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Egon Schiele, Blinde Mutter - Bundesministerium für Unterricht ...

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Abstammung seiner Familie, es fehlten aber jene seiner Großmutter väterlicherseits, womit<br />

er das Verfahren mit laufenden Nachfristen über das ganze Jahr 1937 verzögern konnte. Als<br />

die Reichskammer der bildenden Künste mit einer Ordnungsstrafe drohte, ließ Gurlitt Ende<br />

November 1937 ausrichten, dass seine Großmutter aus Königsberg stamme und von dort<br />

„trotz aller größten Bemühungen“ kein Geburtsschein zu bekommen sei. 74 Daraufhin forderte<br />

ihn der Landesleiter der Reichskammer der bildenden Künste, Artur Schmidt, auf, einen<br />

Sippenforscher zu beauftragen. 75 Im Jänner 1938 übermittelte Gurlitt den Taufschein, aus<br />

dem hervorging, dass seine Großmutter lutherischen Bekenntnisses war, blieb aber weiter<br />

den Geburtsschein schuldig. Die Angelegenheit wurde daraufhin im Juni 1938 von der<br />

Reichskammer der bildenden Künste an die Reichsstelle <strong>für</strong> Sippenforschung abgetreten. 76<br />

Erst in der zweiten Jahreshälfte 1938 stand schließlich offiziell fest, dass Gurlitts Großmutter<br />

väterlicherseits mosaischen Glaubens gewesen ist. Das Gau-Personalamt der NSDAP-<br />

Gauleitung Berlin stufte ihn am 17. Oktober 1938 als „Mischling II. Grades“ ein und hielt fest,<br />

dass „seine diesbezüglichen Angaben … nicht der Wahrheit entsprechen“ würden. 77 Dass<br />

unter der Adresse Kur<strong>für</strong>stenstraße 78 ein Verlag Gurlitt, eine Galerie Gurlitt und eine<br />

Kunsthandlung Fritz Gurlitt GmbH, letztere im Besitz der ungarischen Jüdin Lilly Agoston,<br />

bestanden, erweckte zudem Misstrauen wegen „unklarer Besitzverhältnisse“. Das Gau-<br />

Personalamt sah sich schließlich am 14. Jänner 1939 wegen des Falles Gurlitt genötigt, „bei<br />

der Geheimen Staatspolizei Rückfrage zu halten“. 78<br />

Auch bezüglich der politischen Beurteilung seiner Person erwuchsen Gurlitt Schwierigkeiten:<br />

Dass er „in früheren Jahren hauptsächlich mit Juden in Verbindung gestanden“ sei „und mit<br />

ihnen Geschäfte getätigt“ habe, dass er 1932 den Offenbarungseid geleistet und somit<br />

Gläubiger geschädigt habe, wie einer Meldung der Landesleitung der bildenden Künste an<br />

die Reichskammer der bildenden Künste vom 5. Februar 1940 zu entnehmen ist, führte zu<br />

der Annahme, dass Gurlitt „keinesfalls restlos auf dem Boden des nationalsozialistischen<br />

74 Landesarchiv Berlin, Bestand Reichskammer der bildenden Künste, Landesleitung Berlin, Mikrofilm aus den<br />

Beständen des Bundearchivs Berlin (ehem. Berlin Document Center), BA R, Sig. F 0052, RA Dr. Hans Herrmann<br />

an den Landesleiter der Reichskammer der bildenden Künste, 18. November 1937.<br />

75 Landesarchiv Berlin, Bestand Reichskammer der bildenden Künste, Landesleitung Berlin, Mikrofilm aus den<br />

Beständen des Bundearchivs Berlin (ehem. Berlin Document Center), BA R, Sig. F 0052, Der Landesleiter der<br />

Reichskammer der bildenden Künste, Artur Schmidt, an RA Dr. Hans Herrmann, 25. November 1937.<br />

76 Landesarchiv Berlin, Bestand Reichskammer der bildenden Künste, Landesleitung Berlin, Mikrofilm aus den<br />

Beständen des Bundearchivs Berlin (ehem. Berlin Document Center), BA R, Sig. F 0052, Der Landesleiter der<br />

Reichskammer der bildenden Künste an den Präsidenten der Reichskammer der bildenden Künste, 15. Juni<br />

1938.<br />

77 Landesarchiv Berlin, Bestand Reichskammer der bildenden Künste, Landesleitung Berlin, Mikrofilm aus den<br />

Beständen des Bundearchivs Berlin (ehem. Berlin Document Center), BA R, Sig. F 0052, NSDAP Gauleitung<br />

Berlin, Gau-Personalamt Politische Beurteilung, an den Landesleiter der Reichskammer der bildenden Künste,<br />

17. Oktober 1938.<br />

78 Landesarchiv Berlin, Bestand Reichskammer der bildenden Künste, Landesleitung Berlin, Mikrofilm aus den<br />

Beständen des Bundearchivs Berlin (ehem. Berlin Document Center), BA R, Sig. F 0052, NSDAP Gauleitung<br />

Berlin, Gau-Personalamt Politische Beurteilung, an den Landesleiter der Reichskammer der bildenden Künste,<br />

Artur Schmidt, 14. Jänner 1939. Walter Schuster, Facetten des NS-„Kunsthandels“ am Beispiel Wolfgang Gurlitt,<br />

in: Gabriele Anderl / Alexandra Caruso (Hrsg.), NS-Kunstraub in Österreich und die Folgen, Innsbruck Wien<br />

Bozen 2005, S. 214.<br />

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