Tätigkeitsbericht 2007 - Weiße Rose Stiftung eV
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Zivilcourage kann missbraucht werden – und<br />
wird es dort, wo staatliche Instanzen aktive Zivilcourage<br />
von ihren Bürgern fordern, und damit<br />
eigenes Nichtstun oder gar den Rückzug des<br />
Staates aus wichtigen Bereichen legitimieren.<br />
Zivilcourage gegen rechtsextreme Parteien oder<br />
Gruppen und Personen ist notwendig – und<br />
zugleich anfällig für derartigen Missbrauch.<br />
Unter der Hand nämlich geraten die ‚großen<br />
demokratischen Parteien‘ in den Schatten von<br />
Kritik und aus dem Blickfeld zivilen Widerstands.<br />
Thomas von Freyberg vom Institut für Sozialforschung<br />
an der Universität Frankfurt am Main gab<br />
einen knappen Überblick über einige relevante westdeutsche<br />
Debatten zum Thema Zivilcourage und<br />
ziviler Ungehorsam.<br />
Zivilcourage<br />
als Unterrichtsgegenstand, als Lernbereich und<br />
als erzieherisches Ziel professioneller Arbeit mit<br />
Schülern und<br />
als vorbildliche und vorbildgebende Haltung und<br />
Praxis von Lehrern auch in ihrer außerberuflichen<br />
Lebenswelt<br />
habe ihren Ort in der Zivilgesellschaft und ihr Thema<br />
im Umkreis der Begriffe Rassismus, Fremdenhass,<br />
Antisemitismus, Diskriminierung von Minderheiten.<br />
Dieser spezifischen historischen Bedingtheit von<br />
Begriff und Sache der Zivilcourage in Deutschland<br />
ging er exemplarisch in drei kurzen Abschnitten nach:<br />
In ‚1. Erziehung zur Mündigkeit‘ erinnerte er an zwei<br />
Texte von Theodor W. Adorno aus den 60er Jahren,<br />
in ‚2. Erziehung zu Mitgefühl und Solidarität‘ folgten<br />
einige Überlegungen über die emotionalen Grundlagen<br />
von Zivilcourage; und in ‚3. Erziehung zum zivilen<br />
Ungehorsam‘ nutzte er einen Aufsatz von Jürgen<br />
Habermas, um einige Bedingungen für Zivilcourage<br />
im demokratischen Rechtsstaat zu formulieren. In<br />
ersten vorsichtigen Thesen schließlich deutete er<br />
Konsequenzen für die Frage nach Zivilcourage in der<br />
Schule an.<br />
Es waren vor allem zwei Punkte aus seinem Referat,<br />
die in der abschließenden Diskussion und in den folgenden<br />
Tagen immer wieder angesprochen wurden:<br />
Für die Frage nach dem Recht und der Pflicht<br />
auf zivilen Ungehorsam und Widerstand im<br />
Rechtsstaat ist die Unterscheidung von Legalität<br />
und Legitimität wichtig. Weil es auch unter<br />
demokratischen rechtsstaatlichen Bedingungen<br />
keine Garantie dafür gibt, dass legale Entscheidungen<br />
immer auch legitim sind; weil – auch<br />
in einer Demokratie – Unrecht auf durchaus<br />
legalem Weg zustande kommen oder begangen<br />
werden kann, deshalb gibt es ein Recht und<br />
eine Pflicht zu zivilem Widerstand.<br />
Legitimität braucht, vor allem dann, wenn sie<br />
sich gegen Legalität zur Wehr setzt, eine moralische<br />
Richtschnur. Dafür wären die bürgerlichen,<br />
politischen oder sozialen Grundrechte als<br />
Basis der demokratischen Verfassung geeignet.<br />
Die Formel aus dem Referat: ‚Solidarität nach<br />
unten und Ungehorsam nach oben‘ meinte dies.<br />
Zwei gewichtige Einwände gegen die referierten<br />
Texte, vor allem gegen Adornos anspruchsvollen<br />
Begriff der Erziehung zur Mündigkeit, wurden vorge-