Lächelnde Lügner - Friedrich-Schiller-Universität Jena
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Kultur<br />
Die Jugend: Alle<br />
wollen nach Hause<br />
telefonieren.<br />
FOTO:<br />
JOACHIM<br />
DETTE<br />
16<br />
Die Überspitzen<br />
„EGO“ – Das neue Stück des Jugendtheaterclubs <strong>Jena</strong><br />
Wie ein Blick in den Spiegel wirkt die<br />
Inszenierung „EGO – Die Summe<br />
der einzelnen Teile“ des Jugendtheaterclubs<br />
<strong>Jena</strong>: Der Zuschauer wird Betrachter<br />
der Oberflächlichkeit der körperlichen<br />
Existenz. Pickel, Schönheit, die Grenzen<br />
des eigenen Körpers – die Frage ist: Was ist<br />
es, das einen Menschen ausmacht?<br />
Zusammen mit Regisseur Ulrich Reinhardt<br />
haben elf jugendliche Schauspieler des<br />
Theaterhauses ein bemerkenswertes Stück<br />
erarbeitet, das den menschlichen Körper<br />
ins Zentrum rückt. In assoziativer Reihung<br />
sind Texte jeder Art aneinander gefügt und<br />
performativ umgesetzt – Fachtext neben<br />
philosophischer Überlegung, Kafka neben<br />
Pink. Im Mittelpunkt der Darstellung<br />
stehen dabei keine Handlungen, sondern<br />
die Akteure – als Schauspieler und Selbstdarsteller.<br />
Wie der Regisseur betont, sollen<br />
sich diese während der Vorstellung abarbeiten:<br />
Sie winden sich im Paarungstanz,<br />
trommeln auf ihren Körpern und werfen<br />
sich im Sinne des physical theatre umher.<br />
Ihr Einsatz ist bewundernswert. Auf der<br />
Bühne befindet sich außer den Schauspielern<br />
nicht viel, lediglich einige Tische fungieren<br />
als Requisiten, auf, über und unter<br />
denen die Schausteller selbst zur Dekoration<br />
werden. Auf eine Leinwand hinter<br />
der Bühne projizierte Fragen dienen als<br />
verbindende Elemente. Bereits vor Beginn<br />
des Stückes sieht sich der Zuschauer mit<br />
ihnen konfrontiert: Kennst du dein eigenes<br />
Gesicht? Was gibt dir die Gewissheit, dass<br />
du existierst? Auf diese Weise wird die Vor-<br />
führung beinahe persönlich.<br />
Grotesk überspitzt werden Gefühle wie<br />
Liebe und Schmerz als Instrumente zur<br />
Selbstvergewisserung vorgeführt. Das Publikum<br />
erlebt abwechselnd Entsetzen und<br />
Rührung, wenn ein Schauspieler fragt:<br />
„Entschuldigung, würden Sie mit mir mit<br />
einem fahrenden Zug kollidieren?“ und<br />
kurz darauf eine zarte Mädchengestalt die<br />
Vollkommenheit ihres Geliebten in die<br />
Theaterluft malt. Das flotte Tempo des Stückes<br />
verhindert aber jede Schwermut, der<br />
jugendliche Charme der Darsteller lässt<br />
den Zuschauer schmunzeln. Beherzt werden<br />
verschiedenste mediale Darstellungen<br />
miteinander verwoben. Zum Einsatz kommen<br />
Filme und Liveaufnahmen, Spiele mit<br />
Licht und Ton. Der Titel, folgt man nun<br />
Aristoteles oder der Band Kante, erweist<br />
sich also als grundlegend – in der Summe<br />
der einzelnen Teile stellt dieses abstrakte<br />
Theaterstück ein anregendes Ganzes dar,<br />
dessen Besuch durchaus den Weg durchs<br />
nasskalte <strong>Jena</strong> lohnt.<br />
Anna Zimmermann<br />
Weitere Aufführungen: 10., 11. Februar<br />
Tanz den Nahasapeemapetilon<br />
Ein Selbstversuch im Bollywood-Tanzen<br />
Die Mädchen lieben es, die Jungen<br />
sind genervt: Wenn samstags die<br />
dreistündigen Blockbuster aus Indien<br />
über den Bildschirm flimmern, ist das<br />
immer eine Mischung aus Agententhriller<br />
und Liebesschnulze. Am besten bleiben<br />
aber wohl die knallbunten, ein Feuerwerk<br />
auf der Netzhaut veranstaltenden<br />
Tanzszenen im Gedächtnis.<br />
Diese Art von Tanz kann man natürlich,<br />
wie jeden gewöhnlichen Standardtanz<br />
auch, lernen. Allerdings werden die wenigsten<br />
wissen, dass das auch über den<br />
Hochschulsport der FSU möglich ist. Wir<br />
wussten es auch nicht, aber als es uns zu<br />
Ohren kam, war klar: Das probieren wir<br />
aus!<br />
Unter dem Deckmantel der journalistischen<br />
Berichterstattung fanden wir uns<br />
im Studio Nollendorfer Hof ein und trafen<br />
auf Heidemarie Fritsch, die Leiterin<br />
des Kurses. Die quietschlebendige kleine<br />
Frau erklärt sofort, dass Bollywood eine<br />
Mischform aus traditionellen indischen<br />
Tänzen und modernen Elementen aus<br />
HipHop und Streetdance ist.<br />
Angefangen wird mit einer kurzen Erwärmung,<br />
danach geht es los: „Kehna<br />
Hai Tume Ae Mere Yaar…“ oder so ähnlich<br />
schallt es durch den Raum. Schon<br />
nach den ersten Schritten kapitulieren<br />
Ist gar nicht<br />
so einfach wie<br />
es aussieht.<br />
FOTO: ANNA<br />
ZIMMERMANN<br />
wir – das Mittanzen der einstudierten<br />
Choreografien ist uns unmöglich. Beim<br />
Beobachten sehen wir aber, dass allen<br />
Tänzen ein Schritt zugrunde liegt, bei<br />
dem man flott von einem Bein auf das<br />
andere hüpft. Ganz wichtig scheinen<br />
auch die Hände zu sein. Die Finger werden<br />
grazil gespreizt oder geschlossen,<br />
Mudras (dt.: das, was Freude bringt) werden<br />
diese Gesten genannt und sie sind<br />
ein wichtiger Teil des indischen Tanzes.<br />
Glücklicherweise wird danach eine<br />
neue Choreographie ausprobiert, bei der<br />
auch wir mitmachen können. Uns wird<br />
klar: Die beschwingte Fröhlichkeit, die<br />
man im Film sieht, ist verdammt schwere<br />
Arbeit. Zwar sind die Schrittfolgen<br />
überschaubar, mit der Koordination unserer<br />
Finger haben wir aber gewaltige<br />
Schwierigkeiten. Doch auch wenn fast<br />
kein Durchlauf ohne Fehler klappt und<br />
Shahrukh Khan uns wohl ausgelacht hätte<br />
– wir hatten Spaß.<br />
Melanie Gollin<br />
und Anna Zimmermann