Lächelnde Lügner - Friedrich-Schiller-Universität Jena
Lächelnde Lügner - Friedrich-Schiller-Universität Jena
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akrÜtzel<br />
<strong>Jena</strong>s führende Hochschulzeitung<br />
<strong>Lächelnde</strong> <strong>Lügner</strong><br />
Nummer 264<br />
5. Februar 2009<br />
20. Jahrgang<br />
www.akruetzel.de<br />
Wie Drückerkolonnen die Studenten schröpfen
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Editorial<br />
Die Sonnte brannte vom Himmel.<br />
Windstill ruhte die See. Die Insel<br />
bot nicht viel Platz für uns zwei.<br />
Es gab nur eine Palme, die spärlich<br />
Schatten bot. Es war Norbert an der<br />
Reihe dort zu sitzen. So tanzte ich tobend<br />
um die Palme, weil der heiße<br />
Sand mir die Fußsohlen versengte.<br />
„Das war eine ganz ganz tolle Idee,<br />
die Seeräuber aufs Schiff zu lassen!”,<br />
schnaubte ich. Selbstverliebt blickte<br />
Norbert in die Palmenzweige. „Ja,<br />
sonst hätten wir einen bestimmten<br />
Ausschnitt der gesellschaftlichen<br />
Realität ausgesperrt...”, sinnierte er.<br />
Leserbriefe<br />
Zum Titelthema „Sie sind unter uns“<br />
im Akrützel Nr. 263:<br />
Mit Interesse habe ich die Artikel zum Thema<br />
Rechtsextremismus (an der Uni) gelesen. Ich<br />
finde es sehr gut und wichtig, dass diese Themen<br />
angesprochen werden, daher: weiter so!<br />
Auch den Artikel „Bomberjacken waren<br />
gestern“ fand ich sehr interessant. Es ist,<br />
denke ich, ebenfalls ein wichtiges Thema,<br />
da man beim Thema „Kleidung“ wohl die<br />
ersten (Vor-)urteile fällt. Meiner Meinung<br />
nach fand ich daher die Erläuterung zu den<br />
Marken „Fred Perry“ und „Lonsdale“ als<br />
etwas zu knapp, bzw. etwas uneindeutig<br />
Zum Feigenblatt im Akrützel Nr.<br />
263:<br />
Ich lese das Akrützel regelmäßig, wenngleich<br />
ich regelmäßig unzufrieden damit<br />
bin. In der letzten Ausgabe überspannte<br />
jedoch das Feigenblatt deutlich die Grenze<br />
des Geschmacklosen. Die Sprüche „Züge<br />
fahren wieder. Merckle endlich abgekratzt“,<br />
dieser insbesondere ob der Doppelbedeutung,<br />
und „Nico Schwanz geht<br />
ins Dschungelcamp, weil er pleite ist. Wäre<br />
das nicht auch ein Weg für Adolf Merckle<br />
gewesen?“ sind nicht nur eine unglaubliche<br />
Geschmack- und Pietätlosigkeit, sie<br />
Impressum<br />
AKRÜTZEL – gegründet 1990 und herausgegeben<br />
von den Studentenräten der FSU und FH – erscheint<br />
alle zwei Wochen während der Vorlesungszeit.<br />
Redaktionssitzungen sind öffentlich und während<br />
der Vorlesungszeit jeden Dienstag um 19 Uhr im<br />
Akrützel-Büro, UHG.<br />
Redaktionsschluss der kommenden Ausgabe:<br />
9. April 2009. Das Akrützel Nr. 265 erscheint am<br />
16. April 2009. Druck: Schöpfel, Weimar<br />
Verteilte Auflage: 5.500<br />
Adresse: AKRÜTZEL, <strong>Friedrich</strong>-<strong>Schiller</strong>-<strong>Universität</strong>,<br />
Fürstengraben 1, 07743 <strong>Jena</strong><br />
Tel.: 03641-930991, Fax: 03641-930997<br />
E-Mail: redaktion@akruetzel.de<br />
Internetseite: www.akruetzel.de<br />
Chefredakteur: Matthias Benkenstein<br />
„Vielleicht liegt es im Interesse des<br />
Schiffs und der Mannschaft, gesellschaftliche<br />
Realitäten nicht an Bord<br />
zu lassen, die einen über die Planke<br />
prügeln und danach das Schiff anzünden.<br />
“ – „Du hast recht, es barg<br />
gewisse Gefahren...”, entgegnete<br />
Norbert. Währenddessen brannte<br />
ganz extrem weit draußen am Horizont,<br />
wo man nicht mehr ausmachen<br />
kann, ob etwas links oder rechts ist,<br />
einsam die Unique.<br />
Viel Spaß bei der Lektüre<br />
wünschen Jens und die Redaktion<br />
dargestellt.<br />
Sicher gibt es wichtigere Themen, aber irgendwo<br />
ist es ja eine Form der Aufklärung.<br />
So hätte an der Stelle viel mehr auf das<br />
Engagement der Marken eingegangen<br />
werden können („Lonsdale loves all<br />
colours“, Lonsdale auf der „Mondiali<br />
Antirazzisti“ etc., bzw. die Geschichte<br />
um Fred Perry, der Jude war etc.).<br />
Wie gesagt, überlebenswichtig ist das Thema<br />
Klamotten nicht, aber solche Kleidung<br />
ist eben oftmals das erste erkennbare Zeichen<br />
über eine politische Motivation – oder<br />
eben auch nicht! Matthias Müller<br />
beleidigen auch das Andenken des Adolf<br />
Merckle. Ich bezweifle, dass ihr jeden eurer<br />
Leser so genau kennt, dass ihr ausschließen<br />
könnt, dass Angehörige oder Freunde des<br />
Unternehmers eure sogenannten „Witze“<br />
lesen mussten. Zudem macht ihr damit<br />
Witze über alle Suizidenten, bzw. über ihre<br />
Probleme. Dies ist einfach überhaupt nicht<br />
witzig. Schon in der 256. Ausgabe konnte<br />
man im Feigenblatt eine deutsche Militär-<br />
Bestattung im Kontext mit dem Flaggenwahn<br />
der Europameisterschaft sehen. Einer<br />
meiner Kommilitonen beschwerte sich bereits<br />
damals. Andreas Ziegner<br />
Redaktionsmitglieder: Nelly Dinter, Anne Dünger,<br />
Stephanie Frank, Franziska Gleiniger, Kristin<br />
Haug, Joachim Hendel, Dirk Hertrampf, Katrin<br />
Hesse, Moritz Hütten, Jonas Janssen, Norbert<br />
Krause, Peter Neumann, Maria Rapp, Sören Reimer,<br />
Louisa Reichstetter, Felix Reinhardt, Astrid<br />
Richter, Anna-Lena Roth, Ulrike Sauer, Florian<br />
Sokoll, Dana Sprunk, Matthias Stollberg, Alexander<br />
Strauß, Lena Thiesen, Jens Thomas, Johannes<br />
Wander, Johannes Weiß, Conrad Ziesch<br />
Titelbild:<br />
Katharina Schmidt<br />
Illustrationen:<br />
www.beetlebum.de<br />
Layout: Louisa<br />
Satz und Gestaltung: Matthias<br />
Veranstaltungskalender: Katja Ullrich<br />
Feigenblattredaktion: Alex, Anne, Dana, Jens,<br />
Jojo, Norbert<br />
Lektorat: Johannes Weiß, Rowena Fuß, Hauke<br />
Rehr<br />
Anzeigenpreisliste: Nr. 7, Oktober 2008.<br />
Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht<br />
der Redaktionsmeinung entsprechen. Wenn euch<br />
ein Artikel ärgert, schreibt uns gerne einen Leserbrief.<br />
Hinweise werden auf Wunsch vertraulich<br />
behandelt. Für unverlangt eingesandte Manuskripte<br />
besteht keine Veröffentlichungspflicht. Die<br />
Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zu kürzen.<br />
Anonyme Einsendungen landen im Papierkorb.<br />
Inhalt<br />
Singlebörsen-Vergleich<br />
S. 4<br />
Podiumsdiskussion<br />
S. 5<br />
TITEL<br />
Die Tricks der Firma MLP<br />
S. 6, 7<br />
Tipps vom Rechtsberater<br />
S. 7<br />
Umfrage / Rosenverkäufer<br />
S. 8<br />
Unmoralische Studentenjobs<br />
S. 9<br />
UNI<br />
Ein Jahr Hochschulrat<br />
S. 10<br />
Interview: Bologna-Kritiker<br />
S. 11<br />
Stura-Haushalt /<br />
Juso-Schwemme<br />
S. 13<br />
STADT<br />
<strong>Jena</strong>er Lieblingsorte<br />
S. 14<br />
Meldegesetz / Rausgeekelt<br />
S. 15<br />
KULTUR<br />
Jugendtheater / Bollywood<br />
S. 16<br />
„Don Pasquale“ im DNT<br />
S. 17<br />
3
Vermischtes<br />
4<br />
„<br />
<br />
<br />
Je t‘aime – wer mit wem?<br />
Der große Singlebörsenvergleich zum Valentinstag<br />
Am Valentinstag allein? Das muss<br />
nicht sein.“ So oder so ähnlich werben<br />
diverse Singlebörsen im Internet. Von<br />
„Friendscout24“ über „parship.de“ bis hin<br />
zu „ilove.de“: Alle versprechen sie das<br />
perfekte Glück und das ganz unkompliziert.<br />
Nicht einmal Geld wollen sie von<br />
mir – zunächst.<br />
Alles, was ich zu tun habe, ist ein paar<br />
Dinge über mich einzugeben. Alter, Stadt,<br />
Körperbau. Körperbau? Halt. Worauf ste-<br />
Richtigstellung<br />
Zum Interview: „Niemand sagt:<br />
Hallo, ich bin Nazi“ im Akrützel<br />
Nr. 263, S. 7:<br />
Berengar Lehr wirft der FSU im Zusammenhang<br />
mit der Exmatrikulation<br />
eines Asylbewerbers „bürokratischen<br />
Rassismus“ vor. Hierzu ist Folgendes<br />
festzustellen:<br />
Im angesprochenen Fall haben sich<br />
trotz eindeutiger Rechtslage, nach<br />
der der Aufenthalt des Bewerbers<br />
durch die zuständige Behörde auf<br />
den Ilmkreis beschränkt und seine<br />
Immatrikulation nach dem Thüringer<br />
Hochschulgesetz und der Immatri-<br />
hen die Frauen denn? Okay, als sportlich<br />
gehe ich durch. Nun will man mir noch<br />
ein paar Eigenschaften entlocken. Witzig?<br />
Natürlich. Romantisch? Klar. Schließlich<br />
bin ich in der Lage eine Kerze anzuzünden.<br />
Wer will, kann noch weiter ins Detail<br />
gehen und einen Persönlichkeitstest ausfüllen.<br />
Aber ich habe keine Zeit, denn ich<br />
will wie versprochen noch heute meine<br />
Traumfrau kennen lernen.<br />
Um einen Blick auf das Objekt der Be-<br />
kulationsordnung somit aufzuheben<br />
war, das Internationale Büro und die<br />
<strong>Universität</strong>sleitung nachdrücklich für<br />
eine Aufhebung der Aufenthaltsbeschränkung<br />
eingesetzt. Leider führen<br />
solche Bemühungen, darunter im<br />
konkreten Fall u.a. mehrere Telefonate<br />
des Rektors mit der Behördenleitung<br />
und dem Landrat, nicht immer<br />
zum erhofften Erfolg.<br />
Die <strong>Universität</strong> muss und kann nur auf<br />
der Grundlage der geltenden Gesetze<br />
tätig sein. Dass sie in diesem Rahmen<br />
besonders für die Belange der internationalen<br />
Studierenden eintritt, ist eine<br />
gierde werfen zu können, sind je nach<br />
Anbieter 10 bis 30 Euro fällig. Ich zahle.<br />
– Stunden später gebe ich meine Suche<br />
auf. Ich bin frustriert. Wo ist sie, die versprochene<br />
Liebe nur einen Mausklick weit<br />
entfernt? Gefunden habe ich sie hier nicht.<br />
Ob ich trotzdem die obligatorische Valentinstags-Rose<br />
kaufe? Ja, aber ich schenke<br />
sie jemanden, der nicht erst nach meiner<br />
Kontonummer fragt.<br />
Christoph Worsch<br />
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Tatsache, die die Studierenden sicher<br />
selbst bestätigen werden. Auch wenn<br />
es um ausländerrechtliche Probleme<br />
geht, engagiert sich das Internationale<br />
Büro der FSU – im engen Kontakt zu<br />
den Ausländerbehörden – stets und<br />
zumeist erfolgreich für die Interessen<br />
seiner ausländischen Bewerber und<br />
Studierenden.<br />
Gegen den Vorwurf des Rassismus<br />
muss sich die <strong>Universität</strong> energisch<br />
verwahren.<br />
Dr. Jürgen Hendrich<br />
Internationales Büro
Verhärtete Fronten<br />
Die Podiumsdiskussion zum Umgang mit Nazis in den Uni-Medien<br />
Nach zwei Wochen der emotionalen<br />
Auseinandersetzungen sollte es eigentlich<br />
eine sachliche Diskussion werden.<br />
Die vier studentischen Medien hatten am<br />
28. Januar zum Thema „Wie sollten studentische<br />
Medien über Rechtsextremismus<br />
berichten?“ in den Hörsaal 1 geladen. Eine<br />
Patentantwort auf diese Frage bekamen die<br />
über 400 Zuhörer jedoch nicht.<br />
Die Unique hatte in ihrer letzten Ausgabe<br />
ein Interview mit einem Mitglied der<br />
rechtsextremen NPD geführt und damit einen<br />
Sturm der Empörung ausgelöst: Selbst<br />
große Thüringer Zeitungen berichteten darüber,<br />
die Linksfraktion im Landtag forderte<br />
den Rücktritt des Chefredakteurs. Auch in<br />
den studentischen Medien sowie im Stura<br />
wurde das Interview von Fabian Köhler und<br />
Lutz Thormann thematisiert und als extrem<br />
unprofessionell und distanzlos kritisiert.<br />
Auf dem Podium saßen nun neben den beiden<br />
Redakteuren der Unique, die das Interview<br />
geführt hatten, Vertreter der anderen<br />
studentischen Medien, zwei Kommunikationswissenschaftler<br />
und ein Sprecher des<br />
Aktionsnetzwerks gegen Rechtsextremismus.<br />
Die beiden Unique-Redakteure waren mit<br />
ihrer Argumentation auf dem Podium isoliert.<br />
Zwar bedauerten sie die mangelhafte<br />
journalistische Qualität ihres Interviews,<br />
verteidigten jedoch grundsätzlich dessen<br />
Veröffentlichung. Sie wollten keinen „politisch<br />
geleiteten Wohlfühljournalismus“<br />
betreiben, der dem Leser die eigenen Wertvorstellungen<br />
„aufdrückt“. Schließlich habe<br />
dieser ein Recht auf die Darstellung der gesellschaftlichen<br />
Realitäten und könne sich<br />
so selbst ein Bild machen. Man könne die<br />
Welt nicht einfach in gute Demokraten und<br />
böse Nazis einteilen – das sei zu undifferenziert.<br />
Christoph Ellinghaus, Sprecher des <strong>Jena</strong>er<br />
Aktionsnetzwerks gegen Rechtsextremismus,<br />
war über diese Naivität erschrocken.<br />
Die Strategie der Nazis, sich im öffentlichen<br />
Diskurs als eine Position unter vielen<br />
darzustellen, sei damit aufgegangen.<br />
Die Unique habe diesen gedankenlos eine<br />
Plattform geboten. Nazis dürfe man keine<br />
Öffentlichkeit geben: „Faschismus ist keine<br />
Meinung, sondern ein Verbrechen!“<br />
Dem schloss sich der Kommunikationspsychologe<br />
Wolfgang Frindte bedingungslos<br />
an. Nazis dürfe man keinen Raum geben! Im<br />
therapeutischen Kontext könne man zwar<br />
beispielsweise einen Pädophilen ernst nehmen,<br />
aber das bedeute noch lange nicht,<br />
dass man ihm deshalb eine öffentliche<br />
Plattform für seine Vorstellungen bieten<br />
müsse. Medien könnten gesellschaftliche<br />
Realitäten gar nicht abbilden, sondern sie<br />
konstruierten sie erst. Als Beispiel nannte<br />
er die unterschiedliche Berichterstattung in<br />
den neunziger Jahren über rechtsextreme<br />
Anschläge. Letztendlich hätten die Rechten<br />
von dieser Debatte profitiert.<br />
Der Medienökonom Wolfgang Seufert sah<br />
im Unique-Interview<br />
die Gefahr eines Image-<br />
Schadens für die <strong>Jena</strong>er<br />
<strong>Universität</strong>. Man müsse<br />
Pressefreiheit und<br />
journalistische Qualität<br />
zusammen denken,<br />
woraus er die Pflicht zu<br />
einer verantwortungsvollenBerichterstattung<br />
ableitete, die sich<br />
ihrer eigenen Grenzen<br />
bewusst ist.<br />
Diese Grenzen wurden<br />
für Louisa Reichstetter,<br />
ehemalige Chefredakteurin<br />
des Akrützels,<br />
durch das veröffentlichte<br />
Interview deutlich überschritten. Besonders<br />
irritierte sie, dass überhaupt keine<br />
kritischen Nachfragen erfolgt seien: „Es<br />
mangelt heutzutage nicht an mutigen Journalisten,<br />
die auch aus dem braunen Haus<br />
berichten würden, sondern vielmehr an<br />
kritischen.“ Die beiden Unique-Redakteure<br />
hätten ihre journalistische Verantwortung<br />
vergessen, weil sie die Aussagen<br />
unkommentiert stehen ließen und diese<br />
nicht eingeordnet hätten. Studentische, ehrenamtliche<br />
Medien sollten vielleicht lieber<br />
mit den Aufklärungseinrichtungen „Aktionsnetzwerk<br />
gegen Rechtsextremismus“<br />
oder „Kokont“ zusammenarbeiten, schlug<br />
sie vor. Die Vertreter von CampusTV und<br />
Campusradio äußerten sich in der Diskussion<br />
kaum.<br />
Podium und Publikum gespalten<br />
Das Publikum war ähnlich tief gespalten<br />
wie das Podium. Beide Parteien hatten ihre<br />
Claqueure und Buh-Rufer mitgebracht. So<br />
beschwerte sich ein Jura-Student über die<br />
Zusammensetzung des Podiums, dies stelle<br />
eher ein Tribunal für die beiden Unique-<br />
Redakteure dar. Christoph Ellinghaus warf<br />
er vor, nur „antifaschistische Gassenhauer“<br />
zu verbreiten. Ein Unique-Redakteur verteidigte<br />
das Interview, da es Aufgabe des<br />
Magazins sei, besonders auch Subkulturen,<br />
zu denen er die Nazis zählte, abzubilden.<br />
Weiterhin konnte an diesem Abend nicht<br />
geklärt werden, wie lange man sich wirklich<br />
auf das Argument des „Versehens“<br />
zurückziehen könne: Auf der Seite des besagten<br />
Interviews ist nämlich nicht nur eine<br />
„8“, sondern auch eine SS-Rune der Kunstsprache<br />
„Tarna“ abgedruckt. Kommentare<br />
auf der Internetseite, in denen stadtbekannte<br />
Nazis im Konjunktiv den Holocaust<br />
leugneten, moderierte Unique-Chef Köhler<br />
nicht – entfernte sie jedoch nach Ende der<br />
Diskussion auf Druck der <strong>Universität</strong>sleitung.<br />
Gerade auch wie sich die Redakteure der<br />
Unique in der Diskussion verteidigten,<br />
machte das ganze Interview für einen Zuhörer<br />
noch fragwürdiger. Man wisse nicht,<br />
wo die beiden Redakteure stünden: „Das<br />
veröffentlichte Interview hätte so auch auf<br />
einer NPD-Seite stehen können“, resümierte<br />
ein Politikwissenschaftsstudent und<br />
warf zum Abschluss die Frage nach einem<br />
Rücktritt des Chefredakteurs auf: „Das ist<br />
für euch keine Option, oder?“<br />
„Das ist der eigentliche Skandal“, antwortete<br />
ihm Lutz Thormann, „dass nun Köpfe<br />
rollen sollen.“<br />
Insgesamt schien es so, als ob die bestehenden<br />
Fronten nach der mehr als zweistündigen<br />
Diskussion nur noch verhärteter<br />
waren. Dennoch merkte der Rektor der<br />
<strong>Universität</strong>, Klaus Dicke, gegenüber den<br />
Autoren leicht ironisierend an: „Wenn Sie<br />
diese Diskussion angezielt hätten – mein<br />
Kompliment!“ Was er meinte, verdeutlichte<br />
Christoph Ellinghaus im Schlusswort der<br />
Debatte: Er sah gerade darin ein gutes Zeichen<br />
für die Uni, dass sich die Studenten<br />
empören. Denn wer sich nicht mehr über<br />
ein solches Thema empört, dem bedeutet<br />
es auch nichts mehr.<br />
Norbert Krause, Matthias<br />
Benkenstein, Hauke Rehr<br />
Uni<br />
Weil der HS 8 zu<br />
klein war, zog<br />
man spontan in<br />
den HS 1 um:<br />
Mehr als 400<br />
Leute wollten<br />
die Diskussion<br />
verfolgen, wie<br />
viel Raum Nazis<br />
in den Medien<br />
gewährt werden<br />
sollte.<br />
FOTO:<br />
KATHARINA<br />
SCHMIDT<br />
5
Titel<br />
6<br />
Vor Neppern,<br />
Schleppern,<br />
Bauernfängern<br />
ist man auch an<br />
der Uni nicht<br />
sicher.<br />
FOTO:<br />
KATHARINA<br />
SCHMIDT<br />
Denn sie wissen, was sie tun<br />
Wie die Firma MLP versucht, die Studenten auszunehmen<br />
Eine der größten Sorgen des Studenten<br />
ist die berufliche Zukunft.<br />
Es gibt viele Schritte, die man auf dem<br />
Weg zum Traumjob gehen muss. Angefangen<br />
bei der Bewerbung bis hin<br />
zum finalen Bewerbungsgespräch.<br />
Der Uni fehlt es meist an Mitteln, um<br />
diesen Bereich der Karriereförderung<br />
gezielt zu unterstützen. Unternehmen<br />
wie der Finanzdienstleister MLP versuchen<br />
diese Lücke zu schließen. Sie<br />
bieten Rhetorikkurse und Berufsstarterseminare<br />
für interessierte Studenten<br />
an – kostenlos. Bleibt die Frage, welche<br />
Firma es sich leisten kann, nur im<br />
Interesse des Studenten zu handeln.<br />
Der FSU-Student Stefan Schmidt*<br />
besuchte die Seminare von MLP und<br />
fand sich wenig später mit einem<br />
Versicherungsvertrag in den Händen<br />
wieder. Angefangen hatte alles mit<br />
einem Gespräch auf dem Campus,<br />
bei dem er seine Telefonnummer gegen<br />
ein kostenloses Berufsstarter-Seminar<br />
tauschte. „Sie sagten, sie wären<br />
Mitarbeiter der <strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong>“, berichtet<br />
Stefan. Der Wahrheit entsprach<br />
das nicht. Eigentlich hatte MLP nicht<br />
mal eine Erlaubnis, sich auf dem Uni-<br />
Gelände aufzuhalten, um Werbung<br />
zu machen. Die Rechtsabteilung der<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong> sieht in diesem Fall<br />
noch Klärungsbedarf.<br />
Einige Zeit später erhielt Stefan einen<br />
Anruf, bei dem er sich einen Termin<br />
für das Berufsstarterseminar auswählen<br />
konnte. Neben ihm hatten sich<br />
noch zehn weitere Studenten für diesen<br />
Termin entschieden und saßen mit<br />
Stefan im Schulungsraum von MLP in<br />
<strong>Jena</strong>. Die Leiter des Kurses waren selber<br />
MLP-Mitarbeiter und berichteten<br />
von eigenen Berufserfahrungen. „Das<br />
Seminar war ganz interessant, aber ab<br />
und zu haben die schon Werbung in<br />
eigener Sache gemacht“, sagt Stefan.<br />
Zum Ende des Kurses wurde dann<br />
noch ein kleiner Fragebogen verteilt.<br />
Neben Fragen über das eigene Studium<br />
und ob man sich vorstellen könnte,<br />
für MLP zu arbeiten, gab es auch die<br />
Möglichkeit ein kostenloses Buch für<br />
Berufsstarter zu erhalten. Alles, was<br />
man dafür preisgeben musste, waren<br />
fünf Handynummern von Freunden<br />
oder Bekannten. „Es geschieht alles<br />
auf freiwilliger Basis“, kommentiert<br />
Michael Schäfer, der Geschäftsstellenleiter<br />
von MLP in <strong>Jena</strong>. Die<br />
Methoden zur Sammlung von<br />
Kontaktdaten geben dennoch<br />
zu denken.<br />
Möglichst viele Daten<br />
„Der richtige Verkauf begann aber<br />
erst danach“, sagt Stefan. Ein telefonisches<br />
Angebot für ein Finanzberatungsgespräch<br />
machte den Anfang.<br />
Darauf folgten mehrere persönliche<br />
Gespräche mit einem Berater der MLP.<br />
Diese waren immer davon geprägt,<br />
Vertrauen zwischen Käufer und Verkäufer<br />
aufzubauen. Während der Gespräche<br />
wurden nun immer mehr persönliche<br />
Daten zusammengetragen.<br />
Dadurch soll der Student am Ende die<br />
angeblich beste Versicherung erhal-<br />
ten, die für wenig Geld zu bekommen<br />
ist. Zum Schluss wurde Stefan eine<br />
Arbeitsunfähigkeitsversicherung angeboten,<br />
mit einem monatlichen Beitrag<br />
von rund 35 Euro. Auf was ihn damals<br />
kein Berater hingewiesen hatte, war<br />
die Rentenversicherung bis zum Jahr<br />
2050, die er mit seiner Unterschrift<br />
ebenfalls abgeschlossen hätte. Eine<br />
finanzielle Zusatzbelastung, die sich<br />
in den nächsten Jahren hätte rächen<br />
können.<br />
Beiträge im vierstelligen<br />
Bereich<br />
„Zum Glück hab ich das beim Durchlesen<br />
noch gesehen, sonst hätte ich<br />
da direkt unterschrieben.“ Der monatliche<br />
Beitragssatz wäre jedes Jahr<br />
um zehn Prozent gestiegen und setzt<br />
damit auch ein Einkommen voraus,<br />
das sich ebenfalls so stark entwickelt.<br />
Es gibt zwar Möglichkeiten die Erhöhung<br />
für zwei Jahre zu umgehen,<br />
aber spätestens danach muss man den<br />
Preisanstieg hinnehmen. Nach einiger<br />
Zeit hätte man es dann mit Beitragszahlungen<br />
im vierstelligen Bereich zu<br />
tun. Der Gedanke daran, dass man als<br />
Student im späteren Berufsleben ein<br />
Gehalt hat, bei dem zwei- bis dreitausend<br />
Euro für die Versicherung<br />
egal<br />
sind, mag<br />
verlockend<br />
sein. Realistisch<br />
ist er allerdings<br />
nicht.<br />
„Man muss sich<br />
die Zeit zum Lesen<br />
nehmen, egal wie lang der Vertrag<br />
ist“, rät Stefan allen Studenten, die für<br />
ihre Zukunft gut versichert sein wollen.<br />
MLP selbst ist ein Unternehmen, das<br />
Geldanlagen und Versicherungen anderer<br />
großer Konzerne an die Kunden<br />
weitergibt, um dafür eine Provision zu<br />
erhalten. Die Vermittlung einer sehr<br />
günstigen Versicherung würde damit<br />
nicht so viel Provision einbringen wie
die Vermittlung einer teuren. Akademiker<br />
bilden die Hauptzielgruppe von<br />
MLP, da hier das zukünftig größte Einkommen<br />
zu erwarten ist. Das damit<br />
verbundene Angebot von kostenlosen<br />
Kursen für Studenten dient als erste<br />
Kontaktaufnahme zu möglichen Neu-<br />
Kunden. MLP strebt daher eine Zusammenarbeit<br />
mit Hochschulen an, indem<br />
sie einen Teil der Karriereförderung<br />
auf eigene Kosten durchführt. Eine<br />
solche vertragliche Zusammenarbeit,<br />
wie sie bereits mit anderen <strong>Universität</strong>en<br />
stattfindet, existiert in <strong>Jena</strong> noch<br />
nicht. Dennoch ist das Unternehmen<br />
auch hier präsent. „Wir haben uns mit<br />
manchen Professoren abgestimmt, um<br />
uns in Vorlesungen vorstellen zu können“,<br />
sagt Michael Schäfer von MLP,<br />
der sich auch für den Fall Stefan entschuldigt:<br />
„Wir werden daran arbeiten<br />
die Fakten auf den Tisch zu legen“.<br />
MLP ist natürlich nicht das einzige<br />
Unternehmen, das innerhalb der<br />
<strong>Universität</strong> Studenten direkt ansprechen<br />
will. Eine Genehmigung durch<br />
„Es ist schwer, Betrug nachzuweisen“<br />
Rechtsberater Norbert Plandor berät betrogene Studenten<br />
An wen kann man sich wenden, wenn<br />
man sich betrogen fühlt?<br />
Wenn der Vermögensschaden nicht allzu<br />
hoch ist, dann kann man schriftlich Einwand<br />
erheben. Bei größeren Schadenssummen<br />
sollte man sich an einen Anwalt<br />
wenden. Dieser kann ein Strafverfahren<br />
einleiten, Forderungen<br />
und<br />
Schadensersatzansprüche<br />
geltend machen.<br />
Je nach<br />
Höhe des Vermögensschadens<br />
kann sich<br />
ein Betrogender<br />
auch an das<br />
Land- oder Amtsgericht<br />
wenden.<br />
Wie hilft die<br />
Rechtsberatung<br />
der Uni betrogenen<br />
Studenten?<br />
Jeder Student kann sich an der Uni<br />
beraten lassen. Wenden sich Betrogene<br />
dennoch an einen Anwalt, der für seine<br />
Hilfe Geld verlangt, dann können sie<br />
staatliche Unterstützung, die so genannte<br />
die Raumverwaltung ist aber für alle<br />
Pflicht. Eine solche Erlaubnis erhielten<br />
allerdings nur die Anbieter,<br />
von denen die Studenten profitieren<br />
könnten, erklärt Katrin Dischmann,<br />
Mitarbeiterin der Raumverwaltung.<br />
Eine Bank könne sich mit einem kostenlosen<br />
Giro-Konto für Studenten<br />
durchaus innerhalb der Uni präsentieren.<br />
Ein Ausstellungsplatz<br />
werde aber meist nur für sehr<br />
kurze Zeit vergeben und<br />
müsse bezahlt werden. „Wir<br />
wollen keinen Marktplatz in<br />
der <strong>Universität</strong> und auf das<br />
Geld kommt es uns auch<br />
nicht an, sondern auf den<br />
Vorteil der Studenten“, so<br />
Dischmann.<br />
Wartet dann doch einmal<br />
ein Vertrag auf eine Unterschrift,<br />
dann sollten drei<br />
Sachen nicht fehlen. Eine<br />
gesunde Portion Misstrauen<br />
gegenüber dem Berater,<br />
viel Zeit für den Vertrag<br />
Beratungshilfe, beantragen. Eine seriöse<br />
Anwaltskanzlei sollte die entsprechenden<br />
Anträge vor Ort haben. In meiner Kanzlei<br />
bekommen die Studenten eine Beratung,<br />
für die keine Vergütung fällig wird. Wollen<br />
sie eine umfangreichere Beratung, dann<br />
kostet diese auch bei uns Geld. Das ist<br />
der Fall, wenn sie mich<br />
beten, an einen Vermieter<br />
oder ein Telekommunikationsunternehmen<br />
zu schreiben.<br />
Wieviele Studenten<br />
haben bereits Ihre<br />
Hilfe in Anspruch<br />
genommen, wenn<br />
sie auf ein angeblich<br />
kostenloses<br />
Zeitungsabonnementhereingefallen<br />
sind.<br />
Das ist immer relativ.<br />
In den vergangenen<br />
zweieinhalb Monaten waren<br />
es etwa drei oder vier Studenten, die<br />
ein Zeitungsabo auf der Straße abgeschlossen<br />
hatten. Diese Fälle sind meist schwierig<br />
zu bearbeiten, weil die Studenten mit<br />
ihrer Unterschrift in den Vertrag einwilli-<br />
und keine Hemmungen davor, einen<br />
externen Fachmann zu fragen. Mit<br />
den Worten von Norbert Plandor,<br />
dem Rechtsberater für Studenten in<br />
<strong>Jena</strong>: „Ein guter Rat kann nie teuer<br />
genug sein“!<br />
Daniel Hofmann<br />
*Name von<br />
der Redaktion geändert<br />
gen. Wir müssen dann nachweisen, dass<br />
sie tatsächlich betrogen worden sind. Dafür<br />
brauchen wir meist Zeugen. Wenn wir<br />
aber einschreiten, sind wir bei acht von<br />
neun Fällen erfolgreich.<br />
Wenn ein Betrogener nach einer Woche<br />
feststellt, auf was er sich eingelassen<br />
hat, wie sollte er dann reagieren?<br />
Der Betroffene kann binnen 14 Tagen<br />
widerrufen. Auf diese Frist sollte er bei<br />
Vertragsabschluss auch hingewiesen werden.<br />
Meist schicken die Firmen einem die<br />
Zeitung allerdings erst nach Ablauf der<br />
Frist. Tritt dieser Fall ein, dann sollte das<br />
Opfer den Vertrag anfechten und seine<br />
Willenserklärung auf Abschluss des Vertrages<br />
aufgrund von arglistiger Täuschung<br />
aufheben. Diesen Tatbestand muss man<br />
allerdings beweisen können und das fällt<br />
vielen Betrogenen sehr schwer. Schließlich<br />
wird niemand mit einer Pistole auf<br />
der Brust gezwungen einen Vertrag abzuschließen.<br />
Bei welchen Geschäften soll man besonders<br />
vorsichtig sein?<br />
Bei Internetgeschäften sollte man sehr<br />
aufpassen.<br />
Das Interview führte Daniel Hofmann<br />
Titel<br />
7
Titel<br />
8<br />
Bei zwielichtigen<br />
Gestalten ist Vorsicht<br />
geboten.<br />
FOTO:<br />
MATTHIAS<br />
BENKENSTEIN<br />
Umfrage: Hat man dich schon abgezockt?<br />
Ich wurde letztes Jahr auf dem Campus<br />
angesprochen, ob ich nicht Interesse an<br />
einem Nebenjob hätte. Der Kerl gab mir<br />
seine Karte und lud mich zu einem Rücksprachetermin<br />
bei der Hamburg-Mannheimer-Inter-Organisation<br />
ein. Danach<br />
habe ich für 150 Euro zwei Schulungsseminare<br />
besucht. Als mir klar wurde,<br />
was die von mir wollten, nämlich dass<br />
ich Versicherungen an meine Eltern verkaufen<br />
soll, bin ich abgesprungen. Mein<br />
Geld habe ich nicht wieder bekommen.<br />
Leider bin ich schon mehrfach auf diese<br />
Probeabos reingefallen. Es wurde immer<br />
mit einer kostenlosen Bezugzeit geworben,<br />
aber wenn man nicht rechtzeitig<br />
kündigt, dann muss man die Zeitschrift für<br />
mindestens 1 Jahr beziehen. Einmal wurde<br />
mir auch gesagt, dass ich auf dem Antrag<br />
schon extra für die Kündigung nach der<br />
Probezeit unterschrieben hätte, was sich<br />
aber als falsch herausgestellt hatte. Dass<br />
diese Leute mittlerweile sogar auf dem<br />
Campus stehen, nervt tierisch.<br />
Jedes Mal, wenn ich über den Holzmarkt<br />
laufe, ärgere ich mich, dass<br />
sie mir dort so ein Abo untergejubelt<br />
haben. 14 Monate lang kann ich nicht<br />
kündigen und dabei will ich diese<br />
Zeitschrift gar nicht. Das Schlimme<br />
daran ist, dass ich mir ganz sicher bin,<br />
damals einen anderen Zettel unterschrieben<br />
zu haben, als den, den sie<br />
mir auf meine Anfrage hin zugeschickt<br />
haben. Umfrage und Fotos:<br />
Christoph Worsch<br />
Das Rosen-Kartell<br />
Überteuerter Pflanzenkauf aus sozialpsychologischer Sicht<br />
Einige von euch haben mit Sicherheit<br />
bereits die „Rosenverschenker“<br />
bemerkt, die neuerdings auch den<br />
Campus für sich entdeckt haben. Gezielt<br />
steuern sie den herausströmenden<br />
Massen entgegen, fragen,<br />
ob man eine Blume geschenkt<br />
bekommen<br />
möchte oder strecken<br />
sie einem gleich wortlos<br />
entgegen. Was dem unbedarften<br />
Menschen zuerst<br />
als freundliche Geste<br />
erscheint, entpuppt sich<br />
als raffinierte Verdienstmethode.<br />
Sobald der<br />
Stiel die eigene Hand<br />
berührt und man seines<br />
Weges gehen möchte,<br />
erschallt die Forderung<br />
nach einer Spende beziehungsweise<br />
Bezahlung. Nicht wenige<br />
zücken ihr Portemonnaie anstatt das<br />
Geschenk abzulehnen. Doch warum<br />
ist das so?<br />
Aus sozialpsychologischer Sicht ist<br />
hier die Reziprozitätsregel ausschlaggebend.<br />
Jemandem, der uns etwas<br />
Gutes tut, möchten wir es ausgleichend<br />
vergelten. Wenn wir uns von<br />
einem Kommilitonen<br />
die Mitschriften der<br />
Vorlesung kopieren<br />
dürfen, eröffnen wir<br />
ihm umgekehrt diese<br />
Möglichkeit für die<br />
Zukunft oder laden<br />
ihn auf einen Kaffee<br />
ein. Im beschriebenen<br />
Fall kann zudem<br />
die Wahrnehmung<br />
der Rose als<br />
Geschenk zu einem<br />
verstärkten Rückgabehemmnis<br />
führen:<br />
„Geschenke gibt<br />
man nicht zurück.“ So ergibt sich stattdessen<br />
der Griff zur Geldbörse, gefolgt<br />
von einer oftmals unverhältnismäßig<br />
hohen Spende in Höhe eines Mensa-<br />
essens. Denn wer möchte schon als<br />
geizig oder undankbar gelten?!<br />
Was ihr dagegen tun könnt? Ganz einfach:<br />
Entweder die Rose gar nicht erst<br />
annehmen oder im rechten Moment<br />
ohne schlechtes Gewissen zurückgeben.<br />
Nur weil ihr etwas bekommt,<br />
was ihr nicht wollt, müsst ihr nicht dafür<br />
bezahlen. Mutige können ja auch<br />
einfach mit der Blume davonlaufen.<br />
Denn für Geschenke muss man nicht<br />
zahlen.<br />
Robert Wegner<br />
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„Helga, mach das Rollo runter“<br />
Wie es als Werber in einer Drückerkolonne ist<br />
Alle Mann raus aus dem Auto, ausstreuen<br />
und ran an die Haustüren: Klinken<br />
putzen für den guten Zweck. Vor dem Klingeln<br />
noch schnell die ersten Sätze durchgehen<br />
und dann Augen zu und durch: „Schönen<br />
guten Tag, wie sind von der Johanniter.<br />
Keine Angst, heute nehmen wir keinen mit!“<br />
Gleich in fröhliches Gelächter ausbrechen,<br />
damit das gerade aus seinem Alltag geklingelte<br />
Gegenüber weiß, dass der flotte<br />
Spruch ein Scherz sein sollte. Und bevor die<br />
Haustür gleich wieder zufliegt oder<br />
der Hausherr einwendet, dass er<br />
kein Interesse an einer Spendenmitgliedschaft<br />
bei den Johannitern hat,<br />
schnell weiterschnattern und sich<br />
mit den wichtigsten Argumenten in<br />
die Wohnung manövrieren. Wenn<br />
der Plan mal wieder nicht aufgeht,<br />
durchatmen und es beim Nachbarn<br />
versuchen. Und so geht es weiter,<br />
im ganzen Haus, auf der ganze Straße,<br />
im ganzen Viertel, bis gefühlte<br />
12 Stunden später das Auto wieder<br />
Richtung Ferienhaus fährt, in dem<br />
alle Werber in diesen Wochen zusammen<br />
leben.<br />
Geld stinkt nicht<br />
Als Promoter bei der Wesser GmbH<br />
zu arbeiten bedeutet, drei Treppchen höher<br />
als andere Drücker zu stehen. Immerhin<br />
vertritt Wesser nur so genannte Non-Profit-<br />
Organisationen wie den Johanniter-Unfall-<br />
Hilfe e.V. (JUH), das Rote Kreuz und einige<br />
Naturschutzvereine. Doch trotz der sozialen<br />
und ökologischen Relevanz ist diese<br />
Promotion ein seelisch belastender Job, den<br />
Wesser mit einem hohen Gehalt belohnen<br />
möchte. Leider werden aber nicht der psychische<br />
Wahnsinn, dem sich der Werber<br />
aussetzt, die herabwürdigende Behandlung<br />
durch die Bevölkerung oder die belastenden<br />
Arbeitszeiten entlohnt. Allein die unterschriebenen<br />
Verträge bringen Geld; nach<br />
Leistungsprinzip werden die Promoter an<br />
den Gewinnen der Organisationen beteiligt.<br />
Spendet das neue Fördermitglied monatlich<br />
einen hohen Betrag, ist die Provision auch<br />
hoch. Ist ein Werber für einen der Naturschutzvereine<br />
im Einsatz, ist seine Provision<br />
höher als der Satz des Werbers für die sozialen<br />
Organisationen. Schließlich sind Rotes<br />
Kreuz und die Johanniter in der Gesellschaft<br />
etablierter als ökologische Vereine und Mitglieder<br />
lassen sich leichter werben. Die Provision<br />
soll laut Wesser bis zu 2000 Euro im<br />
Monat einbringen – abhängig ist das Gehalt<br />
allein von der Hartnäckigkeit des Werbers.<br />
Mit welchen Methoden sich der Promoter<br />
an der Haustür durchsetzt, wie es ihm gelingt,<br />
im Wert von 2000 Euro im Monat<br />
Mitgliedsverträge für die Organisationen<br />
zu ergattern, können die Wesser GmbH<br />
und die Vereine kaum prüfen. Sabine Zeller<br />
von der Johanniter in Baden-Württemberg<br />
hofft, mit den „professionellen Werbern“<br />
der Firma Wesser Einfluss darauf zu nehmen,<br />
„mit welchen Maßstäben, Mitteln und<br />
Methoden die Werber arbeiten.“ Doch wie<br />
professionell kann die Mitgliederwerbung<br />
schon sein, wenn 90 Prozent der Werber<br />
Studenten sind?<br />
Der Weg zum Folterferienjob<br />
Jeder kann sich für eine Stelle als Promoter<br />
bewerben und kriegt sie in der Regel auch<br />
– Hauptauswahlkriterium ist scheinbar, diesen<br />
belastenden Job überhaupt zu wollen.<br />
Wer sich einmal online beworben hat (Angabe<br />
von Name, Adresse und Häufigkeit<br />
des E-Mail-Abrufens genügen), muss sich<br />
nur noch bei einem Bewerbungsgespräch<br />
in seiner Stadt von einem Wesser-Scout – in<br />
der Regel ein langjähriger und erfolgreicher<br />
Promoter – auf Flexibilität und Durchsetzungsvermögen<br />
prüfen lassen, bis der mehrwöchige<br />
Folterferienjob losgeht. Startpunkt<br />
der mindestens vierwöchigen Werberzeit ist<br />
die Auftaktveranstaltung in der Stuttgarter<br />
Wesser-Zentrale. Diese Zusammenkunft aller<br />
Newcomer ist eine als nette Ferienlagerdollerei<br />
getarnte Schulung, die die wichtigsten<br />
Handfertigkeiten für den Promoterjob<br />
lehren soll. Nach diesem Wochenende werden<br />
die Neuwerber in ihr Einzugsgebiet – je<br />
nachdem wo gerade Promoter gebraucht<br />
werden – geschickt, wo sie nun in einem<br />
größeren Team in einem Ferienhaus zusammenleben<br />
und Klinken schrubben werden.<br />
Dort angekommen, bringt der Teamleiter,<br />
wie der Scout ein langjährig erfolgreicher<br />
Promoter, dem Neuling weitere Tipps bei,<br />
um an der Haustür zu punkten. Eine dieser<br />
wertvollen Ideen besagt, sobald die Haustür<br />
geöffnet wird, die Schuhe auf dem Abtreter<br />
zu wetzen, um dem Gegenüber gar keine<br />
Wahl zu lassen, als den Werber in die<br />
Wohnung zu bitten. Es gilt, keine Blöße zu<br />
zeigen – schließlich wollen die angepriesenen<br />
2000 Euro fix verdient<br />
werden.<br />
Kontrollmechanismen<br />
Von unlauteren Methoden distanzieren<br />
sich sowohl die Johanniter<br />
als auch Wesser. Robert Werzer von<br />
Wesser erschließt sich mit eigener<br />
Logik, wieso die Mitarbeiter ganz<br />
bestimmt ordentlich arbeiten: Kein<br />
Promoter will, dass eine Beschwerde<br />
über ihn eingeht, die zu seiner<br />
Suspendierung führen würde. Wer<br />
ordentlich Geld verdienen wolle,<br />
würde sich an den Werberkodex<br />
halten. Doch gibt Werzer zu, dass<br />
es jährlich einige Beschwerden<br />
gibt. Um Anklagen aus der Bevölkerung<br />
zu verhindern, hat sich „der Johanniter-Unfall-Hilfe<br />
e.V. verpflichtet, in seiner<br />
Mitgliederwerbung einen Verhaltenskodex<br />
der deutschen Hilfsorganisationen einzuhalten,<br />
der zahlreiche Ge- und Verbote<br />
enthält, welche die Werbemaßnahmen von<br />
sogenannten Drücker-Methoden deutlich<br />
unterscheiden“, erklärt Johanniter-Pressesprecherin<br />
Zeller. Außerdem überprüfen die<br />
Organisationen präventiv die Werbebeauftragten<br />
in Form von stichprobenartigen Anrufen,<br />
die die Johanniter bzw. die anderen<br />
Organisationen bei den neugeworbenen<br />
Mitgliedern vornehmen.<br />
Aber warum lassen diese rechtschaffenen<br />
Vereine überhaupt Dritte für sich Spendenmitglieder<br />
sammeln? Sabine Zeller antwortet<br />
für die Johanniter stellvertretend, die<br />
eigenen Mitarbeiter könnten nicht neben<br />
ihrer eigentlichen Tätigkeit auch noch die<br />
Haustürwerbung übernehmen. Zumal es<br />
sich dabei um eine „schwierige und undankbare<br />
Aufgabe“ handelt, die nicht selten<br />
mit einer großen „psychischen Belastung“<br />
einhergeht. Wahrscheinlich gibt Wesser<br />
deswegen allen potentiellen Werbern eine<br />
Chance und rekrutiert die über 1000 Mitarbeiter<br />
jährlich vorzugsweise aus dem Internet.<br />
Nelly Dinter<br />
Titel<br />
Heucheln,<br />
schleimen,<br />
grinsen: Der<br />
Beruf des Drückers<br />
will gelernt<br />
sein.<br />
FOTO:<br />
KATHARINA<br />
SCHMIDT<br />
9
Uni<br />
In der Öffentlichkeit<br />
wurde<br />
der Hochschulrat<br />
erst ein Mal<br />
zusammen<br />
gesehen: vor<br />
einem Jahr zum<br />
Fototermin.<br />
FOTO:<br />
FSU/SCHEERE<br />
10<br />
Der große Unbekannte<br />
Ein Jahr Hochschulrat an der FSU – Versuch einer Bilanz<br />
Ein Jahr ist es mittlerweile her, dass an<br />
der <strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong> ein Hochschulrat<br />
eingeführt wurde. Er besteht aus zehn Mitgliedern,<br />
von denen aber nur drei der FSU<br />
angehören. Grund für die Veränderung<br />
im Uni-System war das neue Thüringer<br />
Hochschulgesetz. Die Idee und der Anspruch<br />
dahinter: Externe Fachleute sollten<br />
ihre Erfahrungen in die Forschung und<br />
Lehre einbringen und Anregungen zur<br />
zukünftigen Profilierung der Uni geben.<br />
Unter den Mitgliedern, die nicht aus <strong>Jena</strong><br />
kommen, finden sich neben Professoren<br />
und Politikern mit Michael Kaschke, Mitglied<br />
des Beirats der Dresdner Bank, und<br />
Jürgen Radomski, dem ehemaligen Personalvorstand<br />
bei Siemens, auch Vertreter<br />
aus Wirtschaftsunternehmen. Gerade die<br />
Berufung Radomskis ist umstritten, da dieser<br />
im vergangenen Jahr in die Schmiergeldaffäre<br />
bei Siemens verwickelt war und<br />
inzwischen auf Schadensersatz verklagt<br />
wird. Begleitet wurde die Einführung des<br />
neuen Gremiums von einem Aufschrei des<br />
Stura, der den Abbau der studentischen<br />
Mitbestimmung kritisierte. Der Stura boykottierte<br />
den Unirat und entschloss sich,<br />
keinen studentischen Vertreter zu den<br />
Sitzungen zu schicken, obwohl das Thüringer<br />
Hochschulgesetz diesem immerhin<br />
eine beratende Stimme zugesteht.<br />
Das Jahr zog ins Land und es wurde still<br />
um den Unirat. Kaum etwas von den Sitzungen<br />
drang an die Öffentlichkeit. Hat<br />
sich das neue Gremium als Ort der Kooperation<br />
bewährt, in dem anregend und<br />
kritisch über alle Felder der Wissenschaft<br />
diskutiert wird, oder handelt es sich hier<br />
um einen Club der Jasager und Abnicker?<br />
Klaus Dicke für seinen Teil zieht eine positive<br />
Bilanz: „Das Einarbeiten der externen<br />
Mitglieder in den Rhythmus der Arbeit<br />
hat erstaunlich gut funktioniert.“ Dicke<br />
hat sich nicht nur dafür eingesetzt, dass<br />
der Hochschulrat in <strong>Jena</strong> „<strong>Universität</strong>srat”<br />
heißt, sondern nimmt auch regelmäßig an<br />
den Sitzungen teil. Inzwischen gebe es<br />
keine „Übergangssituation“ mehr und das<br />
Gremium erfülle alle seine Funktionen.<br />
Unter diesen Funktionen hebt Dicke zwei<br />
besonders hervor: seine eigene Wiederwahl<br />
und die Ziel- und Leistungsvereinbarung<br />
zwischen der <strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong> und<br />
der Thüringer Landesregierung. Dabei<br />
wird über die Aufgaben der <strong>Universität</strong><br />
und die ihr zustehenden Geldmittel verhandelt.<br />
Gerade bei den Gesprächen mit<br />
dem Landtag seien die Erfahrungen der<br />
externen Mitglieder sehr hilfreich gewesen.<br />
Darüber hinaus hat der Unirat eine<br />
beratende Funktion. Auch hier findet<br />
Rektor Dicke den Einfluss des Gremiums<br />
bereichernd: „Ich nenne es Rechenschaft<br />
ablegen: sich selbst zu verdeutlichen, welche<br />
Verantwortung man hat. Dazu gehört<br />
natürlich auch Selbstkritik.“<br />
Artikulierte<br />
Wirtschaftsinteressen<br />
Den Einfluss externer Mitglieder aus Wirtschaftsunternehmen<br />
beurteilt Klaus Dicke<br />
als nicht problematisch: „Es ist richtig,<br />
dass es damit eine unmittelbare Artikulationsmöglichkeit<br />
für Wirtschaftsinteressen<br />
an der <strong>Universität</strong> gibt. Jedoch sind<br />
konkrete operative Entscheidungskompetenzen<br />
nicht gegeben.“ Die <strong>Universität</strong> sei<br />
inzwischen auch in einem höheren Maße<br />
auf eine Kooperation mit der Wirtschaft<br />
angewiesen. „Wir müssen an der <strong>Universität</strong><br />
Dinge einführen, die die Wirtschaft<br />
schon seit zehn Jahren beherrscht.“ Darunter<br />
fallen für Dicke beispielsweise Qualitätskontrollen<br />
in allen Bereichen. Ob im<br />
Zuge dieser Qualitätskontrollen auch Studiengänge<br />
untergehen werden, die nicht<br />
in bestimmte „Forschungscluster“ hinein-<br />
passen, bleibt abzuwarten.<br />
Die Artikulationsmöglichkeit für Wirtschaftsinteressen<br />
erscheint Stura-Mitglied<br />
Marc Emmerich höchst bedenklich. Bildung<br />
sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe,<br />
darunter falle auch die Lehre an einer<br />
<strong>Universität</strong>. Würden nun Belange der<br />
<strong>Universität</strong> unter privatwirtschaftlichen<br />
Gesichtspunkten beurteilt, so nehme dies<br />
die Gesellschaft aus der Verantwortung.<br />
Emmerich sieht darin einen gegenwärtigen<br />
Trend: Die Hochschule emanzipiere<br />
sich offensichtlich vom Land und gehe<br />
mehr auf die Wirtschaft zu. Als einziger<br />
Student hat er an einer Sitzung des <strong>Universität</strong>srats<br />
teilgenommen, an der zur<br />
Wiederwahl Klaus Dickes als Rektor. Damals<br />
wie heute beurteilt er das Verfahren<br />
als nicht transparent genug. Außerdem<br />
werde Dicke von Personen gewählt, die<br />
er selbst dafür ausgesucht habe. Im Verlauf<br />
der Rektorwahl hatten einzelne Mitglieder<br />
sogar Verständnis für seine Kritik<br />
bekundet. Jedoch blieb der Eindruck einer<br />
Scheinwahl haften: „Ich hatte das Gefühl,<br />
dass im Vorfeld schon alles entschieden<br />
war. Die Mitglieder treffen sich oftmals<br />
schon separat, um die Sitzungen vorzubereiten.“<br />
Dazu passte auch, dass die Wahl<br />
des Rektors mitsamt Diskussion nur etwa<br />
drei Stunden dauerte. Insgesamt sieht Emmerich<br />
den <strong>Universität</strong>srat als „ein überflüssiges<br />
Gremium, das Entscheidungsprozesse<br />
verschleiert.“<br />
Mittlerweile hat sich der Stura dazu entschlossen,<br />
doch einen studentischen Vertreter,<br />
Sven Thalmann, in den <strong>Universität</strong>srat<br />
zu entsenden. Das sollte Klaus Dicke<br />
erfreuen, meint dieser doch: „Ich fordere<br />
die Studenten immer auf, auch ihre Meinung<br />
beizutragen.“ Thalmann, der Volkskunde<br />
und Kulturgeschichte studiert,<br />
möchte in seiner neuen Funktion eng mit<br />
dem Stura zusammenarbeiten und hofft,<br />
dass er im <strong>Universität</strong>srat „den Studenten<br />
eine Stimme geben kann, die auch erhört<br />
wird.” Als problematisch sieht er die Tatsache,<br />
dass viele der Mitglieder mit aktuellen<br />
studentischen Problemen nicht vertraut<br />
sind. Dennoch blickt er optimistisch<br />
auf die zukünftigen Sitzungen. Thalmann<br />
bietet sich nun die Möglichkeit, etwas<br />
Licht ins Dunkel eines Gremiums zu bringen,<br />
das nach außen hin den Eindruck erweckt,<br />
Entscheidungen am liebsten hinter<br />
verschlossenen Türen zu fällen. Er hat die<br />
Möglichkeit studentische Interessen zumindest<br />
zur Diskussion zu stellen, wenn<br />
er auch kein Stimmrecht hat.<br />
Philipp Böhm
Vor wenigen Tagen erregte Marius Reiser,<br />
Professor für Neues Testament am Fachbereich<br />
Katholische Theologie der <strong>Universität</strong><br />
Mainz, großes Aufsehen, indem<br />
er ankündigte seinen Lehrstuhl zum Ende<br />
des Wintersemesters aus Protest gegen<br />
den Bologna-Prozess aufzugeben. Wir<br />
sprachen mit ihm über seine Motive und<br />
mögliche Alternativen.<br />
In der öffentlichen Erklärung Ihres<br />
Rückzugs üben sie deutliche Kritik<br />
am jetzigen Hochschulsystem und<br />
führen viele allgemeine Beispiele an,<br />
wie die Umstellung auf Bachelor und<br />
Master die universitäre Lehre und Forschung<br />
gefährdet. Welche konkreten<br />
Erfahrungen haben Sie als Lehrender<br />
gemacht, die Sie zu diesem Schluss<br />
kommen lassen?<br />
Eine gewisse Verschulungstendenz ist an<br />
den <strong>Universität</strong>en schon lange zu beobachten.<br />
Das hängt damit zusammen, dass<br />
die Abiturienten immer seltener die notwendigen<br />
Voraussetzungen für ein akademisches<br />
Studium mitbringen. Ich muss<br />
sozusagen immer weiter unten anfangen<br />
und versuchen, die schulischen Mängel<br />
auszugleichen. An bestimmte Referatsthemen,<br />
die ich noch vor zehn Jahren mit<br />
dem Hinweis vergeben konnte, die Studierenden<br />
mögen sich die Literatur selbst<br />
zusammensuchen, ist heute nicht mehr<br />
zu denken. Aber muss man diese Tendenzen<br />
noch unterstützen? Bald wird ein<br />
Theologiestudium nur noch das vermitteln<br />
können, was der Religionsunterricht<br />
vor zwanzig Jahren geboten hat.<br />
Hatten Sie Möglichkeiten den Bologna-Prozess<br />
zu beeinflussen?<br />
Natürlich mußte ich mich an den konkreten<br />
Plänen für ein Curriculum an unserer<br />
Fakultät beteiligen. Aber das vorgegebene<br />
Raster ließ wenig Freiheit zu<br />
und erschien mir zunehmend unsinnig.<br />
Selbst mit Mogeln und Etikettenschwindel<br />
ist da nicht viel zu machen. Die Pläne<br />
stammen von Leuten, die, zumindest was<br />
mein Fach betrifft, nicht wissen, worum es<br />
geht. Alle Einsprüche blieben ohne jede<br />
Resonanz.<br />
An unserer <strong>Universität</strong> versuchen einige<br />
Institute, die Anforderungen der Bologna-Beschlüsse<br />
so weit wie möglich<br />
auszulegen, um Nachteile für Lehre<br />
und Forschung abzuwenden. Glauben<br />
Sie, dass solche Maßnahmen innerhalb<br />
der universitären Selbstverwaltung die<br />
Widerstand ist möglich<br />
Ein Gespräch mit Bologna-Kritiker Marius Reiser<br />
„Vertretmühlung“ der <strong>Universität</strong>en<br />
lindern bzw. stoppen können?<br />
Wenn man die Zwangsjacke erst einmal<br />
angezogen hat, kann man sich nicht mehr<br />
gut bewegen.<br />
Warum haben sich ihre Kollegen und<br />
Studenten so wenig gewehrt?<br />
Die Kollegen glauben zumeist, sie könnten<br />
sich irgendwie durchlavieren. Alternativen<br />
zu seinem Beruf hat ein Professor<br />
sehr wenige. Und außerdem hörte man<br />
von Anfang an das leidige Lied: „Wir können<br />
ja doch nichts machen.“ Die Studierenden,<br />
die noch nach der alten Ordnung<br />
studieren, sind froh um ihre Freiheit und<br />
kümmern sich wenig um das, was danach<br />
kommt. Deswegen ist bisher leider so gut<br />
wie nichts geschehen.<br />
Ist ein BA/MA-System grundsätzlich<br />
schädlich oder liegt Ihre Kritik eher in<br />
der konkreten Umsetzung begründet?<br />
Schließlich könnte man annehmen,<br />
dass die USA mit Ihrem BA/MA-System<br />
nicht gerade schlecht fahren.<br />
Das BA/MA-System und die akademischen<br />
Verhältnisse in den USA sind mit unseren<br />
kaum vergleichbar. Wir müssen von unseren<br />
Voraussetzungen im Schulsystem<br />
und den hier herrschenden Berufsfeldern<br />
ausgehen. Alles andere ist Ablenkung von<br />
den eigentlichen Problemen. Tatsache ist,<br />
dass unser Diplom weltweit anerkannt war<br />
und hohes Ansehen genoß. Jetzt schaffen<br />
wir es ohne Grund ab.<br />
Wenn die <strong>Universität</strong>en unseren Begriff<br />
von Bildung prägen, wohin driftet<br />
dieser Begriff im 21. Jahrhundert? Und<br />
was geht dabei verloren?<br />
Unter Bildung hat man bisher eine gewisse<br />
Weltkenntnis verstanden, dazu<br />
Kenntnisse in klassischer Literatur, auch<br />
Weltliteratur, die Fähigkeit, gesellschaftliche<br />
Entwicklungen<br />
in größere geschichtliche Zusammenhänge<br />
zu stellen und<br />
in schwierigen Sachfragen<br />
begründet zu argumentieren.<br />
Außerdem galten gewisse humanistische<br />
Werte wie Wahrhaftigkeit,<br />
soziale Gerechtigkeit<br />
und persönliche Freiheit<br />
als selbstverständlich. All<br />
das wird gegenwärtig immer<br />
mehr in Frage gestellt und<br />
behindert. Auch die Freude<br />
an geistigen Auseinandersetzungen<br />
und Abenteuern ver-<br />
misst man schon jetzt an der <strong>Universität</strong>.<br />
Auch die Fähigkeit zu sachlicher Kritik,<br />
ja das Interesse daran, nimmt selbst bei<br />
Kollegen spürbar ab.<br />
Was war die Intention ihres Schrittes<br />
und wie nahmen Sie das öffentliche<br />
Echo wahr?<br />
Zunächst wollte ich meinen Entschluß,<br />
von einem öffentlichen Amt zurückzutreten,<br />
auch öffentlich begründen. Der überwältigende<br />
Zuspruch überzeugt mich<br />
jedoch, daß die Unzufriedenheit noch<br />
zum Widerstand und zum organisierten<br />
Einsatz für das Gute, das uns genommen<br />
werden soll, führen kann. Es ist nicht zu<br />
spät.<br />
Interview: Sören Christian Reimer<br />
Anm. der Redaktion: Aufgrund der vielen<br />
Anfragen konnte uns Professor Reiser<br />
nur ein schriftliches Interview geben.<br />
Die ausführliche Begründung Reisers<br />
zu seinem Rückzug aus dem universitären<br />
Leben erschien am 20. Januar<br />
in der „FAZ“ und kann auf „faz.de“<br />
nachgelesen werden.<br />
FOTO: PRIVAT<br />
ANZEIGE<br />
Uni<br />
11
... FÜR DEN INHALT DIESER SEITE IST DER UNI-STURA VERANTWORTLICH, NICHT DAS AKRÜTZEL ...<br />
Weitere Infos auf:<br />
www.stura.<br />
uni-jena.de<br />
12<br />
Referats-Comeback<br />
Nach längerem Winterschlaf wird<br />
endlich das Menschenrechtsreferat<br />
des StuRa wieder aktiv! Vorigen<br />
Dienstag wurde Gremiumsmitglied<br />
Anna-Luise <strong>Friedrich</strong> (Jura, 3. FS), die<br />
bisher schon viel Einsatz für die Menschenrechte<br />
bei „amnesty international“<br />
zeigte, zur neuen Referentin gewählt.<br />
Als Schwerpunkt der Referatsarbeit soll<br />
das Menschenrecht auf Bildung weltweit<br />
dienen – der StuRa arbeite schließlich<br />
grundsätzlich an Themen mit Bezug<br />
zur Uni; ohnedies sei Bildung eines<br />
der interessantesten Problemgebiete in<br />
Sachen weltweiter Menschenrechtsarbeit,<br />
so die Referentin. Man darf also<br />
gespannt sein.<br />
Engagierte neue Mitstreiter sind im Referat<br />
selbstverständlich immer willkommen!<br />
Kontakt: menschenrechte@stura.<br />
uni-jena.de<br />
Warnstreik – gegen oder mit uns?<br />
Auch in diesem Jahr wird im<br />
öffentlichen Dienst der Länder<br />
über einen neuen Tarifvertrag<br />
verhandelt. Grund sind die Forderungen<br />
der Gewerkschaften (unter<br />
anderem GEW und ver.di) nach einer<br />
achtprozentigen Lohnerhöhung<br />
und entscheidenden Verbesserungen<br />
im gesamten Tarifsystem. Unter den<br />
Aufrufen zum Arbeitskampf steht<br />
diesmal aber auch die Unterschrift<br />
des StuRa. Aber sind Warnstreiks &<br />
Co. aber nicht auch Sache der Angestellten<br />
und MitarbeiterInnen an<br />
der Uni, bestenfalls noch der LehrerInnen?<br />
In seinem einstimmigen Beschluß<br />
argumentiert der StuRa, dass die Beschäftigungssituation<br />
an der Uni immer<br />
auch eine Rückwirkung auf die<br />
Lehr- und Forschungsqualität hat.<br />
Viele Studierende sind künftige Beschäftigte<br />
– ob als LehrerInnen oder<br />
AkademikerInnen. Schließlich ist<br />
aber auch eine ganz studentische Forderung<br />
auf den Verhandlungstischen<br />
zu finden – studentische Beschäftigte<br />
an den Hochschulen müssen endlich<br />
tariflich abgesichert werden, damit<br />
die Willkür der Länder bei Bezahlung<br />
und Leistungen endet.<br />
Daher organisieren wir gemeinsam<br />
mit den Landesbeschäftigten am 11.<br />
Februar von 11 bis 13 Uhr auf dem<br />
Abbe-Platz zur Verdeutlichung unserer<br />
gemeinsamen Tarifforderungen<br />
den Aktionstag „Bildung ist Mehr-<br />
Wert!“<br />
Weitere Infos auf:<br />
www.stura.uni-jena.de/<br />
index.php?id=202
Der Stura-Haushalt für das Jahr 2009<br />
ist beschlossen. Nach einem langen<br />
Verhandlungsmarathon im Dezember war<br />
es am Ende denkbar knapp. Jeder der 24<br />
übrig gebliebenen Stura-Mitglieder musste<br />
mit „ja“ stimmen, damit der neue Haushalt<br />
abgesegnet werden konnte.<br />
Für dieses Jahr sind Ausgaben in Höhe<br />
von rund 504.000 Euro geplant. Das sind<br />
circa 68.000 Euro mehr als im Vorjahr. Allerdings<br />
haben sich auch die erwarteten<br />
Einnahmen erhöht, sodass der Haushalt<br />
komplett gedeckt ist.<br />
Das Geld wird zum größten Teil dazu benötigt,<br />
die eigenen Projekte zu fördern.<br />
Dazu zählen sowohl die Referate des Studentenrats<br />
wie Kultur, Hochschulpolitik<br />
und Sport als auch die studentischen Medien.<br />
Mit circa 197.000 Euro stehen hier die<br />
größten Ausgaben zu Buche. Neu ist das<br />
Referat Antirechtsextremismus, dem nach<br />
einem intensiven Namensstreit und der<br />
Vorstellung eines konkreten Finanzplans<br />
4.800 Euro zugesprochen wurde. Mit dieser<br />
Summe zählt das Referat von Beginn<br />
an zu den bestgeförderten. Deutlich erhöht<br />
wurde auch der Topf des Sozialfonds.<br />
Statt 6.000 Euro stehen nun 10.000 Euro<br />
zur Verfügung, um Studenten mit einem<br />
Darlehen zu unterstützen, die kurzfristig in<br />
soziale Not geraten.<br />
Den Fachschaftsräten wird die zweitgrößte<br />
Summe von ungefähr 100.000 Euro über-<br />
Der Stura-Haushalt 2009<br />
Die rote Welle<br />
80 Prozent der Studenten in den Senatsausschüssen sind Jusos<br />
Im Sommersemester 2008 wurden die vier<br />
studentischen Vertreter des Senats von<br />
ihren Kommilitonen an der FSU gewählt.<br />
Nach ihrem Amtsantritt in diesem Wintersemester<br />
war eine ihrer ersten Aufgaben,<br />
am 18. November die studentischen Vertreter<br />
für den Bibliotheks-, Forschungs-,<br />
Studien- sowie Hochschulplanungs- und<br />
Haushaltsausschuss zu wählen. Doch die<br />
studentischen Senatoren Frank Dörfler,<br />
Marc Emmerich, Alexander Greyer und<br />
Annika Böttcher erbaten sich Zeit, um die<br />
Bewerber eingehend zu prüfen. Allerdings<br />
kamen nur die Jusos Dörfler und Emmerich<br />
dieser Aufgabe nach und suchten mit<br />
den über 20 Bewerbern ein Gespräch. So<br />
ergab es sich, dass bei der Wahl am 16.<br />
Dezember 13 von den 16 zu vergebenden<br />
Ämtern mit Jusos besetzt wurden, die allesamt<br />
Neulinge in den Ausschüssen sind.<br />
wiesen. Da dieses Geld aber nicht von allen<br />
Fachschaften im vollen Umfang beansprucht<br />
wird, fließt ein Teil davon wieder<br />
zurück. So wurden von den veranschlagten<br />
96.000 Euro aus dem Jahr 2008 nur 69.000<br />
Euro von den Fachschaften verwendet.<br />
Erhöht wurde in diesem Jahr auch die Unterstützung<br />
für externe Projekte. Dieser<br />
Topf wurde in den vergangenen Jahren<br />
eingerichtet, damit Studenten mit eigenen<br />
Ideen und Vorhaben unterstützt werden<br />
konnten. Da die Nachfrage groß war und<br />
sich der Stura oft knauserig zeigen musste,<br />
GRAFIK: HAUKE REHR<br />
Erfahrene und kompetente Kandidaten, die<br />
schon seit Jahren in den Ausschüssen des<br />
Senats gearbeitet haben und in dieser Legislaturperiode<br />
nicht wiedergewählt wurden,<br />
fühlten sich übergangen. Dennoch rechtfertigt<br />
Dörfler den „Generationswechsel“:<br />
„Man muss nicht im 16. Semester sein, um<br />
die Studierenden ordentlich zu vertreten.<br />
Auch Studenten im 3. Semester müssen<br />
eine Chance bekommen, um Erfahrungen<br />
in wichtigen universitären Ämtern zu sammeln.“<br />
In den Ausschüssen müssen die neuen<br />
studentischen Vertreter nun eine Menge<br />
Kompetenz an den Tag legen, schließlich<br />
werden dort die Tagesordnungspunkte des<br />
Senats vorbereitet. Soll der Senat beispielsweise<br />
über die Anzahl der Pflichtveranstaltungen<br />
eines Faches abstimmen, arbeitet<br />
der dafür zuständige Ausschuss den Mo-<br />
stehen hier nun 2.500 Euro mehr zur Verfügung.<br />
Am Ende wurde ein Thema besonders<br />
hitzig diskutiert. Seit einer Weile sinken<br />
die Überträge aus den vorherigen Jahren.<br />
Der Stura ist mit der Situation konfrontiert,<br />
dass bei einer ähnlichen zukünftigen<br />
Ausgabepolitik die in der Vergangenheit<br />
angehäuften Finanzen in absehbarer Zeit<br />
aufgebraucht sein werden. Um dem entgegenzuwirken,<br />
wurde beschlossen eine<br />
Rücklage von 2.000 Euro einzurichten.<br />
Felix Reinhardt<br />
dulkatalog des Faches durch und segnet<br />
ihn ab. Die Studenten haben im Senat keine<br />
leichte Aufgabe, schließlich müssen sie<br />
die studentischen Interessen vor der Mehrheit<br />
des Senats, den Professoren, vertreten.<br />
Darum sieht Dörfler die Überzahl der Jusos<br />
in den studentischen Ämtern ganz positiv<br />
und leugnet nicht ein gewisses Kalkül bei<br />
der Wahl der studentischen Vertreter: „Da<br />
die Jusos bei den studentischen Senatoren<br />
in der Mehrheit sind, war es kein Zufall,<br />
dass die Parteizugehörigkeit der studentischen<br />
Vertreter in den Ausschüssen spiegelbildlich<br />
ist.“ Nun wollen die Jusos im<br />
Senat für die Studenteninteressen und gegen<br />
die starke Hochschulleitung kämpfen,<br />
sei es für eine breite Kapazität an Masterplätzen<br />
oder gegen die Arbeitsüberlastung<br />
der Bachelorstudenten.<br />
Nelly Dinter<br />
Uni<br />
13
FH / Stadt<br />
Der Vorstand des<br />
FH-Stura muss<br />
nun doch länger<br />
mit weniger Geld<br />
auskommen.<br />
FOTO:<br />
DIRK<br />
HERTRAMPF<br />
14<br />
Mehr Kathedrale<br />
als Bolzplatz:<br />
das Ernst-Abbe-<br />
Sportfeld.<br />
FOTO:<br />
CHRISTOPH<br />
WORSCH<br />
„<br />
Den Gürtel enger schnallen<br />
Die Erhöhung des Semesterbeitrags des FH-Stura verzögert sich<br />
Vieles wird jetzt schwierig“, glaubt<br />
Martin Uebel, Vorstandsmitglied des<br />
FH-Stura. Eigentlich plante das Gremium<br />
die notwendige Anhebung des Semesterbeitrages<br />
um 1,25 Euro auf 6,25 Euro, was<br />
letztlich scheiterte. „Die Investitionen in<br />
neue Geräte für unseren internen Copyshop<br />
werden magerer ausfallen als geplant und<br />
das Geld für kulturelle Projekte fehlt auch<br />
weiterhin“. Hinzu kommen ab diesem Jahr<br />
10.000 Euro zusätzliche Personalkosten,<br />
die zum Beispiel für die seit Januar neu eingeführte<br />
Prüfungsberatung oder die erhöh-<br />
„<br />
<strong>Jena</strong>, ick liebe dir<br />
Teil 5: Block N im Ernst-Abbe-Sportfeld<br />
Euro bitte“, sagt die Frau im Kassen-<br />
8 häuschen. Im gleichen Moment drückt<br />
sie mir eine blau-weiße Eintrittskarte in die<br />
Hand. Es ist wieder einer dieser Samstagnachmittage<br />
in <strong>Jena</strong>, an denen die Stadt<br />
wie gelähmt erscheint, sich ausruhend<br />
vom Stress der Woche. Doch es gibt etwas<br />
zu erleben. Nicht weit entfernt von Abbe-<br />
Platz und Holzmarkt, inmitten von Wiesen<br />
und Bäumen steht ein mächtiger Klotz aus<br />
Beton: das Ernst-Abbe-Sportfeld.<br />
Eine Stunde vor dem Anpfiff blättere ich<br />
entspannt im Stadionheft und genieße die<br />
Ruhe im Block N der Südkurve, während<br />
sich langsam die Ränge füllen. Ich bekomme<br />
Gesellschaft von zwei Studenten, die<br />
sich neben mich stellen. Nebenbei erfahre<br />
ich, dass einer der beiden Martin heißt und<br />
ten Arbeitsstunden<br />
von Technikreferent<br />
und Sozialberatung<br />
anfallen.<br />
Die Gründe für die<br />
gescheiterte Erhöhung<br />
sind klare<br />
Verfahrensversäumnisse,<br />
die dem Stura<br />
unterlaufen sind.<br />
So wurde nicht<br />
fristgerecht allen<br />
Fachschaften die<br />
Möglichkeit eingeräumt sich zu äußern.<br />
„Wir haben uns nicht rechtzeitig informiert<br />
und den Aufwand eines solchen Antrages<br />
unterschätzt“, gibt Referatsleiter Andreas<br />
Meier zu. Er kritisiert aber auch den Kanzler<br />
der Fachhochschule, von dem der Stura<br />
sich mehr Unterstützung gewünscht hätte<br />
und der seine Hinweise „nur Stückchen<br />
für Stückchen herausgerückt“ habe. Kanzler<br />
Theodor Peschke ist sich jedoch keines<br />
Fehlers bewusst: Von sich aus habe er den<br />
Stura in einer E-Mail über die rechtlichen<br />
Voraussetzungen einer Erhöhung informiert<br />
zum ersten Mal ein Fußballspiel besucht.<br />
Wohl mehr aus Wohlwollen seinem Freund<br />
gegenüber als aus eigenem Interesse.<br />
In der Zwischenzeit hat der Schiedsrichter<br />
die Partie angepfiffen und meine Aufmerksamkeit<br />
richtet sich auf das Spielfeld. Wie<br />
so oft sind die ersten Minuten nicht der<br />
Rede wert und aus Langeweile beschimpfen<br />
einige <strong>Jena</strong>er Fans hinter mir die Spieler<br />
der gegnerischen Mannschaft. Doch<br />
schlagartig wird es ruhig im Block. <strong>Jena</strong> hat<br />
eine Torchance. Ein Raunen geht durch die<br />
Menge und .... Tor!<br />
Ich reiße die Arme in die Höhe. Im selben<br />
Moment packt mich Martin von der Seite,<br />
um mich fast zu erdrücken. Wir kennen<br />
uns nicht, doch in dieser einen Sekunde<br />
spielt das keine Rolle. Die gesamte Steh-<br />
– „aus der Sorge heraus, dass das Genehmigungsverfahren<br />
nicht reibungslos und<br />
schnell genug vonstatten gehen könnte“.<br />
Den Stura überzeugt das nicht. So glaubt<br />
auch Martin Uebel weiterhin, dass dem<br />
Studentenrat „absichtlich Steine in den<br />
Weg gelegt“ wurden. Dass es ein wenig<br />
naiv vom Stura gewesen sein könnte erst im<br />
Dezember über eine Beitragserhöhung zu<br />
entscheiden und dann lediglich per E-Mail<br />
beim Kanzler Unterstützung anzufordern,<br />
verdrängt man da wohl lieber.<br />
Die Leidtragenden sind die Studenten,<br />
deren Vertretung durch die fehlenden finanziellen<br />
Mittel – nicht zuletzt bei den<br />
Verhandlungen um das Kastanienhaus<br />
– geschwächt wird. Beschweren dürfen<br />
die sich allerdings weder über den Kanzler<br />
noch über den völlig unterbesetzten Stura<br />
– denn solange Hochschul-Ämter nicht besetzt<br />
werden können, weil es an Bewerbern<br />
fehlt und die Studentenvertretung nur aus<br />
10 der ursprünglich 17 Mitglieder besteht,<br />
wird es wohl auch in Zukunft zu Patzern<br />
kommen.<br />
Isabel Schlegel<br />
platzkurve verschwimmt zu einer jubelnden<br />
Menge. Der Hausmeister liegt sich mit<br />
dem Anwalt im Arm, der Zahnarzt mit dem<br />
Postboten und für einen Augenblick scheint<br />
es keine gesellschaftlichen Grenzen mehr<br />
zu geben. Ich blicke mich um und schaue<br />
zufrieden in die lachenden Gesichter neben<br />
mir, während wir gemeinsam lautstark<br />
den Spielstand im Wechselspiel mit dem<br />
Stadionsprecher ausrufen.<br />
Auf dem Heimweg durch das Paradies<br />
wird mir dann eines klar. Es sind nicht<br />
die Wiesen und auch nicht die Saale, die<br />
diesem Ort den Namen geben, nein, es ist<br />
das Gefühl, der Moment des gemeinsamen<br />
Glücks inmitten der mir fremden Menschen,<br />
der den Namen Paradies verdient.<br />
Christoph Worsch
Der gläserne Jenenser<br />
Im Buchhandel werden Adressen von <strong>Jena</strong>er Einwohnern verkauft<br />
Das München des Ostens“ nannte der<br />
Spiegel vor zwei Jahren die Stadt<br />
<strong>Jena</strong>. Dies vor allem aufgrund der hohen<br />
Mietpreise – geradezu paradiesische Verhältnisse<br />
für „Miethaie“. Erst recht, wenn<br />
in <strong>Jena</strong> gerade mal ein Wohnungs-Leerstand<br />
von nur 2 Prozent herrscht.<br />
Um so erstaunlicher, wenn die Stadt <strong>Jena</strong><br />
selbst über ihren Eigenbetrieb „Kommunale<br />
Immobilien <strong>Jena</strong>“ (KIJ) konsequent die<br />
letzten preiswerten Wohnräume vernichtet.<br />
Davon betroffen sind die meist studentischen<br />
Bewohner, so auch in zwei Häusern<br />
in der Wiesenstraße. Die Stadt plant<br />
hier eine Straßenbegradigung entlang der<br />
Saale und kündigte daher die Mietverträge<br />
Anfang 2007. Daraufhin protestierten die<br />
Betroffenen öffentlich gegen den Neubau<br />
und legten Rechtsmittel ein. Auch weil der<br />
ökologische Schaden für die Saaleaue enorm<br />
wäre. Außerdem wurde niemals ein<br />
Sozialplan aufgestellt, der zur Finanzierung<br />
des Projektes in den Förderkriterien<br />
für die Rückbaumittel Ost gefordert wird.<br />
Zwar hat die Stadt bis heute kein Baurecht<br />
„<br />
Als der Student Mike Niederstraßer in<br />
der „Thalia“ zufällig auf das Buch „<strong>Jena</strong><br />
informiert“ stieß, dachte er zunächst, es sei<br />
ein harmloses Werbebuch. Doch als er neben<br />
Unternehmenswerbung seine eigene<br />
Adresse abgedruckt fand, war er<br />
empört. Fast alle <strong>Jena</strong>er Bürger sind in<br />
„<strong>Jena</strong> informiert“ abgedruckt – im vorderen<br />
Teil alphabetisch nach Nachnamen<br />
sortiert, im hinteren Teil nach<br />
Straßennamen geordnet. Verzeichnet<br />
ist laut Gesetz jeder, der mindestens<br />
18 Jahre alt ist und mit Hauptwohnsitz<br />
in <strong>Jena</strong> gemeldet ist.<br />
Stura-Mitglied Felix Tasch hält das<br />
Buch für „einen gefährlichen Eingriff<br />
in die Persönlichkeitsrechte“. Wer<br />
seine Daten in diversen Onlinecommunitys<br />
veröffentliche, habe persönlichen Einfluss<br />
darauf. Bei diesem Buch wüssten aber<br />
viele gar nicht, dass sie darin veröffentlicht<br />
seien. Markus Giebe, Vorsitzender des <strong>Jena</strong>er<br />
Studentenbeirats, forderte die Stadt auf,<br />
die Bürger bereits bei der Anmeldung des<br />
Hauptwohnsitzes auf die Veröffentlichung<br />
ihrer Daten aufmerksam zu machen und<br />
auf die Möglichkeit eines Widerrufs hinzuweisen.<br />
Die Reaktion der Stadt auf die Forderungen<br />
des Studierendenbeirats standen<br />
zu Redaktionsschluss noch aus.<br />
Für bedenklich hält Mike Niederstraßer, dass<br />
auch Parteien die Adressdaten jederzeit abrufen<br />
können. „Ich möchte nicht, dass die<br />
NPD meine Adresse für Wahlkampfwerbung<br />
nutzt.“ Die Adressen der Bürger kauft<br />
ein Buchverlag bei der Stadt <strong>Jena</strong> ein. Im<br />
Thüringer Meldegesetz Paragraph 32 heißt<br />
es, dass Kommunen in Thüringen verpflichtet<br />
sind, „Auskunft über Vor- und Famili-<br />
Rausgeekelt<br />
Über den Umgang der Stadt <strong>Jena</strong> mit seinen Mietern<br />
für die Straße, dafür bemüht sie sich aber,<br />
ihre Mieter in einem zermürbenden Kleinkrieg<br />
aus ihren Wohnungen zu vertreiben.<br />
Beispielsweise wurde die KIJ in einem<br />
Schreiben vom November 2008 – nach<br />
dem unfreiwilligen Auszug der meisten<br />
Mieter – auf die zu erwartenden Frostschäden<br />
an den Wasser- und Abwasserleitungen<br />
im Haus hingewiesen. Doch die<br />
einzige Reaktion war, dass in mehreren<br />
verschlossenen Kellerverschlägen die Außenfenster<br />
bei -24 Grad geöffnet wurden.<br />
Die dadurch geplatzen Wasserleitungen<br />
will die KIJ aber nicht mehr reparieren lassen.<br />
Seitdem gibt es kein Wasser mehr.<br />
Es ist kein Wunder, dass diesem zermürbenden<br />
Druck am Ende nur noch drei<br />
Mietparteien standhielten. Auch wenn die<br />
KIJ vom Gericht recht bekam, rechtfertigt<br />
dies nicht ein solches Verhalten von einer<br />
Stadt, die sich als „Studentenparadies“ vermarktet.<br />
Die letzten Mieter erhielten nun<br />
ein unwiderstehliches Angebot von der<br />
KIJ. Sie sollen auf ihre Berufungsrechte, auf<br />
Räumungsschutz und Instandhaltungsleis-<br />
ennamen, Doktorgrad und Anschriften der<br />
Bürger“ für „gedruckte Nachschlagewerke“<br />
bzw. Wahlkampfwerbung zur Verfügung zu<br />
stellen.<br />
Neu sei diese Praxis nicht, sagt Olaf<br />
Schroth, Leiter des Bürgeramts <strong>Jena</strong>:<br />
Bereits seit 1990 drucken Adressbuchverlage<br />
Anschriften von <strong>Jena</strong>er Bürgern<br />
in derartigen Nachschlagewerken ab.<br />
Die Stadt weise in ihrem Amtsblatt<br />
sowie auf ihrer Internetseite auf die<br />
Möglichkeit eines Widerrufs hin. „Wir<br />
können aber unmöglich jedem Bürger<br />
einen Brief schreiben“, verteidigt er<br />
die Stadt, die letztlich die Daten an die<br />
Verlage weitergeben muss.<br />
Verkauft wird das Buch für 16 Euro im<br />
Buchhandel sowie auf der Homepage des<br />
Heise-Adressbuch-Verlags, der das Werk<br />
zusammenstellt und druckt.<br />
Auch in anderen Thüringer Kommunen<br />
erscheint ein solches Adressbuch, beispielsweise<br />
in Apolda, Erfurt, Gera und Gotha.<br />
Die nächste Adressausgabe von „<strong>Jena</strong> informiert“<br />
erscheint voraussichtlich in fünf oder<br />
sechs Jahren. Franz Purucker<br />
tungen sowie auf die Entschädigungen für<br />
eventuelle Schäden aus der Nutzung des<br />
Gebäudes verzichten. Dafür bekommen<br />
sie 500 Euro für die Umzugskosten. Zurzeit<br />
gibt sich die Verwaltung noch optimistisch<br />
und hofft mit der Bauplanung im Jahr<br />
2012 beginnen zu können. Aufgrund der<br />
verschärften Hochwasserschutzrichtlinien<br />
nach dem Elbehochwasser ist damit aber<br />
kaum zu rechnen. Alexander Strauß<br />
Stadt<br />
Widerspruchsformular<br />
mit fertigem<br />
Briefkopf<br />
auf: www.stura.<br />
uni-jena.de<br />
FOTO:<br />
FLICKR.COM/<br />
SCOYOBLOG<br />
Weitere Infos unter:<br />
www.rettet-diesaaleaue.de.vu<br />
FOTO:<br />
KATHARINA SCHMIDT<br />
15
Kultur<br />
Die Jugend: Alle<br />
wollen nach Hause<br />
telefonieren.<br />
FOTO:<br />
JOACHIM<br />
DETTE<br />
16<br />
Die Überspitzen<br />
„EGO“ – Das neue Stück des Jugendtheaterclubs <strong>Jena</strong><br />
Wie ein Blick in den Spiegel wirkt die<br />
Inszenierung „EGO – Die Summe<br />
der einzelnen Teile“ des Jugendtheaterclubs<br />
<strong>Jena</strong>: Der Zuschauer wird Betrachter<br />
der Oberflächlichkeit der körperlichen<br />
Existenz. Pickel, Schönheit, die Grenzen<br />
des eigenen Körpers – die Frage ist: Was ist<br />
es, das einen Menschen ausmacht?<br />
Zusammen mit Regisseur Ulrich Reinhardt<br />
haben elf jugendliche Schauspieler des<br />
Theaterhauses ein bemerkenswertes Stück<br />
erarbeitet, das den menschlichen Körper<br />
ins Zentrum rückt. In assoziativer Reihung<br />
sind Texte jeder Art aneinander gefügt und<br />
performativ umgesetzt – Fachtext neben<br />
philosophischer Überlegung, Kafka neben<br />
Pink. Im Mittelpunkt der Darstellung<br />
stehen dabei keine Handlungen, sondern<br />
die Akteure – als Schauspieler und Selbstdarsteller.<br />
Wie der Regisseur betont, sollen<br />
sich diese während der Vorstellung abarbeiten:<br />
Sie winden sich im Paarungstanz,<br />
trommeln auf ihren Körpern und werfen<br />
sich im Sinne des physical theatre umher.<br />
Ihr Einsatz ist bewundernswert. Auf der<br />
Bühne befindet sich außer den Schauspielern<br />
nicht viel, lediglich einige Tische fungieren<br />
als Requisiten, auf, über und unter<br />
denen die Schausteller selbst zur Dekoration<br />
werden. Auf eine Leinwand hinter<br />
der Bühne projizierte Fragen dienen als<br />
verbindende Elemente. Bereits vor Beginn<br />
des Stückes sieht sich der Zuschauer mit<br />
ihnen konfrontiert: Kennst du dein eigenes<br />
Gesicht? Was gibt dir die Gewissheit, dass<br />
du existierst? Auf diese Weise wird die Vor-<br />
führung beinahe persönlich.<br />
Grotesk überspitzt werden Gefühle wie<br />
Liebe und Schmerz als Instrumente zur<br />
Selbstvergewisserung vorgeführt. Das Publikum<br />
erlebt abwechselnd Entsetzen und<br />
Rührung, wenn ein Schauspieler fragt:<br />
„Entschuldigung, würden Sie mit mir mit<br />
einem fahrenden Zug kollidieren?“ und<br />
kurz darauf eine zarte Mädchengestalt die<br />
Vollkommenheit ihres Geliebten in die<br />
Theaterluft malt. Das flotte Tempo des Stückes<br />
verhindert aber jede Schwermut, der<br />
jugendliche Charme der Darsteller lässt<br />
den Zuschauer schmunzeln. Beherzt werden<br />
verschiedenste mediale Darstellungen<br />
miteinander verwoben. Zum Einsatz kommen<br />
Filme und Liveaufnahmen, Spiele mit<br />
Licht und Ton. Der Titel, folgt man nun<br />
Aristoteles oder der Band Kante, erweist<br />
sich also als grundlegend – in der Summe<br />
der einzelnen Teile stellt dieses abstrakte<br />
Theaterstück ein anregendes Ganzes dar,<br />
dessen Besuch durchaus den Weg durchs<br />
nasskalte <strong>Jena</strong> lohnt.<br />
Anna Zimmermann<br />
Weitere Aufführungen: 10., 11. Februar<br />
Tanz den Nahasapeemapetilon<br />
Ein Selbstversuch im Bollywood-Tanzen<br />
Die Mädchen lieben es, die Jungen<br />
sind genervt: Wenn samstags die<br />
dreistündigen Blockbuster aus Indien<br />
über den Bildschirm flimmern, ist das<br />
immer eine Mischung aus Agententhriller<br />
und Liebesschnulze. Am besten bleiben<br />
aber wohl die knallbunten, ein Feuerwerk<br />
auf der Netzhaut veranstaltenden<br />
Tanzszenen im Gedächtnis.<br />
Diese Art von Tanz kann man natürlich,<br />
wie jeden gewöhnlichen Standardtanz<br />
auch, lernen. Allerdings werden die wenigsten<br />
wissen, dass das auch über den<br />
Hochschulsport der FSU möglich ist. Wir<br />
wussten es auch nicht, aber als es uns zu<br />
Ohren kam, war klar: Das probieren wir<br />
aus!<br />
Unter dem Deckmantel der journalistischen<br />
Berichterstattung fanden wir uns<br />
im Studio Nollendorfer Hof ein und trafen<br />
auf Heidemarie Fritsch, die Leiterin<br />
des Kurses. Die quietschlebendige kleine<br />
Frau erklärt sofort, dass Bollywood eine<br />
Mischform aus traditionellen indischen<br />
Tänzen und modernen Elementen aus<br />
HipHop und Streetdance ist.<br />
Angefangen wird mit einer kurzen Erwärmung,<br />
danach geht es los: „Kehna<br />
Hai Tume Ae Mere Yaar…“ oder so ähnlich<br />
schallt es durch den Raum. Schon<br />
nach den ersten Schritten kapitulieren<br />
Ist gar nicht<br />
so einfach wie<br />
es aussieht.<br />
FOTO: ANNA<br />
ZIMMERMANN<br />
wir – das Mittanzen der einstudierten<br />
Choreografien ist uns unmöglich. Beim<br />
Beobachten sehen wir aber, dass allen<br />
Tänzen ein Schritt zugrunde liegt, bei<br />
dem man flott von einem Bein auf das<br />
andere hüpft. Ganz wichtig scheinen<br />
auch die Hände zu sein. Die Finger werden<br />
grazil gespreizt oder geschlossen,<br />
Mudras (dt.: das, was Freude bringt) werden<br />
diese Gesten genannt und sie sind<br />
ein wichtiger Teil des indischen Tanzes.<br />
Glücklicherweise wird danach eine<br />
neue Choreographie ausprobiert, bei der<br />
auch wir mitmachen können. Uns wird<br />
klar: Die beschwingte Fröhlichkeit, die<br />
man im Film sieht, ist verdammt schwere<br />
Arbeit. Zwar sind die Schrittfolgen<br />
überschaubar, mit der Koordination unserer<br />
Finger haben wir aber gewaltige<br />
Schwierigkeiten. Doch auch wenn fast<br />
kein Durchlauf ohne Fehler klappt und<br />
Shahrukh Khan uns wohl ausgelacht hätte<br />
– wir hatten Spaß.<br />
Melanie Gollin<br />
und Anna Zimmermann
Im Altenheim nichts Neues<br />
Gaetano Donizettis „Don Pasquale“ im Deutschen Nationaltheater<br />
Eine Überraschung erlebt der<br />
nichtsahnende Besucher des Weimarer<br />
„Don Pasquale“ bereits dann,<br />
wenn die Titelfigur zum ersten Mal den<br />
Mund aufmacht. Man singt deutsch.<br />
Zugegebenermaßen lässt sich durch<br />
den Verzicht auf die sonst übliche<br />
Übersetzung in Untertiteln der mitunter<br />
turbulente Handlungsverlauf dieser<br />
„opera buffa“ Donizettis leichter verfolgen<br />
– zumal die Sänger im Allgemeinen<br />
gut zu verstehen sind. Dennoch bleiben<br />
gewisse Zweifel übrig, ob Operntexte<br />
ähnlich wie Gedichte nicht grundsätzlich<br />
unübersetzbar seien und ob daher<br />
solch schwerwiegende Eingriffe ins<br />
Originalwerk überhaupt Sinn ergeben<br />
können.<br />
Auch in anderer Hinsicht geht die Inszenierung,<br />
die am vergangenen Samstag<br />
ihre Premiere am Deutschen Nationaltheater<br />
Weimar feierte, durchaus frei<br />
mit der Vorlage um. Das Regieteam um<br />
Roy Rallo legt einen besonderen Akzent<br />
auf die Situation des alten Menschen<br />
Don Pasquale (Damon Nestor Poumis),<br />
der es seinem Neffen Ernesto (Uwe Stickert)<br />
noch mal richtig zeigen will und<br />
heimlich Heiratspläne schmiedet.<br />
Die Handlung spielt hier in einem Altenheim;<br />
Pasquales guter Bekannter Doktor<br />
Malatesta (Ji-Su Park) ist der zuständige<br />
Arzt, und Norina (Heike Porstein), die Geliebte<br />
Ernestos, eine Pflegerin. Über mangelnden<br />
Service können sich die Bewohner<br />
nicht beklagen, denn Doktor Malatesta<br />
versorgt Don Pasquale nicht nur medizinisch,<br />
sondern verspricht außerdem, seine<br />
Schwester als Braut frei Haus zu liefern.<br />
Ernesto hingegen liefert ein Fernsehgerät<br />
ins Altenheim und muss bei dieser Gelegenheit<br />
entsetzt von der bevorstehenden<br />
Heirat seines Onkels sowie seiner damit<br />
verbundenen Enterbung erfahren. Pasquale<br />
tanzt indessen triumphierend mit einer<br />
Gehhilfe und erzeugt mit der Fernbedienung<br />
ein blaues Licht, um Ernestos melancholischem<br />
Klagegesang das passende<br />
Ambiente zu geben.<br />
Doch die Intrige nimmt schon ihren Lauf:<br />
Malatestas vermeintliche Schwester, die<br />
dieser wenig später auf einer Bahre und<br />
reichlich bandagiert zu Pasquale trägt, ist<br />
in Wirklichkeit Norina. Diese gebärdet<br />
sich als schüchterne Klosterschülerin, was<br />
sie nicht daran hindert, sich schließlich in<br />
feiner Abendgarderobe und in Strapsen<br />
zu präsentieren. Der begeisterte Pasquale<br />
zögert keine Sekunde, willigt in die Heirat<br />
ein und erlebt das, wovon so mancher<br />
Ehemann ein Lied singen kann: Die Gattin<br />
verwandelt sich vom lieblichen Geschöpf<br />
zur geifernden Furie.<br />
Ohne Widerspruch zu dulden verlangt Norina<br />
eine Rundumerneuerung des Hauses<br />
– in der Inszenierung Rallos eine Rundumerneuerung<br />
der Altenheimbewohner<br />
durch die Wunder der plastischen Chirurgie.<br />
Verjüngt, aber immer noch klapprig,<br />
geben die Insassen zu Beginn des letzten<br />
Aktes den Chor der Diener wieder, während<br />
Norina vor allem in Sachen Outfit<br />
und Oberweite geringfügige Nachbesserungen<br />
vorgenommen hat.<br />
Viele, viele bunte Ostereier<br />
Der Greis ist<br />
heiß.<br />
FOTO:<br />
ANKE<br />
NEUGEBAUER<br />
Bis am Ende das Komplott aufgeklärt ist<br />
und Don Pasquale Ernesto und Norina<br />
doch seinen Segen gibt, geschieht noch<br />
allerlei Seltsames. Beispielsweise verteilen<br />
zwei Heimbewohner mehrere überdimensionale<br />
und farbige Ostereier auf dem Boden.<br />
Mit Hilfe des Programmheftes kann<br />
man vielleicht zur Erkenntnis kommen,<br />
dass Pasquales Name der Wortherkunft<br />
nach auf Ostern verweist und es in der<br />
Oper ja in der Tat um die Auferstehung<br />
eines Totgesagten geht, um den Versuch<br />
eines Greises, ins Leben zurückzufinden.<br />
Aber müssen sich deshalb Malatesta und<br />
Pasquale auch noch als Osterhasen<br />
verkleiden und mit Bugs-Bunny-Mimik<br />
ihren Gesang präsentieren?<br />
Die Verlegung der Opernhandlung in<br />
ein Altenheim fokussiert, aber verengt<br />
mitunter auch den Blick auf das Wesentliche.<br />
Es gibt einige ausdrucksstarke<br />
Szenen, etwa wenn sich Pasquale unmittelbar<br />
vor der ersten Begegnung mit<br />
Norina auf der verspiegelten Rückseite<br />
der aufgehenden Türe erblickt und noch<br />
eilig frisiert. Oder auch, wenn die notdürftig<br />
verjüngten Bewohner Schwarzweiß-Portraits<br />
wie eine Erinnerung an<br />
bessere Tage vor ihr Gesicht halten.<br />
Doch es geht auch viel verloren, wenn<br />
man den Gehalt der Oper auf einen<br />
Generationenkonflikt reduziert. Don<br />
Pasquale ist nicht nur ein alter Mann,<br />
er ist auch ein wohlhabender Hausbesitzer<br />
mit Dienerschaft, der aus diesem<br />
Grund seinem Neffen die nicht standesgemäße<br />
Heirat mit Norina zunächst<br />
verweigert. In der Inszenierung Rallos<br />
gehört ihm lediglich eine kleine Schatulle,<br />
die er ängstlich hütet und ganz<br />
am Ende Ernesto widerwillig überlässt.<br />
So entstehen auch manche Ungereimtheiten<br />
und Spannungen zwischen Text<br />
und Szene: Im Original verdoppelt Norina<br />
nach der Scheinheirat eigenmächtig<br />
den Lohn der Dienerschaft – hier kann sie<br />
eine solche Aktion nur am Altenheimpersonal<br />
vornehmen, womit sie Pasquale aber<br />
wenig ärgern dürfte. Auch Sequenzen wie<br />
das minutenlange Tanzen der Senioren<br />
zu 20er-Jahre-Musik halten die Handlung<br />
eher auf statt sie zu vertiefen.<br />
Keine Schwäche zeigen hingegen die<br />
Gesangssolisten des Nationaltheaters, der<br />
Opernchor sowie die Staatskapelle Weimar<br />
unter der Leitung von Martin Hoff. Sie<br />
machen den Besuch des „Don Pasquale“<br />
auch für all jene lohnenswert, die in ihm<br />
mehr als ein gerontologisches Lehrstück<br />
sehen wollen. Johannes Weiß<br />
Weitere Termine: 11., 15., 20. Februar<br />
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Kultur<br />
17
Veranstaltungen<br />
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18<br />
Donnerstag, 5.2.<br />
20:00 Kassablanca:<br />
Heinz Strunk<br />
(Lesung)<br />
21:00 Café Wagner: Pon<br />
(Live)<br />
22:00 Rosenkeller:<br />
„Abtakten“ – Die<br />
Semesterabschlussparty<br />
22:00 Capitol: Filmpremiere<br />
„Zwitschis<br />
– Gefiederte<br />
Gefährten“, danach<br />
Krause Duo<br />
Freitag, 6.2.<br />
21:00 Café Wagner:<br />
Inane, Ba’al, The<br />
Rebarker, Parker<br />
Lewiz (Live)<br />
22:00 Rosenkeller:<br />
Dancehall Nice<br />
Again pres. French<br />
Connection<br />
Samstag, 7.2.<br />
21:00 Volksbad: Wigald<br />
Boning (Live)<br />
21:00 Café Wagner:<br />
Goldner Anker,<br />
Ketamin C (Live)<br />
22:00 Rosenkeller:<br />
Nightclubbing<br />
23:00 Kassablanca:<br />
Frank’n’Dank, DJ<br />
Coins (Live)<br />
Sonntag, 8.2.<br />
20:00 Café Wagner: Finn-<br />
Ole-Heinrich<br />
(Lesung)<br />
20:00 Kassablanca:<br />
„Morituri“ (Hörspiel)<br />
Montag, 9.2.<br />
14:00 ThULB: „Die globalisierteZivilgesellschaftgestalten“<br />
15:15 ThULB: „Ethisches<br />
Führungsverhalten<br />
in der globalen<br />
Zivilgesellschaft“<br />
18:00 UHG (Aula):<br />
Eröffnung der<br />
Doktorandenschule<br />
Laboratorium<br />
Aufklärung und<br />
Vorstellung des<br />
Inhabers der <strong>Schiller</strong>professur<br />
2009<br />
Prof. Dr. Dr. h.c.<br />
Jan Philipp Reemtsma<br />
Dienstag, 10.2.<br />
18:00 CZS 3 HS 8: „Verstehen<br />
und Gestalten“<br />
18:00 CZS 3 HS 7:<br />
„Zwischen Militanz<br />
und Bürgerlichkeit.Selbstverständnis<br />
und<br />
Praxis der extremen<br />
Rechten“<br />
21:00 Kassablanca:<br />
Peace Please-Filmabend<br />
– „Final<br />
Solution“<br />
22:00 Rosenkeller:<br />
Nightclubbing<br />
Mittwoch, 11.2.<br />
18:15 Rosensäle<br />
(Fürstengraben<br />
27): „Grenzerfahrungen.<br />
Erinne-<br />
rungskultur<br />
entlang der ehemaligeninnerdeutschenGrenze“<br />
18:15 ThULB: „Verklärung<br />
mit Vorbehalt.Überlegungen<br />
zur klassischen<br />
deutschen<br />
Antikerezeption“,<br />
Abschiedsvorlesung<br />
von Prof. Dr.<br />
Volker Riedel<br />
19:30 <strong>Schiller</strong>haus:<br />
Von Eucken zu<br />
Eucken – Rudolf<br />
Eucken (<strong>Jena</strong>er<br />
Literaturnobelpreisträger)<br />
und<br />
Walter Eucken<br />
(ORDO-Liberalismus)<br />
20:00 Café Wagner:<br />
UFC Kino – „Paul<br />
und Christine“<br />
20:00 Rosenkeller:<br />
Theater – „Kafka<br />
– Ein Bericht für<br />
die Akademie”
Einige der kulturellen Höhepunkte im Februar: „Monebone & Band“ (Jazz-Soul-Pop-Funk aus <strong>Jena</strong>) am 26.02., 21.30 Uhr im Wagner / Heinz Strunk (Fleckenteufel aus Hamburg) am<br />
05.02., 20 Uhr im Kassa / „Station 17“ (Elektro aus Hamburg) am 19.02., 21 Uhr im Kassa / Gospelchor „Black Feet – White Voices“ am 13.02., 19.30 Uhr im Lutherhaus <strong>Jena</strong><br />
23:00 Kassablanca:<br />
Schöne Freiheit<br />
Donnerstag, 12.2.<br />
16:00 Humboldtstr. 11<br />
SR 115: „Beyond<br />
Warmth and Competence:<br />
Backlash<br />
Effects and Status-<br />
Related Gender<br />
Stereotypes”<br />
19:00 ThULB: „Bosnien-<br />
Herzegowina: ein<br />
zukünftiger EU-<br />
Beitrittskandidat?”<br />
19:00 ESG (August-<br />
Bebel-Str. 17a):<br />
„Meer is nich“<br />
19:30 Kassablanca:<br />
Peace Please<br />
– „The Yes Men<br />
– Informationsguerilla<br />
in Aktion“<br />
19:30 <strong>Schiller</strong>haus:<br />
„Sozialpolitik von<br />
Ernst Abbe”<br />
21:00 Café Wagner:<br />
Wagner‘s Corner<br />
21:00 Rosenkeller:<br />
Johanna Zeul &<br />
Band, Olmar (Live)<br />
Freitag, 13.2.<br />
19:30 Lutherhaus: „Black<br />
Feet – White<br />
Voices“ (Gospel)<br />
20:00 Capitol: Spieleabend<br />
21:00 Rosenkeller:<br />
Johnny Nightmare,<br />
The Tazmanien<br />
Devils, The Acting<br />
Apes (Live)<br />
22:00 Café Wagner:<br />
GOAwabohu<br />
Samstag, 14.2.<br />
9:00 Busbahnhof: Fahrt<br />
nach Dresden zur<br />
Demonstration<br />
„Geh Denken“<br />
22:00 Café Wagner:<br />
ElektroTekkno-<br />
Clash<br />
22:00 Rosenkeller: Night<br />
clubbing<br />
0:00 Kassablanca: 12<br />
Inch Kid, Goldee<br />
(Live)<br />
Sonntag, 15.2.<br />
21:00 Café Wagner:<br />
Psaltron (Live)<br />
Montag, 16.2.<br />
0:00 Happy Birthday<br />
Ernst Haeckel<br />
20:00 Café Wagner:<br />
Repression von<br />
Tierrechtlern und<br />
Tierrechten<br />
20:00 Rosenkeller: UK<br />
Subs, Punkroiber<br />
Dienstag, 17.2.<br />
21:00 Kassablanca: „Tatis<br />
Schützenfest“<br />
22:00 Rosenkeller:<br />
Nightclubbing<br />
Mittwoch, 18.2.<br />
16:00 UHG (Aula):<br />
„Warum die Schule<br />
sich von Grund auf<br />
ändern muss und<br />
wie das geht“<br />
19:00 <strong>Schiller</strong>hof: „Der<br />
geteilte Himmel“<br />
19:30 Rosenkeller: Vicki<br />
Vomit (Live)<br />
20:00 Café Wagner: UFC<br />
Kino – „Stolperstein“<br />
23:00 Kassablanca: Backup,<br />
Conikt<br />
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Jeden ersten und dritten Mittwoch<br />
im Monat, 18.30 Uhr auf <strong>Jena</strong>TV<br />
Geigenunterricht<br />
Klassik - Irish Folk - Klezmer - Improvisation<br />
und Alte Musik (Barockvioline)<br />
Raum für Klang:<br />
Claudia Hoffmann<br />
Haselstrauchweg 23<br />
07745 <strong>Jena</strong><br />
Tel.: 532806<br />
info@raum-fuer-klang.de<br />
www.raum-fuer-klang.de<br />
19
Editorial<br />
Da das Feigenblatt vermehrt Beschwerden<br />
über lahme Witze entgegennehmen durfte,<br />
bieten wir dem Feigenblattbenutzer in dieser<br />
Ausgabe – nach den gesalzenen Eirätseln<br />
und den langjährigen Rehrätseln – ein völlig<br />
neues Rätselkonzept. Unregelmäßiger als<br />
Glücksrad, beliebter als rätselige Menschen<br />
und sogar schwerer als Sudoku: das Hasenquiz.<br />
Tipp: Die Lösung nährt den Rasen. Anmerkung<br />
für Tierschützer: Blatt in der Mitte<br />
zerschneiden, um den Hasen zu retten.<br />
Richtigstellung:<br />
Leider hat sich das Feigenblatt in seiner letzten<br />
Ausgabe über Suizidenten lustig gemacht.<br />
Hierfür möchten wir uns entschuldigen. Statt<br />
„Nico Schwanz geht ins Dschungelcamp,<br />
weil er pleite ist. Wäre das nicht auch ein<br />
Weg für Adolf Merckle gewesen?“ hätte der<br />
pietätisch korrekte Witz lauten müssen „Adolf<br />
Merckle warf sich vor den Zug, weil er pleite<br />
ist. Wäre das nicht auch ein Weg für Nico<br />
Schwanz gewesen?“<br />
Was ist das denn?<br />
Buchsbaum<br />
20<br />
Der Feigenblatt-<br />
Nischenfilm-Tipp (I)<br />
Alle dem Feigenblatt bekannte<br />
Nekrophile gaben als Lieblingsfilm<br />
„The Night of the Living<br />
Dead“ an. Es sei denn, sie waren<br />
ausserdem noch homosexuell<br />
veranlangt, dann tendierten sie<br />
zu „Dead Man Walking“.<br />
Wussten Sie schon?<br />
Die Filmpremiere von „Operation<br />
Walküre“ schauten sich<br />
Hauptdarsteller Tom Cruise und<br />
seine Freunde Will Smith und<br />
John Travolta von einer eigens<br />
für sie angebauten Sciento-Loge<br />
aus an.<br />
Das Interview<br />
Das Feigenblatt veröffentlicht<br />
exklusiv ein Gespräch<br />
mit Rudolf H. Vorsorglich<br />
wurden jedoch alle<br />
problematischen Stellen<br />
schwärzend tabuisiert.<br />
Verfassungswidrigkeiten<br />
Seit Batman die Leitung der Bad-Bank übernommen hat, fühlen die meisten Frankfurter<br />
Banker endlich wieder, dass ihre toxischen Anlagen in sicheren Händen sind.<br />
Ozeanografische Idiomatik:<br />
Heute: Buddha bei die Fische.<br />
Das Bundesverfassungsgericht soll die Angemessenheit der Hartz-IV-Kindersätze<br />
prüfen. Denn wie das Bundessozialgericht feststellte, sind Hartz-<br />
IV- Kindersätze wie: „Mama und Papa schlagen mich immer, wenn ich mal<br />
Taschengeld möchte“, verfassungswidrig.<br />
Der bestechende Bahnreport:<br />
Da die Bespitzelungsquote bei der Bahn besser ist als sie es in der DDR jemals<br />
war, könnten die „abgeschalteten“ NPD-V-Männer bei der Bahn anfangen. Sie<br />
würden Ihnen dann am Informationsterminal in ihrem nächsten Bahnhof persönliche<br />
Auskünfte (Kreditwürdigkeit, Schuhgröße und sexuelle Gewohnheiten)<br />
über das sie begleitende Zugbetreuungspersonal geben.<br />
Im Auge<br />
der Wissenschaften<br />
Nach intensiven jahrelangen Forschungen<br />
haben nun Biologiehistoriker<br />
herausgefunden, dass Erdbeeren<br />
nicht Erdnüsse heißen, weil der<br />
Name bereits vergeben war.<br />
Neues aus dem unmöglichen Land der Begrenzten<br />
Nach dem Change glauben endlich wieder mehr Amerikaner an sich und daran, etwas Unmögliches schaffen<br />
zu können. So beflügelt Obamas „Yes, we can“ vor allem Randgruppen: die anonymen Alkoholiker (links), die<br />
katholische Kirche (Mitte) und die Weight Watchers (rechts).