Download
Download
Download
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Op I O I d a b h ä n g I g k e I t<br />
Fortbildung<br />
State-of-the-Art der Behandlung<br />
von Opioidabhängigkeit<br />
Mag. Birgit Koechl Med. Univ. Wien Zentrum für Public Health Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie<br />
Bei Vorliegen einer Opioidabhängigkeit<br />
ist die Behandlung mit einer Opioiderhaltungstherapie<br />
und Psychoedukation<br />
State of the Art (Fischer, 2002;<br />
Haltmayer et al., 2009). Diese Form<br />
der Behandlung hat sich auch der Detoxifizierungsbehandlung<br />
gegenüber<br />
als vorteilig erwiesen. Substanzabhängige<br />
von Opioiden bedürfen einer speziellen<br />
Betreuung, so ist die Behandlung<br />
der Suchterkrankung essentiell,<br />
um die Patientin selbst zu stabilisieren,<br />
in physischer und psychischer Hinsicht<br />
zu unterstützen und in weiterer Folge<br />
eine soziale Wiedereingliederung zu ermöglichen.<br />
Eine multiprofessionelle, flächendeckende<br />
Versorgung mit nieder- und<br />
hochschwelligem Zugang unterschiedlicher<br />
Einrichtungen ist ein Schlüsselpunkt<br />
für die Behandlung dieser PatientInnengruppe.<br />
Wesentlich für eine<br />
entsprechende Behandlung ist auch<br />
eine genaue Abklärung von psychiatrischen<br />
und somatischen Komorbiditäten.<br />
Aus ökonomischen Gründen wird<br />
eine ambulante Betreuung einer stationären<br />
Behandlung vorzuziehen sein<br />
(Fischer & Kayer, 2006), bei speziellen<br />
Indikationen ist es aber notwendig<br />
ein stationäres Setting zu ermöglichen.<br />
Eine Behandlung dieser PatientInnenpopulation<br />
soll in den Mainstream der<br />
Allgemeinordinationen eingebettet<br />
werden, wobei eine rege Interaktion<br />
zwischen Spezialambulanzen und niedergelassenen<br />
Ärzten vorhanden sein<br />
soll. In den Spezialambulanzen ist auf<br />
eine niedrige Fluktuation des Personals<br />
zu achten, zumal besonders diese PatienInnen<br />
ein hohes Maß an Stabilität<br />
bedürfen.<br />
Die ambulante Erhaltungstherapie mit<br />
Opioiden und Psychoedukation aus<br />
gesundheitsökonomischer Sicht ist allen<br />
anderen Interventionen überlegen<br />
und stellt eine gute Möglichkeit dar,<br />
um PatientInnen zu behandeln und biopsychosozial<br />
zu stabilisieren (Beubler<br />
et al., 2001). Generell muss auch betont<br />
werden, dass die Gruppe der Opioidabhängigen<br />
durch die medikamentöse Erhaltungstherapie<br />
immer älter wird und<br />
maßgeschneiderte Interventionen für<br />
die älteren PatientInnen zukünftig notwendig<br />
sein werden (Rosen et al., 2008;<br />
Koechl et al., in press).<br />
Einleitung<br />
Die weltweite Lebenszeitprävalenz einer<br />
substanzgebundenen Abhängigkeit<br />
liegt bei 9,9%, die europaweite Lebenszeitprävalenz<br />
einer Opioidabhängigkeit<br />
zwischen 0,1-0,6% (Jacobi et al., 2004;<br />
Wittchen et al., 2011). In Österreich<br />
wird die Zahl der politoxikomanen<br />
KonsumentInnen (mit Opioiden inkludiert)<br />
auf 25.000-35.000 (3,0-4,2 Fälle<br />
pro 1.000 EinwohnerInnen) geschätzt,<br />
wobei sich nach österreichischen Angaben<br />
eine wesentlich geringere Zahl<br />
(27% - 52%; n≈14,962 im Jahre 2010)<br />
in Opioiderhaltungstherapie befindet<br />
(UNODC, 2004; EMCCDA, 2005; UN-<br />
ODC, 2011; Habl, 2010). Heutzutage<br />
werden substanzabhängige PatientInnen<br />
nach wie vor stigmatisiert und von<br />
der Gesellschaft ausgeschlossen, weshalb<br />
es zu Randbildungen kommt und<br />
was mitunter ein Grund für die geringe<br />
Anzahl von PatientInnen in Behandlung<br />
ist (EMCCDA, 2010).<br />
PatientInnen in einer Opioiderhaltungtherapie<br />
zeigen erhöhte Retentionsraten<br />
für die Therapie und auch der<br />
Beikonsum illegaler Substanzen wird<br />
verringert - neben den Vorteilen einer<br />
regelmäßigen professionellen Betreuung.<br />
Zusätzlich ist auch eine begleitende<br />
psychoedukative Behandlung<br />
empfehlenswert. Das Langzeitziel nach<br />
erfolgreicher Behandlung der chronischen<br />
Erkrankung kann die Substanzfreiheit<br />
sein, wobei ein längerer Zeitraum<br />
ohne Beikonsum einer langsamen<br />
Reduktion des verschriebenen Opioids<br />
unbedingt vorangehen muss (WHO/<br />
UNODC/UNAIDS, 2004).<br />
Bei kurzer Opiatabhängigkeit, speziell<br />
bei Minderjährigen und jungen Erwachsenen,<br />
kann eine graduelle und<br />
schrittweise, ambulante oder stationäre<br />
Detoxifizierungstherapie angedacht<br />
werden (Gandhi et al., 2003; Sances et<br />
al., 2005). Eine graduelle Detoxifizierung<br />
(über mehrere Wochen) ist einer<br />
Kurzzeitdetoxifizierung vorzuziehen,<br />
zumal die Abbruchsraten geringer sind,<br />
die PatientInnen nicht durch erfolglose<br />
Versuche den Substanzkonsum zu beenden<br />
frustriert werden und die Gefahr<br />
einer tödlichen Intoxikation und Akutmortalität<br />
niedriger ist (Day et al., 2005;<br />
Strang et al. 2003). Bei Rückfällen ist<br />
jedoch eine Behandlung mit einer Opioiderhaltungstherapie<br />
empfehlenswert<br />
(Collins et al., 2005).<br />
Diagnose/Diagnostik der<br />
Substanzabhängigkeit<br />
Die Substanzabhängigkeit von Opioiden<br />
wird aktuell mit dem „Internationalen<br />
statistischen Klassifikationssystem<br />
der Krankheiten und verwandter<br />
Gesundheitsprobleme“ („International<br />
Statistical Classification of Diseases<br />
and Related Health Problems“, 10. Re-<br />
seite 8 DER MEDIZINER 12 /2012