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Das Erleben der Natur, das Erkennen<br />
von Pflanzen, der eigene<br />
Garten – und sei er noch so<br />
klein – <strong>die</strong>s alles gewinnt immer<br />
mehr an Bedeutung und weckt<br />
<strong>die</strong> Freude am einfachen Leben<br />
im Einklang mit der Natur. So ist<br />
es nicht verwunderlich, dass viele<br />
Menschen sich wieder auf <strong>die</strong><br />
Verwendung von Heilpflanzen<br />
besinnen. Der Umgang mit Heilpflanzen<br />
und allerlei Kräutern<br />
ist zweifellos faszinierend und<br />
wünschenswert, aber er erfordert<br />
ein gewisses Grundwissen<br />
und Verantwortung gegenüber<br />
Natur und Mensch. Das heißt,<br />
<strong>die</strong> Natur nicht auszubeuten, geschützte<br />
Pflanzen stehen zu lassen<br />
und daran zu denken, dass<br />
auch Pflanzen Nebenwirkungen<br />
haben können sowie Inhaltsstoffe,<br />
<strong>die</strong> dem Menschen schaden.<br />
Vor Tausenden von Jahren war<br />
der Mensch fast völlig von Pflanzen<br />
abhängig, sowohl bei Krankheiten,<br />
als auch bei der Beschaffung<br />
von Nahrung.<br />
Die Schulmedizin hat in den<br />
vergangenen Jahrzehnten <strong>zum</strong><br />
Glück gewaltige Fortschritte gemacht,<br />
und daher<br />
sollte bei ernsthaf-<br />
ten Krankheiten der<br />
Arzt zurate gezogen<br />
werden. Die Phytotherapie<br />
kann eine<br />
ausgezeichnete Unterstützung<br />
bei der<br />
Behandlung von<br />
chronischen Krankheiten<br />
sein. In der<br />
Regel nutzt man jedoch Heilpflanzen<br />
bei Befindlichkeiten,<br />
aber auch <strong>hier</strong> wird der Rat des<br />
Arztes oder erfahrenen Pflanzenheilkundlers<br />
oft unumgänglich.<br />
Gar leicht werden Indikationen<br />
verwechselt oder falsch interpretiert.<br />
Das ist meist kein Problem,<br />
nur bringt <strong>die</strong> Pflanze dann nicht<br />
Vor Tausenden von Jahren war der Mensch fast völlig von Pflanzen abhängig<br />
Ein kleiner Einblick in <strong>die</strong> Geschichte der<br />
Pflanzenheilkunde (Phytotherapie)<br />
von Hiltrud Evers, Vöhl<br />
Vor Tausenden<br />
von Jahren war<br />
der Mensch fast<br />
völlig von Pflanzen<br />
abhängig<br />
den gewünschten Erfolg.<br />
Pflanzen sind eine eigene Welt.<br />
Wir begegnen ihnen nicht nur<br />
in der Heilkunde, sondern auch<br />
in den Mythen fast aller Völker<br />
<strong>die</strong>ser Erde, besonders aber in<br />
der germanischen und griechischen<br />
Mythologie. Da sind <strong>zum</strong><br />
Beispiel <strong>die</strong> Welt-Esche Yggdrasil,<br />
in deren Wipfelwald <strong>die</strong> Ziege<br />
Heidrun weidet und allen<br />
Asen ihre Milch spendet, oder<br />
<strong>die</strong> Mistel, welche unschuldig<br />
schuldig wurde und Baldur den<br />
Tod brachte, oder Donar, der<br />
Donnergott und Schirmherr der<br />
Bauern, der mit zwei Widdern<br />
durch <strong>die</strong> Wolken jagte, um den<br />
Pflanzen den ersehnten Regen<br />
zu bringen.<br />
Unzählige Pflanzennamen kommen<br />
aus dem Griechischen und<br />
der griechischen Mythologie. Die<br />
Schafgarbe – Achillea millefolium<br />
– bekam ihren Namen vom<br />
griechischen Helden Achilleas,<br />
der seine Wunden mit Schafgarbe<br />
behandelte. Oder der Löwenzahn,<br />
der einmal Leontodon<br />
taraxacum hieß. Da er aber eine<br />
seit Jahrhunderten viel genutzte<br />
Heilpflanze ist, gebührte<br />
ihm das Epi-<br />
theton „officinale“,<br />
und so heißt er heute<br />
Taraxacum officinale.<br />
Sein Verwandter,<br />
der Herbstlöwenzahn,<br />
hat den<br />
Namen Leontodon<br />
behalten und bekam<br />
das Epitheton „autumnalis“.<br />
Die Flockenblume<br />
Centaurea erhielt ihren Namen<br />
vom Kentaur Chiron. Das sind<br />
nur ein paar Beispiele.<br />
Über Jahrtausende entwickelten<br />
sich <strong>die</strong> pflanzenheilkundlichen<br />
Richtungen unserer Erde mit unterschiedlichen<br />
Erklärungen für<br />
<strong>die</strong> Ursache von Krankheiten.<br />
Die europäische Pflanzenheilkunde<br />
manifestierte sich über<br />
frühe Auffassungen berühmter<br />
griechischer Ärzte und Philosophen<br />
der Antike. Der griechische<br />
Arzt Dioskorides verfasste im 1.<br />
Jahrhundert das erste europäische<br />
Pflanzenheilbuch, <strong>die</strong> „Materia<br />
medica“, mit einer Beschreibung<br />
von rund 600 Pflanzen.<br />
Schließlich entwickelte sich in<br />
Europa <strong>die</strong> Theorie der vier Körpersäfte,<br />
das Modell der Humoralpathologie.<br />
Diese Lehre geht<br />
auf Galen von Pergamon (131 -<br />
201), den Leibarzt des römischen<br />
Kaisers Marc Aurel, zurück.<br />
Nach Galens Auffassung gibt<br />
es im menschlichen Körper vier<br />
Kardinalsäfte: Blut, gelbe Galle,<br />
schwarze Galle und Schleim, <strong>die</strong><br />
beim gesunden Menschen stets<br />
zu gleichen Teilen vorhanden<br />
sein sollten. Waren sie es nicht,<br />
war es Aufgabe des Arztes, zu<br />
diagnostizieren, welche Säfte<br />
ungleich waren, und <strong>die</strong>se mit<br />
entsprechenden Heilpflanzen zu<br />
behandeln. Galen orientierte sich<br />
stark an den Lehren von Hippokrates<br />
(460 - 375 v. Chr.) und<br />
Aristoteles (384 - 322 v. Chr.).<br />
Wieder begegnet uns <strong>die</strong> Zahl<br />
4, denn Hippokrates teilte <strong>die</strong><br />
Heilpflanzen entsprechend den<br />
vier Elementen der Welt – Feuer,<br />
Wasser, Luft und Erde – in solche<br />
mit heißen, trockenen, kalten<br />
und feuchten Eigenschaften ein.<br />
Die Zahl 4 hat eine kultische Bedeutung:<br />
4 Jahreszeiten, 4 Himmelsrichtungen<br />
und 444 Verse<br />
des Gartengedichtes Walahfrid<br />
Strabos. Man muss ihn im Zu-<br />
sammenhang mit Pflanzen einfach<br />
erwähnen, denn sein liebevoller<br />
Umgang mit Garten- und<br />
Heilpflanzen, seine poetischen<br />
Verse, mit denen er seinen Garten,<br />
den Hortulus, beschreibt,<br />
sind beispiellos. Er wurde um<br />
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