Nr 4 hier die PDF kostenlos zum download - Ambaum-Verlag
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Auch nach Weihnachten hatte<br />
<strong>die</strong> Stechpalme – in früheren<br />
Zeiten <strong>zum</strong>indest – immer noch<br />
eine wichtige Rolle zu spielen.<br />
An Hogmanay, dem schottischen<br />
Neujahrsfest, peitschten<br />
sich Jungen in den Highlands<br />
gegenseitig mit den stachligen<br />
Zweigen der Stechpalme, denn<br />
jeder Tropfen Blut, der in <strong>die</strong>sem<br />
schmerzhaften Ritual „errungen“<br />
wurde, bedeutete ein Jahr<br />
guter Gesundheit und Wohlstand.<br />
Industriell bedingter Austausch<br />
des heiligen Baumes der geweihten<br />
Zeit<br />
Wenn aber doch „Holly“ nicht<br />
nur botanisch, sondern auch<br />
mystisch-religiös eine zentrale<br />
Rolle insbesondere um <strong>die</strong><br />
Weihnachtszeit spielt, warum<br />
ist ausgerechnet <strong>die</strong> Tanne der<br />
mittlerweile traditionelle „Weih-<br />
Nachts-Baum“, der Baum der<br />
geweihten Nacht? Dazu müssen<br />
wir kurz <strong>die</strong> Geschichte des<br />
Weihnachtsbaumes aufschlagen,<br />
dessen Aufstellung zur Weihnachtszeit<br />
für uns heutzutage<br />
wie <strong>die</strong> Selbstverständlichkeit<br />
des Morgens ist.<br />
Das Schmücken des Hauses<br />
mit immergrünen Blättern und<br />
Zweigen bzw. das Aufstellen eines<br />
Weihnachtsbaumes ist vorchristlichen<br />
Ursprungs.<br />
Der Brauch zur Aufstellung eines<br />
Baumes zur Weihnachtszeit ist –<br />
gemäß den meisten uns bislang<br />
zugänglichen Quellen – schriftlich<br />
seit dem 16. Jahrhundert<br />
belegt. Eine Urkunde aus dem<br />
Jahre 1539 belegt, dass im Straßburger<br />
Münster ein Weihnachtsbaum<br />
aufgestellt wurde. Ab<br />
Mitte des 18. Jahrhunderts werden<br />
<strong>die</strong> schriftlichen Hinweise<br />
auf den Weihnachtsbaum dann<br />
immer häufiger. Da jedoch damals<br />
Tannen- bzw. Fichtenbäume<br />
in Mitteleuropa eher selten<br />
waren (ja liebe Leute, <strong>die</strong> Welt<br />
war nicht immer so, wie sie jetzt<br />
ist), lesen wir, dass zunächst nur<br />
<strong>die</strong> oberen Gesellschaftsklassen<br />
sich das Privileg eines „ganzen“<br />
Weihnachtsbaums leisten konnten.<br />
Alle anderen mussten mit<br />
Zweigen für den Hausschmuck<br />
vorlieb nehmen. Im 19. Jahrhundert<br />
wurde der Brauch in der<br />
„noblen Gesellschaft“ letztendlich<br />
„salonfähig“ und verbreitete<br />
sich in den königlichen Häusern<br />
Europas bis in das ferne Russland.<br />
Es wurde ja schon darauf<br />
hingewiesen, dass dem Haus<br />
Hannover nachgesagt wird, den<br />
Weihnachtsbaum in <strong>die</strong> Royal<br />
Family eingeführt<br />
zu haben. In einer<br />
parallelen Entwicklung<br />
wurden ab der<br />
zweiten Hälfte des<br />
19ten Jahrhunderts<br />
vermehrt Tannen-<br />
und Fichtenwälder<br />
in Europa angelegt,<br />
sodass der Bedarf<br />
der Stadtbevölkerung<br />
nunmehr auch<br />
gestillt werden konnte. Von da<br />
an stand – <strong>zum</strong>indest bis heute<br />
– dem „Siegeszug“ der Tanne/Fichte<br />
als Weihnachtsbaum<br />
nichts mehr im Weg.<br />
Dass <strong>die</strong> Tanne als immergrüner<br />
Baum in einer Zeit, in der alle anderen<br />
Bäume ihre Blätter fallen<br />
lassen, ein hoffnungsvolles Symbol<br />
für den Bestand des Lebens<br />
und der Wiedergeburtsfähigkeit<br />
der Natur ist, macht zunächst<br />
Sinn. Dennoch bleibt <strong>die</strong> Frage:<br />
Ist <strong>die</strong> Tanne wirklich der richtige<br />
Baum?<br />
Nein. Sie ist nur ein billiger Ersatz.<br />
Wie so vieles <strong>die</strong>ser Tage.<br />
Deshalb müssen wir sie ja erst<br />
mal schmücken, um sie zu einem<br />
heiligen Baum der geweihten<br />
Zeit zu machen. Wenn wir uns<br />
einen traditionell geschmückten<br />
Weihnachtsbaum betrachten, das<br />
heißt Silberschleifen, rote Kugeln<br />
und Stern, dann sollte uns<br />
eigentlich schon ein Licht aufgehen.<br />
Der Stern symbolisiert den<br />
Stern von Bethlehem, <strong>die</strong> Venus,<br />
der besonders hell wirkende<br />
Funke am Himmel, welcher der<br />
Sonne folgt und sie „neu entzündet“.<br />
Es ist jener Stern, der das<br />
Aufkommen eines neuen Königs<br />
ankündigt, namentlich Baby Jesus,<br />
symbolisch für das Licht der<br />
Sonne, <strong>die</strong> zu Mittwinter „neugeboren“<br />
wird und ab da ihren<br />
Symbol für Leben<br />
und Tod in einem.<br />
Symbol für <strong>die</strong><br />
Kontinuität und<br />
Gleichzeitigkeit des<br />
Seins<br />
erneuten Siegeszug im Jahr antritt.<br />
Das silberne Lametta symbolisiert<br />
natürlich den Schnee<br />
und Frost zu <strong>die</strong>ser Jahreszeit.<br />
So weit so gut. Aber was <strong>zum</strong><br />
Teufel sollen <strong>die</strong>se roten Kugeln?<br />
Na, habt ihr es schon erraten?<br />
Richtig. Beeren. Die scharlachroten<br />
Beeren des Holly-Baumes.<br />
Symbol für Leben und Tod in einem.<br />
Symbol für <strong>die</strong> Kontinuität<br />
und Gleichzeitigkeit<br />
des Seins. Symbol<br />
für den immerwährenden<br />
Kreislauf,<br />
akkumuliert im Erscheinungsbild<br />
des<br />
Holly-Baumes.<br />
Wer jetzt vielleicht<br />
Augen rollend<br />
meint, der Schreiberling<br />
hat wahrscheinlich<br />
zu viele<br />
von den giftigen Stechpalmenbeeren<br />
genossen, bevor er sich<br />
an <strong>die</strong> Tippmaschine gehockt<br />
hat, dem sei noch folgendes als<br />
Epilog hinterhergeschmissen:<br />
Im Bretonischen auf <strong>die</strong> lateinische<br />
Namensverwandtschaft, resultierend<br />
aus der optischen Verwandtschaft,<br />
zwischen Stechpalme<br />
und Steineiche wurde schon<br />
hingedeutet. Das Wort Tinne<br />
ist eine alt-irische Bezeichnung<br />
für Steineiche bzw. Stechpalme.<br />
Dann oder Tann, das Äquivalent<br />
für Tinne ist gem. MacBain (An<br />
etymological dictionary of the<br />
Gaelic language) ein keltisches<br />
Wort für „Baum“. In Cornwall<br />
bedeutet <strong>die</strong> zusammengesetzte<br />
Form glas-tann(en) „grüner<br />
heiliger Baum“. Im bretonischen<br />
wird Tann für Eiche verwendet.<br />
Im Mittelhochdeutschen haben<br />
wir Tann und im Mittelniederländischen<br />
Dan gleichbedeutend<br />
mit (weiter) Wald. Plattdeutsch<br />
Dannebôm steht für Waldbaum<br />
(Deutsches Wörterbuch von Jacob<br />
und Wilhelm Grimm. Leipzig<br />
1854).<br />
Tann(e) stand und steht also<br />
allgemein für (immer)grünen<br />
Waldbaum bzw. eine Eiche. Dass<br />
<strong>die</strong> Stechpalme mit der Steineiche<br />
gleichgesetzt bzw. vertauscht<br />
werden kann, wurde erörtert.<br />
So macht auch <strong>die</strong> Bezeichnung<br />
Symbol für Leben und Tod in einem. Symbol für <strong>die</strong> Kontinuität und Gleichzeitigkeit des Seins<br />
Tinne, Tann(e) für beide Bäume<br />
Sinn (auch hinsichtlich ihrer<br />
symbolisch-mythologischen<br />
Verwendung). Dass jemand jedoch<br />
einen Nadelbaum mit einem<br />
immergrünen Blattbaum<br />
verwechselt, könnte höchstens<br />
uns Unwissenden heutzutage<br />
passieren, nicht jedoch unseren<br />
Ahnen. Vielleicht denkt ja der<br />
eine oder andere auch mal darüber<br />
nach, warum <strong>die</strong> berühmt<br />
berüchtigten nachfolgenden Zeilen<br />
(ursprünglich übrigens als<br />
Liebesklage an <strong>die</strong> Untreue eines<br />
Madels) keine Nadeln, sondern<br />
Blätter besingen, und warum es<br />
wohl so wunderbar im Kontext<br />
zur Zeit der geweihten Nächte<br />
steht (wenn <strong>die</strong> Stechpalme ihren<br />
Sieg über <strong>die</strong> anderen Bäume<br />
des Waldes durch ihr grünes<br />
Kleid offenbart):<br />
O Tannenbaum, o Tannenbaum,<br />
wie treu sind deine Blätter!<br />
Du grünst nicht nur zur Sommerzeit,<br />
im Winter auch, wenn’s friert<br />
und schneit.<br />
O Tannenbaum, o Tannenbaum,<br />
wie treu sind deine Blätter!<br />
Habitat und „Look“ der Stechpalme<br />
Zur Familie der Stechpalmengewächse<br />
gehören weltweit etwa<br />
400 bis 600 Arten. Die Europäische<br />
Stechpalme (Ilex aquifolium)<br />
lässt sich von Nordwest- bis<br />
Südost-Europa einschließlich<br />
dem Mittelmeerraum finden.<br />
Obgleich <strong>die</strong> Pflanze in wilder<br />
Form vorkommt, wird sie mittlerweile<br />
eher in Wildhecken<br />
bzw. Gebüschen gepflanzt oder<br />
als Grüneinfriedung verwandt.<br />
In Südwest- und Westeuropa<br />
wächst sie wild als Unterholz<br />
in Buchen- und Laubmischwäldern,<br />
vor allem in einer Höhe<br />
von zu 550 bis 800 Metern über<br />
dem Meeresspiegel. Die als<br />
immergrüner Strauch wahrgenommene<br />
Pflanze wächst langsam,<br />
kann jedoch zu stattlichen<br />
Bäumen von bis zu 15 m heranwachsen,<br />
<strong>die</strong> bis zu 300 Jahre<br />
alt werden können. Gemeinhin<br />
sagt man ihr nach, dass sie nährstoffreiche,<br />
sandige und steinige<br />
Lehmböden sowie wintermildes<br />
atlantisches Klima mag, aber<br />
<strong>die</strong> uns als „Hessisch-Sibirien“<br />
wohlbekannte Region bereitet<br />
der Pflanze auch keine großen<br />
Mühen.<br />
Der Stamm der Stechpalme hat<br />
eine glatte, kahle Rinde. Die stark<br />
giftigen Blätter sind gestielt,<br />
wechselständig und erscheinen<br />
in der Form elliptisch bis eiförmig.<br />
Sie besitzen eine ledrige,<br />
harte Struktur. Die glänzenden<br />
Blätter sind oben dunkelgrün<br />
und unterseits heller, am Blattrand<br />
gewellt und stachelig-dornig.<br />
Sie sind immergrün und für<br />
rund drei Jahre Teil der Pflanze,<br />
bevor sie abfallen. Die zweihäusigen,<br />
getrenntgeschlechtlichen<br />
Blüten, mit meist vier verwachsenen<br />
Fruchtblättern, sind direkt<br />
am Zweig angeordnet. Sie sind<br />
klein und cremeweiß mit einem<br />
karminroten Zentrum.<br />
Ihre Blütezeit<br />
erstreckt<br />
sich von Mai bis<br />
Juni. Die Fruchtreife<br />
der Beeren<br />
beginnt im Oktober<br />
und erstreckt<br />
sich über den<br />
Winter hinaus<br />
bis zur nächsten<br />
Blütezeit. Wir haben<br />
ja schon erörtert,<br />
dass sich<br />
<strong>die</strong> Stechpalme<br />
prägnant dafür<br />
entschieden hat,<br />
dem Leben zu<br />
der Jahreszeit<br />
ein Denkmal zu<br />
setzen, wenn <strong>die</strong><br />
Natur um sie herum<br />
in ihre Todesphase<br />
tritt. Doch<br />
vorsichtig, denn<br />
jene Früchte, <strong>die</strong><br />
in <strong>die</strong>ser Zeit reifen,<br />
sind nicht<br />
ganz frei von dem<br />
sie umgebenden<br />
Schrecken. Die<br />
scharlachroten<br />
Beeren der Stechpalme<br />
sind für<br />
den Menschen<br />
giftig und können<br />
bei Verzehr auch tödlich sein.<br />
Den Vögeln jedoch, also jenen<br />
Wesen, <strong>die</strong> seit jeher Botschafter<br />
zwischen der Welt der Menschen<br />
und der Welt des Himmels<br />
symbolisieren, <strong>die</strong>nen sie als<br />
Nahrung. Darüber hinaus bietet<br />
ihnen der dornige Busch bzw.<br />
Baum Schutz. Oftmals suchen<br />
sie während der Winterstürme<br />
Zuflucht in der immergrünen<br />
Stechpalme, deren Stacheln zudem<br />
Raubtiere auf Abstand halten.<br />
Es scheint fast so, als <strong>die</strong>ne<br />
<strong>die</strong>se magische Symbiose dazu,<br />
uns Menschen eine weitere Geschichte<br />
aus der Enzyklopä<strong>die</strong><br />
über <strong>die</strong> einfache Komplexität<br />
des Seins erzählen zu wollen.<br />
Heilende Wirkung des heiligen<br />
Baumes<br />
In medizinischer Hinsicht sind<br />
<strong>die</strong> wirksamen Teile der Stechpalme<br />
vor allem ihre immer-<br />
16 <strong>Nr</strong>. 4/2011 Naturverbunden.info 17