Seid fruchtbar und mehret euch ...
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8 ::: Titelthema: wenn die wiege leer bleibt<br />
Ein unerfüllter<br />
Kinderwunsch kann<br />
viele ursachen<br />
haben.<br />
gefahr im Reagenzglas?<br />
Wenn der Kinderwunsch unerfüllt bleibt, hoffen viele paare auf entsprechende<br />
medizinische Verfahren. allerdings klappt es auch damit nicht immer. Zudem<br />
legen neue Studien nahe, dass im Reagenzglas gezeugte Kinder mit höherem<br />
Krebsrisiko behaftet sind. petra plaum hat kritisch nachgefragt.<br />
Wer nach einer Kinderwunschbehandlung<br />
seiner Eltern zur Welt<br />
kommt, hat ein erhöhtes Risiko,<br />
an Krebs zu erkranken. Zumindest für die<br />
ersten 20 Lebensjahre ist dies so, besagt die<br />
systematische Meta-Analyse aus Dänemark,<br />
deren Ergebnisse im April 2013 veröffentlicht<br />
wurden. Weltweit hatte das Team um<br />
Marie Hargreave, die Doktorandin am Danish<br />
Cancer Society Research Center in Kopenhagen<br />
ist, nach Studien zum Thema gesucht<br />
– Studien, die zwischen 1966 <strong>und</strong> 2012<br />
auf Englisch veröffentlicht worden waren.<br />
Die Ausbeute: 25 Studien r<strong>und</strong> um Krebs<br />
<strong>und</strong> Kinderwunschbehandlungen aus 12<br />
Ländern <strong>und</strong> ein eindeutiges Ergebnis. »Ich<br />
bin überrascht, dass wir ein klar gestiegenes<br />
Risiko für alle Krebsarten, die wir untersuchten,<br />
bei den nach Fruchtbarkeitsbehandlungen<br />
geborenen Kindern fanden«, betont Marie<br />
Hargreave.<br />
Das absolute risiko bleibt gering<br />
Zwischen 1978 – dem Jahr, in dem mit Louise<br />
Brown das erste Retortenbaby geboren<br />
wurde – <strong>und</strong> 1997 ist einer früheren Untersuchung<br />
zufolge die jährliche Neuerkrankungsrate<br />
für Kinderkrebs in Europa pro<br />
Jahr um jeweils 1,1 Prozent gestiegen. Ein<br />
Zufall? Weltweit verdanken heute r<strong>und</strong> fünf<br />
Millionen junger Menschen ihr Dasein zum<br />
Teil der modernen Reproduktionsmedizin.<br />
Die vorliegenden Studien legen nahe, dass<br />
von ihnen jeder ein um 33 Prozent erhöhtes<br />
Risiko hatte beziehungsweise hat, bis zum<br />
20. Geburtstag an Krebs zu erkranken.<br />
Diese Zahlen müssen Eltern nicht beunruhigen;<br />
das absolute Krebsrisiko bleibt auch<br />
nach Kinderwunschbehandlungen niedrig.<br />
So errechnete Hargreave anhand der für Dänemark<br />
vorliegenden Daten: Neun Prozent<br />
aller dänischen Kinder kommen zurzeit nach<br />
Fruchtbarkeitsbehandlungen zur Welt, 150<br />
Fälle von Kinderkrebs gibt es im Land pro<br />
Jahr. Rein rechnerisch könnte damit pro Jahr<br />
in Dänemark bei 4,5 Kindern mit Krebs ein<br />
Zusammenhang zwischen der zurückliegenden<br />
Kinderwunschbehandlung ihrer Eltern<br />
<strong>und</strong> ihrer eigenen Erkrankung bestehen.<br />
Eine frühere Meta-Analyse aus dem Jahr<br />
2005, die elf Studien zu IVF- <strong>und</strong> ICSI-Behandlungen<br />
<strong>und</strong> Kinderkrebs untersucht<br />
hatte, hatte keinen statistisch signifikanten<br />
Zusammenhang festgestellt, betont Marie<br />
Hargreave. Ihre Studie ist die bislang größte<br />
zum Thema weltweit – <strong>und</strong> bezieht eben<br />
auch Kinder mit ein, deren Eltern andere Behandlungen<br />
auf sich nahmen als IVF <strong>und</strong> IC-<br />
SI: die Stimulation beziehungsweise das Auslösen<br />
des Eisprungs durch Medikamente<br />
zum Beispiel oder eine Insemination.<br />
zahlen <strong>und</strong> hintergründe<br />
Manche Krebsarten betreffend sind die Ergebnisse<br />
der neuen Meta-Analyse besonders<br />
deutlich. Reproduktionsmedizinisch gezeugte<br />
Kinder haben den vorliegenden Studien<br />
zufolge ein um 59 Prozent erhöhtes Risiko,<br />
an Blutkrebs zu erkranken, ein um 88 Prozent<br />
erhöhtes Risiko für Krebs des zentralen<br />
Nervensystems beziehungsweise neuronalen<br />
Krebs <strong>und</strong> sogar ein um 119 Prozent erhöhtes<br />
Risiko für anderen soliden Krebs. Das<br />
Risiko für Retinoblastome (Tumoren in der<br />
Netzhaut des Auges) zeigte sich den Studien<br />
zufolge um 62 Prozent erhöht, das für Neuroblastome<br />
(Krebserkrankungen des Nervensystems)<br />
sogar mehr als vierfach erhöht.<br />
Aber die Wissenschaftler betonen: Das sind<br />
relative Risiken, immer nur verglichen mit<br />
Risiken jener in die Studien miteinbezogener<br />
Kinder, die »einfach so« gezeugt <strong>und</strong> geboren<br />
worden sind. Absolut gesehen bleibt das<br />
Krebsrisiko für alle Kinder gering. Vor allem<br />
bei den letztgenannten Krebsarten können<br />
die Zahlen von der Deutschen Krebsgesellschaft<br />
einiges relativieren: Auf 18.000 bis<br />
20.000 Kinder kommt statistisch gesehen eines,<br />
das ein Retinoblastom entwickelt – bis<br />
zu 95 Prozent von ihnen können geheilt wer-<br />
unterwegs 11/2013 ::: 2. Juni 2013