28.06.2013 Aufrufe

Orte des Bildes im Kirchenraum Johannes Rauchenberger 1 ...

Orte des Bildes im Kirchenraum Johannes Rauchenberger 1 ...

Orte des Bildes im Kirchenraum Johannes Rauchenberger 1 ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

zeichnet sich nicht einfach dadurch aus, dass sie die Person und St<strong>im</strong>me <strong>des</strong> Predigers hörbar und<br />

sichtbar macht, sondern <strong>des</strong>sen Reden in ein institutionell gesichertes Bildprogramm als Rahmung<br />

zurückbindet. Was die „Modernisierung von außen“ 23 <strong>im</strong> Hochaltar um ein älteres Bild inszenierte,<br />

wird auf der Kanzel mit den theatralen Bildelementen <strong>des</strong> Barock vollzogen: Die Aufbauten der<br />

Schalldeckel sind meist der Gottesoffenbarung und der Gesetzesübergabe am Sinai gewidmet, sein<br />

Plafond mit der inspirierenden Taube <strong>des</strong> Hl. Geistes versehen, die Brüstungsfelder mit<br />

Personifikationen der göttlichen Tugenden als Sinnbilder eine in die Ethik ausfließende Predigt.<br />

(Vgl. Abb. XX: Spätbarocke Kanzel in der Weizbergkirche, Ö) Kanzeln können <strong>im</strong> Barock aber<br />

auch in die Eigendynamik der Bildgenerierung hineingezogen werden, etwa als Schiffskanzel <strong>im</strong><br />

wilden Sturm der Zeit (vgl. Abb. XX: „Schiffskanzel in der Kirche <strong>des</strong> Kloster Irsee, D). Die Kanzel<br />

geht in ihrer Bildlichkeit davon aus, dass ein Ort für die Rede von Bildern unterstützt wird, die<br />

diese Rede überhaupt erst legit<strong>im</strong>ieren: Gesetz, Offenbarung, Inspiration und Tugend (Ethik) bilden<br />

so etwas wie bildlich legit<strong>im</strong>ierte Versicherungsco<strong>des</strong> gegen ein mögliches subjektives Geschwätz.<br />

Theologische Argumente für die Bilder <strong>im</strong> <strong>Kirchenraum</strong><br />

Denn dass nicht nur Steine, sondern auch Bilder reden können, geht von einem kommunikativen<br />

Grundparadigma aus, welches in das Feld der Rhetorik weist. Dieses ist auch der Grund, warum<br />

Bilder trotz anfänglicher akuter Bilderskepsis und Götzenbildkritik nach und nach Einlass in den<br />

christlichen Feierraum gefunden haben. Es war die einfache Medienerkenntnis, dass Bilder<br />

nachhaltiger <strong>im</strong>aginativ zu wirken in der Lage sind als die mündliche Predigt. In diese Richtung<br />

argumentierten die ersten schriftlichen Texte zur Legit<strong>im</strong>ation der Bilder in christlichen<br />

Kirchräumen, die uns von Gregor von Nazianz, Basilius dem Großen und Gregor von Nyssa, den<br />

drei Kappadokiern, überliefert sind. Bilder können s<strong>im</strong>ultan zeigen, was Rede erst nach und nach<br />

erzählen muss. 24 Und Bilder zeigen auch, ohne dass man lesen muss. In dieser Einsicht sind sie den<br />

„Visual Medias“ der Gegenwart voraus. Am nachhaltigsten, was die Einschätzung der Bilder <strong>im</strong><br />

<strong>Kirchenraum</strong> anhängt, gilt der berühmte Brief von Papst Gregor dem Großen an den Bischof<br />

Serenius von Marseille, der die Bilderfrage <strong>im</strong> <strong>Kirchenraum</strong> zu einem Niveauproblem zwischen<br />

„literati“ und „illiterati“ erklärt hat: „Denn darum wurden in den Kirchen Gemälde verwendet,<br />

damit die <strong>des</strong> Lesens Unkundigen wenigstens durch den Anblick der Wände lesen, was sie in<br />

Büchern (Codices) nicht zu lesen vermögen.“ 25 Gregor beeinflusste fast alle lehramtlichen<br />

Stellungnahmen, die sich mit den Bildern beschäftigen, nahezu 1500 Jahre lang, einschließlich die<br />

23 Vgl. Anm. 15.<br />

24 Vgl. dazu mit entsprechenden Belegstellen: JOHANNES RAUCHENBERGER: Biblische Bildlichkeit. Kunst – Raum<br />

theologischer Erkenntnis (ikon. Bild + Theologie, hg. von ALEX STOCK und REINHARD HOEPS), Paderborn u.a. 1998,<br />

123-128.<br />

25 Lat. Originalzitat: GREGOR M: EP CV ad Serenum Massiliensem Episcopum: PL 77, 1027f. Vgl. dazu: ALEX STOCK:<br />

Bilderstreit als Kontroverse um das Heilige, in DERS.: Keine Kunst, 22-44, hier: 33.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!