Bevor manches zu spät ist:<br />

Prävention im <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong><br />

In beiden Beratungsstellen wurden spezielle Projekte für Eltern<br />

mit Säuglingen und Kleinkindern weitergeführt und konnten sogar<br />

um ein neues Projekt erweitert werden.<br />

Traumkind – das Präventionsprojekt in der Neuköllner<br />

Beratungsstelle<br />

In der Beratungsstelle in Neukölln konnte das Projekt Traumkind<br />

für junge Eltern mit belasteter Biografi e sein einjähriges Bestehen<br />

feiern.<br />

Die Gruppe für jugendliche Schwangere und junge Eltern ist<br />

sehr gut nachgefragt. Jugendämter, das Familiengericht, die Klinik<br />

oder andere Beratungsstellen überweisen uns die Familien. Zeitweilig<br />

konnten wir leider nicht alle Anfragen nach Teilnahme positiv<br />

beantworten, weil die Gruppe übervoll war. Wenn alle Teilnehmer<br />

da sind, sind bis zu 20 Personen im Raum - Babys, Mütter,<br />

Väter, Großeltern, andere Helfer und die beiden Familienberater.<br />

Die Eltern kommen sehr gern und regelmäßig. Väter kommen<br />

mit, wenn sie nicht einer Arbeit nachgehen. Außer an Feiertagen<br />

fi ndet die Gruppe jeden Donnerstag statt, um einen verlässlichen<br />

Ort für die Eltern zu sichern. Parallel zur Gruppe besuchen wir<br />

Eltern Zuhause oder führen mit ihnen Einzelgespräche in der Beratungsstelle.<br />

Häufi g erstellen wir dabei ein Video von der Interaktion<br />

mit ihren Kindern. Ausschnitte aus dem Video sehen wir uns<br />

dann gemeinsam mit den Eltern an, um sie für die Signale ihrer<br />

Kinder zu sensibilisieren. Als Erfolg werten wir u. a., dass etliche<br />

der Eltern, die wir inzwischen aus der Gruppe verabschiedet<br />

haben, sich weiter mit Fragen zur Entwicklung ihrer Kinder an<br />

uns wenden.


Auch das Angebot der Einzelberatung ohne Gruppenbesuch ist<br />

gut nachgefragt. Die meisten Eltern, die von sich aus Rat suchen,<br />

kommen über unser Krisentelefon zu uns. Probleme mit dem<br />

Essen, dem Schlafen oder exzessives Schreien sind die Hauptanlässe,<br />

die Eltern zu uns führen. Im Berichtszeitraum haben wir 26<br />

Einzelberatungen, die je zwischen 8 und 12 Termine umfassten,<br />

durchgeführt, 19 Beratungen davon wurden inzwischen beendet.<br />

Eine Finanzierung des Projekts über Mai 2012 hinaus ist noch<br />

sehr fraglich, obwohl das Projekt sehr erfolgreich arbeitet und<br />

im Bezirk geschätzt wird. Ob die weitere Finanzierung der neu<br />

geschaffenen Stelle aus Eigenmitteln des <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s<br />

und aus Mitteln des Bezirks Neukölln möglich sein wird, müssen<br />

wir im Laufe des Jahres 2011 klären.<br />

Wir danken an dieser Stelle ganz besonders Herrn Dr. Becker und<br />

seiner Familie, die anlässlich der Beerdigung von Frau Becker die<br />

Trauergäste um eine Spende für das Projekt gebeten haben.<br />

Prävention in der Beratungsstelle Hohenschönhausen<br />

Eltern-Kind-Gruppe – ein bewährtes Angebot<br />

In der Beratungsstelle Hohenschönhausen fanden über das<br />

gesamte Jahr wiederum die Treffen der Eltern-Kind-Gruppe statt.<br />

An der Gruppe nahmen durchschnittlich immer acht bis zehn<br />

Eltern mit ihren Säuglingen und Kleinkindern kontinuierlich teil.<br />

Die wöchentlichen Gruppenvormittage über zweieinhalb Stunden,<br />

die von einer Mitarbeiterin und meist der jeweiligen Praktikantin<br />

vorbereitet und angeleitet werden, sind für die Eltern ein wichtiger<br />

und vertrauter Ort geworden, den sie entsprechend ihrer unterschiedlichen<br />

Bedürfnisse und auch besonderer Anliegen für sich<br />

nutzen können. Die kleinen Kinder können erste Erfahrungen<br />

im Kontakt mit anderen machen und die Eltern erleben andere<br />

Eltern, tauschen sich aus, unterstützen oder trösten sich auch.<br />

Wenn notwendig kann es zusätzlich therapeutische Einzelgespräche<br />

geben, bzw. Eltern wird geholfen, noch weitere Unterstützungsmöglichkeiten<br />

zu fi nden.<br />

Das Angebot ist nach wie vor gut nachgefragt und wird seit längerem<br />

schon von Kinderärzten oder anderen Einrichtungen den<br />

Eltern empfohlen. Erfreulich war es für uns in den letzten Gruppen,<br />

dass immer auch wieder Väter, die die Elternzeit genommen<br />

hatten, daran teilnahmen. Großmütter oder andere wichtige<br />

Bezugspersonen der Eltern und Kinder sind immer willkommen.<br />

Wir verabschiedeten wieder etliche Kinder zum Übergang in die<br />

Kita. Zu einer schönen Tradition ist es geworden, dass viele Eltern<br />

danach immer noch mal an einem Gruppenvormittag vorbei<br />

schauen, um von der Eingewöhnung ihrer Kinder in die Kita zu<br />

berichten, und die anderen Eltern und Kinder wieder zu sehen.<br />

25


26<br />

Besonders freut uns, wenn Eltern mit ihrem nächsten Kind wieder<br />

zu uns zurückkommen, was inzwischen in fast jeder neuen Gruppe<br />

der Fall ist. Wir sehen das auch als eine Bestätigung dieses<br />

wertvollen präventiven Angebotes des <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s.<br />

Von Anfang an – ein Projekt in Kooperation mit dem<br />

Jugendamt Lichtenberg 1<br />

Mit diesem im Juni <strong>2010</strong> begonnenen Projekt wollen wir Schwangere<br />

und Eltern mit kleinen Kindern aus dem Bezirk Lichtenberg<br />

über einen längeren Zeitraum begleiten und unterstützen, damit<br />

der Start ins Familienleben von Anfang an gut gelingen kann. Ziel<br />

ist es, Störungen in der Eltern-Kind-Beziehung vorzubeugen, um<br />

den Kindern eine gute Entwicklung zu ermöglichen.<br />

Aus den Erfahrungen der jahrelangen Beratungsarbeit mit<br />

misshandelten und vernachlässigten Kindern und Jugendlichen<br />

sowie deren Eltern wissen wir, wie bedeutsam der Start in das<br />

gemeinsame Familienleben ist. Schon hier können Phantasien<br />

und Fehldeutungen des kindlichen Verhaltens zu Zuschreibungen<br />

und Missverständnissen führen, die die Eltern-Kind-Beziehung<br />

häufi g nachhaltig belasten. Diese anzusprechen und mit den<br />

Eltern auf der Grundlage ihrer eigenen Geschichte zu verstehen,<br />

gleichzeitig aber auch die entwicklungsbedingten Bedürfnisse und<br />

die Signale des Kindes den Eltern verständlich zu machen, ist die<br />

Chance der präventiven Arbeit.<br />

So kann eine Mutter beispielsweise lernen, dass das Wegdrehen<br />

des Kopfes des Kindes im Spiel ein Zeichen dafür sein<br />

kann, dass es gerade eine Erholungspause braucht oder seine<br />

Aufmerksamkeit durch etwas anderes abgelenkt wurde. Sie muss<br />

das Abwenden dann nicht als Wiederholung der Kränkungen und<br />

Enttäuschungen aus anderen Beziehungserfahrungen (i.S.v. ich<br />

bin nicht wichtig genug) erleben, sondern kann es als entwicklungsbedingtes<br />

kindliches Verhalten deuten und verstehen. Dies<br />

wiederum wird sich auf die Beziehung zwischen Mutter und Kind<br />

auswirken und kann zu Entspannung führen.<br />

In der ersten gemeinsamen Zeit ist der Wille der Eltern, ihren<br />

Kindern alles erdenklich Gute zukommen zu lassen, sehr stark.<br />

Das zeigt sich auch in den Anmeldungen zur Teilnahme am Projekt<br />

von Anfang an: Schon nach sieben Monaten sind die Kapazitäten<br />

des auf acht Plätze ausgelegten Projektes ausgeschöpft<br />

und die Nachfrage hält immer noch an. Alle teilnehmenden Eltern<br />

haben sich selbst im <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong> gemeldet. Manchmal<br />

hatten sie vorher schon Kontakt zu anderen Institutionen, die uns<br />

empfohlen haben.<br />

1 Das Jugendamt Lichtenberg fi nanziert bis Dezember 2011 eine halbe Stelle für eine<br />

Dipl. Sozialpädagogin


Vornehmlich handelt es sich um Familien, die mit besonderen<br />

biografi schen, gesundheitlichen oder anderen Belastungen konfrontiert<br />

sind und / oder sich überlastet fühlen.<br />

Diese (werdenden) Eltern sind ähnlich wie beim Projekt Traumkind<br />

in Neukölln<br />

noch sehr jung,<br />

eingewandert und suchen soziale Kontakte oder<br />

alleinerziehend.<br />

Sie<br />

haben wenig soziale Unterstützung in ihrem Umfeld,<br />

haben einen schweren Start (komplizierte Schwangerschaft<br />

oder Geburt, langer Krankenhausaufenthalt, Trennungserfahrungen),<br />

bekamen zu früh geborene Babys oder Kinder mit besonderen<br />

Entwicklungsbedürfnissen,<br />

machten schwierige Erfahrungen in der eigenen Kindheit mit<br />

ihren Bezugspersonen (Suchtproblematik, Parentifi zierung,<br />

Gewalt),<br />

befi nden sich im Ablösungskonfl ikt zur eigenen Herkunftsfamilie<br />

oder ein Elternteil ist psychisch erkrankt.<br />

Das Angebot von von Anfang an umfasst die Arbeit in der Gruppe<br />

als auch Einzelgespräche, die in den Räumen der Beratungsstelle<br />

oder auch in Form von Hausbesuchen stattfi nden.<br />

Seit September <strong>2010</strong> fi nden wöchentlich Gruppentreffen statt.<br />

Beim gemeinsamen Frühstück kommen die Eltern in Kontakt, tauschen<br />

sich über die Ereignisse der letzten Woche und Erlebnisse<br />

mit ihrem Kind aus. Nach dem Essen setzen die Erwachsen sich<br />

zu den Kindern auf den Boden und Themen, die bereits am Tisch<br />

begonnen wurden, werden fortgeführt. Diese sind immer sehr an<br />

der momentanen Lebenssituation und Entwicklung des Kindes<br />

orientiert. Auch die Lieder, Fingerspiele und das angebotene<br />

Spielzeug sind auf das Alter der Kinder abgestimmt.<br />

Die zuverlässige, versorgende und wohlwollende Haltung gegenüber<br />

den Eltern bildet den Boden für die gemeinsame Arbeit.<br />

Indem ihre Gedanken und Gefühle ernst genommen werden,<br />

wird es möglich, mit ihnen ins Gespräch und somit in die Arbeit<br />

zu kommen. Das Erleben eines empathischen und respektvollen<br />

Umgangs bietet die Chance, dass diese Haltung als wertvoll<br />

erlebt und diese in der Beziehung zu ihrem Kind umgesetzt wird.<br />

Auch in der Gruppe wird dies unter den Eltern spürbar. So trauen<br />

sich immer mehr Mütter Fragen in der Gruppe offen auszusprechen,<br />

Eltern machen sich gegenseitig auf jeweilige Reaktionen<br />

27


28<br />

auf das Kind aufmerksam und hinterfragen diese. Einige Eltern<br />

trauen sich bereits eigene Erfahrungen und Fähigkeiten in die<br />

Gestaltung der Gruppe einzubringen. 2<br />

Erste Kontakte zwischen den Eltern außerhalb des Projektes sind<br />

entstanden.<br />

Einigen Eltern genügt es, sich in der Gruppe Anregungen zu<br />

holen. Viele Eltern nutzen aber auch die Einzelberatung. Ob diese<br />

in Form von Hausbesuchen oder in der Beratungsstelle stattfi nden,<br />

wird immer wieder im Gespräch mit den Eltern geklärt. Die<br />

Hausbesuche verstehen sich als Angebot und fi nden somit nur<br />

auf Wunsch statt.<br />

Ein Ziel der Einzelberatung ist es, die individuelle Eltern-Kind-<br />

Beziehung in den Blick zu nehmen und zu thematisieren. Dazu<br />

werden beobachtbare Interaktionen mit dem Kind und deren<br />

mögliche Auswirkungen auf dessen Entwicklung besprochen.<br />

Insbesondere wird versucht, Eltern auf die entwicklungsbedingten<br />

Bedürfnisse ihres Kindes aufmerksam zu machen und<br />

gemeinsam darüber nachzudenken, wie sie ihr Kind unterstützen<br />

können. Aber auch andere Themen, die das Leben mit dem Kind<br />

betreffen, können zur Sprache kommen. So z.B.: Wie gestalte ich<br />

die Umgangskontakte zum Kindesvater, mit dem ich sehr zerstritten<br />

bin? Wie komme ich an einen Kita-Gutschein und an einen<br />

Kindergartenplatz? Wie sichern wir als Familie die Betreuung<br />

unseres Kindes, wenn ein Elternteil durch seine psychische<br />

Erkrankung ausfällt?<br />

Es ist uns ein großes Anliegen das Projekt im Bezirk gut bekannt<br />

zu machen, Kontakte zu Fachpersonal und Institutionen zu knüpfen,<br />

die für den Zugang und anschließende Hilfeprozesse wichtig<br />

sein könnten. Damit entstand ein dichtes Netz von Kooperationspartnern.<br />

Wir hoffen, dass die Arbeit mit den Familien auch noch nach<br />

Ablauf des Jahres 2011 fortgeführt werden kann, damit Eltern,<br />

die bisher keine zuverlässigen und stabilen Beziehungserfahrungen<br />

machen konnten, hier einen Ort fi nden, dies nachzuholen.<br />

Dies setzt eine stabile Finanzierung des Projektes<br />

von Anfang an voraus.<br />

Nicole Panzlaff<br />

2 So bringt eine Mu er gern Kuchen mit, eine andere stellt ein neues Kinderlied<br />

vor, es werden Empfehlungen für schonende und doch wirksame Arzneimi el<br />

weitergegeben ...


Unsere Angebote für Fachkräfte:<br />

Fachberatung, Supervision und Fortbildung<br />

Kinder, die in ihrem Wohl gefährdet sind, werden geschützt, indem<br />

Fachkräfte gut mit Eltern und Kindern in Kontakt kommen.<br />

Damit dies gelingt, können sich Fachkräfte aus der Jugendhilfe,<br />

dem Gesundheits- und dem Bildungswesen im <strong>Kinderschutz</strong>-<br />

<strong>Zentrum</strong> beraten lassen. Sie sind gemäß der gesetzlichen Vorschrift<br />

(§ 8a SGB VIII Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung)<br />

gehalten, bei der Einschätzung von Gefährdung des Kindeswohls<br />

eine „insoweit erfahrene Fachkraft“ hinzuzuziehen. Diese Aufgabe<br />

übernehmen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.<br />

334 Fachkräfte nahmen uns in Anspruch, 16% mehr als im Vorjahr.<br />

Der häufi gste Anlass für eine Fachberatung ist die Einschätzung<br />

der Gefährdung von Kindern. Diese Einschätzung erfolgt<br />

durch strukturierte Fragen nach<br />

den Äußerungen des Kindes über Misshandlungen<br />

der Gewährleistung der Versorgung des Kindes,<br />

dem physischen und psychischen Zustand des Kindes,<br />

seinem Verhalten gegenüber Kindern und Bezugspersonen<br />

außerhalb der Familie<br />

dem beobachtbaren Verhalten der Eltern gegenüber dem Kind<br />

den Risikofaktoren in der Familie (z.B. alleinerziehender Elternteil,<br />

enge Wohnverhältnisse)<br />

den persönlichen Risikofaktoren der Eltern (z.B. Sucht, psychische<br />

Erkrankung)<br />

den Ressourcen der Eltern (z.B. Tatkraft, Optimismus, soziales<br />

Netz)<br />

den Schutzfaktoren beim Kind (z.B. positive Ausstrahlung,<br />

Intelligenz, Selbstvertrauen)<br />

den Ressourcen der Fachkräfte für die Arbeit mit der Familie<br />

Bei dieser Einschätzung werden je nach Fallkonstellation auch<br />

standardisierte Einschätzbögen wie der <strong>Berlin</strong>er <strong>Kinderschutz</strong>bogen<br />

verwendet. Ein wesentlicher Teil der Fachberatung besteht<br />

ferner darin, mit den Fachkräften Strategien zu erarbeiten, wie sie<br />

auf die Eltern zugehen können. Dies ist meist der schwierigste<br />

Punkt. Die Fachkräfte sind oft emotional befangen, weil sie dem<br />

Kind näher stehen als den Eltern. Manche haben auch schon die<br />

Erfahrung gemacht, dass Gespräche mit den Eltern gescheitert<br />

sind. Diese Hürden müssen sorgfältig analysiert werden, damit<br />

am Ende der Fachberatung für die Fachkräfte ein Leitfaden entstanden<br />

ist, an dem sie sich orientieren können.<br />

29


30<br />

Im Rahmen der Qualifi zierung von „insoweit erfahrenen Fachkräften“<br />

gemäß § 8a SGB VIII (Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung)<br />

wirkten Mitarbeiter/innen des <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s<br />

an Fortbildungsveranstaltungen mit. Dabei werden folgende Themen<br />

bearbeitet: Erkennen von Kindeswohlgefährdung, Rolle und<br />

Auftrag der Fachkräfte, Gesprächsführung mit Eltern, Analyse<br />

und Vermeidung von Fachfehlern sowie Kooperation im Hilfesystem.<br />

Auszug aus der Sta s k<br />

Anzahl der Fachberatungen 334<br />

Anzahl der einmalig Beratenen 196<br />

Anzahl der mehrmalig Beratenen 138<br />

Fortbildungsveranstalt. bzgl. § 8a SGB VIII 36


Armut in Familien – ein Handicap für eine<br />

förderliche Eltern-Kind-Beziehung<br />

Zunehmende Armut von Kindern und Familien war in den letzten<br />

Jahren ein bedrückendes Thema in der Öffentlichkeit. In<br />

verschiedenen Studien wird zwar darauf verwiesen, dass mangelndes<br />

Einkommen allein nicht zwangsläufi g die Entwicklung<br />

von Kin-dern und ihre Beteiligung am gesellschaftlichen Leben<br />

beeinträchtigt. Eine Häufung von Risikofaktoren wie Einkommensarmut,<br />

Erwerbslosigkeit, niedriges Bildungsniveau der Eltern, ein<br />

Migrationshintergrund oder allein erziehend zu sein, können aber<br />

prekäre Lebenslagen für Kinder bedeuten und zu Ressourcenarmut<br />

in Familien führen. Der nationale Bildungsbericht geht davon<br />

aus, dass jeder Dritte unter Achtzehnjährige mit einem Mangel an<br />

Geld, Bildung oder Arbeit seitens der Eltern zu kämpfen hat.<br />

Kinder in Familien, die mit weniger Ressourcen ausgestattet sind,<br />

verfügen über weniger altersgemäße Handlungsspielräume und<br />

Erfahrungsmöglichkeiten als Kinder aus ressourcenreichen Familien.<br />

Sie trauen sich weniger an Leistung in der Schule zu, haben<br />

oft bereits im Vorschulalter eine geringere Sprachkompetenz und<br />

erleben häufi ger, dass sie ausgegrenzt werden.<br />

Die inneren und äußeren Auswirkungen dieser Armut spüren wir<br />

in der Arbeit des <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s an vielen Stellen.<br />

Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erschwert<br />

Der fi nanzielle Mangel macht sich direkt bemerkbar, wenn Familien<br />

kein Fahrgeld haben, um zur Beratung in unsere Beratungsstelle<br />

zu kommen, wenn Kinder nicht mitmachen können<br />

bei Schulausfl ügen oder Ferienreisen. Oft bleibt kein Geld, um<br />

bestimmte Interessen, wie zum Beispiel Schwimmen, Fußball<br />

oder das Spielen eines Musikinstrumentes zu verwirklichen. Für<br />

viele Jugendliche ist es ein Problem, wenn Sie sich bestimmte<br />

Statussymbole wie das richtige Handy, oder die jeweils angesagt<br />

Kleidung nicht leisten können. Armut ist hier sowohl ein objektiver<br />

Mangel wie eine innere Verarbeitung dieses Mangels. Nicht-Dazugehören<br />

bildet einen fl ießenden Übergang zum Gefühl, minderwertig<br />

zu sein. Das Gefühl zu kurz zu kommen, benachteiligt zu<br />

sein, nicht dazu zu gehören kann auch ein Baustein sein, um sich<br />

das Benötigte einfach zu nehmen, die Eltern, den Klassenkameraden<br />

zu bestehlen oder sich im Laden zu bedienen.<br />

Konfl ikt um Geld in der Familie<br />

Armut ist häufi g verbunden mit Arbeitslosigkeit. Diese bedeutet<br />

nicht nur einen Mangel an Geld, sondern vermittelt das Gefühl,<br />

nicht gebraucht zu werden, nichts wert zu sein, nicht zur Gesellschaft<br />

zu gehören. Hinzu kommt die Selbstzuschreibung bei<br />

31


32<br />

vielen Eltern, selbst schuld zu sein an der Arbeitslosigkeit.<br />

Dies führt manchmal zum depressiven Rückzug, zum unzufriedenen<br />

Zuhause-Sitzen und zu Gereiztheit. Untersuchungen<br />

zeigen, dass arbeitlose Eltern weniger Zeit mit ihren Kindern<br />

verbringen als jene mit Arbeit.<br />

Wenn Eltern unzufrieden zuhause sitzen und sie nichts mit<br />

sich anzufangen wissen, führt dies häufi g auch zu Konfl ikten<br />

in der Paarbeziehung. In den Beratungen werden Gefühle von<br />

fehlendem Sinn und Leere benannt. Der Griff zur Bierfl asche,<br />

die alleinige Kommunikation mit dem PC etc. liegen nahe.<br />

Angst vorm sozialen Abstieg (Prekariatsangst)<br />

Diese Angst geht in weiten Teilen auch in der Mittelschicht um.<br />

Arbeit wird zur ständigen Bewährung. Die Angst, nicht zu genügen<br />

erhöht den Stress. So gelingt keine gute Balance zwischen<br />

Arbeit und Freizeit und Familie. Am Feierabend bleibt wenig<br />

Kraft für Kinder.<br />

„Die Kinder sollen es mal besser haben“<br />

Kinder sollen spuren und fl eißig sein, gute Noten nachhause bringen,<br />

damit sie nicht werden wie ihre Eltern. Die eigenen Ängste<br />

von Versagen und Ungenügen werden auf die Kinder projiziert.<br />

Sie werden mit rigiden Strafen und überhöhten Ansprüchen in die<br />

Karriere geschickt. Äußerer Druck soll dann oft die geringen inneren<br />

Unterstützungsmöglichkeiten ersetzen. Konfl ikte um Noten,<br />

um die Schule, manchmal ums Schwänzen sind vorprogrammiert.<br />

Spenden für einen Familienfond: Möglichkeit der Unterstützung<br />

armer Familien<br />

Die Situation von vielen Familien, die motiviert unsere Angebote<br />

in Anspruch nehmen wollen und nur sehr wenig Geld zur Verfügung<br />

haben, ist bei unseren Spenderinnen und Spendern auf<br />

offene Ohren gestoßen. Dabei geht es um Familien, die regelmäßig<br />

unsere Beratungen in Anspruch nehmen, um sich mit der<br />

Gefährdung des Wohls ihrer Kinder auseinander zu setzen und<br />

heftige gewaltsame Beziehungskonfl ikte bzw. Veränderungsmöglichkeiten<br />

zu besprechen. Sie können z.B. im letzten Drittel des<br />

Monats das Geld für BVG-Tickets nicht mehr aufbringen. Spendengelder<br />

unseres Fonds ermöglichen es, zielgerichtet zu helfen.<br />

Kindern aus diesen Familien wird z.B. ein Schwimmkurs fi nanziert,<br />

der Beitrag für den Sportverein übernommen oder auch<br />

einmal ein Zuschuss zu einer Klassenfahrt am Ende des Schuljahres<br />

gewährt. Die Notwendigkeit der besonderen fi nanziellen<br />

Unterstützung wird fachlich durch unsere FamilienberaterInnen<br />

bzw. die Kindertherapeutinnen eingeschätzt. Insbesondere wird<br />

Kindern geholfen, die häufi g eine Ausgrenzung erfahren, weil<br />

sie selbstunsicher und materiell nicht gut ausgestattet sind.


Kinder und Eltern, denen auf diese Weise geholfen wurden,<br />

sind sehr überrascht, erleichtert und dankbar. Das zeigt auch<br />

das folgende Beispiel:<br />

Schwimmkurs für den zehnjährigen Thomas<br />

Der zehnjährige Thomas kommt in die Kindertherapie wegen<br />

großer Ängstlichkeit, Gehänselt werden in der Schule und<br />

sehr wenig Selbstbewusstsein. Er passt sich den Wünschen<br />

seiner allein erziehenden Mu er so sehr an, dass er seine<br />

eigenen Bedürfnisse kaum wahrnimmt.<br />

Seine junge Mu er hat von früher Kindheit an ein Nierenleiden.<br />

Zeitweise war sie Dialysepa en n, und ging dreimal<br />

wöchentlich in die Klinik. Sie hat keine abgeschlossene Berufsausbildung<br />

und ist mit Ende Zwanzig bereits früh berentet.<br />

Zu ihrer Familie hat sie ein sehr angespanntes Verhältnis;<br />

ihr Bruder hat ihr nicht verziehen, dass sie als Kind immer<br />

alle Aufmerksamkeit der Mu er von ihm abgezogen hat, ihr<br />

Vater ha e sich getrennt und den Kontakt zu den Kindern<br />

abgebrochen. Frau S. nimmt die Hilfe ihrer Mu er nicht<br />

gern in Anspruch, muss aber manchmal darauf zurückgreifen.<br />

Thomas war immer wieder in verschiedenen Kurz-Pfl egestellen,<br />

wenn die Mu er in die Klinik musste, wechselte<br />

o zu Verwandten, und damit auch die Schule. Er hat viel<br />

versäumt, und hat auch nie das Schwimmen gelernt, wofür<br />

ihn die anderen Kinder jetzt hänseln.<br />

Der Junge hat die Angst der Mu er gespürt, wenn er Wünsche<br />

geäußert hat, wie z.B. ein Besuch im Freibad, und sich<br />

angepasst. Es bedur e vieler Gespräche mit seiner Mu er,<br />

bis sie verstand, dass Thomas ihr zuliebe auf vieles verzichtete<br />

und dies für seine Entwicklung hinderlich ist. Fr. S. ha e große<br />

Angst, ihren Sohn zu verlieren, wenn er eigene Wünsche entwickelt,<br />

und sprach darüber, dass er alles sei, was sie habe.<br />

Ohne ihn, so sagt sie, hä e sie schon längst aufgegeben.<br />

Ein Schwimmkurs für Thomas war für die Mu er eine fi nanzielle<br />

Belastung, die sie von ihrer kleinen Rente nicht tragen<br />

konnte. So haben wir zwei Kurse aus dem Fond bezahlt, die<br />

er erfolgreich abgeschlossen hat. Die Erfahrung, dass er Dinge<br />

noch nachholen kann, dass er viel lernen und entdecken<br />

kann, wenn er sich auf den Weg macht, hat sich auch auf viele<br />

andere Bereiche ausgewirkt, und er ist viel selbstbewusster<br />

geworden. Zwischen Mu er und Sohn ist eine efere Beziehung<br />

entstanden, die beiden mehr Autonomie ermöglicht.<br />

Wir bedanken uns im Namen der Kinder, die in den Genuss dieser<br />

besonderen Unterstützung gekommen sind, sehr herzlich bei<br />

Familie Renker und den Golf-Spielerinnen des Golf- und Landclubs<br />

<strong>Berlin</strong>-Wannsee e.V. mit Frau Brink (Ladies Captain).<br />

33


34<br />

3. Kunstauktion von Internationalen <strong>Berlin</strong>er<br />

und Brandenburger Künstlern zugunsten des<br />

<strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s<br />

Am Sonntag, den 21.03.<strong>2010</strong>, pünktlich zum Frühlingsanfang,<br />

öffnete das Stilwerk seine Pforten für die 3. Kunstauktion zugunsten<br />

des <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s. Die Veranstaltung stand wieder<br />

unter der Schirmherrschaft von Herrn Prof. Dr. Zöllner, Senator für<br />

Bildung, Wissenschaft und Forschung und Frau Dr. Theophana<br />

Prinzessin von Sachsen Herzogin zu Sachsen. Viele Teilnehmer,<br />

die schon die ersten beiden Kunstauktionen besucht hatten,<br />

waren gespannt auf die neuen Werke, die diesmal angeboten<br />

wurden. Der Auktionator, Herr Gerhold, animierte die Bieter mit<br />

viel Humor zum Ersteigern eines Kunstwerkes. Als besonderes<br />

Highlight hatten sich die Künstler Kani Alavi und Thierry Noir eine<br />

live-Malaktion ausgedacht. Ihre vor Ort entstandenen Werke, eine


emalte Vase und einige kleine Aquarelle, fanden bei den Bietern<br />

reges Interesse und wurden für Höchstpreise ersteigert.<br />

Aber nicht nur die hochwertigen Kunstobjekte sorgten für einen<br />

spannenden Nachmittag, auch die junge Sopranistin Mary Elizabeth<br />

Osborne wurde für ihre Gesangseinlagen mit stürmischem<br />

Beifall bedacht.<br />

Die Auktion erbrachte einen Erlös von 5 590 Euro, den wir uneingeschränkt<br />

für die therapeutische Hilfe von misshandelten und<br />

vernachlässigten Kindern verwenden können.<br />

Wir bedanken uns bei allen, die die Auktion ermöglicht haben.<br />

Insbesondere danken wir Sonja Zunker (Zunker Events), Andreas<br />

Kuhn (Galerie Kuhn und Partner) und Susanne Kettelför (Susanne<br />

Kettelför Medienberatung), die auch diesmal wieder als Initiatoren<br />

Künstler für die Auktion geworben und die Veranstaltung in<br />

den Medien bekannt gemacht haben.<br />

35


36<br />

Chronologie <strong>2010</strong><br />

Januar Die Kinderwohngruppe startet mit sechs Kindern ins<br />

neue Jahr, am Ende des Monats ist die Gruppe wieder<br />

voll belegt.<br />

Unsere Gruppe ehrenamtlicher MitarbeiterInnen am<br />

Krisentelefon nimmt nach ihrer Ausbildung die Tätigkeit<br />

auf und hilft sehr wirksam am Abend und an<br />

Wochenenden. Trotz knapper Personalausstattung in<br />

den Beratungsstellen können unsere hauptamtlichen<br />

MitarbeiterInnen Krisengespräche und laufende Beratungsprozesse<br />

in diesen Zeiten durchzuführen.<br />

Georg Kohaupt nimmt am Runden Tisch Gesundheit<br />

des <strong>Berlin</strong>er Netzwerks <strong>Kinderschutz</strong> teil und an<br />

Fachgesprächen über die Konzeption eines Bundesweiten<br />

<strong>Kinderschutz</strong>-Gesetzes mit Frau Bundesministerin<br />

Schröder.<br />

Immer mehr ehemalige Schülerinnen und Schüler<br />

aus kirchlichen und reformpädagogischen Einrichtungen<br />

öffnen sich und sprechen über sexuellen<br />

Missbrauch in diesen Institutionen. Georg Kohaupt<br />

gibt im Info-Radio <strong>Berlin</strong> ein interessantes Interview<br />

zu sexuellen Übergriffen im Canisius-Colleg. Während<br />

des gesamten Jahres werden wir zu Anhörungen<br />

z.B. von Fraktionen im Bundestag eingeladen<br />

sowie gebeten, Interviews zum Thema zu geben.<br />

Interviews zu Missbrauch in Institutionen erscheinen<br />

in der <strong>Berlin</strong>er Morgenpost und im Tagesspiegel und<br />

werden von Spreeradio, vom WDR, NDR und in der<br />

Tagesschau gesendet.<br />

Die HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mbH unterstützt<br />

unsere Arbeit mit jungen Familien kurz nach<br />

Geburt ihrer Kinder in Lichtenberg. Die Spende zu<br />

Beginn des Jahres dient der Anschaffung therapeutischen<br />

Spielmaterials für stark nachgefragte Einzelund<br />

Gruppenangebote im präventiven Bereich.<br />

Februar Wir beginnen mit einem internen Diskussionsprozess<br />

zur Erarbeitung eines Leitbildes. Alle Mitarbeiter/innen<br />

werden in diesen Prozess einbezogen. Zunächst<br />

wird eine kleinere Gruppe mit der Planung beauftragt,<br />

die das ganze Jahr über kontinuierlich arbeitet.<br />

Frau Susanne Nega verstirbt nach langer, schwerer<br />

Krankheit. Peter Berding und Elke Nowotny sind an<br />

der Seite von Frau und Herrn Renker, ihrer Familie


und Freunden. Die Familie kommt Susanne Negas<br />

Wunsch nach, anlässlich ihrer Beisetzung um Spenden<br />

für von in den Beratungsstellen betreute Kinder,<br />

Jugendliche und Eltern zu bitten. Das Geld wird zielgerichtet<br />

und sparsam verwendet, um einigen Kindern<br />

armer Familien, die im <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong><br />

betreut werden, die Beteiligung an Klassenfahrten<br />

oder Sportvereinen zu ermöglichen.<br />

Die anlässlich eines Benefi z-Bridge-Turniers im Golfund<br />

Landclub <strong>Berlin</strong>-Wannsee e.V., organisiert von<br />

Frau Renker und Frau Thomaschewski, überwiesene<br />

Spende wird verwendet, um in unserer Neuköllner<br />

Beratungsstelle einen Raum für betreuten Umgang<br />

von Kindern mit ihren hochstrittigen Eltern nach Trennung<br />

auszustatten. So können wir dringend benötigte<br />

neue Möbel, Spiele, Spielzeug, Bastelmaterial usw.<br />

anschaffen.<br />

Eine große Spende kommt anlässlich der Trauerfeier<br />

für Frau Becker zustande und hilft sehr, insbesondere<br />

unser Neuköllner Projekt Traumkind für<br />

junge Mütter aus komplizierten Herkunftsfamilien<br />

fi nanziell zu stützen. Traumkind beginnt bevor alles<br />

zu spät ist und Kinder gewaltsam verletzt werden.<br />

Das Projekt ist stark nachgefragt und im Bezirk gut<br />

vernetzt mit Einrichtungen der Jugendhilfe und des<br />

Gesundheitsbereichs.<br />

März Die Landesarbeitsgemeinschaft <strong>Kinderschutz</strong>, die<br />

die Umsetzung des Netzwerks <strong>Kinderschutz</strong> in den<br />

Bezirken analysieren soll, nimmt die inhaltliche Arbeit<br />

auf. Lotte Knoller bringt als Mitglied die Perspektive<br />

des <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s ein.<br />

Zum dritten Mal fi ndet die Kunstauktion statt. Renommierte<br />

Künstler aus <strong>Berlin</strong> und Brandenburg<br />

haben Kunstwerke zur Versteigerung gestiftet. Ein<br />

besonderes Highlight der Auktion ist die live-Malaktion<br />

der beiden Künstler Kani Alavi und Thierry Noir.<br />

Der Leo-Club Quadriga überweist eine Spende für<br />

außergewöhnliche Aktivitäten mit Kindern unserer<br />

Wohngruppe. Wie in den letzten Jahren gestalten die<br />

sehr engagierten Mitglieder des Clubs über das ganze<br />

Jahr hinweg u.a. Zoobesuche, Bastelnachmittage,<br />

Kinobesuche, Stadterkundungsausfl üge. Der Lions<br />

Club Kurfürstendamm unterstützt die Aktivitäten der<br />

Leos ebenfalls mit einer Spende.<br />

37


38<br />

April Abgeordnete der Bundestagsfraktion der Grünen<br />

besuchen das <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>, um sich mit<br />

Georg Kohaupt und Elke Nowotny im Zusammenhang<br />

mit dem in Vorbereitung befi ndlichen Bundeskinderschutz-Gesetz<br />

zu brennenden aktuellen<br />

Problemlagen auszutauschen. Georg Kohaupt nimmt<br />

an Unterarbeitsgruppen (Frühe Hilfen und Vernetzte<br />

Strukturen, Erweiterung von Fachkompetenz) zur<br />

Entwicklung des Bundeskinderschutz-Gesetzes teil<br />

und verfasst die Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />

der <strong>Kinderschutz</strong>-Zentren zur Diskussion<br />

des künftigen Gesetzes.<br />

Frau Carolyn Brand veranstaltet mit vielen Freunden<br />

und KollegInnen einen Frühlingsball zugunsten des<br />

<strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s.<br />

Mai Frau Nowotny hält auf dem Meeting des Inner<br />

Wheel Clubs <strong>Berlin</strong> Spree einen Vortrag zur Entwicklung<br />

des <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s nach dem Fall der<br />

Mauer mit Blick auf die Veränderungen in den Familien<br />

und in der Jugendhilfe. Die Damen des Clubs gehören<br />

zu den verlässlichen, treuen und großzügigen<br />

Spenderinnen, die seit 1991 unsere Einrichtung<br />

unterstützen und damit in erheblichem Maße dazu<br />

beigetragen haben, dass Kindern, Jugendlichen und<br />

Eltern in Gewaltsituationen fachlich gute Angebote<br />

zur Verfügung gestellt wurden. Die Damen gedenken<br />

Frau Ingeborg Becker, die das Thema des Meetings<br />

noch vorgeschlagen hatte. Frau Hahn, die Präsidentin<br />

des Clubs, überreicht eine Spende in Erinnerung<br />

an Frau Bügler, die Fördermitglied war und 2009<br />

verstorben ist.<br />

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der <strong>Kinderschutz</strong>-<br />

Zentren veröffentlicht als Beitrag zur aktuellen gesellschaftlichen<br />

Diskussion des Missbrauchs in Institutionen<br />

unter dem Titel „Sexualisierte Gewalt an<br />

Kindern und Jugendlichen“ einen Sammelband mit<br />

interessanten Beiträgen, u. a. von Elke Nowotny zu<br />

„Risikoeinschätzung von sexueller Misshandlung von<br />

Kindern – besonders schwierig?“<br />

Juni Unser Präventionsprojekt von Anfang an geht in<br />

Hohenschönhausen an den Start. Der Jugendhilfe-<br />

Ausschuss des Bezirks Lichtenberg fi nanziert eine<br />

20-Stunden-Stelle für eine Sozialarbeiterin, die an<br />

STEEP angelehnt (ein bereits evaluiertes Projekt)<br />

fl exible Hilfen in Form von Einzel- und Gruppen-


arbeit, Hausbesuchen, eine kriteriengestützte Analyse<br />

der Eltern-Kind-Beziehung anbietet. Ziel ist die<br />

Vermeidung von Bindungsstörungen bei Säuglingen<br />

und Kleinkindern durch Stärkung der Eltern.<br />

Frau Hohmann veranstaltet wiederum im Golf- und<br />

Landclub <strong>Berlin</strong>-Wannsee e.V. ein eindrucksvolles<br />

Benefi z-Golfturnier. Viele Damen beteiligen sich. Frau<br />

Hohmann spendet auch in diesem Jahr großzügig für<br />

die Sommerreise unserer Wohngruppenkinder. Viele<br />

Kinder, die teilnehmen, waren noch nie in den Ferien<br />

außerhalb <strong>Berlin</strong>s.<br />

Frau Nowotny referiert im Juni und November vor<br />

Lesepatinnen und Paten des Bürgernetzwerks Bildung<br />

zum Thema „Nähe und Distanz im Umgang mit<br />

Kindern“. Sie erreicht fast 100 Lesepaten, die sehr<br />

interessiert nachfragen und diskutieren.<br />

Zu den Schwerpunkten “Du wolltest es doch auch“<br />

– Arbeit mit sexuell grenzverletzenden Kindern und<br />

Jugendlichen sowie ihren Familien und sexueller<br />

Gewalt in Institutionen fi ndet eine Fachtagung der<br />

Bundesarbeitsgemeinschaft der <strong>Kinderschutz</strong>-<br />

Zentren in <strong>Berlin</strong> statt. Georg Kohaupt eröffnet<br />

die Tagung.<br />

Juli Die Kinder unserer Wohngruppe verbringen wunderschöne<br />

Ferientage in der Uckermark, ermöglicht<br />

durch das Benefi z-Golfturnier von Frau Hohmann im<br />

Golf- und Landclub <strong>Berlin</strong> Wannsee. Die Kinder unternehmen<br />

Ausfl üge, baden in der Ostsee und freuen<br />

sich über Schatzsuche, Lagerfeuer, Reiten und vieles<br />

mehr.<br />

August Der Lions-Club <strong>Berlin</strong>-Pariser Platz veranstaltet ein<br />

gut besuchtes und sehr spannendes Benefi z-Fußballturnier<br />

im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark, bei<br />

dem die Lions Kicker Ost-Nord auf eine Mannschaft<br />

des Bundestags treffen. Die Lions spielten zum ersten<br />

Mal in dieser Formation mit Kapitän Christoph<br />

Mojen und konnten trotz Niederlage am Ende einen<br />

großartigen sportlichen Erfolg erzielen. Der namhafte<br />

Erlös dieser Veranstaltung kommt u. a. unseren<br />

Wohngruppenkindern zugute.<br />

Golf-Spielerinnen der Dienstags-Gruppe im Golfund<br />

Landclub <strong>Berlin</strong> Wannsee überreichen uns eine<br />

Spende für unseren Familienfond. Sie unterstützen<br />

damit Kinder in ressourcenarmen Familien, so dass<br />

39


40<br />

z.B. die Teilnahmegebühr für Sportvereine gezahlt<br />

werden kann.<br />

Die <strong>Berlin</strong>er Morgenpost interessiert sich für unsere<br />

Haltung zu Prävention und Hilfe in der ersten Zeit<br />

nach der Geburt und veröffentlicht in der Beilage<br />

Familie ein Interview mit Elke Nowotny.<br />

September Frau Nowotny stellt anlässlich des auf der politischen<br />

Ebene viel beachteten 20-jährigen Jubiläums<br />

des <strong>Berlin</strong> American Club das <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong><br />

mit seinen Angeboten für Kinder, Jugendliche und<br />

Eltern vor und betont die langjährige Unterstützung<br />

des Clubs für die Kinder in unserer Wohngruppe.<br />

Frau Renker und Frau Berthier veranstalten ein<br />

Bridge-Turnier zugunsten des <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s.<br />

Mit ihrer Spende werden stabile Lampen,<br />

CD-Player und dringend benötigte Ausstattungsgegenstände<br />

für die Kinderzimmer in der Wohngruppe<br />

angeschafft.<br />

Frau Nowotny ist zu Gast auf dem Meeting von Inner<br />

Wheel <strong>Berlin</strong> Spree, auf dem Herr Buschkowsky, Bürgermeister<br />

von Neukölln einen sehr eindrücklichen,<br />

problembewussten Vortrag zur Situation von Familien<br />

mit Migrationshintergrund hält. Anwesend ist auch


Frau Rademann, Mitarbeiterin einer Neuköllner Kita,<br />

die ebenfalls in ihrer Arbeit vom Club unterstützt wird.<br />

So entsteht die Gelegenheit, über Möglichkeiten der<br />

Kooperation zwischen unserer Neuköllner Beratungsstelle<br />

und der Kita zu diskutieren.<br />

Oktober Georg Kohaupt beteiligt sich am Runden Tisch der<br />

Bundesregierung gegen sexuellen Missbrauch in Institutionen,<br />

insbesondere im Unterausschuss „Leitlinien<br />

zur Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden“.<br />

Frau Dr. Benz und Herr Professor Wolfgang Benz<br />

veröffentlichen ein Fachbuch mit dem Titel „Gewalt<br />

zwischen den Generationen“ mit Beiträgen einer<br />

Fachtagung u. a. von unseren Mitarbeitern Christine<br />

Maihorn, Peter Ellesat und Elke Nowotny.<br />

Frau Nowotny hält beim Qualitätsforum Vollzeitpfl ege<br />

des Sozialpädagogischen Fortbildungsinstituts<br />

<strong>Berlin</strong>-Brandenburg mit 80 TeilnehmerInnen einen<br />

Vortrag zum Thema „Verwandtenpfl egestellen und<br />

ihre fachliche Begleitung – ein Blick auf Interaktionen<br />

in erweiterten Familiensystemen“.<br />

Frau Dr. Bodo spendet anlässlich ihrer Heirat im<br />

Sommer für die Kinder der Kinderwohngruppe. Am<br />

Ende kommt eine namhafte Spende zusammen. Von<br />

dem Geld werden u.a. Fahrräder angeschafft und<br />

eine Fahrradreparaturecke aufgebaut sowie Bekleidung<br />

für Kinder gekauft.<br />

Die Trias – gemeinnützige Gesellschaft für Arbeit,<br />

Gesundheit und Soziales fertigt für die Kinderwohngruppe<br />

sieben große Holspielzeugkisten, sowie Tragetaschen<br />

an. Herr Ralf Renker und Frau Hansen<br />

überreichen den Kindern die in Projektarbeit entstandenen<br />

Geschenke.<br />

November Die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft<br />

und Forschung verlängert unseren Zuwendungsvertrag<br />

um weitere drei Jahre. Damit sind die niedrigschwelligen<br />

und sofortigen Hilfen in der Krise<br />

bei Gewalt gegen Kinder in den Beratungsstellen<br />

Neukölln und Hohenschönhausen zu 85 % fi nanziell<br />

abgesichert.<br />

Anlässlich der Tagung „<strong>Kinderschutz</strong> – Handeln im<br />

Rahmen interdisziplinärer Kooperation“ in der Charite,<br />

veranstaltet von den Senatsverwaltungen Gesundheit<br />

und Bildung, Wissenschaft und Forschung<br />

hält Georg Kohaupt einen Vortrag.<br />

41


42<br />

Frau Reinking und Frau Lanz veranstalten ihr Gänseessen<br />

wieder zugunsten der Kinder in unserer Wohngruppe.<br />

Unser Kollege Peter Berding berichtet vor 250<br />

Gästen über die Situation, in der die Kinder bei uns aufgenommen<br />

werden. Die Spende hilft, dringend benötigte<br />

individuelle Ausstattungen für die Kinder zu kaufen. Viele<br />

Gäste beteiligen sich durch individuelle Spenden.<br />

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung<br />

(BZgA) veröffentlicht das 3. FORUM-Heft Sexualaufklärung<br />

und Familienplanung zum Thema „Sexueller<br />

Missbrauch“, u. a. mit einem Beitrag von Elke Nowotny<br />

zu „Qualitätsstandards im Umgang mit sexueller Misshandlung<br />

von Kindern im <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Berlin</strong>“.<br />

Durch die Aktualität der Beiträge ist die Broschüre ist in<br />

kürzester Zeit vergriffen und erhält positive Bewertungen<br />

aus der Fachpraxis.<br />

Dezember Am 1.12.<strong>2010</strong> besuchen uns die Präsidentin des Lions-<br />

Clubs <strong>Berlin</strong>-Potsdamer Platz, Frau Kirstgen, die Sekretärin<br />

des Clubs Frau Schaath-Fenske, der Vorsitzende<br />

des Fördervereins Herr Albert, Herr Mojen und Herr Dr.<br />

Knorn in unserer Kinderwohngruppe und überreichen<br />

eine größere Spende, die anlässlich des Benefi z-Fuß-<br />

ball-Turniers Lions-Kickers gegen FC Bundestag im August<br />

zusammen gekommen ist. Die Damen und Herren<br />

des Lions-Clubs sind beeindruckt von den Lebensgeschichten<br />

der Kinder und der intensiven Betreuungs- und<br />

Beratungsarbeit im <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>. Sie betonen,<br />

unsere Arbeit weiterhin unterstützen zu wollen.<br />

Anlässlich von zwei Bridge-Turnieren, organisiert von<br />

Frau Wallaschak und Frau Thomaschewski bzw. von<br />

Frau Mohren und Frau Schirmacher kommen Kinder<br />

und Eltern in den Genuss von namhaften Spenden.<br />

Unsere Fördermitglieder und Spenderinnen und Spender<br />

bedenken die bei uns betreuten Kinder sehr warmherzig<br />

mit Weihnachtsgeschenken und Spenden.


Dank<br />

Zur Umsetzung unseres Auftrags, Kinder bzw. Jugendliche vor<br />

Gewalt zu schützen und für sie und ihre Familien eine annehmbare<br />

Perspektive zu entwickeln, haben wir sehr großzügige und<br />

beeindruckende Unterstützung von Fördermitgliedern und vielen<br />

engagierten Spenderinnen und Spendern erhalten.<br />

Wir danken insbesondere<br />

unseren ehrenamtlichen MitarbeiterInnen am Krisentelefon,<br />

die mit fachlich hoher Kompetenz abends und an Wochenenden<br />

zuhörten, Hilfe einleiteten, Rat gaben,<br />

der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung<br />

für die fachliche Begleitung und Finanzierung der Angebote<br />

in unseren Beratungsstellen, insbesondere Frau Range-Schmedes<br />

als Referatsleiterin und Frau Eichler, Frau Frank<br />

und Frau Kiep als unsere verlässlichen Ansprechpartnerinnen,<br />

den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern in Jugendämtern<br />

verschiedener <strong>Berlin</strong>er Bezirke für gelingende Kooperation,<br />

der Aktion Mensch und dem Bezirk Lichtenberg für die Finanzierung<br />

von präventiven Angeboten.<br />

Unser sehr herzlicher Dank gilt allen uns verbundenen und engagierten<br />

Fördermitgliedern, den Spenderinnen und Spendern, die<br />

uns großzügig, verlässlich und ideenreich unterstützten.<br />

Wir danken ganz besonders<br />

den Damen der Inner Wheel Clubs <strong>Berlin</strong> Spree, besonders<br />

der Präsidentin Frau Hahn für langjährige, treue Unterstützung<br />

und namhafte Spenden,<br />

den Damen des Inner Wheel Clubs <strong>Berlin</strong>, besonders der<br />

Präsidentin Frau Hilliger,<br />

Frau Hohmann für das Ausrichten eines großartigen und beeindruckenden<br />

Benefi z-Golf-Turniers,<br />

dem Lions Club Pariser Platz, besonders der Präsidentin Frau<br />

Kirstgen, Frau Schaath-Fenske, Herrn Albert, Herrn Dr. Knorn<br />

und Herrn Mojen,<br />

der Dienstags-Golf-Gruppe im Golf-Club Wannsee, den Organisatorinnen<br />

des Benefi z-Golf-Turniers u. a. Frau Brink,<br />

den Bridge-Spielerinnen und Spielern, organisiert im Golf-Club<br />

Wannsee,<br />

der Immobilienverwaltung Becker & Kries und besonders Familie<br />

Hirschfelder,<br />

der Alphons-Vehlisch-Stiftung,<br />

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44<br />

dem Lions Club <strong>Berlin</strong> Dahlem, insbesondere Herrn Strieder,<br />

dem Lions Club <strong>Berlin</strong> Kurfürstendamm,<br />

dem Leo Club Quadriga und dem Hilfswerk der deutschen<br />

Leos e.V.,<br />

Frau Dr. Witzgall,<br />

Frau Reinking und Frau Lanz,<br />

Frau Dr. Bodo,<br />

Mrs. Carolyn Brand,<br />

der HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mbH, besonders<br />

Frau Schauer und Herrn Wagner,<br />

dem Pankgräfl ichen Barnajaden Bund e.V.,<br />

dem <strong>Berlin</strong> American Club, insbesondere Frau Feilhauer und<br />

Frau Buhr,<br />

der Trias – gemeinnützigen Gesellschaft für Arbeit, Gesundheit<br />

und Soziales und Herrn Ralf Renker,<br />

der Delbrück Bethmann Maffei AG, insbesondere Frau Deppe<br />

und Herrn Liste,<br />

dem pro Bono Team der Kanzlei Freshfi elds Bruckhaus<br />

Dehringer, besonders Frau Kaufmann,<br />

Frau Gutsch-Thuja,<br />

der Coca Cola GmbH, besonders Frau Senkovic und<br />

Herrn Müller von der Daimler-AG am Salzufer<br />

sehr herzlich für die engagierte Unterstützung.<br />

Frau Zunker, Herr Kuhn, Frau Kettelför und Herr Gerhold haben<br />

die 3. Kunstauktion auf die Beine gestellt und viele KünstlerInnen<br />

dafür gewonnen. Besten Dank dafür!<br />

Wir sind den Familien Dr. Helmut Becker und Reingard und Joachim<br />

Renker verbunden in ihrer Trauer um ihre Nächsten und<br />

bedanken uns sehr für Spenden.<br />

Allen nicht namentlich genannten Spenderinnen und Spendern<br />

danken wir sehr warmherzig für Ihre Hilfe. Bitte bleiben Sie uns<br />

weiterhin verbunden!


Nachruf<br />

Frau Ingeborg Becker ist am 23. Februar <strong>2010</strong> verstorben.<br />

Frau Becker war eines unserer ersten Fördermitglieder. Kinder in<br />

Not und unsere Hilfen für diese Kinder und ihre Familien lagen ihr<br />

sehr am Herzen. Sie gehörte zu den tatkräftigen Damen des Inner<br />

Wheel Clubs <strong>Berlin</strong> Spree, die nach der Wende sehr interessiert und<br />

fördernd die Arbeit des <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s im Ostteil der Stadt<br />

begleitet haben. Sie hat uns bei Gelegenheit besucht und sich verstehend<br />

über Möglichkeiten der Hilfe für Familien, in denen Gewalt<br />

ausgeübt wird, erkundigt. Auch am Telefon hat sie zuletzt oft gefragt,<br />

welche Probleme die von uns betreuten Kinder haben, uns in unserer<br />

Haltung der Hilfe für Kinder, Jugendliche und Eltern bestärkt und sich<br />

um Unterstützung für diese Arbeit gekümmert.<br />

Mit Frau Becker verlieren wir ein sehr interessiertes Fördermitglied.<br />

Wir trauern um sie. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s<br />

erinnern sich dankbar an Frau Becker.<br />

45


46<br />

Der Verein<br />

Vereinsvorstand Dr. Elke Nowotny (Vorsitzende), Elisabeth-<br />

Charlotte Knoller (Finanzen), Martin Breibert<br />

Öffentlichkeitsarbeit Georg Kohaupt<br />

Verwaltung Klaus Weiß<br />

Im <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong> arbeiten in den beiden Beratungsstellen,<br />

im Krisendienst, und in der Kinderwohngruppe Diplompsychologen,<br />

Diplompädagogen und Diplomsozialpädagogen mit unterschiedlichen<br />

therapeutischen Zusatzausbildungen. Die insgesamt 22 Mitarbeiter/innen<br />

sind meist mit unterschiedlicher Stundenzahl teilzeitbeschäftigt.<br />

Darüber hinaus werden – ebenfalls z.T. in Teilzeit – Mitarbeiter für Bewirtschaftung<br />

und Reinigung sowie ein Zivildienstleistender beschäftigt.<br />

In den Beratungsstellen und in der Wohngruppe werden Sozialarbeiterbzw.<br />

Erzieher-Berufspratikanten ausgebildet.<br />

In der telefonische Krisenberatung werden wir von rund 20 ehrenamtlichen<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt.<br />

Spenden / Fördermitgliedschaft<br />

Die Arbeit des <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s kann nur wirksam gelingen, wenn<br />

engagierte Bürgerinnen und Bürger sich aktiv für den Schutz der Kinder<br />

vor Gewalt, Vernachlässigung und sexuellem Missbrauch einsetzen.<br />

Sie können helfen,<br />

indem Sie sich für den Schutz der Kinder einsetzen,<br />

indem Sie Kindern und Eltern die Brücke zu uns bauen,<br />

indem Sie unsere Arbeit mit einer Spende unterstützen,<br />

indem Sie förderndes Mitglied des <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s werden.<br />

Der Förderbeitrag beträgt mindestens 50 Euro – bei juristischen Personen<br />

mindestens 500 Euro – je Kalenderjahr. Die Beitragszahlung erbitten<br />

wir bis zum 30.9. auf das unten stehende Konto. Alternativ können<br />

Sie uns eine jederzeit widerrufbare Einzugsermächtigung erteilen.<br />

Spendenkonto 33 88 404 bei der<br />

Bank für Sozialwirtschaft (Bankleitzahl 100 205 00)<br />

Spenden und Förderbeiträge an das <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong> sind steuerlich<br />

absetzbar. Bitte nennen Sie uns Ihren Namen und Anschrift für die<br />

Ausstellung einer entsprechenden Quittung.


Ich möchte förderndes Mitglied des <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s <strong>Berlin</strong> e.V. werden<br />

als Privatperson<br />

Mein Förderbeitrag beträgt im Kalenderjahr 50 Euro 100 Euro . . . . . . . . . . . Euro<br />

als Firma / Verein / Körperscha<br />

Unser Förderbeitrag beträgt im Kalenderjahr 500 Euro . . . . . . . . . . . Euro<br />

Ort, Datum Unterschri (ggf.Firmenstempel)<br />

_______________________________________________________________________________________<br />

Name und Anschri . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

Unterschri Kontoinhaber/in wenn abweichend<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

Ort, Datum Unterschri Mitglied<br />

12051 <strong>Berlin</strong><br />

Juliusstraße 41<br />

Die Ermäch gung erlischt automa sch nach dem letzten fälligen Beitrag<br />

im Falle eines Vereinsaustri s oder jederzeit sofort bei Widerruf.<br />

<strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Berlin</strong> e.V.<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . .<br />

Kredi ns tut Bankleitzahl<br />

An das<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

Kontoinhaber/in Kontonummer<br />

Hiermit ermäch ge ich das <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Berlin</strong> e.V. fällige Förderbeiträge<br />

jeweils zum 30. September des laufenden Jahres von folgendem Konto<br />

einzuziehen:<br />

Ermäch gung zum Bankeinzug


<strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong> <strong>Berlin</strong> e.V.<br />

Beratungsstelle Neukölln<br />

Juliusstraße 41, 12051 <strong>Berlin</strong><br />

Telefon (030) 683 91 10<br />

Beratungsstelle Hohenschönhausen<br />

Freienwalder Straße 20, 13055 <strong>Berlin</strong><br />

Telefon (030) 971 17 17<br />

Kinderwohngruppe<br />

Das Telefon. Für Kinder. Für Jugendliche. Für Eltern.<br />

☎ 0800 111 0 444<br />

Im Festnetz <strong>Berlin</strong>. Der Anruf ist kostenlos.<br />

Aus Mobilfunk- und anderen Netzen (030) 683 91 10.<br />

www.<strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>-<strong>Berlin</strong>.de<br />

post@kinderschutz-zentrum-berlin.de<br />

Das <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong> wird von der <strong>Berlin</strong>er<br />

Senatsverwaltung für Bildung, Wissenscha und Forschung<br />

gefördert und fi nanziert sich darüber hinaus durch Spenden.<br />

Spendenkonto 33 88 404 bei der<br />

Bank für Sozialwirtscha (BLZ 100 205 00)

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