Magazin052013
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ten und avancieren damit regelmäßig<br />
zur zentralen Anlaufstelle<br />
der Festes. Das kulturelle Leben in<br />
der rheinland-pfälzischen Stadt<br />
wäre ohne die vielfältigen Aktivitäten<br />
der früheren Soldaten ärmer.<br />
Wenn dieses Engagement sich dann<br />
noch in den Dienst eines karitativen<br />
Zwecks stellt, gilt das natürlich<br />
umso mehr. Wie etwa beim großen<br />
Musikfestival im Sommer 2012.<br />
Reinhard hatte zuvor eine Stiftung<br />
für Bundeswehrkinder in Not aus<br />
der Taufe gehoben. Dafür musste<br />
natürlich ein Kapitalstock her, mit<br />
dem den Bedürftigen geholfen werden<br />
konnte. Dank der guten Kontakte<br />
zur Stadt stieg im Sommer<br />
2012 ein großes Musikfestival.<br />
ERH-Vorsitzender Reinhard hatte<br />
fünf örtliche Musikgruppen für<br />
kostenlose Auftritte gewonnen. Der<br />
Sobernheimer Marktplatz reichte<br />
schließlich kaum aus, um die mehr<br />
als 1000 Besucher zu fassen. Als die<br />
Veranstalter die Spenden- und vor<br />
allem die Sponsorengelder zählten,<br />
waren rund 15 000 Euro zusammengekommen.<br />
Der innerstädtische<br />
Platz indes präsentierte sich<br />
am nächsten Morgen um 10 Uhr<br />
pieksauber – natürlich hatten die<br />
Ehemaligen alles wieder akkurat<br />
aufgeräumt.<br />
Tatsächlich sind diese in den<br />
Kommunen, den Behörden und der<br />
Politik vernetzt wie vielleicht nirgendwo<br />
sonst. Frühere Geschwaderangehörige<br />
haben Positionen in der<br />
Verwaltung sowie Mandate in<br />
Gemeinde- und Stadträten inne. Sie<br />
prägen das Leben in der Region Bad<br />
Sobernheim. „Wir sind hier das be -<br />
fruchtende Element“, sagt der Vorsitzende<br />
des Traditionsvereins,<br />
Ober stabsfeldwebel a.D. Peter<br />
Öhler.<br />
Wenn eine Aufgabe zu erledigen<br />
ist, packen alle mit an. Zu<br />
Ostern etwa hatte die Stiftung für<br />
Bundeswehrkinder die Hinterbliebenen<br />
eines verstorbenen Oberfeldwebels<br />
zu einem einwöchigen<br />
Urlaub in die Region eingeladen.<br />
Die Betreuung der Witwe und ihrer<br />
Kinder übernahmen Ehemalige.<br />
Dabei spielte es keine Rolle, ob sie<br />
dem Traditionsverein, der KERH<br />
des DBwV oder beiden Organisationen<br />
angehören. Logistisch unterstützt<br />
wurde die Aktion vom Landeskommando,<br />
dank der guten Verbindung<br />
zu den Reservisten kein<br />
Problem.<br />
Die Ehemaligen schmoren aber<br />
nicht nur im eigenen Saft. Sie halten<br />
den Kontakt zur aktiven Truppe,<br />
auch wenn die Entfernung mit der<br />
Verlegung des Geschwaders nach<br />
Rostock-Laage sehr groß geworden<br />
ist. Darüber, wie es in den Streitkräften<br />
heutzutage zugeht, informieren<br />
sich die Mitglieder häufig,<br />
etwa bei Vorträgen oder mit einem<br />
Besuch beim Sozialdienst der Bundeswehr.<br />
„Es macht schon nachdenklich,<br />
wenn man von den Fällen<br />
der traumatisierten Einsatzsoldaten<br />
hört“, sagt Reinhard. Etwa von den<br />
Erfahrungen des Hauptfeldwebels<br />
Uwe Heiland. Heiland berichtet an<br />
einem schönen Frühlingsabend aus<br />
seinem Leben. Der Soldat, der viele<br />
schwierige Einsätze von der<br />
ersten Stunde an mitgemacht hat,<br />
durchlitt bittere Zeiten: der Selbstmord<br />
eines Freundes im Kosovo,<br />
der fürchterliche Anschlag auf den<br />
Bundeswehrbus in Kabul zu Pfingsten<br />
2003, die schrecklichen Bilder<br />
nach der Flutwelle in Banda Aceh<br />
2005 – stets war der junge Sanitätssoldat<br />
hautnah dabei. Zu nah, wie<br />
sich erst 2009 herausstellte. Nachdem<br />
er erkannt hatte, dass er möglicherweise<br />
medizinische Hilfe<br />
braucht, diagnostizierten die Ärzte<br />
schnell eine posttraumatische Belastungsstörung.<br />
Rund eineinhalb<br />
Jahre verbrachte Heiland in stationärer<br />
Behandlung, nur unterbrochen<br />
durch kurze Aufenthalte da -<br />
heim. Was die Angehörigen des<br />
zweifachen Vaters in dieser Zeit<br />
durchmachen mussten, deutet der<br />
Hauptfeldwebel nur an. Aber die<br />
Zuhörer, denen die Betroffenheit<br />
anzusehen ist, wissen auch so, dass<br />
die Belastungen für die junge Familie<br />
immens waren. Mucksmäus -<br />
chenstill ist es im Raum, als der Soldat<br />
von seinem schwierigen Weg<br />
zurück in die Normalität erzählt.<br />
Heute ist Heiland wieder im<br />
Dienst. Nach dem Einsatz-Weiterverwendungsgesetz<br />
hat die Bundeswehr<br />
den Portepeeunteroffizier an<br />
anderer Stelle wieder eingesetzt.<br />
Denn Sanitätssoldat kann er nach<br />
dem Rat der Ärzte nicht mehr sein.<br />
Wir über uns: Ehemalige Die Bundeswehr Mai 2013 19<br />
Heiland weiß, dass die wirksamste<br />
Hilfe oft von Gleichgesinnten und<br />
ählich Betroffenen kommt. Er hat<br />
die Selbsthilfeorganisation „Roter<br />
Freitag“ gegründet. Nachdem Heiland<br />
zu Ende gesprochen hat, beantwortet<br />
er Fragen. Alle Zuhörer sind<br />
sich einig, dass sich das Kommen<br />
gelohnt hat.<br />
Überhaupt haben die Ehemaligenorganisationen<br />
keine Probleme,<br />
ihre Mitglieder zu mobilisieren. Die<br />
Vorträge und Veranstaltungen im<br />
Vereinsheim sind immer gut be -<br />
Sichtlich beeindruckt<br />
zeigten<br />
sich die Ehemaligen,<br />
als Hauptfeldwebel<br />
Uwe<br />
Heiland aus seinem<br />
Leben<br />
erzählt.<br />
sucht – 40 und mehr Teilnehmer<br />
sind die Regel.<br />
Reinhard kommt auf seinen<br />
Fahrten oft an den ehemaligen<br />
Unterkünften „auf dem Dörndich“<br />
und dem Flugplatz Pferdsfeld vorbei.<br />
Da beschleicht ihn dann schon<br />
ein wenig Wehmut. Oder ein Ge -<br />
fühl, das Koch so beschreiben würde:<br />
„Das Geschwader war mein<br />
Leben.“ Da alle so empfinden, wird<br />
das Gemeinwesen der Ehemaligen<br />
hier noch viele Jahre funktionieren<br />
wie vielleicht nirgendwo sonst. fh