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Neues Arrestrecht im Nicht-LugÜ-Bereich

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Jürg Roth<br />

76<br />

cie" geprüft. Eine solche Lesart stünde zwar in einem kritischen Verhältnis<br />

zu Art. 271 Abs. 3SchKG, der gemäss seinem Wortlaut einen selbständigen<br />

Entscheid über die Vollstreckbarkeit verlangt ("entscheidet";<br />

etwas weniger deutlich: "statue" und "pronuncia") –und dies gemäss<br />

Botschaft sogar dann, wenn kein entsprechendes Rechtsbegehren gestellt<br />

wird. 37 Weil dadurch jedoch von der (sonst auch das Vollstreckungsrecht<br />

beherrschenden) Dispositionsmax<strong>im</strong>e abgewichen 38 wird und weil Ausnahmen<br />

einem allgemeinen Auslegungsgrundsatz folgend restriktiv zu<br />

handhaben sind, lässt es sich m.E. vertreten, Art.271 Abs. 3SchKG <strong>im</strong><br />

Sinne einer teleologischen Reduktion nur auf Arrestgesuche gemäss<br />

Art. 47 Abs.2 <strong>LugÜ</strong> anzuwenden. Dies wäre konsequent, weil nur<br />

Art. 47 Abs. 2 <strong>LugÜ</strong> ebenfalls von einer selbständigen Vollstreckbarerklärung<br />

ausgeht, und stünde <strong>im</strong>Übrigen <strong>im</strong>Einklang mit der Botschaft,<br />

welche die neue Ziffer 6nur auf den zweiten Absatz von Art. 47<strong>LugÜ</strong><br />

zurückführt:<br />

"Daher wird ineiner neuen Ziffer 6von Artikel 271 Absatz 1SchKG<br />

das Vorliegen eines definitiven Rechtsöffnungstitels als Arrestgrund<br />

aufgenommen. Mit dieser Anpassung wird einerseits Artikel 47 Absatz<br />

2 rev<strong>LugÜ</strong> Rechnung getragen und andererseits Klarheit geschaffen<br />

bezüglich des Sicherungsmittels des schweizerischen Rechts<br />

und der dafürnötigen Voraussetzungen." 39<br />

Für einstweilige Massnahmen gemäss Art. 47 Abs. 1 <strong>LugÜ</strong> enthält das<br />

<strong>LugÜ</strong> dagegen keine Vorschriften, sondern behält sogar ausdrücklich das<br />

jeweilige Landesrecht desVollstreckungsstaats vor.<br />

Bei dieser Lesart würde Art.47Abs. 1<strong>LugÜ</strong> dem Arrestgläubiger eines<br />

<strong>LugÜ</strong>-Entscheids die Möglichkeit eröffnen, ein Arrestbegehren zu stellen<br />

und dieses <strong>im</strong> Falle einer Ablehnung verbessert neu einzureichen,<br />

ohne dass der Schuldner vom abgewiesenen Gesuch Kenntnis erlangt.<br />

Dies <strong>im</strong> Unterschied zur Situation, wie sie sich präsentiert, wenn ein auf<br />

Art. 47Abs.2<strong>LugÜ</strong> gestütztes Arrestgesuch abgewiesen wird: Hier erfährt<br />

der Schuldner in jedemFall bereits vomersten Versuch. Dies istdie<br />

unausweichliche Konsequenz des von Art. 271 Abs. 3SchKG vorgeschriebenen<br />

selbständigen und materielle Rechtskraft erzeugenden Exequaturentscheids,<br />

der gemäss dieser Best<strong>im</strong>mung mit einem Arrestentscheid<br />

einherzugehen hat. Für die vorgeschlagene Lesart spricht weiter,<br />

dass damit mit Bezug auf <strong>LugÜ</strong>-Urteile gegen Schuldner ohne Wohnsitz<br />

in der Schweiz nur das ermöglicht wird, was unter Berufung auf Art.271<br />

37 Vgl. Fn.21und diedortigen Ausführungen.<br />

38 Gemäss MEIER-DIETERLE, Arrestgrund, N. 17, handelt es sich nicht um eine Verletzung,<br />

sondern um eine vom <strong>LugÜ</strong> als (Vorrang beanspruchendes) Staatsvertragsrecht erzwungene<br />

Durchbrechung derDispositionsmax<strong>im</strong>e.<br />

39 Botschaftrev<strong>LugÜ</strong>,1821. Hervorhebung hinzugefügt.<br />

©Stämpfli Verlag AG Bern

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