Das Übereinkommen mit Leben füllen - Was ist erreicht ... - Unesco
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Dies gilt zum Beispiel für den Bereich Filmförderung und -politik, so im Vorfeld der 2007<br />
bevorstehenden Überarbeitung der Mitteilung der EU-Kommission zum Kinofilm und da<strong>mit</strong> verbundenen<br />
Debatten bei den Filmfestivals Berlinale und Cannes 2006. Vergleichbares gilt für die aktuellen<br />
Beratungen über die Inhalte einer an die Technikentwicklung angepassten europäischen<br />
Fernsehrichtlinie. Der politische Mobilisierungsfaktor im Zusammenhang <strong>mit</strong> dem Verhandlungsprozess<br />
hat sich ebenfalls spürbar auf die kürzlich erfolgte Revision der EU-Dienstle<strong>ist</strong>ungsrichtlinie<br />
ausgewirkt.<br />
Besonders deutlich zeigt sich dieser argumentative Einfluss in der laufenden Doha-Runde bei den<br />
GATS-Verhandlungen (Genf, März/April 2006): Allein der politische Prozess der Erarbeitung und<br />
Verabschiedung des <strong>Übereinkommen</strong>s hat hier einen tiefen Eindruck hinterlassen. Herrschte vorher<br />
einerseits Sprachlosigkeit zwischen Handelsdelegationen und Kulturpolitikern und zugleich mangelndes<br />
Problembewusstsein bei den Kulturleuten, <strong>ist</strong> jetzt unisono zu hören "wir sind sehr sensibilisiert". Auf der<br />
Ebene der im Rahmen der WTO vorgetragenen Forderungen zeigen sich "moderate Fortschritte", so eine<br />
Bewertung aus Insider-Sicht. Die europäische Haltung wird verstanden und nicht als Protektionismus<br />
kritisiert. Derzeit sieht es so aus, als ob <strong>mit</strong> dem <strong>Übereinkommen</strong> zur kulturellen Vielfalt tatsächlich etwas<br />
entstanden <strong>ist</strong>, das dem GATS zur Seite gestellt werden kann. Da der GATS-Prozess bekanntermaßen<br />
auf Dauer angelegt <strong>ist</strong>, <strong>ist</strong> es wesentlich, die Möglichkeiten des <strong>Übereinkommen</strong>s energisch zu nutzen<br />
und zügig <strong>mit</strong> Inhalt und Substanz zu <strong>füllen</strong>. Allerdings gilt es, insbesondere die bilateralen<br />
Verhandlungen in diesen Bereichen sorgfältig im Auge zu behalten. Jüngste Verhandlungen, zum<br />
Beispiel zwischen den USA und Korea, zeigen, dass hier zentrale Instrumente der Kulturpolitik zur<br />
Disposition gestellt werden.<br />
Der Konventionstext wurde von Künstlerverbänden und Kultur<strong>mit</strong>tlern zudem als "programmatischer<br />
Dünger" für die Verortung und Orientierung der eigenen Arbeit bewertet. Besondere Bedeutung wird<br />
dabei dem dynamischen Begriff von Schutz beigelegt ("Erhaltung, Sicherung und Erhöhung der Vielfalt<br />
kultureller Ausdrucksformen", Art. 2(7)). <strong>Das</strong> <strong>Übereinkommen</strong> will ausdrücklich ermutigen, etwas Neues<br />
in die Welt zu setzen, es ermutigt zu Veränderung und Neuschöpfung, formuliert eine kopernikanische<br />
Wende weg von Abwehrreflexen hin zu einer Öffnung für Gestaltungschancen.<br />
Die Frage der möglichen Missbräuche des Abkommens wurde thematisiert: Inwiefern kann die<br />
Zielsetzung "Schutz und Förderung kultureller Vielfalt" missbraucht werden zur Legitimation für<br />
Abschottung, Missachtung von Menschenrechten und fehlende Partizipation? Im zwischenstaatlichen<br />
Verhandlungsprozess wurde dieser Art 'Begehrlichkeiten' ausdrücklich und sehr erfolgreich Widerstand<br />
gele<strong>ist</strong>et. Hier war die Beratung einhellig der Meinung, dass Ge<strong>ist</strong> und Buchstaben des Vertragstextes<br />
solche Lesarten in keiner Weise decken, im Gegenteil: Artikel 2,1 und 2,7 sowie 7,1 (b) sprechen<br />
unmissverständlich von der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten als Basis für die Wahrung<br />
kultureller Vielfalt, ebenso wie für den Zugang zu fremden Kulturen.<br />
Vertragstexte können jedoch ex<strong>ist</strong>ierende unerfreuliche politische Wirklichkeiten in Mitgliedstaaten nicht<br />
einfach umdefinieren. Insofern gibt es zu diesen sensiblen Fragen auch künftig eine erhöhte politische<br />
Verantwortung für demokratische Staaten und Zivilgesellschaft, in der Anwendungspraxis des<br />
<strong>Übereinkommen</strong>s konstant wachsam und politisch präsent zu bleiben. Kulturelle Abschottung und<br />
Festschreibung menschenverachtender Kulturformen sind ganz klar nicht hinnehmbar.<br />
2. Ratifzierungsprozess:<br />
Hier war die Beratung einhellig der Meinung, dass es zwingend einer raschen Ratifizierung der<br />
Konvention durch Bundesregierung und Parlament bedarf. Gerade weil das <strong>Übereinkommen</strong> <strong>mit</strong> Hilfe<br />
großen Einsatzes von deutscher Seite zustande kam, sollte der konkreten Gestaltung der<br />
Umsetzungsphase hohes Gewicht zukommen.<br />
Ratifizierung bedeutet primär die Selbstanwendung im eigenen Land sowie die multilaterale<br />
Zusammenarbeit in der Vertragsstaatenkonferenz, sobald das <strong>Übereinkommen</strong> in Kraft getreten sein<br />
wird. (1)<br />
Mit dem Konventionsprozess wurde die Anerkennung zentraler Mechanismen der Garantie kultureller<br />
Vielfalt, darunter auch der öffentliche Rundfunk (Art. 6 (2) h), sozusagen auf die UNESCO-Ebene<br />
"exportiert". Durch den kombinierten Ratifzierungsprozess der EU und der Mitgliedstaaten wird diese<br />
Anerkennung nun auf EU-Ebene und auf die nationale Ebene "re-importiert" und da<strong>mit</strong> bindend.