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Orte des Bildes im Kirchenraum Johannes Rauchenberger 1 ...

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Abstraktion – noch zum Konflikt. 36 Viel mehr wird der Kunst zugetraut, zeitgenössische Formen<br />

<strong>des</strong> Heiligen zu formulieren, sowohl in den Kategorien der Schönheit als auch jenseits überlieferter<br />

Formen. 37 Wenn in der theologischen Debatte und in lehramtlichen Texten vom Bild <strong>im</strong><br />

<strong>Kirchenraum</strong> die Rede ist, ist jene Brücke schnell geschlagen, die die Bereiche „Bild und Kult“ –<br />

bis hinein in eine damit verbundene Epochentheorie 38 – verbindet.<br />

„Bilderverehrung“ ist freilich mit der Frage <strong>des</strong> <strong>Orte</strong>s <strong>im</strong> <strong>Kirchenraum</strong> aufs engste verknüpft. Beruft<br />

man sich auf Konzilsaussagen, so wurde jene seit dem II. Konzil von Nizäa <strong>im</strong>mer wieder<br />

verteidigt, zuletzt sowohl <strong>im</strong> Konzil von Trient 39 als auch <strong>im</strong> II. Vatikanischen Konzil. Die<br />

Zeitumstände waren freilich andere: Im gegenreformatorischen Barock erlebte die Bilderverehrung<br />

in der Heiligen- und Marien-Verehrung, den Wallfahrten usw. eine von der kirchlichen Obrigkeit<br />

und den neuen Orden der Jesuiten, Theatiner, Oratorianer und Kapuziner geförderte neue Blüte. In<br />

den nüchternen 60er Jahren <strong>des</strong> vergangenen Jahrhunderts sind die Konzils-Passagen<br />

dementsprechend eher retardierend: Bilderverehrung wird in den betreffenden Zitaten gar als<br />

„Brauch“ bezeichnet, bei einer verstärkten Anzahl von verehrungswürdigen Bildern wird sogar eine<br />

„weniger gesunde Frömmigkeit“ befürchtet: „Der Brauch, in den Kirchen den Gläubigen heilige<br />

Bilder zur Verehrung darzubieten, werde nicht angetastet. Doch sollen sie in mäßiger Zahl und<br />

rechter Ordnung aufgestellt werden, damit sie nicht die Verwunderung der Gläubigen erregen oder<br />

einer weniger gesunden Frömmigkeit Vorschub leisten.“ 40<br />

Man darf nicht vergessen, dass dem entmythologisierten Wirklichkeitsverständnis der 60er Jahre in<br />

den katholischen Kirchräumen auch die größte Bilderbereinigung seit den reformatorischen<br />

Bilderstürmen folgte. Sie trug sehr oft ikonoklastische Züge. Unzählige Bilder wurden in dieser Zeit<br />

entfernt, auf den Dachboden geräumt, auf dem Trödelmarkt verkauft oder in den Depots der<br />

diözesanen Museen gelagert. Die Krise der christlichen Ikonografie war nun auch <strong>im</strong> katholischen<br />

<strong>Kirchenraum</strong> selbst angekommen – und mit ihr die Frage, ob und wie ein zeitgenössisches Bild <strong>im</strong><br />

36 Etwa die Altarskulptur von EDOUARDO CHILLIDA in St. Peter in Köln, die nach drei Jahren als Altar wieder zur<br />

Skulptur mutierte. Die Begründung: Ein christlicher Altar bestehe nicht aus drei Teilen, sondern sei mit einer Platte zu<br />

verbinden. Vgl. dazu zusammenfassend: SCHLIMBACH: Kunst Station, 354-371.<br />

37 Vgl. die diesbezüglichen Reden und „Briefe an die Künstler“ der Päpste Paul VI, <strong>Johannes</strong> Paul II. und Benedikt<br />

XVI, gut dokumentiert in: VON BÜHREN, Kunst und Kirche <strong>im</strong> 20. Jahrhundert, 665, 681, 686-690, 693-695, 697-705.<br />

748-755.<br />

38 Vgl. HANS BELTING: Bild und Kult. Eine Geschichte <strong>des</strong> Bil<strong>des</strong> vor dem Zeitalter der Kunst, München 1990.<br />

39 DH 1823. Vgl. FRANÇOIS BŒSPFLUG/OLIVIER CHRISTIN: Das Konzil von Trient und die katholischen Traktate De<br />

<strong>im</strong>aginibus (1522-1680), in: HOEPS (Hg.): Handbuch der Bildtheologie I, 241-262.<br />

40 SC 125: „Über die sakrale Kunst und liturgisches Gerät und Gewand“, zit. nach: Das zweite Vatikanische Konzil.<br />

Dokumente und Kommentare I, 103. Fast wortgleich wird auch <strong>im</strong> kirchlichen Rechtsbuch <strong>des</strong> Co<strong>des</strong> Iuris Canonici<br />

von 1983 in can. 1188 angeordnet, daß die Praxis beizubehalten ist, in den Kirchen heilige Bilder für die Verehrung<br />

durch die Gläubigen anzubringen.

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