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RIesenzellaRteRIItIs<br />
Fortbildung<br />
Riesenzellarteriitis<br />
Rasche Diagnose und Therapieeinleitung sind entscheidend<br />
Priv. Doz. Dr. med. Johannes Grisar Klin. Abteilung für Rheumatologie Univ. Klinik für Innere Medizin III Wien<br />
Epidemiologie und Pathogenese –<br />
eine Erkrankung des höheren Lebensalters<br />
mit weiterhin unklarer Ätiologie.<br />
Bei der Riesenzellarteriitis (RZA),<br />
auch gelegentlich Arteriitis temporalis<br />
Horton genannt, handelt es sich um<br />
eine Entzündung der großen und mittelgroßen<br />
Arterien, die hauptsächlich<br />
im kranialen Strömungsgebiet lokalisiert<br />
ist seltener aber auch die Aorta<br />
und die kaudal lokalisierte Gefässe<br />
betreffen kann.<br />
Die Krankheit befällt so gut wie ausschließlich<br />
betagtere Personen, das mittlere<br />
Lebensalter zum Zeitpunkt der Diagnosestellung<br />
beträgt 72 Jahre und vor<br />
dem 50. Lebensjahr kommt die Erkrankung<br />
so gut wie niemals vor. Ein hohes<br />
Lebensalter stellt übrigens gleichzeitig<br />
auch den höchsten Risikofaktor dar.<br />
Die Inzidenz (Zahl der Neuerkrankungen/Jahr<br />
pro 100.000 Einwohner) der<br />
RZA bei den über 50-Jährigen wird je<br />
nach Studie und geografi scher Region<br />
ca. zwischen 1 bis 80 beziffert, schwankt<br />
also beträchtlich.<br />
Allerdings bestehen diesbezüglich große<br />
ethnische und geografi sche Unterschiede:<br />
in skandinavischen Ländern ist<br />
die Krankheit am häufi gsten wahrend<br />
in südlicheren Breiten die Prävalenz<br />
abnimmt. Interessanterweise konnte in<br />
Olmstead County, einem im US-Bundesstaat<br />
Minnesota gelegenen Bezirk,<br />
in dem viele Nachkommen skandinavischer<br />
Einwanderer wohnen, ebenso<br />
eine höhere Prävalenz als in anderen<br />
Regionen festgestellt werden, was als<br />
Hinweis für eine genetische Komponente<br />
gedeutet wird.<br />
Was die Pathogenese dieser Erkran-<br />
kung betrifft, konnten in den letzten<br />
Jahren zwar mehr Erkenntnisse gewonnen<br />
werden, vollständig geklärt ist sie<br />
dennoch bei Weitem nicht:<br />
Der Auslöser der Erkrankung ist nach<br />
wie vor unbekannt, die Pathologie wird<br />
durch die Arterienverengung und Okklusion<br />
verursacht. Histologisch imponierend<br />
und namensgebend für die<br />
Krankheit sind die Riesenzellen bei<br />
denen es sich um Makrophagen handelt<br />
die in den inneren Gefässschichten<br />
akkumulieren und zu einer Intimaproliferation<br />
führen, allerdings kommt<br />
es in allen Teilen der Gefässwand zu<br />
pathologischen Prozessen. Als einer<br />
der ersten Vorgänge der Autoimmunreaktion<br />
dürfte es zu einer Aktivierung<br />
und Akkumulation von dendritischen,<br />
antigenpräsentierendend Zellen in der<br />
Adventitia kommen die über die Vasa<br />
vasorum einwandern kommen, was zu<br />
einer T-Zellaktivierung in der Adventitia<br />
und der Gefäßmuskulatur führt.<br />
In weiterer Folge kommt es zur Einwanderung<br />
von Monozyten und Makrophagen<br />
und zur Riesenzellbildung.<br />
Der gesamte Prozess der sich über alle<br />
Gefäßschichten erstreckt (siehe Abbildung<br />
1) führt zu einer Stenose und/<br />
oder Okklusion des betroffenen Gefäßes.<br />
Charakteristisch ist auch eine hohe<br />
lokale und oft auch systemische Erhöhung<br />
proinfl ammatorischer Zytokine,<br />
allen voran von Interleukin (IL)-6.<br />
Klinik und Diagnose – schnelles Handeln<br />
ist gefragt<br />
Die wahre klinisch-rheumatologische<br />
Herausforderung bei dieser Erkrankung<br />
liegt in der Differentialdiagnose<br />
und Therapie. Da ein Befall der cranialen<br />
Arterien unerkannt bzw. unbehandelt<br />
rasch zur Erblindung führen kann,<br />
ist bei Verdacht auf eine RZA überdies<br />
ein schnelles Handeln gefragt. Erschwerend<br />
kommt dabei das heterogene Muster<br />
an Begleitsymptomen hinzu.<br />
Allgemeinsymptome wie Abgeschlagenheit,<br />
Fatigue und Gewichtsverlust<br />
können auftreten, Fieber über 38 Grad<br />
Celsius wird gelegentlich beobachtet.<br />
Natürlich ist aufgrund der Lokalisation<br />
der entzündeten Gefaesse auch ein diffuser<br />
Kopfschmerz nicht selten. Da viele<br />
Patienten rezidivierend über Cepahalea<br />
klagen, ist vor allem auf neu aufgetretene<br />
und hier vor allem in der Temporalregion<br />
lokalisierte Kopfschmerzen<br />
und Berührungsschmerz der Kopfhaut<br />
zu achten. Allerdings schließen klarerweise<br />
länger und anderorts lokalisierte<br />
Cephalea eine RZA keineswegs aus.<br />
Ein weiteres häufi ges Symptom ist ein<br />
neu aufgetretener Kieferschmerz bzw.<br />
eine Kiefer-Claudicatio, deren pathophysiologisches<br />
Korrelat eine durch die<br />
Gefaessokklusion der versorgenden<br />
Gefässe bedingte Minderperfusion ist.<br />
Ein absolutes Alarmsymptom ist aber<br />
die (meist einseitige) und plötzlich auftretende<br />
Augensymtomatik im Sinne<br />
eines Visusverlust, dem gelegentlich<br />
eine Amaurosis fugax, Flimmerskotome<br />
oder aber auch abrupt einsetzendes<br />
Doppelsehen vorausgeht; nicht selten<br />
suchen diese Patienten daher als erstes<br />
den Augenarzt auf. Bei einer derartigen<br />
Anamnese und einem Lebensalter von<br />
über 50 Jahren sollte auf jeden Fall differentialdiagnostisch<br />
an eine RZA gedacht<br />
werden. Das Korrelat für die Augensymptomatik<br />
können ein Verschluss<br />
seite 14 DER MEDIZINER 12 /2012