Ein mysteriöser Autounfall, der ein Leben zerstörte - subvenio e.V.
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Ein mysteriöser Autounfall, der ein Leben zerstörte - subvenio e.V.
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chen. Sie hat Nackenschmerzen, ihr wird übel,<br />
Schwindel befällt sie und <strong>ein</strong>e grosse Müdigkeit.<br />
Notfallmässig in die Klinik<br />
Noch am selben Abend muss sie in die Notfallstation<br />
des Spitals Männedorf. Der diensthabende<br />
Assistenzarzt diagnostiziert <strong>ein</strong><br />
Schleu<strong>der</strong>trauma und schreibt sie vorerst für<br />
vier Tage arbeitsunfähig. In <strong>der</strong> Folge nehmen<br />
die Schmerzen bis zur Unerträglichkeit zu.<br />
Bono sucht <strong>ein</strong>e Ärztin auf, die <strong>ein</strong>e Rückenmarkquetschung<br />
vermutet und sie notfallmässig<br />
in die Hirslanden-Klinik <strong>ein</strong>weist.<br />
Dort werden weitere Verletzungen diagnostiziert;<br />
sie wird <strong>ein</strong>en Monat lang stationär behandelt.<br />
Fünf Jahre nach dem Unfall schreibt Bono in<br />
ihr Tagebuch: «Hätte ich damals gewusst, was<br />
noch alles auf mich zukommt, welche wirklich<br />
brutalen Schmerzen ich Tag für Tag durchmachen<br />
müsste, und dass ich in diesen Jahren<br />
bis auf m<strong>ein</strong>e zwei jüngeren Kin<strong>der</strong> und die<br />
besten Freunde alles verlieren sollte, was mir<br />
wichtig ist, ich hätte wohl aufgegeben, wäre<br />
verzweifelt o<strong>der</strong> durchgedreht.»<br />
Nach <strong>der</strong> Behandlung im Hirslanden verbringt<br />
Bono 43 Tage zur Rehabilitation in<br />
Rh<strong>ein</strong>felden. Bei <strong>der</strong> Entlassung kann sie laut<br />
Klinikbericht trotz stärkster Schmerzmittel<br />
nur 30 Minuten gehen. O<strong>der</strong> 30 Minuten stehen.<br />
O<strong>der</strong> 20 Minuten sitzen. Ansonsten erträgt<br />
sie die höllischen Schmerzen nur liegend.<br />
Sie kann sich nicht konzentrieren und<br />
vergisst, was man ihr sagt. Heute, sechs<strong>ein</strong>halb<br />
Jahre nach dem Unfall, kann sie noch<br />
immer nicht länger als drei bis vier Stunden<br />
pro Tag arbeiten – unterbrochen durch Pausen.<br />
Nach <strong>ein</strong>er halben Stunde setzen die<br />
Kopfschmerzen <strong>ein</strong>.<br />
<strong>Ein</strong> Unglück auch für die Kin<strong>der</strong><br />
Bono war <strong>ein</strong>e ausgezeichnete Juristin, wie<br />
Branchenkollegen bestätigen. Sie arbeitete in<br />
<strong>ein</strong>er Wirtschaftskanzlei und unterrichtete an<br />
<strong>der</strong> Universität St. Gallen Ka<strong>der</strong>leute in Wirtschaftsmediation.<br />
Sie verdiente gut und war<br />
belastbar. Ihre ersten drei Kin<strong>der</strong> hatte sie<br />
während des Studiums zur Welt gebracht und<br />
das Lizenziat trotzdem mit Bestnoten abge-<br />
2<br />
schlossen. Ihr viertes Kind gebar sie noch vor<br />
<strong>der</strong> Doktorarbeit. Mit <strong>der</strong> Doppelrolle als<br />
Mutter und Berufsfrau kam sie gut klar, auch<br />
nach <strong>der</strong> Trennung von ihrem Mann, und an<br />
ihrem Arbeitsplatz fehlte sie nie. Sie sprach<br />
fliessend Englisch, Spanisch, Italienisch und<br />
Französisch. Nach dem Unfall konnte sie<br />
kaum mehr zusammenhängende fremdsprachige<br />
Sätze formulieren und vergass wichtige<br />
Informationen.<br />
Während <strong>der</strong> Spitalaufenthalte werden ihre<br />
vier Kin<strong>der</strong> – damals 6, 10, 12 und 15 Jahre alt<br />
– von wechselnden Haushalthilfen betreut.<br />
Sie leiden unter <strong>der</strong> Abwesenheit ihrer Mutter,<br />
welche sich wegen ihrer gesundheitlichen<br />
Probleme auch nach <strong>der</strong> Rehabilitation nicht<br />
mehr ausreichend um sie kümmern kann. Es<br />
kommt zu Schulversagen und Verlassenheitsängsten.<br />
Wegen zunehmen<strong>der</strong> finanzieller<br />
Probleme und auf Druck <strong>der</strong> Sozialbehörde<br />
muss sie schliesslich zwei Kin<strong>der</strong> in die Obhut<br />
ihres Ex-Ehemannes geben. <strong>Ein</strong>es erkrankt in<br />
<strong>der</strong> Folge schwer. Bono gibt aus Kostengründen<br />
ihr Miethaus auf und zieht in <strong>ein</strong>e Wohnung<br />
in <strong>ein</strong>er an<strong>der</strong>n Gem<strong>ein</strong>de. Sie verliert<br />
<strong>ein</strong>en grossen Teil ihres Bekanntenkreises,<br />
weil sie kaum mehr am Sozialleben teilnehmen<br />
kann.<br />
Bono weiss, dass ihre berufliche Zukunft davon<br />
abhängt, ob sie den zweiten Teil <strong>der</strong> Anwaltsprüfung<br />
besteht; beim ersten hatte sie<br />
vor dem Unfall gute Noten erzielt. Die Vorbereitung<br />
wird zur Tortur, sie versucht trotz<br />
hun<strong>der</strong>tprozentiger Arbeitsunfähigkeit und<br />
meist im Liegen zu lernen. Am 22. November<br />
2003 schafft sie es knapp, vor allem aufgrund<br />
ihres guten Vorwissens. Trotzdem verliert sie<br />
ihre Anstellung in <strong>der</strong> Kanzlei. Ihre Arbeitsfähigkeit<br />
ist mit maximal 30 Prozent zu gering,<br />
ausserdem kann sie sich kaum mehr konzentrieren.<br />
Die Abwärtsspirale hält an: Bono verliert<br />
auch ihre Dozentinnenstelle in St. Gallen,<br />
und es hagelt Betreibungen.<br />
Dann <strong>der</strong> Schock: Die Zürich bestreitet, dass<br />
ihre gesundheitlichen Probleme die direkte<br />
Folge des Unfalls sind. Wahrsch<strong>ein</strong>lich sei sie<br />
mit den familiären und beruflichen Belastungen<br />
nicht klargekommen. Die Versicherung<br />
zahlt nur minimale Beträge, was Bono vollends<br />
zermürbt. Sie muss aufs Sozialamt. Weil