Seid fruchtbar und mehret euch ...
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12<br />
die Rechtfertigung<br />
fordert heraus<br />
1999 haben die lutheraner <strong>und</strong><br />
Katholiken die »gemeinsame<br />
Erklärung zur Rechtfertigungslehre«<br />
verabschiedet. Seither ist es um die<br />
Erklärung merkwürdig still<br />
geworden, stellt Walter Klaiber fest.<br />
Vor 15 Jahren konnte man in Deutschland<br />
etwas Seltenes erleben: eine<br />
theologische Auseinandersetzung,<br />
die bis in die Schlagzeilen großer Tageszeitungen drang. Im Januar<br />
1998 hatten 141 deutsche evangelische Theologieprofessoren<br />
gegen die geplante Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre<br />
(GER) des Lutherischen Weltb<strong>und</strong>s <strong>und</strong> der Römisch-katholischen<br />
Kirche protestiert. Über ihre Einwände wurde in den<br />
nächsten anderthalb Jahren heftig in der Öffentlichkeit diskutiert.<br />
Die Leserbriefspalte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung<br />
wurde zum theologischen Forum. Inhaltlich ging es um den<br />
Vorwurf, die GER stelle keinen wirklichen Konsens dar. Das<br />
paulinische »Allein aus Glauben« <strong>und</strong> die lutherische Überzeugung<br />
vom bleibenden Sündersein der Gerechtfertigten, vom<br />
Verhältnis von Gesetz <strong>und</strong> Evangelium <strong>und</strong> von der alles entscheidenden<br />
Bedeutung der Rechtfertigungslehre seien nicht<br />
gewahrt. Da es auch von Seiten der römischen Glaubenskongregation<br />
Bedenken gab, wurde in einer der GER angehängten<br />
»Gemeinsamen Offiziellen Feststellung« versucht, die aufgeworfenen<br />
Fragen zu klären. Dennoch wandten sich kurz vor<br />
der Unterzeichnung im Oktober 1999 noch einmal 243 Professoren<br />
gegen diesen Schritt.<br />
in den Gr<strong>und</strong>sätzen einig – unterschiede sind deutlich<br />
Wie bekannt, ist die GER am 31. Oktober 1999 in Augsburg<br />
unterschrieben worden. Dass ihr im Sommer 2006 auch der<br />
Weltrat der Methodistischen Kirchen zustimmte, hat ihre ökumenische<br />
Bedeutung unterstrichen. Inzwischen war auch Zeit,<br />
Geschichte <strong>und</strong> Inhalt der GER unvoreingenommen zu studieren.<br />
Wer sie gerecht beurteilen will, muss sich mit der Methode<br />
des differenzierten Konsenses auseinandersetzen. Das heißt:<br />
Man weiß sich in den Gr<strong>und</strong>sätzen einig, setzt aber in ihrer<br />
lehrmäßigen oder praktischen Ausformung unterschiedliche<br />
Akzente. Welches Ergebnis erbrachte die Auswertung des Dokuments<br />
durch unabhängige Forscher? Wenn ich recht sehe,<br />
zeigt sie: Es sind Unterschiede zwischen der katholischen <strong>und</strong><br />
der lutherischen Position geblieben, die teilweise über das hinausgehen,<br />
was im Dokument selbst aufgeführt wurde.<br />
unterwegs 11/2013 ::: 2. Juni 2013<br />
FoTo: dIETER SChÜTZ / pIXElIo.dE