Brandenburgisches Ärzteblatt Ausgabe 03/2006
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Studien vorliegen, konnte der Nutzen einer<br />
HD-CT für diese prognostisch ungünstigen<br />
Erkrankungsstadien wahrscheinlich gemacht<br />
werden [7]. Allerdings konnte in der bislang<br />
einzigen prospektiv-randomisierten Studie<br />
(IT94) bei Patienten im ersten Rezidiv und mit<br />
günstigen Prognosefaktoren in einer vorläufigen<br />
ersten Analyse kein Vorteil einer frühzeitigen<br />
HD-CT gezeigt werden [5].<br />
Aufgrund der noch immer nicht zufriedenstellenden<br />
Therapieergebnisse bei Patienten<br />
der Gruppe 4 (primär mediastinaler KZT,<br />
hepatische u./o. zerebrale Metastasierung,<br />
stark erhöhte Tumormarker) wird seit Jahren<br />
versucht, durch den Einsatz dosisintensiver<br />
Therapien die Prognose dieser Patienten zu<br />
verbessern. Allerdings konnten die in der<br />
Vergangenheit untersuchten alternierenden<br />
Chemotherapieprotokolle verglichen mit 4<br />
Zyklen PEB keine Verbesserung der Remissions-<br />
oder Überlebensraten nachweisen<br />
[12]. Bessere Ergebnisse werden auch für<br />
diese Patientengruppe durch den frühzeitigen<br />
Einsatz einer primären HD-CT erzielt<br />
[13,14]. In einer sorgfältig angelegten Matched-pair-Analyse<br />
zeigte sich im Vergleich<br />
zu einer Standardchemotherapie mit PEI<br />
oder PEB ein klarer Vorteil zugunsten einer<br />
sequenziellen HD-CT bereits im Rahmen der<br />
Primärbehandlung [6].<br />
Da die Ergebnisse der bisherigen positiven<br />
Analysen für die HD-CT bei den vier Patientengruppen<br />
jedoch noch durch die laufenden<br />
randomisierten Studien bestätigt werden<br />
müssen, kann die Behandlung der<br />
entsprechenden Patienten außerhalb von<br />
aktivierten Studienprotokollen derzeit nicht<br />
empfohlen werden. Eine abschließende Beurteilung<br />
des Stellenwerts der HD-CT ist gegenwärtig<br />
noch nicht zu treffen. Die potenziellen<br />
Kurz- und Langzeittoxizitäten sowie<br />
die Prinzipien der frühen Intensivierung<br />
oder der späteren Konsolidierung durch die<br />
HD-CT verlangen noch nach einer klar evaluierten<br />
Datenlage auf der Basis der evidenzbasierten<br />
Medizin. Auf der anderen<br />
Seite kann konstatiert werden, dass sich Toxizität<br />
und behandlungsbezogene Mortalität<br />
durch die in den letzten Jahren deutliche<br />
Verbesserung der Supportivmedizin, u.a.<br />
durch die Nutzung von hämatopoetischen<br />
Wachstumsfaktoren und peripheren Stammzellen<br />
aus dem Blut, weiter senken ließen.<br />
Mehrere Studien demonstrierten hierbei eindrucksvoll,<br />
dass durch die frühe Intervention<br />
eine deutliche Abnahme der kumulativen<br />
Toxizität erreichbar ist [15,16].<br />
Die Bewertung der eigenen Therapieergebnisse<br />
gestaltet sich aufgrund der geringen Fallzahl<br />
des zudem heterogenen und selektiven<br />
Patientenguts sowie der verschiedenen angewandten<br />
Studienprotokolle (insgesamt 6)<br />
äußerst schwierig. Betrachtet man allein die<br />
Ergebnisse der First-Line-Therapie bei Patienten<br />
mit „poor prognosis“ (n=6), die in unserer<br />
Untersuchung ein 3-Jahresüberleben von 50%<br />
aufweisen, könnte leicht der Eindruck entstehen,<br />
dass hier keine Überlebensverbesserung<br />
im Vergleich mit konventionellen Standardprotokollen<br />
erreicht wurde. Diese Überlegung ist<br />
jedoch wenig zielführend, da die Daten einem<br />
erheblichen Selektions-Bias unterliegen. Im<br />
gesamten Untersuchungszeitraum (9/97–<br />
6/04) wurden in Cottbus 11 Patienten mit<br />
„poor prognosis“-Kriterien nach IGCCCG behandelt.<br />
Von dieser Patientengruppe konnte<br />
nur bei einem Patienten ein Langzeitüberleben<br />
mit Standardchemotherapie erreicht werden.<br />
Vier Patienten zeigten einen Relapse der Tumorerkrankung<br />
unter der herkömmlichen<br />
Chemotherapie und wurden dann der HD-CT<br />
zugeführt, bei den 6 Patienten mit initialer HD-<br />
CT lagen zudem eingangs bereits ungünstigere<br />
Prognosefaktoren im Vergleich der „poor<br />
prognosis“-Kriterien vor (vorrangig extragonadaler,<br />
mediastinaler KZT). Trotzdem erreichten<br />
von diesen 6 Patienten durch die HD-CT<br />
drei ein Langzeitüberleben (>36 Monate).<br />
Ähnlich problematisch ist es, die Bedeutung<br />
der HD-CT in der Rezidivsituation aus unseren<br />
Ergebnissen ableiten zu wollen. Bei einem<br />
von 7 Patienten konnte ein Langzeitüberleben<br />
(> 36 Monate) erreicht werden, das 1-Jahresüberleben<br />
betrug 14 %. Als nützliches Kriterium<br />
zur Entscheidungshilfe, welcher Patient<br />
in der Rezidivsituation einer HD-CT zugeführt<br />
werden sollte, konnte auch in unserer Untersuchung<br />
der Beyer-Score evaluiert werden.<br />
Patienten mit einem Beyer-Score>2 wiesen<br />
nur ein mittleres Überleben von 6,3 Monaten<br />
auf, so dass hiermit eine Selektion möglich<br />
wäre, die Patienten vor einer wenig Erfolg<br />
versprechenden HD-CT bewahrt.<br />
Die therapiegenerierte Morbidität in unserer<br />
Untersuchung ist sehr hoch, liegt jedoch im Erwartungsbereich<br />
für die jeweiligen Therapieprotokolle.<br />
Eine behandlungsassoziierte Mortalität<br />
von 15,4% (n=2) ließ sich trotz der<br />
Anwendung einer modernen Supportivtherapie<br />
in einer Klinik mit ausgewiesener HD-CT-<br />
Expertise nicht verhindern und demonstriert<br />
die ausgesprochene Toxizität, die weiterhin mit<br />
einer Dosisintensivierung verbunden ist.<br />
Zusammenfassend konnte unsere Untersuchung<br />
die komplexen Krankheitsverläufe von<br />
Patienten mit einem fortgeschrittenen testikulären<br />
KZT verdeutlichen und darstellen, dass<br />
hier interdisziplinäre Behandlungskonzepte<br />
unter Nutzung der Möglichkeiten einer HD-<br />
CT benötigt werden, um das Ziel der Kuration<br />
zu erreichen. Trotz weitreichender Standardisierung<br />
der Diagnostik und Therapie<br />
des KZT über die nationalen und europäischen<br />
Leitlinien, ist eine adäquate Therapie<br />
fortgeschrittener Hodentumoren nicht katalogartig<br />
durchzuführen, sondern bedarf ei-<br />
Fortbildung<br />
ner umfassenden Erfahrung des Therapeuten<br />
sowie einer weiten interdisziplinären Kooperation.<br />
Aufgrund der geringen Patientenzahlen<br />
in bisherigen Studien ist momentan noch<br />
nicht abschließend geklärt, welche Patientencharakteristiken<br />
für das Ansprechen auf<br />
eine HD-CT prognostische Bedeutung besitzen.<br />
Da die bisherigen Erfahrungen nicht<br />
ausreichen, und in den meisten Zentren die<br />
Fallzahlen für die Analyse solcher Prognosefaktoren<br />
zu gering sind, ist es unbedingt notwendig,<br />
Patienten- und Behandlungsdaten<br />
einheitlich zu registrieren und auszuwerten.<br />
Die HD-CT bei Patienten mit Keimzelltumoren<br />
ist eine aufwändige und belastende<br />
Maßnahme, die trotz positiver Tendenzen<br />
gegenwärtig noch nach der richtigen Indikation<br />
sucht, für einige Patienten jedoch erstmalig<br />
neue Heilungschancen aufzeigt.<br />
Literatur bei Verfasser:<br />
Dr. med. M. May<br />
Oberarzt der Urologischen Klinik,<br />
Carl-Thiem-Klinikum Cottbus,<br />
Lehrkrankenhaus der Universitätsklinik<br />
Charité zu Berlin,<br />
Thiemstraße 111, <strong>03</strong>048 Cottbus,<br />
Tel.: (<strong>03</strong>55) 46 21 06, Fax: (<strong>03</strong>55) 46 20 53<br />
E-Mail: M.May@ctk.de<br />
Symposium<br />
Asthma – Sport – Doping<br />
in Cottbus<br />
Viele Ausdauersportler entwickeln asthmatische<br />
Krankheiten. Gleichzeitig wird Asthmatikern<br />
empfohlen, Sport zu treiben. Diesen<br />
scheinbaren Widerspruch möchten die Veranstalter<br />
des Symposiums „Asthma – Sport – Doping“,<br />
das am 18. März in Cottbus stattfindet,<br />
aufklären. Ferner steht die Frage im Mittelpunkt,<br />
welche Medikamente sporttreibende<br />
Asthmatiker einnehmen dürfen, ohne unter Doping-Verdacht<br />
zu geraten.<br />
Zu den Referenten zählt u.a. der Chirurg Dr.<br />
Andreas Koch, Mannschaftsarzt vom FC Energie<br />
Cottbus. Er wird einen Vortrag über die Bedeutung<br />
der aktuellen Dopingrichtlinie für die<br />
tägliche Praxis halten. Der Organisator der<br />
Veranstaltung, Dr. Frank Käßner vom Ambulanten<br />
Zentrum für Lungenkrankheiten und<br />
Schlafmedizin in Cottbus, wird über die Abrechnungsmöglichkeiten<br />
von Vorsorge- und<br />
Kontrolluntersuchungen bei Sportlern sprechen.<br />
Das Symposium wird von der Landesärztekammer<br />
Brandenburg zertifiziert.<br />
Beginn der Veranstaltung ist um 10 Uhr im Radisson-Hotel,<br />
Vetschauer Straße 12, in Cottbus.<br />
Weitere Informationen zum Symposium<br />
und den Anmeldemodalitäten erhalten Sie unter<br />
der Rufnummer <strong>03</strong>55/543922.<br />
<strong>Brandenburgisches</strong> <strong>Ärzteblatt</strong> 3/<strong>2006</strong> 16. Jahrgang<br />
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