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28.09.2009 - oberschlesien-aktuell.de

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Hin<strong>de</strong>nburger Heimatbrief<br />

Die DFK-Vorsitzen<strong>de</strong> aus Hin<strong>de</strong>nburg A<strong>de</strong>lheid Sklepinski im Portrait<br />

„Ich tue mein Bestes für meinen DFK"<br />

Seit über zwanzig Jahren widmet sich<br />

A<strong>de</strong>lheid Sklepinski mit Lei<strong>de</strong>nschaft<br />

ihren Tätigkeiten beim DFK. Beim<br />

III. Kulturfestival in Breslau wur<strong>de</strong> sie<br />

dafür mit ausgezeichnet. Die richtige Gelegenheit,<br />

einmal Bilanz zu ziehen.<br />

„ Sie hatten <strong>de</strong>n starken Willen<br />

<strong>de</strong>n Kampf aufzunehmen<br />

Für das Recht unserer Sprache<br />

Für das Recht unserer I<strong>de</strong>ntität"<br />

A<strong>de</strong>lheid Sklepinski erinnert sich noch gut an<br />

die Anfänge <strong>de</strong>s Deutschen Freundschaftskreises<br />

in Hin<strong>de</strong>nburg. Damals, als die Treffen<br />

noch in Privatwohnungen stattfan<strong>de</strong>n,<br />

illegal und mit <strong>de</strong>r ständigen Angst, von <strong>de</strong>r<br />

Polizei aufge<strong>de</strong>ckt zu wer<strong>de</strong>n. Man traf sich<br />

zum „Geburtstag" und kämpfte dabei für das<br />

eigene Recht im Raum Oberschlesien. Der<br />

November 1986 än<strong>de</strong>rte auch das Leben von<br />

A<strong>de</strong>lheid Sklepinski, als die Schwester <strong>de</strong>s<br />

Grün<strong>de</strong>rs Franz Rychly zu ihr sagte: „Komm<br />

zu uns" und sie zusammen mit zwei Nachbarinnen<br />

Mitglied wur<strong>de</strong>. Seit<strong>de</strong>m steckt ihr<br />

ganzes Herzblut in <strong>de</strong>m Verein, <strong>de</strong>ssen Arbeit<br />

sie auch von manch privater Sorge ablenkt.<br />

Als eine ihrer ersten Aufgaben im DFK wur<strong>de</strong><br />

sie im Jahr 1991 vom Kreisvorstand auserwählt,<br />

als Kurier Anträge von Mitglie<strong>de</strong>rn zur<br />

<strong>de</strong>utschen Staatsangehörigkeit nach Breslau<br />

zu überbringen. Zu dieser Zeit keine ungefährliche<br />

Aufgabe und so dankte sie nach<br />

je<strong>de</strong>r Fahrt <strong>de</strong>m Herrn, dass ihr nichts zugestoßen<br />

ist. Von 1992 bis 2003 war sie Leiterin<br />

<strong>de</strong>r größten Ortsgruppe im Kreisverband Hin<strong>de</strong>nburg,<br />

seit September 2003 ist sie nun die<br />

Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Kreisverban<strong>de</strong>s und zu<strong>de</strong>m<br />

Mitglied im Bezirksvorstand. Aber auch in<br />

dieser Position, so hat A<strong>de</strong>lheid Sklepinski<br />

gemerkt, hat man mit Schwierigkeiten zu<br />

kämpfen. Im Beson<strong>de</strong>ren, wenn man kollektiv<br />

verbindliche Entscheidungen treffen muss<br />

und seine Überzeugungen im Sinne <strong>de</strong>r DFK-<br />

Pioniere über die Nutzung <strong>de</strong>r Zuwendungen<br />

durchsetzen möchte. Aber „man muss nur<br />

wollen, dann kann man auch arbeiten".<br />

„Schreib was!" Mit dieser Auffor<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r<br />

Mutter <strong>de</strong>s Grün<strong>de</strong>rs vom DFK, etwas zum<br />

dreijährigen Bestehen im Jahr 1988 zu verfassen,<br />

begann ihre zweite Karriere als Heimatdichterin.<br />

Aber bei<strong>de</strong>s, die Arbeit beim DFK<br />

und das Verfassen von Gedichten, ließ sich<br />

verbin<strong>de</strong>n und so ergänzen sie sich gegenseitig.<br />

Im letzten Jahr, am 22. Dezember, veranstaltete<br />

sie ihren ersten Poesie-Abend, <strong>de</strong>r ein<br />

großer Erfolg wur<strong>de</strong> und für sie selbst ein<br />

wun<strong>de</strong>rbares Glücksgefühl be<strong>de</strong>utete. Ihr<br />

gelingt es, je<strong>de</strong>r Kulturveranstaltung o<strong>de</strong>r<br />

Versammlung durch ein Vortragen ihrer<br />

Gedichte, „die Zeitgeschichte wie<strong>de</strong>rgeben",<br />

einen persönlichen Akzent zu geben und die<br />

Menschen dadurch zum Nach<strong>de</strong>nken anzuregen.<br />

Um die Kin<strong>de</strong>r bei ihren zahlreichen<br />

Unternehmungen an die <strong>de</strong>utsche Sprache zu<br />

führen, hat sie eigens ein paar Gedichte selbst<br />

mit einer Melodie unterlegt, damit sie spielerisch<br />

beim Singen lernen können.<br />

Durch dieses Bewusstsein und ihr starkes<br />

Engagement konnte A<strong>de</strong>lheid Sklepinski<br />

schon viel verän<strong>de</strong>rn. Sie hat zum einen<br />

erreicht, dass bei einer Wahl zwischen Senioren-<br />

o<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rausflug, die Entscheidung<br />

zugunsten <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r gefallen ist. Des weite-<br />

ren konnte sie eine Verlängerung dieser Aktivitäten<br />

von einem auf drei Tage durchsetzen.<br />

Ziel war es, Kin<strong>de</strong>r aus sozial schwächeren<br />

Familien zu betreuen und die finanziellen<br />

Zuwendungen effizienter zu nutzen. „Vorher<br />

wur<strong>de</strong> alles für <strong>de</strong>n Bus und McDonalds aufgebraucht".<br />

Heute, so A<strong>de</strong>lheid Sklepinski,<br />

bleibe mehr Zeit für Besichtigungen kultureller<br />

und zeitgeschichtlich be<strong>de</strong>utsamer Orte. Dass<br />

sie dabei selbst stark eingespannt wird, um die<br />

Kin<strong>de</strong>r zu unterhalten und Führungen zu organisieren,<br />

bereitet ihr keine Schwierigkeit. „Es<br />

macht mir Freu<strong>de</strong>" und ein Blick in ihre Augen<br />

verrät die Wahrhaftigkeit dieser Aussage.<br />

Beim Gespräch über die Zukunft <strong>de</strong>s DFK<br />

breiten sich <strong>de</strong>nnoch Sorgenfalten über das<br />

Gesicht von A<strong>de</strong>lheid Sklepinski aus. Ihre<br />

Ka<strong>de</strong>nz dauert noch bis 2011, ein passen<strong>de</strong>r<br />

Nachfolger ist noch nicht gefun<strong>de</strong>n. Zu<strong>de</strong>m<br />

sieht sie es kritisch, dass die ursprünglichen<br />

Werte <strong>de</strong>r DFK-Pioniere oft <strong>de</strong>m Medium<br />

Geld gewichen sind und sich dann an polnische<br />

Institutionen gewandt wird. „Probleme<br />

im DFK sollen im DFK gelöst wer<strong>de</strong>n". Mit<br />

dieser Einstellung jedoch, so ihre Einschätzung,<br />

fÖhlt sie sich oft allein. A<strong>de</strong>lheid Sklepinski<br />

wird aber weiterkämpfen, solange <strong>de</strong>r<br />

Herr ihr die rechte Gesundheit gibt und sie<br />

wird hoffen, dass sich alle Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

Geschichte <strong>de</strong>s DFK besinnen. „Die Staffel<br />

reichen sie weiter." Es muss nur zugegriffen<br />

wer<strong>de</strong>n. Melanie Weihs<br />

Oberschlesien<br />

A<strong>de</strong>lheid Sklepinski<br />

Oberschlesien ist die Heimat <strong>de</strong>ine,<br />

Die keiner Dir ersetzen kann.<br />

Die du im Herzen hast zu tragen.<br />

Für Sie zu sorgen <strong>de</strong>ine Pflicht.<br />

Vergiss nie <strong>de</strong>iner Väter Treue,<br />

Deiner Mütter Schutz und Schirm.<br />

Auch du trage aufrecht <strong>de</strong>ine Bür<strong>de</strong><br />

Mit Gott und frohem Sinn.<br />

DFK-Kulturausflug nach Nie<strong>de</strong>rschlesien<br />

Am 28. Juli 2009 machten 49 Mitglie<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r Ortsgruppe KH 1 aus Klausberg/Mikultschütz<br />

einen Ausflug nach<br />

Nie<strong>de</strong>rschlesien. Es war eine Fahrt, die zum<br />

Ziel hatte, die Geschichte zweier Städte<br />

Nie<strong>de</strong>rschlesiens näher zu bringen. Wir<br />

besuchten Wartha/Bardo und Kamenz/<br />

Kamieniec Zajjkowicki. Den Ausflug organisierte<br />

und führte Arno Rother aus <strong>de</strong>m KH 1<br />

Kreisgruppe Hin<strong>de</strong>nburg 1.<br />

Das erste Ziel war Wartha/Bardo. Wartha war<br />

ursprünglich eine Burg, die um das Jahr 1006<br />

von <strong>de</strong>m Polenherzog Boleslaus Chrobry erbaut<br />

wur<strong>de</strong> und Bardo hieß. Aus <strong>de</strong>m altpolnischen<br />

„bardo" (die Wache) hat sich später „warta" und<br />

schließlich <strong>de</strong>r Name Wartha gebil<strong>de</strong>t.<br />

Wir besuchten die Wallfahrtskirche, welche in<br />

<strong>de</strong>n Jahren 1686-1702 vom Zisterzienserabt<br />

Augustin Neu<strong>de</strong>ck aus Kamenz erbaut wur<strong>de</strong>.<br />

Die Führung in <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>nkirche leitete Wer-<br />

Hin<strong>de</strong>nburger Heimatbrief vom <strong>28.09.2009</strong><br />

ner Czakai. Er erklärte, daß <strong>de</strong>r jetzige Hochaltar,<br />

in Barock, ursprünglich in <strong>de</strong>r Pfarrkirche<br />

St. Georgmünster in Münsterberg stand<br />

und erst 1718 in Wartha aufgestellt wur<strong>de</strong>.<br />

Das Altarbild, Maria Heimsuchung darstellend,<br />

ist ein Werk <strong>de</strong>s berühmten schlesischen<br />

Malers Michael Willmann.<br />

Die Wun<strong>de</strong>rtätige Mutter Gottes mit Kind, die<br />

sogenannte Thronen<strong>de</strong> Mutter Gottes stammt<br />

aus <strong>de</strong>m 12. Jahrhun<strong>de</strong>rt und ist die älteste<br />

romanische Skulptur Schlesiens. Die Orgel ist<br />

die zweitgrößte Kirchenorgel Schlesiens, ein<br />

Werk <strong>de</strong>s Breslauer Orgelbauers Eberhardt<br />

aus <strong>de</strong>m Jahre 1759.<br />

Nach Besichtigung <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>nkirche besuchten<br />

die Teilnehmer <strong>de</strong>s Ausfluges die panoramische<br />

Krippe, welche zum Anlaß <strong>de</strong>r<br />

700jährigen Pilgerfahrten nach Wartha in <strong>de</strong>r<br />

Krypta <strong>de</strong>s Re<strong>de</strong>mptoristenklosters eingerichtet<br />

wur<strong>de</strong>. In Wartha gab es ab <strong>de</strong>m 10. Jahr-<br />

hun<strong>de</strong>rt eine Wehrburg und im 12. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

einen Kastellanensitz. Von <strong>de</strong>n mittelalterlichen<br />

Bauwerken ist nur die gotische<br />

Brücke aus <strong>de</strong>m 15. Jahrhun<strong>de</strong>rt übrig geblieben<br />

und die besichtigten manche Ausflügler.<br />

Das nächste Ziel war Kamenz/Kamieniec Zabkowicki.<br />

Wir besuchten die Kirche Maria Himmelfahrt.<br />

Das Altarbild am Hochaltar, welches<br />

Maria Himmelfahrt darstellt, ist ein Werk von<br />

Michael Willmann aus <strong>de</strong>m Jahr 1705.<br />

In <strong>de</strong>r Kirche und im Museum <strong>de</strong>r regionalen<br />

An<strong>de</strong>nken begleitete uns ein Frem<strong>de</strong>nführer.<br />

Nachher besichtigten wir <strong>de</strong>n neugotischen<br />

Palast in Kamenz, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Jahren 1838-<br />

1865 nach einem Plan von Karl Friedrich<br />

Schinkel für Marianne von Oranien und ihren<br />

Sohn Prinz Albrecht von Preußen gebaut wur<strong>de</strong>.<br />

Der Ausflug en<strong>de</strong>te mit einem einstündigen<br />

Aufenthalt am Neisser See. Um 19 Uhr<br />

waren wir zurück in Klausberg. Maria Korol


Interview<br />

Hin<strong>de</strong>nburg/Zabrze im Wan<strong>de</strong>l<br />

Im Gespräch: Malgorzata Marika-Szulik, Stadtpräsi<strong>de</strong>ntin von Hin<strong>de</strong>nburg/Zabrze<br />

Frau Stadtpräsi<strong>de</strong>ntin, meine erste<br />

Frage wird niclit originell sein - Sie<br />

hören Sie mit Sicherheit oft: Die<br />

Stadt gleicht einer großen Baustelle, schwer<br />

ist in <strong>de</strong>r letzten Zeit auch das Leben <strong>de</strong>r<br />

Autofahrer. Woraus resultiert das?<br />

In diesem Falle gilt die alte Wahrheit, welche<br />

besagt, dass es mal schlechter sein muss,<br />

damit es dann wie<strong>de</strong>r besser läuft. Ich bin<br />

davon überzeugt, dass bald alle - sowohl die<br />

Einwohner unserer Stadt, als auch Besucher<br />

und Reisen<strong>de</strong> - erkennen wer<strong>de</strong>n, dass die<br />

Mühe nicht umsonst war. Die Probleme, auf<br />

die die Autofahrer heutzutage stoßen, hängen<br />

mit zwei großen Investitionen zusammen, die<br />

in unserer Stadt gera<strong>de</strong> realisiert wer<strong>de</strong>n: mit<br />

<strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rnisierung <strong>de</strong>r Wasser- und Abwasserwirtschaft<br />

und <strong>de</strong>m Bau <strong>de</strong>r Stadtschnellstraße<br />

DTS. Im Rahmen <strong>de</strong>s ersteren Projektes,<br />

das zu <strong>de</strong>n größten Vorhaben dieser Art in<br />

Polen gehört, wer<strong>de</strong>n das Wasserleitungs- und<br />

das Kanalisationsnetz umgebaut. Da das Projekt<br />

aus EU-Mitteln finanziert wird, muss es<br />

zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeschlossen<br />

und abgerechnet wer<strong>de</strong>n. Nach <strong>de</strong>m<br />

Abschluss <strong>de</strong>r Bauarbeiten wird <strong>de</strong>n Einwohnern<br />

nicht nur ein mo<strong>de</strong>rnes und umweltfreundliches<br />

Wassernetz zu Verfügung stehen,<br />

son<strong>de</strong>rn auch erneuerte Bürgersteige und<br />

Straßen. Das letztere Projekt hat eine enorme<br />

Be<strong>de</strong>utung für <strong>de</strong>n ganzen Ballungsraum,<br />

weil in <strong>de</strong>ssen Rahmen einer <strong>de</strong>r wichtigsten<br />

Verkehrswege Oberschlesiens entstehen wird.<br />

Stadt voller Baustellen<br />

Wenn jemand binnen letzter zehn Jahre<br />

Hin<strong>de</strong>nburg / Zabrze nicht besucht hat,<br />

kann er heute einige Stadtviertel nicht wie<strong>de</strong>r<br />

erkennen. Im Zusammenhang mit <strong>de</strong>in<br />

Bau <strong>de</strong>r Stadtschnellstraße DTS wur<strong>de</strong> ein<br />

großer Teil <strong>de</strong>s Stadtteiles Zaborze abgerissen,<br />

darunter auch das Haus <strong>de</strong>s weltweit<br />

bekannten Schriftstellers Janosch.<br />

Musste die Stadt im architektonischen Sinne<br />

solch ein großes Opfer bringen? Konnte<br />

die zweifelsohne wichtige Straße, die die<br />

einzelnen Städte <strong>de</strong>s Oberschlesischen<br />

Industriegebiets verbin<strong>de</strong>n wird, nicht<br />

an<strong>de</strong>rs geplant wer<strong>de</strong>n?<br />

Achtzig Gebäu<strong>de</strong>, die abgerissen wur<strong>de</strong>n,<br />

sind tatsächlich nicht wenig. Dabei muss<br />

allerdings unterstrichen wer<strong>de</strong>n, dass es sich<br />

überwiegend um alte Bausubstanz han<strong>de</strong>lte.<br />

Für die ca. 400 Familien, die in <strong>de</strong>n zum<br />

Abriss bestimmten Häusern wohnten, wur<strong>de</strong><br />

eine schöne, neue Siedlung gebaut. Selbstverständlich<br />

kann <strong>de</strong>r sentimentale Wert, wie z.<br />

B. <strong>de</strong>r <strong>de</strong>s von Ihnen erwähnten Bäckerwegs<br />

/ ul. Piekarska, nicht unterschätzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Aber: Die Straße wur<strong>de</strong> auf eine wun<strong>de</strong>rschö-<br />

6 Oberschlesien 18-2009<br />

ne Weise in „Cholonek" verewigt. Ferner<br />

wur<strong>de</strong>n die interessantesten architektonischen<br />

Details <strong>de</strong>r abzureißen<strong>de</strong>n Häuser sorgfältig<br />

für die Zukunft aufgehoben. Solche Opfer<br />

sind manchmal notwendig, damit sich die<br />

Stadt weiter entwickeln kann. Ich versichere<br />

Ihnen, dass <strong>de</strong>r Verlauf <strong>de</strong>r Stadtschnellstraße<br />

DTS von Fachleuten erarbeitet wur<strong>de</strong> und<br />

dass dies die optimale Variante ist.<br />

Matgorzata Marika-Szulik, 2006 als Kandidatin<br />

<strong>de</strong>s Wahlkomitees „Effizient für Zabrze"<br />

zur Stadtpräsi<strong>de</strong>ntin von Hin<strong>de</strong>nburg / Zabrze<br />

gewählt; parteilos. Das Gespräch füchrte<br />

Dawid Smolorz<br />

Hin<strong>de</strong>nburg / Zabrze arbeitet bereits seit<br />

längerer Zeit konsequent an seinem Image<br />

als Stadt <strong>de</strong>r Industrietouristik. Neben<br />

<strong>de</strong>m Schaubergwerk „Guido" und <strong>de</strong>m<br />

Museumsbergwerk Königin Luise wird in<br />

<strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n Jahren auch <strong>de</strong>r Hauptschlüsselerbstollen<br />

für Besucher teilweise<br />

zugänglich gemacht. Inwiefern ist Hin<strong>de</strong>nburg<br />

/ Zabrze tatsächlich gelungen, das<br />

Image einer Gruben- und Hal<strong>de</strong>nstadt zu<br />

<strong>de</strong>m einer Stadt <strong>de</strong>r postindustriellen<br />

Sehenswürdigkeiten zu verän<strong>de</strong>rn?<br />

Die Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Images unserer Stadt<br />

wird ein langer Prozess sein. In Hin<strong>de</strong>nburg /<br />

Zabrze ist dieser jedoch außergewöhnlich<br />

intensiv und - was ich mit Zufrie<strong>de</strong>nheit betone<br />

- er bringt auch gute Ergebnisse. Unsere<br />

Stadt verwan<strong>de</strong>lt sich in ein führen<strong>de</strong>s Zentrum<br />

<strong>de</strong>r postindustriellen Touristik, was nicht<br />

nur Besucher aus <strong>de</strong>m In- und Ausland, son<strong>de</strong>rn<br />

auch Fachleute aus polnischen und internationalen<br />

Tourismus-Organisationen hervorheben:<br />

<strong>de</strong>r Welttourismusorganisation, <strong>de</strong>r<br />

Polnischen Tourismuskammer sowie <strong>de</strong>m<br />

Weltkomitee für <strong>de</strong>n Schutz <strong>de</strong>s industriellen<br />

Erbes in Barcelona. Unsere Aktivitäten unterstützt<br />

ferner die UMESCO. Die Industrie<strong>de</strong>nkmäler<br />

unserer Stadt erfreuen sich großen<br />

Interesses seitens <strong>de</strong>r Journalisten. Das<br />

Schaubergwerk „Guido" erwartet schon wie<strong>de</strong>r<br />

Medienvertreter, diesmal wird das ein<br />

japanisches Fernsehteam sein.<br />

Essen und Sangershausen<br />

Offiziell hat Hin<strong>de</strong>nburg / Zabrze zwei<br />

befreun<strong>de</strong>te Städte in Deutschland: Essen<br />

im Ruhrgebiet und Sangerhausen in Sachsen-Anhalt.<br />

Die Entstehungshintergrün<strong>de</strong><br />

bei<strong>de</strong>r Partnerschaften sind jedoch<br />

bekanntlich äußerst verschie<strong>de</strong>n. Essen<br />

wur<strong>de</strong> nach <strong>de</strong>n Vertreibungen und Aussiedlungen<br />

<strong>de</strong>r Nachkriegszeit zur neuen<br />

Heimat vieler Hin<strong>de</strong>nburger. Bei Sangerhausen<br />

wur<strong>de</strong> dagegen <strong>de</strong>r erste Kooperationsvertrag<br />

noch in <strong>de</strong>n Zeiten <strong>de</strong>r „sozialistischen<br />

Brü<strong>de</strong>rlichkeit" zwischen <strong>de</strong>r<br />

Volksrepublik Polen und <strong>de</strong>r DDR unterzeichnet.<br />

Sind d:is lebendige Kooperationen?<br />

Inwiefern sind die Einwohner <strong>de</strong>r<br />

Stadt daran beteiligt?<br />

Seit Jahren besuchen Jugendliche aus Sangerhausen<br />

unsere Stadt und die Jugend aus Hin<strong>de</strong>nburg<br />

/ Zabrze (Musikschule und Allgemeinbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Oberschule Nr. 3) ihre Kollegen<br />

aus Deutschland. Anlässlich <strong>de</strong>s Stadtfestes<br />

im Jahre 2008 erhielten wir aus <strong>de</strong>m<br />

Europa-Rosarium Sangerhausen 200 Rosen,<br />

die vor <strong>de</strong>m Stan<strong>de</strong>samt in Hin<strong>de</strong>nburg /<br />

Zabrze gepflanzt wur<strong>de</strong>n.<br />

Die Zusammenarbeit mit Essen entwickelt<br />

sich sehr dynamisch im Bereich <strong>de</strong>s Gesundheitswesens.<br />

Neben <strong>de</strong>m wertvollen Wissensaustausch<br />

bringt sie auch konkrete Früchte:<br />

Beispielsweise übergab die Stiftung <strong>de</strong>r Elisabeth-Schwestern<br />

in Essen <strong>de</strong>m Krankenhaus<br />

in Biskupitz einen Computertomograph. Ein<br />

Erfahrungsaustausch fin<strong>de</strong>t ferner zwischen<br />

Organisationen statt, die im Bereich <strong>de</strong>r<br />

Behin<strong>de</strong>rtenhilfe tätig sind. Die Erfahrungen<br />

<strong>de</strong>r historischen Zeche Zollverein in Essen<br />

inspirieren die Aktivitäten <strong>de</strong>s Schaubergwerks<br />

Guido und <strong>de</strong>s Museumsbergwerks<br />

Königin Luise. In Hin<strong>de</strong>nburg / Zabrze<br />

gastierte um weitere Beispiele zu nennen ein<br />

Jugendblasorchester aus Essen-Schönebeck,<br />

in Essen weilten wie<strong>de</strong>rum u.a. unser Jugendchor<br />

Resonans con tutti o<strong>de</strong>r die Jazz-Band<br />

Grawitacja, die mit ihrem Auftritt die polnische<br />

Präsentation im Rahmen <strong>de</strong>r alljährlichen<br />

Essener Lichtwochen ehrte, welche<br />

2004 Polen gewidmet waren. Überdies kann<br />

in Essen eine Ausstellung über die Geschichte<br />

und die Gegenwart unserer Stadt besichtigt<br />

wer<strong>de</strong>n, die Hin<strong>de</strong>nburger Heimatsammlung.


Spricht man über Hin<strong>de</strong>nburg / Zabrze, so<br />

muss man selbstverständlich auch das Thema<br />

Görnik ansprechen. Trotz <strong>de</strong>s Abstiegs<br />

sind die Fans seinem Verein treu geblieben.<br />

Die Menschenmengen und die lebhaften<br />

Reaktionen im Stadion sind ein wahres<br />

Phänomen. Auch die Stadtverwaltung<br />

blieb Görnik treu und verzichtete nach<br />

<strong>de</strong>m unglücklichen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r vergangenen<br />

Saison nicht auf ihr Vorhaben, ein neues<br />

Stadion zu bauen. Woher kam überhaupt<br />

die I<strong>de</strong>e, in Hin<strong>de</strong>nburg / Zabrze ein neues<br />

Fußballstadion zu bauen?<br />

Der Ausbau <strong>de</strong>s Fußballstadions in Hin<strong>de</strong>nburg<br />

/ Zabrze stellt eines <strong>de</strong>r Elemente <strong>de</strong>r<br />

Sportför<strong>de</strong>rung in unserer Stadt dar. Das Stadion<br />

an <strong>de</strong>r ul. Roosevelta entsprach zwar früher<br />

<strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen, die solche Objekte<br />

erfüllen mussten. Heute bedarf es aber<br />

Mo<strong>de</strong>rnisierung, damit die Fußballspiele in<br />

technischer Hinsicht auf einem entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Niveau stattfin<strong>de</strong>n können. Wir glauben,<br />

dass auch im neuen Stadion kein Platz leer<br />

bleiben wird und dass die Fans ihren Verein<br />

weiterhin anfeuern wer<strong>de</strong>n. Sie wer<strong>de</strong>n das<br />

allerdings unter entschie<strong>de</strong>n besseren Bedingungen<br />

tun.<br />

Allmählicher Aufschwung<br />

Die Restrukturierung <strong>de</strong>r 1990er Jahre<br />

war eine schwierige Perio<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r<br />

Geschichte <strong>de</strong>r Stadt, in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bergbau<br />

und die Schwerindustrie bisher dominierten.<br />

Konnten die negativen gesellschaftlichen<br />

Folgen dieser Schockstherapie überwun<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r für die Übergangszeit<br />

zwischen <strong>de</strong>r Plan- und <strong>de</strong>r Marktwirtschaft<br />

kennzeichnend war?<br />

Ich glaube, dass oberschlesische Städte und<br />

Gemein<strong>de</strong>n noch eine Zeitlang gegen die Folgen<br />

<strong>de</strong>r Restrukturierung kämpfen wer<strong>de</strong>n. In<br />

unserer Region, die ja mit <strong>de</strong>r Industrie - vor<br />

allem aber mit <strong>de</strong>m Bergbau - aufs Engste<br />

verbun<strong>de</strong>n war, bezog sich die Restrukturierung<br />

nicht nur auf die wirtschaftliche, son<strong>de</strong>rn<br />

auch auf die mentale Ebene. Mit an<strong>de</strong>ren<br />

Worte gesagt: Sie ist ein Prozess, mit <strong>de</strong>m<br />

eine bestimmte Generation konfrontiert wur<strong>de</strong>.<br />

Ich bin <strong>de</strong>r Meinung, dass Maßnahmen die<br />

wir in Hin<strong>de</strong>nburg / Zabrze unternommen<br />

haben, langsam ihre Früchte bringen. Dazu<br />

zählen die Erweiterung <strong>de</strong>r Son<strong>de</strong>rwirtschaftszone,<br />

<strong>de</strong>r Rückgang <strong>de</strong>r Arbeitslosenzahl<br />

und die Entwicklung von neuen Zweigen,<br />

die unseren Einwohnern Arbeitsplätze<br />

bieten. Hervorzuheben wäre an dieser Stelle<br />

die enorme Leistung <strong>de</strong>r in unserer Stadt tätigen<br />

Wissenschafts- und Forschungsstellen,<br />

die durch die Einführung von mo<strong>de</strong>rnen Technologien<br />

das Potential von Hin<strong>de</strong>nburg /<br />

Zabrze för<strong>de</strong>rn.<br />

In <strong>de</strong>r Nachbarstadt Gleiwitz erweckt die<br />

vor wenigen Wochen erfolgte Abschaffung<br />

<strong>de</strong>r Straßenbahn immer noch heiße Emotionen.<br />

Wird auch in Hin<strong>de</strong>nburg / Zabrze<br />

eine ähnliche Lösung erwogen?<br />

Keineswegs. Ganz im Gegenteil. Wir tun alles<br />

Mögliche, damit <strong>de</strong>r Straßenbahnverkehr besser<br />

funktioniert, weil das nicht nur ein<br />

umweltfreundliches, son<strong>de</strong>rn auch bequemes<br />

Verkehrsmittel ist, das übrigens einen festen<br />

Bestandteil <strong>de</strong>s städtischen Raumes Oberschlesiens<br />

darstellt. Aus <strong>de</strong>m Grun<strong>de</strong> unterzeichnete<br />

die Stadt Hin<strong>de</strong>nburg / Zabrze mit<br />

<strong>de</strong>r Aktiengesellschaft Schlesische Straßenbahnen<br />

einen Vertrag über Mo<strong>de</strong>rnisierung<br />

<strong>de</strong>r Straßenbahninfrastruktur in unserer Stadt.<br />

Das Projekt wird teilweise aus unserem Haushalt<br />

finanziert.<br />

Deutsche und polnische Wurzeln<br />

Hin<strong>de</strong>nburg / Zabrze war und bleibt bis<br />

heute das Zuhause von mehreren Kulturen.<br />

Ohne <strong>de</strong>n Beitrag <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen und<br />

Straßenkreuz in Hin<strong>de</strong>nburg<br />

Interview<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsch-jüdischen Industriellen wäre<br />

es wohl nie zu einem <strong>de</strong>r größten urbanen<br />

Zentren unserer Region gewor<strong>de</strong>n. Inwiefern<br />

ist es aus <strong>de</strong>r Sicht <strong>de</strong>r Politik <strong>de</strong>r<br />

Stadtverwaltung wichtig, an die <strong>de</strong>utsche<br />

Geschichte <strong>de</strong>r Stadt und <strong>de</strong>n Beitrag <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>utschen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschgesinnten Einwohner<br />

zur Entwicklung von Hin<strong>de</strong>nburg /<br />

Zabrze zu erinnern?<br />

Das reiche kulturelle Erbe, das Menschen polnischer<br />

und <strong>de</strong>utscher Nationalität hier hinterließen,<br />

wissen wir zu schätzen. Die Grenzlandstadt<br />

Hin<strong>de</strong>nburg / Zabrze war ein Ort, an<br />

<strong>de</strong>m sich Kulturen durchdrangen. Wir bemühen<br />

uns, aus <strong>de</strong>m Reichtum <strong>de</strong>r Vergangenheit<br />

möglichst zu schöpfen. Das Erbe früherer<br />

Generationen betrachten wir als Potential,<br />

<strong>de</strong>ssen wir bewusst sind und das wir täglich<br />

nutzen wollen. Das beste Beispiel hierfür ist<br />

unsere partnerschaftliche Kooperation u.a.<br />

mit <strong>de</strong>n Städten Essen und Sangerhausen.<br />

Zum Schluss möchte ich Ihnen eine vielleicht<br />

etwas mehr persönliche Frage stellen.<br />

Da Sie aber eine gebürtige Zabrzerin<br />

sind, ist sie umso gerechtfertigter: Wie ist<br />

das Hin<strong>de</strong>nburg / Zabrze ihrer Träume?<br />

Wie stellen Sie sich die Stadt in einigen<br />

Jahren vor?<br />

Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass ich<br />

meine Stadt wirklich liebe. Ich glaube sehr<br />

stark daran, dass durch unsere gemeinsame<br />

Arbeit und durch das Engagement vieler<br />

wohlwollen<strong>de</strong>r Menschen Hin<strong>de</strong>nburg / Zabrze<br />

in wenigen Jahren eine mo<strong>de</strong>rne und einwohnerfreundliche<br />

Stadt sein wird, eine<br />

Stadt, die auch jungen Einwohnern viel zu<br />

bieten hat und die mit Erfolg ihr großes<br />

Potential nutzt.<br />

Ich danke Ihnen für das Gespräch.<br />

18-2009 Oberschlesien 7

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