Ein mysteriöser Autounfall, der ein Leben zerstörte - subvenio e.V.
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habe, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Stress als getrennte Ehefrau,<br />
Mutter und voll berufstätige Juristin, wird erstinstanzlich<br />
vom Zürcher Sozialversicherungsgericht<br />
und später vom Eidgenössischen Versicherungsgericht<br />
geteilt. Beide Instanzen stützen sich auf<br />
das biomechanische Gutachten, welches die Zürich<br />
erstellt hat. Die dem Gutachten zugrunde<br />
liegenden Fotos, welche die Zürich 31 Tage nach<br />
dem Unfall aufgenommen hat, zeigen am Fahrzeug<br />
<strong>der</strong> fehlbaren Lenkerin nur minimale Schäden.<br />
Die Wucht des Aufpralls sei gering gewesen,<br />
schliessen <strong>der</strong> Gutachter und die Gerichte daraus.<br />
In Bonos Erinnerung hatte <strong>der</strong> Wagen <strong>ein</strong>e stark<br />
verbeulte Front und <strong>ein</strong>e aufgeworfene Kühlerhaube.<br />
Es gelingt ihr jedoch nicht, den Verdacht<br />
<strong>der</strong> Manipulation zu erhärten. Damit ist <strong>der</strong> Unfall<br />
samt s<strong>ein</strong>en gravierenden Folgen juristisch aus<br />
<strong>der</strong> Welt geschafft, und es sind k<strong>ein</strong>e Versicherungsleistungen<br />
mehr geschuldet.<br />
Haftpflicht: Unbestritten ist, dass es sich um <strong>ein</strong>en<br />
Auffahrunfall gehandelt hat. Ebenso unbestritten<br />
ist Bonos Unschuld. Die Zürich als Haftpflichtversicherung<br />
<strong>der</strong> fehlbaren Lenkerin zahlt Bono deshalb<br />
30‘000 Franken a conto an den Gesamtschaden,<br />
dazu für <strong>ein</strong>e gewisse Zeit die Spital- und<br />
Arztrechnungen. Weitere Zahlungen, etwa für die<br />
benötigte Haushalthilfe, die Mahlzeitendienste,<br />
die hohen Selbstbehalte bei <strong>der</strong> Krankenkasse, für<br />
therapeutische Behandlungen, Transportkosten<br />
und vor allem für den Erwerbsausfall, bleiben ab<br />
September 2003 aus. Deswegen klagt Bonos Anwalt<br />
die Zürich als Haftpflichtversicherung <strong>ein</strong>. Im<br />
Prozess kommt das Zürcher Handelsgericht in<br />
erster Instanz zum Schluss, es gebe k<strong>ein</strong>en beweisbaren<br />
Zusammenhang zwischen dem Unfall<br />
und den gesundheitlichen Problemen - wie<strong>der</strong>um<br />
auf <strong>der</strong> Basis des biomechanischen Gutachtens.<br />
Bono wird zur Zahlung von 100'000 Franken Prozesskosten<br />
an die Zürich verpflichtet - das Urteil<br />
ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Bono hat<br />
beim Kassationsgericht Beschwerde <strong>ein</strong>gereicht.<br />
Die Zürich beantwortet k<strong>ein</strong>e Fragen zum laufenden<br />
Verfahren.<br />
Invalidenversicherung: Wegen ihrer beschränkten<br />
Arbeitsfähigkeit findet Bono k<strong>ein</strong>e Anstellung<br />
mehr als Rechtsanwältin. Im März 2005 macht sie<br />
sich selbstständig, um von <strong>der</strong> Sozialhilfe loszukommen,<br />
was ihr gelingt. Sie möchte insbeson<strong>der</strong>e<br />
Unfallopfern in ähnlich verzweifelter Lage juristische<br />
Beratung anbieten. Was ihr an Geld zum<br />
<strong>Leben</strong>sunterhalt fehlt, schiessen ihr Freunde vor.<br />
8<br />
Im April 2006 wird sie ärztlich begutachtet. Resultat:<br />
Ihre Beschwerden seien zweifellos die Folge<br />
des erlittenen Unfalls. Die IV lässt den Fall ruhen.<br />
Sie wolle abwarten, bis im Prozess gegen die Zürich<br />
als obligatorische Unfallversicherung <strong>ein</strong><br />
rechtskräftiges Urteil vorliege.<br />
Im Juli 2006 - drei<strong>ein</strong>halb Jahre nach dem Unfall -<br />
lädt die IV Bono erstmals zu <strong>ein</strong>em Wie<strong>der</strong><strong>ein</strong>glie<strong>der</strong>ungsgespräch<br />
<strong>ein</strong>. Man lobt, dass sie sich<br />
selbstständig gemacht und auf eigene Kosten<br />
<strong>ein</strong>geglie<strong>der</strong>t habe. Die IV verspricht, nun sofort<br />
<strong>ein</strong>e Rente zu verfügen, und finanziert Bono das<br />
bereits angeschaffte Büromobiliar. Dann passiert<br />
nichts. Auch nicht, nachdem Ende August 2007<br />
das rechtskräftige Urteil im Unfallversicherungsprozess<br />
vorliegt.<br />
In dieser Zeit wechselt bei <strong>der</strong> IV die Ansprechperson.<br />
Im Januar 2009 erfährt Bono, dass man<br />
sie erneut begutachten will - bei <strong>ein</strong>er Stelle in<br />
Bern, die bekannt ist für ihre harten Entscheide<br />
gegen die Versicherten. Bonos Anwalt lehnt den<br />
Gutachter ab.<br />
Für den kommenden 17. Juni hat sie <strong>ein</strong> Aufgebot<br />
für die Begutachtung bei <strong>ein</strong>er Zürcher Stelle. Ihr<br />
Anwalt lehnt auch diesen Gutachter ab: Der Arzt J.<br />
sei Internist und damit fachlich nicht qualifiziert,<br />
so komplexe neurologische Probleme zu beurteilen,<br />
wie sie bei Bono vorlägen. Selbst bei schweren<br />
Fällen von Schleu<strong>der</strong>traumen sei er «praktisch<br />
nie zu <strong>ein</strong>er Beurteilung gekommen, die für den<br />
Versicherten leistungsauslösend» war. Das Zentrum,<br />
in dem J. tätig ist, habe 2007 und 2008 für<br />
die IV insgesamt 800 Gutachten im Wert von 7,2<br />
Millionen Franken erstellt, sei also wirtschaftlich<br />
stark vom staatlichen Auftraggeber abhängig. Der<br />
Anwalt möchte, dass die IV <strong>ein</strong>e unabhängige<br />
Gutachterstelle beauftragt. Die Antwort steht<br />
noch aus. Tatsache ist, dass Bono sechs<strong>ein</strong>halb<br />
Jahre nach dem Unfall noch immer k<strong>ein</strong>en Franken<br />
Invalidenrente bezieht.<br />
PK und Insassenversicherung: Damit schliesst sich<br />
<strong>der</strong> Kreis. Die Pensionskasse Columna richtet k<strong>ein</strong>e<br />
Rentenleistungen aus, weil sie den Entscheid<br />
<strong>der</strong> IV abwarten will. Die Generali (Insassenversicherung)<br />
will wegen des biomechanischen Gutachtens<br />
<strong>der</strong> Zürich ebenfalls k<strong>ein</strong>en Zusammenhang<br />
zwischen dem Unfall und den gesundheitlichen<br />
Beschwerden anerkennen. Folglich leistet sie<br />
auch k<strong>ein</strong>e Entschädigung.