Seid fruchtbar und mehret euch ...
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22 ::: Lebenszentrum Ebhausen<br />
auch seelsorgerliche Hilfe. Die psychoanalytischinteraktionelleMethode<br />
in der Gruppentherapie war mir<br />
über viele Jahre ein sehr hilfreiches<br />
Werkzeug. Mit dem Aufarbeiten der<br />
Suchtgeschichte (den aktuellen <strong>und</strong><br />
alten innerpsychischen Konflikten,<br />
den Verletzungen) versuchen wir mit<br />
den Patienten die Ursachen zu verstehen.<br />
So kann ein Nachreifungsprozess<br />
beginnen, der weiterführt. Die Droge<br />
ist letztendlich immer nur ein Symptom,<br />
die Ursachen der Suchterkrankung<br />
liegen tiefer. In unserer kleinen<br />
therapeutischen Gemeinschaft kannte<br />
ich alle Bewohner mit ihrer jeweiligen<br />
Suchtgeschichte sehr gut <strong>und</strong> persönlich.<br />
Durch die Gruppentherapien,<br />
Hausandachten, das Arbeitstraining,<br />
Fallbesprechungen, Supervision, das<br />
Wohnen mit meiner Familie innerhalb<br />
Abschied von Kurt Wegenast<br />
Im Juli 2013 ist es soweit: Pastor Kurt Wegenast tritt in<br />
den verdienten Ruhestand <strong>und</strong> legt damit die Leitung des<br />
Lebenszentrums Ebhausen in die Hände von Pastor Herbert<br />
Link, der berufsbegleitend in den vergangenen drei Jahren<br />
die Zusatzausbildung zum Sozialtherapeuten/Sucht (GVS)<br />
absolviert hat.<br />
Bereits ab 1986 wurde Kurt Wegenast, diakonisch engagierter<br />
Pastor in StuttgartWangen, im Rahmen eines Teildienstauftrages<br />
nach Ebhausen berufen. Schnell wurde klar,<br />
dass mit Kurt Wegenast eine Idealbesetzung für das damals<br />
kleine Werk gef<strong>und</strong>en war. Schon zwei Jahre später erhielt<br />
er von Bischof Hermann Sticher die vollzeitliche Dienstzuweisung<br />
für das LZE. Das hatte nicht nur Auswirkungen auf<br />
die therapeutische Gemeinschaft in Ebhausen sondern<br />
auch für die gesamte Familie Wegenast, die in eine Wohnung<br />
auf dem LZEGelände zog. Die ständige Anwesenheit<br />
<strong>und</strong> Erreichbarkeit von Pastor Wegenast vermittelte Sicherheit<br />
für Bewohner, die in persönlichen Krisen einen besonderen<br />
Halt benötigten. Bestimmt war diese Erreichbarkeit<br />
für Bewohner nicht immer einfach für die Familie Wegenast.<br />
Kurts praktische Fähigkeiten, im Erstberuf Maurer/Polier,<br />
waren nicht nur in den Anfängen des LZEs gefragt. Im<br />
Laufe der vergangenen 27 Jahren wurde immer wieder unter<br />
seiner Leitung umgebaut, eingebaut <strong>und</strong> neu gebaut.<br />
Renovierungsarbeiten an allen Liegenschaften, meist vom<br />
LZE in Eigenregie durchgeführt, wurden von <strong>und</strong> mit Kurt<br />
Wegenast geplant <strong>und</strong> dann zusammen mit ihm <strong>und</strong> Bewohnern<br />
im Rahmen der Arbeitstherapie durchgeführt. Einfache<br />
<strong>und</strong> praktische Lösungen für komplexe bauliche Sachverhalte<br />
zu finden, war für ihn eine Selbstverständlichkeit.<br />
Mit seiner 1990 abgeschlossenen Ausbildung zum Sozialtherapeuten<br />
(analytisch orientiert) <strong>und</strong> der Einstellung neuer<br />
Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern wurde aus der kleinen<br />
der Einrichtung <strong>und</strong> vieles mehr entstand<br />
ein reger Kontakt. So entwickelte<br />
sich eine gute therapeutische Beziehung,<br />
immer auch unter dem Fokus<br />
des Wiederloslassens, in der bei den<br />
Bewohnern neues Selbstvertrauen<br />
wuchs. Dadurch konnten sie mit ihren<br />
wiederholten »Verletzungen« <strong>und</strong><br />
»Brüchen« anders umgehen, mussten<br />
nicht mehr zu Drogen greifen.<br />
Glaube <strong>und</strong> Seelsorge<br />
Immer weniger Menschen, die ins LZE<br />
kommen, haben einen kirchlichen<br />
Hintergr<strong>und</strong>. Trotzdem versuchen wir<br />
Religion <strong>und</strong> Glauben ins Gespräch zu<br />
bringen. Die tägliche Andacht morgens<br />
um 7 Uhr (obligatorisch, damit<br />
alle aufstehen) mit einem Wort zum<br />
Tag gibt Anregungen zum Gespräch.<br />
Geburtstagsfeiern <strong>und</strong> verschiedene<br />
freiwillige kirchliche Angebote wie<br />
Gottesdienstbesuche geben die Möglichkeit,<br />
sich mit dem Glauben auseinanderzusetzen.<br />
Wo es möglich war,<br />
führte ich Seelsorge <strong>und</strong> auch Beichtgespräche<br />
oder wir arbeiteten die<br />
Glaubensgeschichte miteinander auf.<br />
Opfersein <strong>und</strong> Täter, Schuld <strong>und</strong><br />
Schuldgefühle sind oft Begleiterscheinungen<br />
der Suchtabhängigkeit.<br />
Einzelne wagten einen bewussten<br />
neuen Anfang, viele waren dankbar<br />
<strong>und</strong> frischten Altes wieder auf, andere<br />
lehnten ab, in Einzelfällen aggressiv<br />
<strong>und</strong> abwertend. Gr<strong>und</strong>sätzlich war ich<br />
zurückhaltend, manche brachten auch<br />
negative Erlebnisse aus christlichen<br />
Gruppen mit, bis hin zu Suchtverlagerungen<br />
<strong>und</strong> ekklesiogenen Neurosen.<br />
Von einigen Bewohnern wurden die<br />
Besuchssonntage in den Gemeinden<br />
therapeutischen Wohngemeinschaft eine heute von Kostenträgern<br />
(Deutsche Rentenversicherungen) <strong>und</strong> von Fachverbänden<br />
anerkannte Suchthilfeeinrichtung. Neue tragfähige<br />
Konzeptionen wurden erstellt <strong>und</strong> ein Qualitätsmanagement<br />
eingeführt, das die Fachlichkeit der Arbeit unter<br />
Beweis stellt. Das therapeutische Arbeiten mit den Bewohnern<br />
lag Kurt Wegenast sehr am Herzen. Die Einzeltherapie<br />
<strong>und</strong> besonders die interaktionelle Gruppentherapie wurden<br />
von ihm gerne als persönliche Herausforderung gesehen.<br />
Die therapeutischen Konfrontationen wiederum waren für<br />
die Bewohner eine ebensolche Herausforderung.<br />
Im Laufe der vielen Jahre haben über tausend suchtmittelabhängige<br />
<strong>und</strong> arbeitslose Männer die Behandlung <strong>und</strong><br />
Betreuung in der Adaptionseinrichtung <strong>und</strong> im angeschlossenen<br />
Ambulant Betreuten Wohnen (ABW) durchlaufen.<br />
Engagiert hat Kurt Wegenast dabei innerhalb <strong>und</strong> außerhalb<br />
des LZE bezeugt, was es heißt, als Christ Verantwortung<br />
für Menschen in Not zu übernehmen <strong>und</strong> für das Recht<br />
von vermeintlich Rechtlosen zu kämpfen. Seine Ausdauer<br />
<strong>und</strong> seine Beharrlichkeit hierfür haben wir in vielen Sitzungen<br />
<strong>und</strong> Verhandlungen erlebt <strong>und</strong> sehr geschätzt.<br />
Der Verein Lebenszentrum Ebhausen e.V. dankt Kurt<br />
Wegenast <strong>und</strong> seiner Frau Edeltraud, für viele Lebensjahre<br />
engagierten Einsatzes für suchtkranke Menschen.<br />
Wir danken Kurt für seine umsichtige Geschäfts <strong>und</strong><br />
Mitarbeiterführung <strong>und</strong> für die Spenderbetreuung. In unermüdlichem<br />
Einsatz hat er in 27 Jahren als Leiter des LZEs<br />
dieser Einrichtung ein therapeutisches Profil gegeben, das<br />
von einem hohen therapeutischen Niveau sowie von diakonischer<br />
Nächstenliebe geprägt ist.<br />
Für die nun folgende Zeit im Ruhestand wünschen wir<br />
Kurt Wegenast <strong>und</strong> seiner Frau Gottes weitere Begleitung.<br />
Dr. Udo Heissler Martina Jaun Johannes Knöller<br />
2. Vorsitzender Stellvertr. Leiterin LZE 1. Vorsitzender