Download - Schauspiel Frankfurt
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frIEDEn<br />
ich<br />
haben,<br />
feb 14<br />
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ines Morgens kommt ein Mann, ein Unbekann-<br />
» ter, und du kannst nicht umhin, du gibst ihm<br />
eine Suppe und ein Brot dazu. Denn das Unrecht,<br />
das er seiner Erzählung nach erfahren hat,<br />
ist unleugbar, und du möchtest nicht, dass es an<br />
dir gerächt werde. Du willst das Gefühl, ein guter<br />
und anständiger Mensch zu sein, und also kommst<br />
du nicht umhin, ihm auch ein Bett anzubieten. Er<br />
liebe die Estriche, sagt er. Ein wenig, noch während<br />
du lachst, kommt es dir unheimlich vor, beunruhigend,<br />
man hat in letzter Zeit gar viel von Brandstiftung<br />
gelesen; aber du willst Ruhe, und also bleibt<br />
dir nichts anderes übrig, als keinen Verdacht aufkommen<br />
zu lassen in deiner Brust. Und am andern<br />
Morgen, siehe da, steht das Haus noch immer!<br />
Deine Zuversicht, dein Glaube an den Menschen,<br />
selbst wenn er im Estrich wohnt, hat sich bewährt.<br />
Und auch als er eines Tages einen Freund bringt,<br />
der ebenfalls in deinem Estrich schlafen möchte,<br />
kannst du zwar zögern, aber nicht widersprechen.<br />
Ganz geheuer ist es dir nicht, zumal er, wie er ganz<br />
offen gesteht, wegen Brandstiftung gesessen hat.<br />
Aber gerade diese Offenheit, diese unverblümte,<br />
gibt dir das Vertrauen, das du gerne haben möchtest,<br />
um Ruhe und Frieden zu haben … Einmal, als<br />
du ihnen im Weg gestanden, ist ihnen ein Fässlein<br />
von der Leiter gefallen, und es stank plötzlich nach<br />
Benzin. Der eine, der Freund, hat nur gelacht und<br />
gesagt, sie wollen die ganze Stadt anzünden. Das<br />
kann ein Scherz sein oder eine Aufschneiderei.<br />
Und dann, plötzlich, musst du selber lachen, dass<br />
dir dieser Einfall jetzt erst kommt: Sie werden doch<br />
dein Haus nicht anzünden, wenn sie selber im Estrich<br />
sind! Und am andern Morgen, siehe da, steht<br />
dein Haus noch immer! Solange du ihr Freund bist,<br />
rUhE<br />
will meine unD meinen<br />
nicHts<br />
weiter!<br />
werden sie wenigstens dich verschonen. Freundschaft<br />
ist immer das Beste! Mit Recht vermeidest<br />
du ein allzu besonderes, ein auffälliges Abendessen.<br />
Nach der ersten Flasche, du hast den Wein nicht<br />
umsonst gekühlt, erzählst du, dass auch du schon<br />
Unrecht begangen hast. Offensichtlich fühlen sie<br />
sich wie zuhause. Dann wünschen sie nur noch<br />
eines: Streichhölzer. Du sagst dir mit Recht, dass<br />
ein Brandstifter, ein wirklicher, besser ausgerüstet<br />
wäre, und gibst auch das, ein Heftlein mit gelben<br />
Streichhölzern, und am andern Morgen, siehe da,<br />
du bist verkohlt und kannst dich nicht einmal über<br />
deine Geschichte wundern …« Max frISCh<br />
Robert Schuster inszeniert Max Frischs Parabel<br />
vom Biedermann als Stück unserer Zeit über den<br />
Konjunkturmenschen ohne Standpunkt, der hinter<br />
der Rollenmaske falscher Menschlichkeit in das<br />
Verbrechen verstrickt wird. Schuster leitete von<br />
1999 bis 2002 gemeinsam mit Tom Kühnel und<br />
Bernd Stegemann das TAT im Bockenheimer Depot.<br />
Als freier Regisseur inszenierte er u. a. in Berlin,<br />
Basel, Leipzig, Bremen, Düsseldorf und Freiburg.<br />
2004 wurde er als Professor für Regie an die<br />
Hochschule für <strong>Schauspiel</strong>kunst »Ernst Busch«<br />
Berlin berufen. Am <strong>Schauspiel</strong> <strong>Frankfurt</strong> brachte<br />
er zuletzt »Hanglage Meerblick« von David Mamet<br />
auf die Bühne der Kammerspiele.<br />
bIEDErMann UnD DIE branDSTIfTEr<br />
max frisch regie robert schuster<br />
bühne Jens kilian<br />
043<br />
premiere im februar schauspielhaus 042<br />
oLIvEr kraUShaar