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natale a MeRanO - Merano Magazine

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Als Kaiserin Elisabeth im Oktober<br />

1870 beschließt, die<br />

Wintermonate in dieser beschaulichen<br />

Kleinstadt zu<br />

verbringen, kann manch einer<br />

in der Hofverwaltung nur<br />

schlecht schlafen. Die einer<br />

Kaiserin angemessenen Villen sind<br />

bereits belegt, das von der Kurverwaltung<br />

angebotene Schloss<br />

Trauttmansdorff im Osten der<br />

Stadt ist ein verwinkeltes Gemäuer<br />

und ohne jeden Luxus. Es gibt<br />

Mäuse und Flöhe. Aber Meran, das<br />

als frühere Hauptstadt Tirols eine<br />

gewisse Anziehungskraft auf die<br />

Habsburger ausübt, liegt wenigstens<br />

im sicheren Kernland. Das ist<br />

wichtig in einer Zeit, in der sich<br />

Deutschland und Frankreich bekriegen.<br />

Die Reise nach Meran unternimmt<br />

Elisabeth vordergründig<br />

wegen ihrer jüngsten Tochter, die<br />

ihr die liebste ist. Die zweijährige<br />

Marie Valerie ist von Geburt an etwas<br />

kränklich. Das milde Klima an<br />

der Südseite der Alpen würde ihr,<br />

so meinen auch die Ärzte am Hof,<br />

guttun. Sie wird ihre Mutter auf<br />

vielen Reisen begleiten und in Meran<br />

als einziges der drei Kinder mit<br />

ihr unter einem Dach wohnen: »Da<br />

Valerie neben mir spielt, schreibe<br />

ich etwas confus. Sie kocht und<br />

der Kater springt ihr immer in den<br />

Teig«, berichtet Elisabeth einmal<br />

nach Wien.<br />

Die Meraner sind vom angekündigten<br />

Besuch ihrer Kaiserin begeistert.<br />

Aber die wenigsten wissen,<br />

wie sie eigentlich aussieht: Die ersten<br />

Fotos auf Papier gibt es erst um<br />

1880. Zeitungen sind mit Stichen<br />

illustriert, die Gesichtszüge nur<br />

schwer erkennen lassen. Porträts<br />

der Kaiserin hängen im entfernten<br />

Wien und Budapest. Lange Haare<br />

hätte sie und groß und schlank sei<br />

sie. Eine wunderschöne Frau, sagt<br />

man. Franz Joseph habe sich sofort<br />

in sie verliebt, als er sie zum ersten<br />

Mal in Bad Ischl sah. Und so halten<br />

sich die Meraner nicht an die<br />

kaiserliche Anordnung, dass Feierlichkeiten<br />

und Empfänge zu unterbleiben<br />

haben. 6.000 Schaulustige,<br />

Schützen in Burggräfler Tracht und<br />

Fähnchen schwenkende Schulkinder<br />

warten am 16. Oktober 1870<br />

vor Schloss Trauttmansdorff auf<br />

die Ankunft jenes Gasts, der Meran<br />

wie kein anderer verändern wird.<br />

Doch Elisabeth hält recht wenig<br />

von dem Tamtam. Das kaiserliche<br />

Zeremoniell ist ihr, so wie ihre Ehe,<br />

von Beginn an ein goldener Käfig,<br />

auch wenn sie zu ihrem ersten Aufenthalt<br />

in Meran mit einem hundertköpfigen<br />

Hofstaat anreist, hier<br />

weitere hundert Hilfskräfte anheuert<br />

und man mit dem Reisebudget<br />

für die sieben Monate in Meran<br />

zehn Villen hätte kaufen können.<br />

Um dem Hof und seinen Zwängen<br />

zu entfliehen, unternimmt<br />

Elisabeth lange Reisen. Später<br />

wird sie einmal sagen: »Die<br />

Reiseziele sind nur deswegen<br />

begehrenswert, weil die Reise<br />

dazwischen liegt. Wenn ich<br />

irgendwo angekommen wäre und<br />

wüsste, dass ich nie mehr mich<br />

davon entfernen würde, würde<br />

mir der Aufenthalt selbst in einem<br />

Paradiese zur Hölle«. Als Franz<br />

Joseph die Schauspielerin Katharina<br />

Schratt kennen lernt, fördert<br />

Elisabeth diese Beziehung, um ihrem<br />

Mann einen Ausgleich für ihre<br />

langen Abwesenheiten zu gönnen.<br />

Elisabeth sei der »reizendste Gast<br />

der Wiener Hofburg«, spötteln<br />

selbst in der Hauptstadt die liberalen<br />

Zeitungen. Franz Joseph bleibt<br />

nichts anderes übrig, als seiner<br />

Kaiserin ständig hinterherzureisen.<br />

So kommt auch er mehrmals nach<br />

Meran. Wie Ende 1871, als Elisabeth<br />

den bereits zweiten Winter in<br />

Folge in Meran verbringt. Diesmal<br />

im renovierten Schloss Rottenstein<br />

am Brunnenplatz bei ihrem Schwager<br />

Carl Ludwig. Im »heiligen Land<br />

Tirol« hat der Kaiser übrigens nicht<br />

nur Freunde, seit er die liberale<br />

Schulreform unterstützt, die den<br />

Einfluss der Kirche auf den Unterricht<br />

etwas begrenzen soll. Der<br />

Pfarrer in Schenna hängt aus Protest<br />

das Bild des Kaisers kurzerhand<br />

umgekehrt an die Wand und<br />

schließt ihn bei den Messen für<br />

eine Weile aus den Fürbitten aus.<br />

merano maGaZine<br />

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